Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420122/24/Wei/Bk

Linz, 07.03.1997

VwSen-420122/24/Wei/Bk Linz, am 7. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlaß der Beschwerde von James und Hilda W, vom 25. November 1996 wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betreffend "die faktische Amtshandlung der willkürlichen Schließung und Versiegelung unseres Grundstückes" am 25. November 1996 durch der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zuzurechnende Organe den Beschluß gefaßt:

I. Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- zu gleichen Teilen binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 67c und 79a AVG 1991
Entscheidungsgründe:

1.1. Mit der per Telefax am 25. November 1996 bei der Verkehrsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung eingebrachten und am 26. November 1996 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weitergeleiteten Eingabe ohne Beilage haben die Beschwerdeführer (Bf) wie folgt vorgebracht:

"B E S C H W E R D E verbunden mit Dienstaufsichtsbeschwerde Wir sind Eigentümer der Liegenschaft in T O.20 auf welcher wir ausschließlich das Schaustellergewerbe ausüben und auf welcher ausschließlich zum Schaustellergewerbe gehörige Fahrnisse gelagert haben. Dies ist zu Ge 20-6651-4-1996-V-Eß der BH Linz-Land aktenkundig. Unter dem Vorwand der Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung, oder sonstiger Nachteiliger Einwirkungen, wurde wegen Angeblicher Ausübung des Zeltverleihgewerbes mit Schliessungsbescheid vom 12.08.1996 dieses Gelände gem. § 360 (6) GewO. das Gelände versperrt und versiegelt. Die Wasserrechtsbehörde fand hiefür keinen Anlaß.

Über Antrag, um verschiedene Maßnahmen vornehmen zu können, wurde die Versiegelung vorübergehend aufgehoben.

Obwohl der BH Linz-Land schriftlich mitgeteilt wurde, daß zwecks Einwinterung, Lagerung und Instandsetzung von Geräten welche ausschließlich zum Schaustellergewerbe gehören, erfolgte am 25.11.1996 völlig überraschend die neuerliche Versiegelung, wodurch wir nicht nur im Verfassungsrecht der Eigentumsfreiheit verletzt wurden sondern auch in unserer Freizügigkeit und im Rechte auf freie Gewerbeausübung.

Beweis: Ge 20-6651-4-1996-V-Eß der BH Linz-Land.

Außerdem besteht, wie aus beiliegendem Fax an die BH Linz-Land heutigen Datums hervorgeht, Gefahr im Verzug.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates resultiert aus der Bundesverfassung, weil ein Finanzverfahren nicht vorliegt.

Wir erheben daher nicht nur Aufsichtsbeschwerde, sondern Beschwerde gegen die faktische Amtshandlung der willkürlichen Schließung und Versiegelung unseres Grundstückes, beantragen die Festestellung der Rechtswidrigkeit und Gesetzwidrigkeit dieser Vorgänge und beantragen deren unverzügliche Aufhebung, allenfalls in Form einer Verfahrensanordnug.

Da der Verdacht des Amtsmißbrauches gem. § 302 StGb.

vorliegt, wird gleichzeitig eine Ausfertigung dieser Beschwerde als Sachverhaltsdarstellung an die Generalprokuratur übermittelt, wobei sich die Beschwerdeführer einem Strafverfahren hiermit als Privatbeteiligte anschließen. Es liegt ein ungerechtfertigter behördlicher Willkürakt vor.

per FAX Eine Beilage Hilda und James W Unterschrift: W eh." 1.2. Ergänzend beantragte der Bf James W mit Eingabe vom 2.

Dezember 1996 im eigenen und im Namen seiner Ehefrau eine eheste Vorkehrung, weil die Bf ihr Gelände, welches ausschließlich der Schaustellerei diente, unbedingt betreten müßten. Das Lagerzelt müßte aufgrund der amtsbekannten starken Schneefälle geheizt werden, damit es nicht infolge Schneedruckes zusammenfällt, was mit dem finanziellen Ruin verbunden wäre. Diesen hätte Dr. V ausdrücklich in Aussicht gestellt und darauf zielten alle Aktionen hin.

Weitere mit dem gewerbebehördlichen Schließungsverfahren der belangten Behörde zusammenhängende Eingaben an die belangte Behörde, die Gewerbeabteilung des Amtes der o.ö.

Landesregierung oder den Landeshauptmann wurden dem O.ö.

Verwaltungssenat zur Information übermittelt.

2.1. Die belangte Behörde legte ihre Verwaltungsakten vor und führte aus, daß die Wiederversiegelung in Vollziehung eines rechtskräftigen Schließungsbescheides gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 erst am 25. November 1996 erfolgte, nachdem zuvor dem Ersuchen der Bf, die Versiegelung am 13. November 1996 von 08.00 bis 17.00 Uhr aufzuheben, entsprochen worden war. Die Versiegelung erfolgte nach Ansicht der belangten Behörde in bescheidkonformer Vollstreckung als contrarius actus zum Schließungsbescheid als Rechtstitel, wobei es sich um keine auf dem VVG beruhende Vollstreckungsverfügung handelte. Es handelte sich bei § 360 GewO 1994 vielmehr um eigenständige Sondermaßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes, die unmittelbar aufgrund dieser Gesetzesbestimmung zu realisieren wären.

Unter "dem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand" wäre jene Sollordnung zu verstehen, deren Übertretung zur Erlassung des Schließungsbescheides geführt hat. Die belangte Behörde beantragte daher die kostenpflichtige Zurückweisung.

2.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die von der belangten Behörde eingebrachten Schriftsätze den Bf zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Daraufhin haben die Bf per Telefax vom 6. Februar 1997 wie folgt vorgebracht:

"Stellungnahme u. Beweisantrag Was die rechtswidrige Versiegelung als solche betrifft ist beim VerwGH zu Zl. AW 96/04/0058 das Beschwerdeverfahren anhängig.

"Contrarius actus" hin oder her. James W ist zur Hälfte Miteigentümer der betroffenen Liegenschaft und Privatmann, keinesfalls Gewerbetreibender. Allerdings wurde er von Mag.H zu 27 EVr 2394/96 des LG Linz mutwillig wegen angeblichen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, wegen seines passiven Verhaltens anläßlich der letzten 'gewerberechtlichen Überprüfung', angezeigt, jedoch wegen Haltlosigkeit der Anzeige freigesprochen.

Die Beischaffung dieses Aktes wird beantragt.

Des weiteren ergaben sich im Akte Ge 20-6651-4-1997/HG der BH. Linz-Land auf Grund des Schreibens des Mag. H und das Antwortschreiben vom 6.2.97 Neuerungen, sodaß auch die Beischaffung dieses Aktes beantragt wird.

Zur Information wird eine Ausfertigung des Antrages vom 6.2.97 an den VerwGH vorgelegt, außerdem die Mitteilung der Generalprokuratur vom 14.1.97 zu Gn 613/96 betreffend Dr. V u. Mag. H, zur Frage ihrer Befangenheit gem.§ 7 AVG.

2 Beilagen Hilda u.James W per Fax! 7720 4853 Unterschriften eh." 3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Beschwerde festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist und sich bereits aus der Aktenlage ableiten läßt, daß die Beschwerde ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen werden muß.

Dem Antrag der Bf, zur Tatsache des Freispruches vom Vorwurf des Widerstandes gegen die Staatsgewalt den bezughabenden Strafakt 27 EVr 2394/96 des Landesgerichts Linz beizuschaffen, war wegen Unerheblichkeit nicht zu entsprechen. Ebensowenig waren die behaupteten zwischenzeitigen Neuerungen im Gewerbeverfahren der belangten Behörde und der "Neuerliche Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung" vom 6. Februar 1997 an den Verwaltungsgerichtshof für das gegenständliche Maßnahmenbeschwerdeverfahren von rechtlicher Relevanz.

Dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde ist zu entnehmen, daß die Versiegelung am Einfahrtstor, die ursprünglich durch Anbringen von gestempelten Klebebändern und einem Hinweis auf die Schließung samt Rechtsbelehrung über § 272 StGB erfolgte (vgl Aktenvermerk vom 12.9.1996), mehrfach beschädigt worden war. Insofern wurde wegen des Verdachts des Siegelbruchs Strafanzeige erstattet.

3.2. Aus der Aktenlage ergibt sich in Verbindung mit den Eingaben der Parteien der nachstehende entscheidungswesentliche S a c h v e r h a l t:

Die Bf sind Miteigentümer der Liegenschaft O 20, T (Grundstücke Nr. 651 und Baufläche 96 der KG T), die zur Gänze als Betriebsareal verwendet wird. Die Bfin Hilda W ist Inhaberin der Gewerbeberechtigungen für das "Vermieten von Zelten" und die "Vermietung von Toilettenwagen", die Gewerbe "Marktfahrer" und "Handel mit pyrotechnischen Artikeln" wurden 1994 ruhend gemeldet (vgl Aktenvermerk vom 20.11.1996 über eine Auskunft aus dem Gewerberegister). Aus den zahlreichen im Akt befindlichen Lichtbildern ergibt sich, daß jedenfalls im Jahr 1996 diverse Hütten und Zelte, Zeltgestänge, Lastwägen, Kastenwägen, Anhänger, Containerund Kastenaufbauten, Toilettenwagen, Wohnwagen, Schaustellerwagen, und allerlei einschlägige Gerätschaften abgestellt oder gelagert waren.

Nach vorangegangener fruchtloser Verfahrensanordnung vom 25.

Juli 1996 hat die belangte Behörde zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mit Bescheid vom 12.

August 1996, Zl. Ge 20-6651-4-1996-V-Eß, gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 die Schließung der Betriebsanlage im oben genannten Standort verfügt und zur vorgefundenen Situation anläßlich der Überprüfung an Ort und Stelle am 11. Juli 1996 umfangreiche Feststellungen getroffen. Dabei wurde die Ansicht vertreten, daß auf der gesamten Liegenschaft eine mit der Gewerbeausübung der Bfin zusammenhängende Anlage betrieben wird, die im Hinblick auf die beeinträchtigten Schutzinteressen des § 74 Abs 2 GewO genehmigungspflichtig ist. Der Bescheid wurde der Bfin durch den Gendarmerieposten Traun noch am 12. August 1996 zugestellt (Akt, Seite 109).

Die Schließung wurde erstmals am 13. August 1996 in Abwesenheit der Bf von Vertretern der belangten Behörde durch die Anbringung behördlicher Siegel am Schloß des Einfahrtstores und an Zelteingängen durchgeführt (vgl Aktenvermerke vom 14.08.1996, Akt, Seiten 108 und 111 f).

Gegen die Schließung vom 13. August 1996 und den Bescheid vom 12. August 1996 samt vorangegangener Verfahrensanordnung erhob die Bfin, vertreten durch den Bf, ihren Gatten James W, mit getrennten Telefaxschreiben je vom 14. August 1996 "Berufung mit Aufsichtsbeschwerde".

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 1996, Zl. Ge-442071/2-1996/Ha/En, wurde im Spruchabschnitt II die Berufung gegen den Schließungsbescheid abgewiesen und dieser bestätigt. Die Berufung gegen die Verfahrensanordnung wurde zurückgewiesen.

Im Spruchabschnitt I wies der Landeshauptmann den gemäß dem § 358 GewO 1994 gestellten Feststellungsantrag zurück und begründete dies damit, daß die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig wäre. Gegen den in erster Instanz ergangenen Spruchpunkt I brachte die Bfin Berufung an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ein. Den abweisenden Berufungsbescheid des Landeshauptmannes im Spruchpunkt II hat die Bfin durch einen Rechtsanwalt mit Beschwerde vom 9. Oktober 1996 an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft, wo das Verfahren noch anhängig ist.

Mit Telefax vom 9. Oktober 1996 beantragte die Bfin, vertreten durch den Bf, die "Aufhebung der Schließung" und teilte der belangten Behörde dazu mit, daß die noch vorhandenen Betriebseinrichtungen zum Schaustellergewerbe gehörten und der Zeltverleih dort nicht mehr ausgeübt werde.

Mit rechtsfeundlich verfaßter Eingabe vom 18. Oktober 1996 beantragte die Bfin schließlich gemäß § 360 Abs 6 GewO 1994 die Aufhebung des Schließungsbescheides vom 12. August 1996 und bot an, die dem Zeltverleih zuzuordnenden Gegenstände von der Liegenschaft zu entfernen, um diese aus der gewerbebehördlichen Zuständigkeit zu nehmen. Hinsichtlich der verbleibenden Gegenstände des Schaustellergewerbes wollte sie mit den zuständigen Behörden hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise Kontakt aufnehmen.

Mit Telefax vom 6. November 1996 erklärten beide Bf, daß ihr Betriebsgelände nach wie vor rechtswidrig versperrt und versiegelt wäre, so daß die Ausübung des Schaustellergewerbes ohne Rechtsgrundlage vereitelt werde.

Sie hätten nun verschiedene Fahrnisse verkauft und müßten aus diesem Grund Zugang zu ihrem Gelände haben. Um den Verkauf erfüllen zu können und um restliche dem Zeltverleih dienende Fahrnisse entfernen zu können, erwarteten sie die Aufhebung der Versiegelung am 13. November 1996 in der Zeit von 08.00 bis 17.00 Uhr. Daraufhin entfernte ein Organ der belangten Behörde am 13. November 1996 in der Früh das mittlerweile in Form einer Plombe angebrachte Siegel am Einfahrtstor. Bei einem Ortsaugenschein durch die belangte Behörde am 21. November 1996 konnten Betriebsgeräusche aus einem der Zelte festgestellt werden. Der Nachbar Heckl bestätigte, daß am Betriebsgelände in der vergangenen Woche intensiv gearbeitet wurde und daß nach Abnahme des Siegels mehr auf das Areal verbracht als entfernt worden wäre (vgl Aktenvermerk vom 21.11.1996).

Am 25. November 1996 um 14.10 Uhr versiegelte ein Vertreter der belangten Behörde in Abwesenheit von Personen auf dem Betriebsareal das Einfahrtstor durch Anbringen einer Plombe.

Die Bfin wurde davon telefonisch in Kenntnis gesetzt (vgl Aktenvermerk vom 25.11.1996).

Am 25. November 1996 um 14.44 Uhr langte per Telefax ein Schreiben vom 22. November 1996 bei der belangten Behörde ein, in dem die Bfin mitteilte, daß sie das Betriebsareal nur im Rahmen des Schaustellergewerbes verwende. Dort befänden sich ausschließlich Fahrnisse für die Schaustellertätigkeit. Sie müßte in der kalten Jahreszeit Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten an den Schaustellergeräten vornehmen und Einlagern, um im Frühling voll einsatzfähig zu sein. Dies teilte sie der belangten Behörde vorsorglich mit und beantragte von einer weiteren Versiegelung und ähnlichen Maßnahmen Abstand zu nehmen.

Mit Schreiben vom 27.11.1996, Zl. Ge-442071/8-1996/Ha/En, teilte die Gewerbeabteilung des Amtes der o.ö.

Landesregierung der Bfin mit, daß keine Veranlassungen der Aufsichtsbehörde ergehen werden, weil eine Verletzung der einschlägigen Bestimmungen der GewO nicht erkennbar wären.

Der Antrag auf Aufhebung des Schließungsbescheides wäre nicht näher begründet worden. Im einzelnen wären die Verfügungen bezüglich der gewerblichen Betriebsanlage darzulegen gewesen. Eine Räumung der Betriebsanlage hätte bislang nicht festgestellt werden können. Auch eine Betriebsanlagengenehmigung läge bislang nicht vor.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985; VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

Auch Zwangsmaßnahmen sind kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977). Die Maßnahmenbeschwerde ist nämlich bloß ein subsidiärer Rechtsbehelf, mit dem Rechtsschutzlücken geschlossen werden (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74). Der Verwaltungsgerichtshof hat erst jüngst bekräftigt, daß die Regelungen über die sog Maßnahmenbeschwerde nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes dienen (vgl VwGH 4.10.1996, 96/02/0309 unter Hinweis auf VwGH 28.1.1994, 93/11/0035, 0036).

Der Begriff der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt hat durch die B-VG-Novelle 1988, die gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern für zuständig erklärt hat, keine Änderung erfahren (vgl etwa VfGH 28.2.1994, B 1281/93-9; VwGH 14.4.1993, 93/18/0108).

4.2. Zunächst ist den Bf entgegenzuhalten, daß bei dem oben festgestellten und auch in den Eingaben der Bf andeutungsweise vorgebrachten Sachverhalt schon der Begriff der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt nicht erfüllt ist. Die Versiegelung des Einfahrtstores durch Anbringen einer Plombe am Schloß wurde schon im Hinblick auf die Abwesenheit der Bf nicht durch Einsatz von Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommen. Bei dieser Amtshandlung wurde weder Zwangsgewalt angewendet noch implizierte die angeordnete Versiegelung einen unverzüglichen Befolgungsanspruch bei sonstiger unmittelbarer Anwendung von physischem Zwang. Auch wenn ein Informationsblatt über die strafrechtlichen Folgen eines Siegelbruches angebracht war, vermag dieser Umstand an der obigen Einschätzung nichts zu ändern. Denn auch die für den Fall des Zuwiderhandelns drohende Strafbarkeit ändert nichts an der fehlenden physischen Zwangsgewalt. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Versiegelung könnte als Vorfrage im Strafverfahren ausgetragen werden. Dementsprechend wurde in der Judikatur die strafbewehrte Aufforderung zum Alkotest oder zur Blutabnahme nicht als zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde angesehen (vgl ua VwSlg 13100 A/1990; VwGH 25.3.1992, 91/02/0150; VwGH 19.1.1994, 93/03/0251; VwGH 22.4.1994, 94/02/0020).

4.3. Im übrigen ist die Maßnahmenbeschwerde nur ein subsidiärer Rechtsbehelf, der von vornherein nicht in Betracht kommt, wenn die Angelegenheit im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann. Das Anliegen der Bf, die Frage der Rechtmäßigkeit der Schließung der Betriebsanlage auf der Liegenschaft O 20 in T, ist im gewerberechtlichen Verwaltungsverfahren gemäß § 360 GewO 1994 auszutragen. In diesem Verfahren hat die Bfin auch bislang alle Rechtsmittel ausgeschöpft. Nunmehr hat der Verwaltungsgerichtshof über die eingebrachte Beschwerde gegen den abweisenden Berufungsbescheid des Landeshauptmannes zu entscheiden. Wenn der Bf seine Betroffenheit als Miteigentümer des Betriebsareals und "Privatmann" einwendet, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach der Aktenlage die gesamte Liegenschaft der Gewerbeausübung diente, weshalb von der belangten Behörde bei der angeordneten Schließung ein privater Gebrauch nicht in Betracht zu ziehen war. Soweit sich der Bf als übergangene Partei fühlen sollte, stünde es ihm frei, die Zustellung des Schließungsbescheides zu begehren und dagegen Berufung einzubringen. Er hätte aber auch bereits ab seiner Kenntnis vom Schließungsbescheid im eigenen Namen Berufung einbringen können (vgl dazu mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A [1996], 222, Anm 6 zu § 37 AVG). Auch für die von den Bf angestrebte Aufhebung des Schließungsbescheides aufgrund geänderter Verhältnisse ist im § 360 Abs 6 GewO 1994 ein gewerberechtliches Verwaltungsverfahren vorgesehen.

Die Versiegelung (Wiederversiegelung) oder Verplombung des Einfahrtstores aufgrund eines rechtswirksam erlassenen Schließungsbescheides, der gemäß § 360 Abs 5 GewO 1994 ohne Rücksicht auf die Einbringung eines Rechtsmittels sofort vollstreckbar ist, kann nicht als eine vom gewerbebehördlichen Schließungsverfahren losgelöste eigenständige Maßnahme angesehen werden, die Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein könnte. Die Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen nach dem § 360 GewO 1994 stellen sich als Sondermaßnahmen dar. § 360 GewO 1994 ist lex specialis zum VVG, das demnach zur Realisierung nicht anzuwenden ist (vgl Kinscher/Sedlacek, Kommentar zur GewO, 6. A [1996], 838, Anm 1 zu § 360). Bei der Versiegelung handelt es sich lediglich um eine tatsächliche Umsetzung des erlassenen Schließungsbescheides. Nach ständiger Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts sind Vollstreckungsmaßnahmen tatsächlicher Art, die keiner Vollstreckungsverfügung bedürfen und bloß der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienen, nicht als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen (vgl ua VfGH 1.10.1994, B 75/94; VfSlg 12368/1990; VfSlg 11880/1988; VfSlg 11333/1987; VfSlg 11171/1986; VwSlg 11468/1984).

5. Da die eingebrachte Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG keinen tauglichen Beschwerdegegenstand enthält, war sie gemäß § 67c Abs 4 AVG als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 79a Abs 3 AVG ist die belangte Behörde auch im Falle der Zurückweisung als obsiegende Partei anzusehen. Über Antrag der belangten Behörde war daher eine Kostenentscheidung im Grunde des § 79a AVG zugunsten des Bundes als des Rechtsträgers, für den die belangte Behörde als Gewerbebehörde tätig geworden ist, zu erlassen. Dementsprechend waren für die Aufwendungen der belangten Behörde gemäß § 79a Abs 4 Z 3 AVG im Sinne der Aufwandersatzverordnung UVS (BGBl Nr. 855/1995), und zwar für den Vorlageaufwand ein Betrag von S 565,-- und für den Schriftsatzaufwand der Betrag von S 2.800,--, insgesamt daher S 3.365,-- zuzusprechen.

Gemäß § 79a Abs 7 AVG iVm § 53 Abs 1 VwGG 1985 waren die Bf, die einen Verwaltungsakt der belangten Behörde gemeinsam angefochten haben, zum Aufwandersatz zu gleichen Teilen zu verpflichten.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Falle des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e i ß

 

 

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