Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420124/38/WEI/Bk

Linz, 19.07.1999

VwSen-420124/38/WEI/Bk Linz, am 19. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des M wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und schlichter Polizeigewalt anläßlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 21. Oktober 1996 durch Sicherheitswachebeamte der Bundespolizeidirektion Linz nach Aufhebung des h. Erkenntnisses vom 18. April 1997, VwSen-420124/24/Schi/Km, durch den Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und festgestellt, daß der Beschwerdeführer

1. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) durch die nach Art und Umfang überschießende Durchführung der Amtshandlung vom 21.10.1996 in der Zeit von etwa 00.15 Uhr bis 02.00 Uhr und

2. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden, durch Zufügung eines Rippenbruches anläßlich der Leibesvisitation, durch die spätere Verweigerung der medizinischen Hilfeleistung und durch Beschimpfungen mit Worten wie Piefke, Wahnsinniger, Irrer, Trottel, die als rechtswidrige Eingriffe iSd § 88 Abs 2 SPG aufzugreifen waren, verletzt wurde.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 18.920,-- (darin enthalten S 120,-- Bundesstempel) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 und § 67c AVG; § 79a AVG iVm Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schriftsatz vom 29. November 1996, eingelangt beim O.ö. Verwaltungssenat am 2. Dezember 1996, hat der Beschwerdeführer (Bf) Maßnahmebeschwerde gemäß § 67c AVG erhoben und den angefochtenen Verwaltungsakt als Zwangsmaßnahme durch Organe der BPD Linz am 21.10.1996 wegen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung durch verbale Äußerungen, Zufügung eines Rippenbruches, Androhung des Waffengebrauches und unverhältnismäßig lange Dauer der Anhaltung beschrieben. Die Rechtswidrigkeit erblickt der Bf in der Verletzung des Rechtes auf menschliche und nicht erniedrigende Behandlung, des Rechts auf körperliche Integrität und auf persönliche Freiheit. Der Bf begehrte den Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären und den pauschalierten Aufwandersatz zuzusprechen.

1.2. Der Bf schildert in seiner Sachverhaltsdarstellung, daß er in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober 1996 gegen 22.00 Uhr mit dem PKW auf der Autobahn von Wien nach Linz gefahren sei, wobei starker Regen herrschte. Kurz nach der Ausfahrt St. Florian-Asten habe es einen Krach gegeben, woraufhin er feststellte, daß die Windschutzscheibe gebrochen sei. Aufgrund der schlechten Witterung habe er das Seitenfenster heruntergekurbelt und sei weitergefahren, wobei er die Warnblinkanlage eingeschaltet habe. Kurz vor der Abfahrt Linz sei er von einer Streife der Autobahngendarmerie angehalten worden. Diese habe sich bereiterklärt, ihn nach Linz zu begleiten und sei hinter seinem Fahrzeug nachgefahren. Bei der Ausfahrt Unionstraße seien sie abgebogen, und er habe seine Fahrt in Richtung Hafenstraße fortgesetzt. Auf der Höhe Prinz-Eugen-Straße habe er die Aufforderung gehört, stehenzubleiben. Wegen schlechter Sicht sei er sehr langsam zum rechten Fahrbahnrand gefahren.

Als er sein Fahrzeug bereits angehalten hatte, wäre von den Polizisten die Beifahrertür und Lenkertür aufgerissen worden. Der bei der Beifahrertür stehende Polizist hätte die Dienstwaffe im Anschlag, der an der Seite des Bf befindliche Beamte hätte die Hand nur am Griff der Waffe gehabt. Der Bf sei aufgefordert worden, aus dem Fahrzeug zu steigen. Er hätte geantwortet, solang nicht aus dem Fahrzeug steigen zu wollen, als eine Pistole auf ihn gerichtet wird, zumal er Angst gehabt hätte, seine Bewegungen könnten mißdeutet werden. Daraufhin habe ihn der Polizist ergriffen und aus dem Auto gezogen, wobei er mit dem Kopf gegen den Türrahmen des Fahrzeuges gestoßen sei. Der Polizist habe ihn bäuchlings gegen das Auto gedrückt und seine Füße so heftig auseinandergetreten, daß ein Schuh weggeschleudert wurde. Dies wäre schon wegen der Witterungsverhältnisse unangenehm gewesen. Der Polizist habe dann gesagt, er könne sich den Schuh später holen und, wenn er sich nicht benehmen könne, werde er erschossen (oder so ähnlich). Der Bf habe geantwortet, daß ihm der Polizist dann einen großen Gefallen tun wüde und er die Scherereien hätte. Daraufhin hätte ihm der Polizist von hinten einen Schlag in die Seite versetzt. Er habe vor Schmerzen und vor Angst aufgeschrieen und geäußert, der Polizist habe ihm die Rippe gebrochen. Daraufhin hätten ihn die Polizisten als Irren, Wahnsinnigen, Trottel und dgl. bezeichnet.

Erst dann wäre über die zerbrochene Windschutzscheibe gesprochen worden, wobei der Bf erklärte, die Erlaubnis zur Heimfahrt nach Linz von der Autobahngendarmerie erhalten zu haben. Die Polizisten hätten dies aber nicht geglaubt und ihn nur ausgelacht. Er hätte danach sein Auto sichern und mit großen Schmerzen in den Wiesenstreifen schieben müssen. Die Inbetriebnahme des Fahrzeuges zu diesem Zweck hätte ihm ein Polizist verboten und angekündigt, auf die Autoreifen zu schießen, wenn er fährt. Über Aufforderung habe er dann seine Fahrzeugpapiere vorgewiesen und seine Identität nachgewiesen. Aus den Papieren ging hervor, daß er deutscher Staatsbürger sei und in Italien seinen Hauptwohnsitz habe. Die Frage nach einer Sicherheitsleistung hätte er dahingehend beantwortet, daß er mit einem deutschen Postsparbuch am Linzer Hauptbahnhof (Postamt) Geld abheben könnte. Auf diesen Vorschlag gingen die Polizisten nicht ein. Er habe auch seine in Linz wohnende Lebensgefährtin erwähnt und ersucht, sie anrufen zu dürfen.

In der Zwischenzeit hielten vorübergehend drei weitere Funkstreifen am Anhaltungsort. Was mit denen besprochen wurde, wisse er nicht. Man habe ihm vorgeworfen, daß er nicht anhalten hätte wollen, was er entschieden bestritt. Den anderen Beamten habe er mitgeteilt, daß er geschlagen worden wäre und vermutlich einen Rippenbruch erlitten hätte. Sein Mitfahrer (G) habe die Gewaltanwendung bestätigt. Die Beamten hätten den Bf aber nur ausgelacht und ihm gesagt, daß er nicht mehr stehen könnte, wenn er einen Rippenbruch hätte. Später seien die hinzugekommenen Funkstreifenbeamten wieder weggefahren. Während der zwischenzeitlich geführten Gespräche wäre er von den Beamten als Depp, Volltrottel, Wahnsinniger, Irrer, Piefke, Sandler, Beschäftigungsloser usw. bezeichnet worden. Als er fragte, was die ganze menschenverachtende Handlungsweise bezwecken sollte, wäre ihm geantwortet worden, daß er ja kein Mensch, sondern Musiker wäre. Das Wort Tier wollte sein Mitfahrer sogar gehört haben.

1.3. Anschließend hätten die Polizisten gesagt, daß man in die Wachstube fahren müßte. In der Meinung, dies tun zu müssen, leistete er Folge. Diese Amtshandlung am Anhaltungsort auf der Autobahn hätte etwa von 00.15 Uhr bis 01.30 Uhr gedauert. Die Papiere wären ihm schon vorher abgenommen worden. Erst in der Wachstube hätte er sie zurückerhalten. Auf der Wache hätte er zunächst warten müssen, während sich die Polizisten größtenteils in einem anderen Raum befanden. Ein mutmaßlicher Jurist habe sich auch sein Postsparbuch angesehen und es sei wieder über die Sicherheitsleistung gesprochen worden. Die Polizisten hätten schließlich eine telefonische Verbindung mit seiner Lebensgefährtin hergestellt und um eine Sicherheitsleistung gebeten. Der Bf habe laut in den Raum hineingerufen: "Johanna, bitte komm her, ich bin geschlagen worden, ich bin verletzt". Daraufhin durfte er kurz mit seiner Lebensgefährtin sprechen. Sie habe ihr Kommen zugesagt. Kurz darauf wäre die Amtshandlung für beendet erklärt worden und er hätte seine Papiere wieder bekommen. Die Amtshandlung in der Wachstube habe noch ca. eine halbe Stunde gedauert. Das Ende der gesamten Amtshandlung wäre ca. 02.00 Uhr gewesen.

Er habe sodann das Eintreffen der J abgewartet; danach habe er sich mit ihr und seinem Beifahrer zur Kripo in die Nietzschestraße begeben, um sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Da ihm gesagt wurde, der Amtsarzt sei hiefür nicht zuständig, begaben sie sich zum AKH, das allerdings keine Aufnahme gehabt habe. Danach fuhren sie mit dem Taxi zum Unfallkrankenhaus - UKH (Aufnahmeprotokoll 02.55 Uhr). Dort sei er geröntgt und ärztlich versorgt worden. Er habe auch ein schriftliches Attest bekommen, daß er einen Rippenbruch erlitten hatte. Mit dem Attest habe er sich nochmals auf die Wachstube begeben, um Anzeige gegen die Polizisten zu erstatten. Ein Polizist erklärte ihm, was man in einer Wachstube machen dürfe und was nicht. Er habe die Anzeige nicht entgegengenommen und dem Bf deutlich zu verstehen gegeben, daß er verschwinden solle. Auf die Frage der J, wer den Bf geschlagen hat, habe ein Polizist, spontan auf seinen Kollegen weisend, geantwortet: "Der war's ..... der hat die Amtshandlung auf der Fahrerseite gemacht". Daraufhin gingen sie nochmals zur Kripo, um Anzeige zu erstatten. Der Journalbeamte der Kripo habe in der Wachstube angerufen und nach dem Telefonat erklärt, daß sich eine Anzeige erübrige, weil die Beamten ohnehin Meldung machen müßten. Einige Tage später hätte der Bf Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.

2.1. Mit Schreiben vom 9. Jänner 1997, P-0143, legte die belangte Behörde die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie dem Vorbringen des Bf unter Hinweis auf Judikatur des Verfassungsgerichtshofes entgegentrat. Die Personsdurchsuchung und die sonstige Amtshandlung wäre in keiner Phase darauf gerichtet gewesen, die Menschenwürde des Bf zu beeinträchtigen, sondern nur darauf, staatliche Ansprüche durchzusetzen. Die Klärung der Frage, ob eine Person durch Sicherheitswachebeamte am Körper verletzt wurde, sei vom Gericht im Strafverfahren zu klären und nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde. Wie sich aus den Unterlagen ergebe, sei der Bf nicht festgenommen worden. Eine kurzfristige Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit habe sich lediglich dadurch ergeben, daß zur Wahrung der Eigensicherung unmittelbar nach der Anhaltung des Fahrzeuges eine Personsdurchsuchung durchgeführt hätte werden müssen.

Aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei abzuleiten, daß eine Festnahme nur vorliegt, wenn der Wille der Behörde primär auf eine solche Beschränkung gerichtet ist, nicht jedoch dann, wenn eine andere Maßnahme den Betroffenen dazu nötigt, längere Zeit bei der Behörde zu verweilen, diese Beschränkung also sekundäre Folge der Anwesenheitspflicht gewesen ist (VfSlg 7298/1974). Auch im Erkenntnis VfSlg 5281/1966 habe der Verfassungsgerichtshof festgestellt, daß eine "gewisse Beschränkung der Bewegungsfreiheit" zwar gegeben war; "allein der offensichtliche Zweck der Amtshandlung war nicht diese Freiheitsbeschränkung der Beschwerdeführerin, also eine Verhaftung, sondern die Ausweisleistung zwecks Feststellung ihrer Identität".

Die behauptete Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit habe daher nicht stattgefunden.

2.2. Im ersten Rechtsgang hat der Oö. Verwaltungssenat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten zur Zahl P-0143 der belangten Behörde sowie in die erstatteten Schriftsätze eine öffentliche mündliche Verhandlung am 4. März 1997 in Anwesenheit des Bf und dessen damaligen Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. G sowie des Behördenvertreters Dr. K durchgeführt. Als Zeugen wurden Rev.Insp. W (Autobahngendarmerie H), Rev.Insp. P und Rev.Insp. G (B), G einvernommen.

Im h. Erkenntnis vom 18. April 1997 wurde folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

"4.1. Der Bf fuhr am 20.10.1996 von Wien (Abfahrt ca. 22.00 Uhr) auf der Westautobahn mit dem Kombi Citroen Visa, (Zulassungsbesitzerin: A oder K); Beifahrer war der Zeuge G, im Fahrzeug befanden sich verschiedene Gegenstände (Instrumente bzw. Maschinen). Etwa auf der Höhe von Asten/St. Florian zerbrach die Windschutzscheibe vermutlich

infolge eines Steinschlages. Dies war etwa um Mitternacht. Kurz darauf wurde der Bf von einer Autobahngendarmeriepatrouille (Zeuge Rev.Insp. I) angehalten. Zunächst wurde dem Bf die Weiterfahrt infolge der starken Sichtbehinderung durch die zerbrochene Windschutzscheibe untersagt, schließlich aber aufgrund der Hinweise des Bf, ohnedies nur mehr bis Linz zu fahren, gestattet bzw. wurde er von der Autobahngendarmerie bis etwa zum Beginn der Stadtautobahn Linz (Ausfahrt Salzburger Straße) insofern begleitet, als das Gendarmeriefahrzeug hinter dem Bf nachgefahren ist. Bei dieser Eskortierung hatte der Bf jedenfalls die Alarmblinkanlage eingeschaltet; ob das Fahrzeug auch die sonstige vorgeschriebene Beleuchtung eingeschaltet hatte, konnte der Zeuge Igmann nicht bestätigen.

4.2. Kurz darauf (21.10.1996 etwa 00.30 Uhr) fiel der vom Bf gelenkte Pkw auf der Mühlkreisautobahn (Fahrtrichtung Nord), etwa im Bereich Posseltbrücke, den Zeugen N und G auf. Die beiden Zeugen sind Angehörige des M der B und befanden sich gerade auf der Rückfahrt von einer Amtshandlung betreffend einen Einbruch im Bereich Spallerhof. Da außer der Alarmblinkanlage keine Beleuchtung am Fahrzeug festgestellt werden konnte, beschlossen die Zeugen, das Fahrzeug anzuhalten und einer Kontrolle zu unterziehen. Nach näherem Aufschließen an das Fahrzeug des Bf wurde bemerkt, daß der Kopf des Lenkers aus dem linken Seitenfenster ragte, obwohl es stark geregnet hat.

Sodann wurden Anhalteversuche mittels rotem Anhaltestab, Blaulicht und Außenlautsprecher durchgeführt, wobei sich diese Anhalteversuche etwa auf die Strecke von km 8,5 bis 9,5 der Stadtautobahn erstreckte. In diesem Bereich befindet sich kein durchgehender Pannenstreifen, jedoch sind immer wieder Pannenplätze sowie ein längerer Pannenstreifen vorhanden, an dessen Ende etwa der Bf schließlich angehalten hat. Die Zeugen hielten mit dem Polizeifahrzeug hinter dem Bf an, gaben über Außenlautsprecher die Aufforderung, das Auto abzustellen, den Schlüssel abzuziehen und aus dem Fahrzeug auszusteigen. Da der Aufforderung keine Folge geleistet wurde, sind die beiden Zeugen (MEK-spezifisch, mit der Dienstwaffe im Anschlag und den toten Winkel ausnützend) zum Fahrzeug des Bf, haben dort gleichzeitig die Fahrzeugtüren aufgerissen und befohlen "Hände auf's Lenkrad" bzw. "Aussteigen". Dabei stand der Zeuge Nr auf der Seite des Bf (sohin der Fahrerseite) und der Zeuge G auf der Seite des Beifahrers E.

Während der Beifahrer G aus dem Fahrzeug gestiegen ist und sich entsprechend den Anweisungen des Zeugen G verhalten hat, hat der Bf die Aufforderung auszusteigen und die Hände aufs Dach zu geben, nicht befolgt, weshalb er vom Zeugen N mit der linken Hand am Rockkragen erfaßt, herausgezogen und sodann zum Fahrzeug gedrückt wurde. Da sich der Bf dem und der weiteren Aufforderung, die Beine in Grätschstellung zu geben, durch Umdrehen und verbal ständig zu widersetzen versuchte, hat der Zeuge N dessen Beine in die Grätschstellung dadurch gebracht, daß er seinen rechten Fuß zwischen die Beine des Bf gegeben hat und sodann dessen Beine auseinandergedrückt (auseinandergeschlagen) hat. Dabei ist ein Schuh des Bf abgestreift (weggeschleudert) worden. In weiterer Folge wurde der Bf visitiert, und zwar von oben nach unten und danach wieder nach oben. Plötzlich hat der Bf laut zu schreien begonnen und schreiend darauf hingewiesen, daß er nun einen Rippenbruch erlitten hätte.

Nach der Leibesvisitation wurden die Fahrzeug- und Personendokumente des Bf überprüft, wobei sich die Zeugen N und G in den Funkwagen begaben. Dabei wurden vom Zeugen G die in Beschwerde gezogenen Worte "Piefke", Wahnsinniger", "Trottel" (im Zusammenhang mit: "Der führt sich auf wie ein Wahnsinniger, wie ein Trottel" usw.) gebraucht.

Nach einiger Zeit wurde von den Sicherheitsorganen beschlossen, die weitere Amtshandlung am Stützpunkt weiterzuführen, zumal dem Bf die Weiterfahrt untersagt worden war, die Amtshandlung im Hinblick auf die vorliegenden besonderen Umstände (nämlich daß es sich beim Bf um einen deutschen Staatsbürger handelte, der in Italien wohnhaft und mit einem fremden Pkw mit Wiener Kennzeichen unterwegs war) und in Ansehung der angenommenen Verwaltungsübertretungen noch nicht beendet werden konnte. Dabei ist keine förmliche Festnahme ausgesprochen worden. Der Bf ist ohne weiteres mitgekommen (ebenso sein Beifahrer G, wenn auch auf sein ausdrückliches Ersuchen).

Die Amtshandlung vor Ort dauerte (maximal) etwa bis 01.30 Uhr.

Am Stützpunkt wurde nach Rücksprache mit dem Journaldienstbeamten von der Einhebung einer Sicherheitsleistung Abstand genommen und schließlich eine telefonische Verbindung mit J hergestellt, wobei der Bf gerufen hat, "Johanna, bitte komm her, ich bin geschlagen worden und verletzt". Nachdem die Amtshandlung für beendet erklärt worden war, erhielt der Bf seine Dokumente zurück; die Amtshandlung am Stützpunkt dauerte etwa eine halbe Stunde (lt. Bf etwa bis 02.00 Uhr; lt. BPD Linz: 01.40 Uhr).

4.3. Nach Eintreffen der J hat sich der Bf zusammen mit dem Zeugen G zunächst zum Amtsarzt begeben, wurde aber abgewiesen, weshalb sie zum AKH hinübergegangen sind. Da dieses keine Aufnahme hatte, sind sie mit dem Taxi zum UKH gefahren, wobei der Zeuge G etwa am Blumauer Platz, an dem sich auch das UKH befindet, den Bf verlassen hat, und zu seinem am Hauptbahnhof Linz abgestellten Fahrzeug gegangen ist. Im UKH wurde festgestellt, daß der Bf einen Rippenbruch hatte, wurde ärztlich versorgt und erhielt darüber ein schriftliches Attest (ON 2). Daraus geht eine Aufnahmezeit von 02.55 Uhr (21.10.1996) hervor. Nach Entlassung aus dem UKH, begab sich der Bf zusammen mit J wiederum zum Stützpunkt; dort haben sie ein heftiges Wortgefecht bzw. eine heftige Auseinandersetzung mit den Zeugen N bzw. G gehabt, wobei sie auf den Rippenbruch und das ärztliche Attest hinwiesen. Letztlich wurde der Bf und J unter Hinweis auf die Möglichkeit der gewaltsamen Entfernung aus dem Stützpunkt verwiesen."

Beweiswürdigend erwog der Oö. Verwaltungssenat im ersten Rechtsgang, daß es für den Rippenbruch, der nach Darstellung des Bf durch einen Schlag anläßlich der Leibesvisitation verursacht wurde, keinen unmittelbaren Zeugen gab. Der Zeuge N bestritt die Zufügung eines Schlages und die Ausführungen des Bf erschienen dem seinerzeit erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates durch Übertreibungen verzerrt. Es hielt die Verursachung des Rippenbruchs durch ein früheres Ereignis - etwa eine reflexartige Vollbremsung infolge Steinschlags - für möglich und erklärte sich die Schreie und Schmerzen des Bf durch ein sicherlich festes Abtasten anläßlich der Personsdurchsuchung.

3.1. Mit h. Erkenntnis vom 18. April 1997, VwSen-420124/24/Schi/Km, wurde daher die Beschwerde hinsichtlich der Festnahme und Anhaltung am 21. Oktober 1996 sowie der behaupteten Verletzung des Rechtes auf körperliche Integrität und menschenwürdige bzw. nicht erniedrigende Behandlung als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Beschimpfungen wurde die Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die bezeichnete Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1998, Zl. B 1341/97-17, aufgehoben und in verfahrensrechtlicher Hinsicht begründend ausgeführt, daß der erhobene Vorwurf, von einem Staatsorgan geschlagen worden zu sein, schwer wiege und eine sorgfältige Überprüfung der Angelegenheit verlange, zumal wenn tatsächlich mehrere Indizien für die Richtigkeit der Behauptungen des Bf zu sprechen scheinen. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes hat der Oö. Verwaltungssenat zweckentsprechende Ermittlungsschritte unterlassen. Insbesondere ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen hätte Aufschlüsse über die genaue Art der Verletzung und ihre möglichen Ursachen geben können. Die Ermittlung der Ursache der unbestrittenen Verletzung des Bf, die zumindest in engem zeitlichen Zusammenhang mit einem festgestelltermaßen massiven Polizeieinsatz stand, sei unterlassen worden, obwohl weitere Ermittlungsschritte nicht von vornherein aussichtslos erschienen. Wie insbesondere das dem Verfassunsgerichtshof vorliegende Urteil des OLG Linz vom 2. April 1998, mit dem der seinerzeit amtshandelnde Revierinspektor wegen §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, 313 StGB rechtskräftig verurteilt wurde, zeige, habe der Oö. Verwaltungssenat das Verfahren mit einem derart groben Verfahrensfehler belastet, daß der angefochtene Bescheid den Bf in seinem nach Art 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt. Gleiches gelte auch für die Verweigerung medizinischer Hilfeleistung.

3.2. Auf Grund dieser Kritik des Verfassungsgerichtshofes hat der Oö. Verwaltungs- senat nunmehr ergänzend den Strafakt des Landesgerichts Linz zu den Zlen. , beigeschafft. Daraus ergeben sich die folgenden Korrekturen und Ergänzungen des maßgeblichen S a c h v e r h a l t e s:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Linz vom 5. Juni 1997 wurde Revierinspektor G wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, 313 StGB schuldig erkannt und nach dem § 84 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen à S 250,-- (S 50.000,--) und

für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 100 Tagen Ersatzfreiheitstrafe verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 1 StGB die Hälfte der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dem Bf wurde als Privatbeteiligtem gemäß § 369 StPO S 50.000,-- Schmerzensgeld vorbehaltlich weiterer Ansprüche zuerkannt.

Nach dem Urteilsspruch hat G am 21. Oktober 1996 in Linz den Bf durch Versetzen eines Schlages gegen die rechte Körperseite am Körper mißhandelt und hiedurch fahrlässig in Form eines Bruches der 10. Rippe rechts am Körper verletzt, wobei die Tat eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit des Bf zur Folge hatte und die auch sonst mit Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung von einem Beamten unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit begangen wurde.

Mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 2. April 1998, Zl. , wurde der Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe sowie des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche keine Folge gegeben. Das Oberlandesgericht sah nach Wiederholung des Beweisverfahrens keine Veranlassung, an den entscheidungswesentlichen Urteilsfeststellungen des Einzelrichters zum Verletzungshergang und den Verletzungsfolgen Abänderungen oder Ergänzungen vorzunehmen. Lediglich zum Anhaltevorgang und zum Verhalten des Angeklagten nach der Tat nahm das Berufungsgericht nach Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen durch Vernehmung weiterer Zeugen Korrekturen und Ergänzungen vor. Es traf dazu auf Seiten 3 bis 6 des Urteils folgende Feststellungen:

"Der gesamte Anhaltevorgang auf der Stadtautobahn in Linz nahm überdurchschnittlich Zeit in Anspruch, da der Lenker des anzuhaltenden Fahrzeugs, der Privatbeteiligte M, auf die im Ersturteil im wesentlichen richtig dargelegten Anhaltungsversuche durch das Einsatzfahrzeug aus welchen Gründen immer nur sehr verzögert reagierte. Nachdem M nach einer Anhaltestrecke von mehreren 100 Metern sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hatte, wurden er und sein Beifahrer G auch noch mittels Außenlautsprecher zum Aussteigen und dazu aufgefordert, die Hände auf das Autodach zu legen. Dieser Aufforderung kamen die beiden Genannten nicht nach, wobei für die einschreitenden Polizeibeamten vorerst auch kein Grund erkennbar war, weshalb die PKW-Insassen so verzögert auf ihre Anhalteversuche reagiert hatten. Der im Ersturteil richtig dargelegte 'MEK-spezifische' Einsatz war daher schon aus Gründen der Eigensicherung vertretbar, wenngleich dieser Einsatz den Betroffenen freilich unangemessen und bei weitem überzogen vorgekommen sein mag. Während G den Anweisungen des mit der gezogenen Waffe vor ihm stehenden RI P Folge leistete, aus dem PKW ausstieg und sich perlustrieren ließ, brachte M lautstark zum Ausdruck, daß er mit dieser

Vorgangsweise der beiden Polizeibeamten keineswegs einverstanden war. Nachdem er dem Angeklagten vorerst bedeutet hatte, bei gezogener Pistole nicht aussteigen zu wollen, wurde er von diesem gewaltsam aus dem PKW gezogen, ehe er sich freiwillig - wie von ihm verlangt - bäuchlings, also mit dem Gesicht zum PKW, hinstellte. Der Angeklagte trat dann die Beine des Privatbeteiligten zwecks Perlustrierung in eine Grätschstellung, wodurch ein Schuh des M abgestreift wurde und der Privatbeteiligte daher mit einem Fuß ohne Schuh im Regen stehen mußte. Auch gegen diese Behandlung protestierte R lautstark, wobei es in der Folge zu dem schon vom Erstrichter festgestellten Wortwechsel kam, nachdem R zu hören vermeint hatte, der Angeklagte habe ihm das Erschießen angedroht, sollte er sich nicht 'benehmen'. Während der Angeklagte den Privtbeteiligten mit einer Hand am Rockkragen festhielt und zum PKW drückte, nahm er dessen körperliche Visitierung vor, in deren Verlauf RI G - wegen der verbalen Widerspenstigkeit des Privatbeteiligten gereizt - zum Angeklagten herüberrief, er möge R doch endlich 'ruhigstellen'. Unmittelbar darauf (im übrigen noch bevor RI N die zerbrochene Windschutzscheibe am PKW wahrgenommen hatte) versetzte der Angeklagte dem Privatbeteiligten einen heftigen Schlag mit der Faust oder der Handkante gegen die rechte Rumpfseite, was die schon vom Erstgericht festgehaltenen Verletzungsfolgen nach sich zog. R behauptete sofort, daß ihm eine Rippe gebrochen worden sei, sprang vor Schmerzen auf der Fahrbahn herum, erreichte aber lediglich, daß man ihn - wie schon vom Erstgericht zutreffend dargelegt - beschimpfte und verspottete. Ob während dieser gesamten Amtshandlung die Revierinspektoren J und G mit einem VW Bus ('Mitte 6') am Tatort anwesend waren, ist nicht sicher feststellbar. Sollte RI J, so wie von ihm in der Berufungsverhandlung vom 2.4.1998 als Zeuge bekundet, den gesamten Vorfall tatsächlich aus einer Entfernung von nur etwa 2 - 3 Metern vom Angeklagten entfernt beobachtet haben, hätte er auch den oben geschilderten Tathergang beobachten müssen. Nachdem R auch noch am Stützpunkt 'Funkstreife' behauptete, vom Angeklagten verletzt worden zu sein und nach einem Amtsarzt verlangte, wurde der Journalbeamte Mag. M vom Angeklagten telefonisch kontaktiert und ua davon in Kenntnis gesetzt, daß R eine solche Verletzung behaupte. Dabei wurde dem Journalbeamten bedeutet, daß es sich bei R um einen renitenten Mann mit querulatorischen Zügen handle, weshalb der Journalbeamte keine Veranlassung fand, den Privatbeteiligten dem Amtsarzt vorzuführen. Hingegen wurde R vom Angeklagten in der Folge mitgeteilt, er solle spitalsärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, wenn er vermeine, verletzt worden zu sein. Auch im Wachzimmer N wurde die vom Privatbeteiligten gemeinsam mit seiner Bekannten A verlangte Anzeigeerstattung nicht entgegengenommen, hingegen zeigte sich der dort anwesende Polizeibeamte bereits informiert, indem er zum Privatbeteiligten meinte: 'Aha, sie sind der Deutsche!'. Eine weitere Anzeigeerstattung gegen 4.00 Uhr morgens am nämlichen Wachzimmer gegenüber RI F fand deshalb keine inhaltliche Erledigung, weil dieser Polizeibeamte - wie er in der Berufungsverhandlung bekundete - eine solche nicht für notwendig erachtete, da der Privtbeteiligte lediglich behauptet habe, einer 'unmenschlichen Behandlung' ausgesetzt gewesen zu sein."

In der Beweiswürdigung berichtet das Berufungsgericht über seinen Eindruck, daß der Bf zwar penibel und für Dritte allenfalls überzogen auf die Wahrung seiner Grundrechte bestand, aber von seiner Persönlichkeit her nicht zu einer massiven Falschbelastung, geschweige denn zu deren im wesentlichen widerspruchsfreien Aufrechterhaltung bis zum Berufungsverfahren imstande wäre. Es erscheine undenkbar, daß sich der Bf die - wie vom medizinischen Sachverständigen bestätigt - heftig schmerzhafte Verletzung auf dem Weg ins Krankenhaus selbst zugefügt oder zuvor im zeitlichen Zusammenhang mit dem Zerbrechen der Windschutzscheibe zugezogen hat. Hingegen belasteten weitere Umstände den Angeklagten. Entgegen dem Erlaß des BMI vom 15. Februar 1999, Zl. 51 381/2109-II/3/90, wurde der Bf keinem Amtsarzt vorgeführt, wenngleich einem solchen Verlangen schon im Interesse der einschreitenden Beamten dann zu entsprechen ist, wenn Verletzungen oder Mißhandlungen im Verlauf einer Amtshandlung auch nur behauptet werden. Der diensthabende Journalbeamte sei vom Angeklagten über die Renitenz und Querulanz des Bf durchaus zielgerichtet desinformiert worden und die Polizeibeamten verweigerten auch die Bekanntgabe der Dienstnummer. Die widersprüchliche Zeugenaussage des RI K legte nach Auffassung des Berufungsgerichts endgültig offen, daß sich der Angeklagte nicht wahrheitsgemäß verantwortete, sondern sogar Verabredungen erfolgt waren, um den Tatverdacht mittels falscher Zeugenaussage zu entkräften. Die Darstellung dieses Zeugen, der behauptete vor Ort anwesend gewesen zu sein und den Vorfall in einer Entfernung von 2 bis 3 Metern schräg hinter dem Angeklagten stehend beobachtet zu haben, geriet selbst mit der Verantwortung des Angeklagten in Widerspruch, der zugegeben hatte, daß der Bf erst während der Visitierung und nicht schon vorher behauptete, verletzt worden zu sein. Die vom Angeklagten und RI G eingeräumten Beschimpfungen des Bf als Piefke, Irrer, Wahnsinniger wollte er ebensowenig mitangehört haben, wie die sonst von allen Beteiligten bestätigte Diskussion über den abgestreiften Schuh.

Der vom Erstgericht angenommene Tathergang war nach Meinung des Berufungssenats auch mit dem in der Berufungsverhandlung ergänzten Gutachten des medizinischen Sachverständigen Ass.-Prof. Dr. H in Einklang zu bringen, der einen Rippenbruch ohne Hämatombildung keineswegs ausschloß, wenngleich er einen Kompressionsbruch für wahrscheinlicher erachtete. Der Erstrichter habe auch zutreffend festgehalten, daß selbst unter der Annahme eines Kompressionsbruches für den Angeklagten nichts zu gewinnen wäre, weil ein solcher nur auf Grund entsprechender Dynamik und damit eines heftigen Stoßes im Rückenbereich erklärbar wäre, was iSd § 83 Abs 2 StGB ebenso eine Mißhandlung darstellte wie ein Faustschlag.

3.3. Nach rechtskräftiger Verurteilung des RI N durch das Oberlandesgericht Linz hat der erkennende Verwaltungssenat nunmehr mit den Strafgerichten in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, daß RI N anläßlich der Leibesvisitation dem Bf einen heftigen Schlag gegen die rechte Rumpfseite versetzte, wodurch die 10. Rippe gebrochen wurde. Auch zum Ablauf der Anhaltung und des weiteren Verhaltens der Polizeibeamten nach der Tat ist der überzeugenden Darstellung des Berufungsgerichtes zu folgen, die im übrigen bis auf die Frage der Verletzungszufügung weitgehend mit den oben unter Punkt 2.2. wiedergegebenen Feststellungen des Oö. Verwaltungssenates im ersten Rechtsgang in Einklang gebracht werden kann. Ergänzend wird daher auch darauf verwiesen.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, daß gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. A, 1996, Rz 610).

4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat im Spruch seines aufhebenden Erkenntnisses vom 12. Dezember 1998 folgende Feststellungen getroffen:

"Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid,

soweit dieser

1. über die Festnahme und Anhaltung abspricht, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit)

2. über die behauptete Verletzung der körperlichen Integrität des Beschwerdeführers und die Verweigerung medizinischer Hilfeleistung abspricht, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht darauf, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden,

3. über die Zulässigkeit der Beschwerdeerhebung gegen 'Beschimpfungen' abspricht, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden."

4.3. Zur Verletzung des Art 3 EMRK:

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

Die Anwendung von Körperkraft kann gegen Art 3 EMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für Ohrfeigen (VfSlg 8.296/1978, 10.052/1984), Fußtritte (VfSlg 10.250/1984, 11.095/1986, 11.144/1986, 11.230/1987, 11.687/1988), Schläge (VfSlg 8.645/1979, 10.250/1984, 11.096/1986, 11.170/1986, 11.328/1987, 11.421/1987, 12.603/1991) mehrfach ausgesprochen. Eine den Rechtsgrundsätzen des Waffengebrauchsgesetz 1969 entsprechende verhältnismäßige und maßhaltende Zwangsausübung verstößt nicht gegen Art 3 EMRK (vgl VfSlg 9.298/1981, 10.250/1984, 10.321/1985, 10427/1985, 11.809/1988; 12.271/1990). Eine physische Zwangsmaßnahme verstößt gegen Art 3 EMRK, wenn ihr eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Betroffenen als Person eigen ist (VfSlg 10.250/1984; VfGH 29.9.1992, B 590/98).

Auf der Grundlage des oben dargestellten Sachverhaltes ist nunmehr nach rechtskräftiger strafgerichtlicher Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz davon auszugehen, daß der Bf anläßlich der Personsdurchsuchung von RI N einen Schlag in die rechte Rumpfseite erhielt, der zum Bruch der 10. Rippe führte. Einen berechtigen Anlaß für diese gewaltsame Vorgangsweise des Polizeibeamten gab es nicht. Dieser dürfte, ob der verbalen Proteste des Bf, die ihm querulatorisch erschienen waren, die Nerven verloren und nach Aufforderung durch RI G, den Bf endlich ruhigzustellen, zugeschlagen haben, ohne freilich durch diese Mißhandlung eine solche Verletzung des Bf zu beabsichtigen. Auch das weitere Verhalten der Sicherheitswacheorgane der belangten Behörde am Stützpunkt "Funkstreife" mißachtete die Menschenwürde der Person des Bf, weil ihm die Vorführung vor den Amtsarzt zwecks medizinischer Hilfeleistung und Klärung des gegen einen Polizeibeamten erhobenen Verletzungsvorwurfes verweigert wurde. Rechtfertigende Gründe für diese Verweigerung sind unter den gegebenen Umständen nicht ersichtlich.

Hingegen war der "MEK-spezifische" Einsatz - worauf auch das Oberlandesgericht Linz hingewiesen hat - schon aus Gründen der Eigensicherung vertretbar, da vorerst kein hinreichender Grund für die Polizeibeamten erkennbar war, warum der Bf so verzögert auf ihre Anhalteversuche reagierte. Der Verfassungsgerichtshof stellte dazu fest, daß sich der Bf den verkehrspolizeiliche Belange überschreitenden Verdacht der Exekutivorgane und ihre besondere Bedachtnahme auf Eigensicherung (§ 3 RLV) selbst zuzuschreiben hatte. Das Verhalten der Polizeibeamten war - abgesehen von den Beschimpfungen - angesichts der gegebenen Umstände nicht so überschießend, daß von einer die Menschenwürde beeinträchtigenden gröblichen Mißachtung des Betroffenen als Person gesprochen werden kann. Die Durchsuchung des Bf konnte auf § 40 SPG gestützt werden.

4.4. Zur Rechtsverletzung im Rahmen schlichten Polizeihandelns nach § 88 Abs 2 SPG:

Als der Bf durch den anläßlich der Leibesvisitation erhaltenen Schlag gegen die rechte Rumpfseite vor Schmerzen auf der Fahrbahn herumsprang, wurde er von den einschreitenden Polizeibeamten beschimpt und mit Worten wie Piefke, Wahnsinniger, Irrer und Trottel bedacht. Zu diesem vom Bf in der eingebrachten Maßnahmen- beschwerde gerügten Organverhalten, führte der Verfassungsgerichtshof auf Seite 12 seines aufhebenden Erkenntnisses folgendes aus:

"Gemäß § 88 Abs. 1 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein, gemäß § 88 Abs. 2 leg.cit. darüber hinaus aber auch über Beschwerden von Menschen, die behaupten, 'auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist'.

Mit § 88 Abs. 2 SPG sollte demnach 'auch das `schlichte Polizeihandeln´, sofern es in Rechte eingreift, beim unabhängigen Verwaltungssenat einklagbar' (so 148 BlgNR, 18. GP, 53) gemacht und der Klärung der Frage, ob einer bestimmten polizeilichen Maßnahme die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zugrundeliegt, die Bedeutung genommen werden (VfSlg. 14.887/1997). Sohin kann auch die 'Beschimpfung' einer Person, die von einer Amtshandlung im Zuge der Besorgung der Sicherheitsverwaltung betroffen ist, prinzipiell nach § 88 Abs. 2 SPG mit Beschwerde vor dem UVS bekämpft werden.

§ 2 Abs. 2 SPG zählt die Sicherheitspolizei im Sinne von § 3 leg.cit. und weitere, hier nicht in Betracht kommende Angelegenheiten zur

Sicherheitsverwaltung. Zur Sicherheitsverwaltung gehört daher beispielsweise die Durchsuchung von Menschen auf Grund von § 40 SPG."

Nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes sei, da das Durchsuchen der Kleidung im ersten Rechtsgang auf § 40 SPG gestützt wurde, damit zum Ausdruck gebracht worden, daß das Gesamtgeschehen zumindest sicherheitspolizeiliche Komponenten enthalte und daß somit zumindest auch Aufgaben der Sicherheitsverwaltung besorgt wurden. Es sei daher naheliegend gewesen, daß die in Beschwerde gezogene "Beschimpfung" im Zuge der Besorgung der Sicherheitsverwaltung fiel und folglich im Grunde des § 88 Abs 2 SPG - dies zumal unter Bedachtnahme auf die §§ 27 und 87 SPG - mit Beschwerde an den UVS bekämpft werden könne.

§ 27 Abs 1 SPG bestimmt, daß den Sicherheitsbehörden die Aufrechterhaltung der Ordnung an öffentlichen Orten obliegt. Hiebei haben sie auf das Interesse des Einzelnen, seine Grund- und Freiheitsrechte ungehindert auszuüben, besonders Bedacht zu nehmen. § 27 Abs 2 SPG definiert öffentliche Orte als solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten werden können.

Nach § 87 SPG hat jedermann Anspruch darauf, daß ihm gegenüber sicherheitspolizeiliche Maßnahmen nur in den Fällen und der Art ausgeübt werden, die das SPG vorsieht.

Die Personsdurchsuchung des Bf erfolgte im Rahmen der Ausübung sicherheitspolizeilicher Befugnisse, da sie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit diente. Die Beschimpfungen standen im unmittelbaren Zusammenhang mit der durchgeführten Leibesvisitation. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates spielt es dabei keine entscheidende Rolle, ob die ehrverletzenden Angriffe noch während oder unmittelbar nach Abschluß der Perlustrierung erfolgten, zumal das Gesamtgeschehen (Durchsuchung, Identitätsüberprüfung, Zentralanfragen) zumindest auch sicherheitspolizeilichen Charakter hatte. Die vom Verfassungsgerichtshof im Grunde des § 88 Abs 2 SPG für beschwerdefähig erklärten Beschimpfungen haben in der gegenständlichen Situation die Menschenwürde des Bf gröblich mißachtet. Im Hinblick auf die lautstark geäußerte Schmerzempfindung des Bf kam ihnen verspottender Charakter zu.

4.5. Zur Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit):

Nach Art 5 Abs 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Abs 1 lit a) bis f) und auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden. Art 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (BGBl Nr. 684/1988) gewährleistet dieses Recht ebenfalls.

Niemand darf nach Art 1 Abs 2 PersFrSchG aus anderen als den im BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Abs 3 nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

Der Verfassungsgerichtshof führt in seinem aufhebenden Erkenntnis dazu aus:

"Von einem Eingriff in die persönliche Freiheit kann zwar im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann die Rede sein, wenn der Wille der Behörde primär auf eine solche Freiheitsbeschränkung gerichtet ist, nicht aber auch dann, wenn eine andere Maßnahme den Betroffenen dazu nötigt, längere Zeit bei der Behörde oder ihren Hilfsorganen zu verweilen, diese Beschränkung der Freiheit also (nur) die sekundäre Folge der Bewegungsbehinderung oder einer Anwesenheitspflicht ist (siehe etwa VfSlg. 5280/1966 zu einer Identitätsfeststellung durch Einsichtnahme in Personalausweise, VfSlg. 5570/1967 zur Vornahme eines Alkotests, VfSlg. 7298/1974 und 12.792/1991 zu einer Personendurchsuchung, VfSlg. 8327/1978 zu einer - obgleich rechtswidrigen - erzwungenen Besichtigung eines Kraftfahrzeuges in einstündiger Dauer, VfSlg. 12.017/1989 zu einer mehrstündigen Zollamtshandlung).

Unbestritten ist, daß die Polizeiorgane eine Festnahme nicht förmlich ausgesprochen haben. Die Amtshandlung, die der Anhaltung des Fahrzeuges und der Personendurchsuchung folgte, diente zwar nach den Feststellungen der belangten Behörde insbesondere der Feststellung des Sachverhaltes und der Überprüfung der Identität des Beschwerdeführers und seines Begleiters sowie der Zulassung des Kraftfahrzeuges. Diese Überprüfungen nahmen gewiß auch deswegen längere Zeit in Anspruch, weil der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Italien, mit einem in Wien auf eine dritte Person zugelassenen Kraftfahrzeug unterwegs war, weshalb auch zeitintensive Zentralanfragen durchgeführt wurden. Dennoch ist der belangten Behörde im Ergebnis ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen, wenn sie unter Würdigung der konkreten Ergebnisse des Einzelfalles hier zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer sei nicht in einer einer Festnahme gleichkommenden Weise in seiner persönlichen Freiheit beschränkt worden. Eine Freiheitsbeschränkung im Sinne einer Festnahme (Art. 1 Abs. 2 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit) hat daher stattgefunden. Daß die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen wären, ist nicht ersichtlich. Es ist weit jenseits gesetzlicher Ermächtigung, was hier der UVS als 'notwendig und sinnvoll' umschreibt."

Im Grunde dieser Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes ist davon auszugehen, daß der Bf durch die erhebliche Dauer der Amtshandlung von immerhin annähernd 2 Stunden und die Art und Weise ihrer Durchführung so empfindliche Einschränkungen seiner persönlichen Freiheit hinnehmen mußte, daß dies einer Festnahme gleichkam. Er wurde daher auch in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt. Die Lenker- und Fahrzeugkontrolle iSd § 97 Abs 5 StVO rechtfertigte ebensowenig wie der Verdacht von Verwaltungsübertretungen nach StVO und KFG die überschießende Vorgangsweise der Polizeibeamten. Ein begründeter Verdacht, daß sich der Bf der Strafverfolgung entziehen wollte, ist auch nicht aktenkundig geworden.

5. Bei diesem Ergebnis hatte der Bund, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, dem Bf als der obsiegenden Partei gemäß § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 die notwendigen Aufwendungen zu ersetzen. Als Aufwendungen gelten nach § 79a Abs 4 AVG neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen die durch Verordnung des Bundeskanzlers (vgl derzeit Aufwandersatzverordnung UVS BGBl Nr. 855/1995) festgesetzten Pauschbeträge für Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand. Danach beträgt der dem Beschwerdeführer als obsiegender Partei zustehende Schriftsatzaufwand S 8.400,-- und der Verhandlungsaufwand S 10.400,--. Im gegenständlichen Verfahren sind daher ein Pauschalaufwand von S 18.800,-- und Stempelgebühren von S 120,-- für die eingebrachte Maßnahmenbeschwerde, insgesamt also ein Betrag von S 18.920,--, zu ersetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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