Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420226/4/SCHI/Km

Linz, 21.07.1998

VwSen-420226/4/SCHI/Km Linz, am 21. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer aus Anlaß der Beschwerde des T S, geb: 21.5.1974, wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Anbringung eines Zurückweisungsstempels im Reisepaß am 29.3.1998 bei der Grenzkontrollstelle W, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 67c Abs.4 AVG; § 79a Abs.3 und 6 AVG; §§ 52, 57 und 60 FrG.

Begründung:

1. Mit Schriftsatz vom 3.4.1998 hat der Beschwerdeführer (Bf) beim unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland Beschwerde erhoben, weil am 29.3.1998 beim Grenzübergang W der "Grenzwächter" einen Ausweisungsstempel in sein Reisedokument eingestempelt habe. Begründet sei dies damit worden, daß nach dem Computerverzeichnis eine Einreise in die Republik Österreich nicht erwünscht sei. Es hätte keinen Verdacht auf illegale Arbeitsverrichtung gegeben. Er sei zwar mit einer Strafverfügung des Bezirksgerichtes zu einer Geldstrafe verurteilt worden, und habe er diese auch bezahlt. Allerdings sei er damals nur 17 Jahre alt gewesen und habe die Tat aus kindlicher Unüberlegtheit begangen. Vom 2.12.1996 bis 29.3.1998 sei er mehr als hundertmal in das Gebiet der Republik Österreich eingereist und habe keinerlei Regelverstoß begangen. Seine wichtigen Geschäftsinteressen begründeten seine Einreisen in die Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und er beantrage deshalb, die Rechtswidrigkeit seiner Ausweisung festzustellen und den in seinen Reisepaß "eingeschlagenen" Stempel zu entkräftigen. Außerdem ersuche er um die Erstattung der Kosten. Als Beilage zur Beschwerde hat der Bf Kopien seines Reisepasses mit dem Zurückweisungsstempel sowie der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt einschließlich der Zahlungsbestätigung angeschlossen.

2. Diese Beschwerde wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland mit Schreiben vom 9.4.1998 im Hinblick auf den Vorfall beim Grenzübergang W dem O.ö. Verwaltungssenat übermittelt, wo sie am 16.4.1998 eingelangt ist. Der Beschwerdeführer wurde vom UVS Burgenland darüber informiert.

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihrem Recht verletzt worden zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die behauptete Rechtsverletzung muß zumindest möglich sein. Sie kann sich im Hinblick auf die Vermeidung von Rechtsschutzlücken nicht nur auf die Verletzung einfachgesetzlicher Rechte, sondern auch auf die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beziehen (vgl. näher Mayer, in Walter [Hrsg], Verfassungsänderungen 1988 [1989], 99; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsstrafrechts, 6. A [1995], Rz 548/21; dieselben, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts 7. A [1992], Rz 927/12). Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine umfassende Kompetenz zur Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts. Er ist nicht an die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe gebunden (vgl Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 6. A, Rz 548/22 und 548/24).

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985; VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/00523; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

Auch Zwangsmaßnahmen sind kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsstrafverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977). Die Maßnahmebeschwerde ist nämlich bloß ein subsidiärer Rechtsbehelf, mit dem Rechtsschutzlücken geschlossen werden (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74). Der Begriff der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt hat durch die B-VG-Novelle 1988, die gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern für zuständig erklärt hat, keine Änderung erfahren (vgl. etwa VfGH 28.2.1994, B 1281/93-9; VwGH 14.4.1993, 93/18/0108).

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur (vgl. zB. Erkenntnis vom 20.12.1996, Zl. 96/02/0284; 28.5.1997, Zl. 96/13/0032) ausgesprochen, daß die bloße Anbringung des Zurückweisungsstempels im Reisepaß für eine Maßnahmebeschwerde keinen tauglichen Beschwerdegegenstand darstellt.

3.3. Da schon die Beschwerde erkennen ließ, daß sie als unzulässig zurückzuweisen ist (§ 67d AVG) war keine Verhandlung anzuberaumen. 3.4. Es war auch aus dem gesamten Beschwerdevorbringen nicht erkennbar, daß die Zurückweisung bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz mit Zwangsgewalt gegen den Bf durchgeführt worden wäre, weshalb auch die sonstigen Voraussetzungen der Maßnahmebeschwerde nicht vorlagen. Weiters war aus dem beim Vermerk "Zurückweisung" angebrachten Verweis auf § 52 Abs.2 Z.3 lit.a FrG erkennbar, daß die Zurückweisung deshalb erfolgte, weil der Aufenthalt des Bf im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit - offenbar im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Bf nach §§ 15 iVm 127 (versuchter Diebstahl) durch das BG Wr. Neustadt vom 1.12.1996, GZ 4 U 556/96 - gefährden würde. Schließlich war nicht erkennbar, daß in Ansehung des Bf ein Verbot der Zurückweisung bestanden hätte.

3.5. Die Zurückweisung erfolgte daher zu Recht. Da sie ohne physischen Zwang bzw. lediglich durch Einstempelung des Zurückweisungs-Vermerkes erfolgte, war die Beschwerde mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.

4. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers war daher ebenfalls zurückzuweisen. Andererseits war dem Bf kein Kostenersatz aufzuerlegen, weil die vorliegende Entscheidung ohne Befassung der allenfalls belangten Behörde getroffen wurde.

5. Es wird aber darauf hingewiesen, daß es sich bei einer Beschwerde um eine gebührenpflichtige Eingabe handelt, weshalb gemäß § 14 Tarifpost 6 Z1 Gebührengesetz Eingaben von Privatpersonen an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, mit einer festen Gebühr von 180 S zu vergebühren sind. Der Bf wird daher aufgefordert, eine 180 S Bundesstempelmarke binnen 14 Tagen an den O.ö. Verwaltungssenat nachzureichen, andernfalls eine Meldung an die zuständige Finanzbehörde erfolgen würde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Zurückweisung, Stempel im Reisepaß

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