Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-420298/5/Kl/Rd

Linz, 27.03.2001

VwSen-420298/5/Kl/Rd Linz, am 27. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des K, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abnahme der Jagdkarte durch Organe des GP N am 6.12.2000 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Abnahme der Jagdkarte am 6.12.2000 für rechtswidrig erklärt.

Der Antrag, der belangten Behörde die Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Rechtszustandes durch Wiederausfolgung der Jagdkarte aufzutragen, wird zurückgewiesen.

II. Die belangte Behörde (Land ) hat dem Beschwerdeführer den beantragten Aufwandersatz für Schriftsatzaufwand und Barauslagen in der Höhe von insgesamt 8.830 S binnen 14 Tagen ab Zustellung zu leisten. Das Mehrbegehren wird abgewiesen. Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 67a und 67c und 64 Abs.2 AVG iVm §§ 38 Abs.1 lit.a und 40 Oö. Jagdgesetz, LGBl.Nr. 32/1964 idF LGBl.Nr. 79/2000.

zu II.: § 79a AVG iVm § 1 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 18.12.2000 wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt eingebracht und beantragt, den angefochtenen Verwaltungsakt, nämlich die Abnahme der Jagdkarte am 6.12.2000 ohne vollstreckbare Wirkung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.11.2000 für rechtswidrig zu erklären und der belangten Behörde aufzutragen, den ordnungsgemäßen Rechtszustand durch Wiederausfolgung der Jagdkarte herzustellen. Darüber hinaus wurde Kostenersatz begehrt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Bescheid vom 27.11.2000 dem Bf die am 15.6.1989 ausgestellte Jagdkarte (Duplikat) für bis 30.11.2001 entzogen hat. Dieser Bescheid erging an den GP N mit dem Auftrag, den RSa-Brief dem Bf unverzüglich zuzustellen und die Jagdkarte für sicherzustellen und vorzulegen. Der GP N ist diesem Auftrag am 6.12.2000 nachgekommen, indem der Bescheid an diesem Tage ausgefolgt wurde und die Jagdkarte abgenommen wurde. Gegen den Entziehungsbescheid wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Die Berufung hat gemäß § 64 Abs.1 AVG aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung wurde nicht mit Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen. Die vorgenommene Abnahme der Jagdkarte war daher rechtswidrig und hat den Bf in seinem subjektiven Recht auf Innehabung der Jagdkarte und der damit verbundenen Ausübung der Jagd verletzt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und in einer Stellungnahme ausgeführt, dass der Zustellungsauftrag an den GP insbesondere deshalb ergangen ist, um die eigenhändige Zustellung eines Poststückes möglichst sicher gewährleisten zu können. Gleichzeitig erschien es der Behörde als ökonomisches Verwaltungshandeln sowohl für die Behörde selbst als auch für den Betroffenen, dass im Zuge dieser Amtshandlung gleichzeitig auch die Jagdkarte eingehoben wird. Mögen auch die Worte im Hinblick auf die Abnahme der Jagdkarte falsch gewählt worden sein, so hatte die Bezirkshauptmannschaft nicht die Absicht, behördliche Befehls- und Zwangsgewalt auszuüben bzw ausüben zu lassen. Im Übrigen wurde am Tag der Abnahme tatsächlich auch keine unmittelbare Befehls- oder Zwangsgewalt ausgeübt, zumal der Bf ohne jeglichen Widerstand und ohne Ausübung unmittelbaren Zwangs, die Jagdkarte auf Aufforderung hin abgegeben hat.

Zwischenzeitlich gelangte die Behörde auch zur Ansicht, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung im gegenständlichen Fall notwendig erscheint, weshalb ein dementsprechender Bescheid am 15.12.2000 erlassen worden ist. Es wurde daher die Abweisung der Beschwerde und Kostenersatz beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Es wurde als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.11.2000, Agrar41-3-3-2000/Pc, die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 15.6.1989 ausgestellte Jagdkarte (Duplikat) für dem Bf bis 30.11.2001 gemäß §§ 38 Abs.1 lit.a und 40 Oö. Jagdgesetz entzogen wurde. Laut Zustellverfügung auf diesem Bescheid erging dieser Bescheid an den GP N "mit dem Auftrag, Herrn K den RSa-Brief unverzüglich zuzustellen und die Jagdkarte für (Duplikat) sicherzustellen und anher vorzulegen". Mit diesem Bescheid wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt.

Aufgrund des Berichtes des GP N vom 6.12.2000 wurde an diesem Tage der Bescheid dem Bf ausgefolgt und die Jagdkarte abgenommen. Der Bf hat gegen den zitierten Bescheid in offener Frist Berufung eingebracht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15.12.2000, Agrar41-3-3-2000/Pc, wurde die aufschiebende Wirkung der Berufung betreffend den Bescheid vom 27.11.2000 im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen. Auch gegen diesen Bescheid wurde Berufung eingebracht.

Gemäß § 67d Abs.2 Z3 AVG entfällt die mündliche Verhandlung, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 67a Abs.1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Gemäß § 67c Abs.1 AVG ist die Beschwerde innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, einzubringen.

Die Jagdkarte wurde am 6.12.2000 abgenommen. Die Beschwerde ist daher rechtzeitig und zulässig. Sie ist im Übrigen auch begründet.

5.2. Dem Bf wurde seine Jagdkarte mit dem eingangs zitierten Bescheid gemäß §§ 38 Abs.1 lit.a und 40 Oö. Jagdgesetz, LGBl.Nr. 32/1964 idF LGBl.Nr. 79/2000 wegen mangelnder Verlässlichkeit bis zum 30.11.2001 entzogen. Dieser Bescheid wurde am 6.12.2000 durch Organe des GP N eigenhändig dem Bf zugestellt. Damit wurde der Bescheid wirksam. Weil aber gleichzeitig in dem Bescheid einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wurde, war dieser Bescheid noch nicht vollstreckbar. Im Übrigen war er wegen offener Rechtsmittelfrist auch nicht rechtskräftig. Tatsächlich wurde auch in offener Rechtsmittelfrist die Berufung eingebracht. Der Bescheid ist daher nicht rechtskräftig und nicht vollstreckbar.

Eine Vollstreckungsverfügung iSd § 10 Abs.2 VVG wurde nicht erlassen. Vollstreckungshandlungen vor Zustellung der Vollstreckungsverfügung sind daher unzulässig (VfGH 21.6.1951, Slg. 2137).

Eine Vollstreckungsmaßnahme setzt sowohl einen entsprechenden Exekutionstitel als auch eine entsprechende Vollstreckungsverfügung voraus (Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 1182, E5 mN: wurden Kennzeichentafeln ohne entsprechende Vollstreckungsverfügung abgenommen, so ist darin die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art. 131a B-VG gelegen).

Vollstreckungshandlungen, welche ohne vorangegangene Verfahren oder vor Zustellung und damit Erlassung einer Vollstreckungsverfügung durchgeführt werden, stellen Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art. 144 B-VG dar (Hauer-Leukauf, S. 1183, E8 mN).

Weil ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Bescheid und eine entsprechende Vollstreckungsverfügung noch nicht vorlagen, war die Abnahme am 6.12.2000 durch Organe des GP N im Auftrag der belangten Behörde rechtswidrig.

5.3. Dem Vorbringen der belangten Behörde, dass ein körperlicher Zwang durch die Gendarmerieorgane nicht ausgeübt wurde und die Jagdkarte über Aufforderung ausgehändigt wurde, hindert die Annahme einer Maßnahme nicht. Nach seiner langen und ständigen Judikatur hat der VfGH eine faktische Amtshandlung auch bei unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt angenommen, also wenn ein Befehl mit unmittelbarem und unbedingtem Befolgungsanspruch ausgesprochen wurde. Als solche Befehlsgewalt ist auch die Aufforderung zur Abgabe der Jagdkarte anlässlich der eigenhändigen Zustellung des Entziehungsbescheides zu werten. Insbesondere ist schon aus dem Auftrag an die Gendarmerieorgane, die Jagdkarte "sicherzustellen und anher vorzulegen" ersichtlich, dass sie jedenfalls abgenommen und der Behörde vorgelegt werden soll. Die Abnahme der Jagdkarte am 6.12.2000 ist daher jedenfalls als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt anzusehen.

5.4. Der nachträgliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung mit dem Bescheid vom 15.12.2000 hingegen ändert nichts an der Tatsache, dass zum Abnahmezeitpunkt am 6.12.2000 ein diesbezüglicher Ausspruch nicht existiert hat und daher der Bescheid nicht vollstreckbar war.

Es war daher die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes durch den Oö. Verwaltungssenat spruchgemäß festzustellen.

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, war der Bf obsiegende Partei und war ihm daher gemäß § 79a AVG der Kostenersatz antragsgemäß zuzusprechen. Mit dem Beschwerdeschriftsatz wurden der Schriftsatzaufwand und Barauslagen geltend gemacht. Diese sind daher gemäß § 79a Abs.4 Z1 und 3 AVG sowie § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS zuzusprechen. Es ergibt sich daher ein Schriftsatzaufwand von 8.400 S sowie der Ersatz der Barauslagen für Stempelgebühren in Höhe von 430 S. Das Mehrbegehren war mangels Rechtsgrundlage abzuweisen. Der Kostenersatzanspruch der belangten Behörde war mangels Obsiegens abzuweisen.

7. Gemäß § 67c Abs.3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist. Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes ist im Grunde dieser Bestimmung nicht gegeben. Es war daher der entsprechende Antrag mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

kein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, keine Vollstreckbarkeit, Vollstreckung unzulässig, keine Vollstreckungsverfügung, Maßnahme.