Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420312/7/Wei/Bk VwSen420314/7/WEI/Bk

Linz, 14.08.2001

VwSen-420312/7/Wei/Bk VwSen-420314/7/WEI/Bk Linz, am 14. August 2001 DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde des W vertreten durch den Vater und gesetzlichen Vertreter Dr. P wohnhaft ebendort, wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 1. Juli 2001 durch teils dem Bürgermeister von Gmunden teils der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zurechenbare Organe der Gemeindesicherheitswache (Stadtpolizei) von Gmunden den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der folgenden Akte und zwar:

1. Anhalten auf der Bezirksstraße M von A

2. Verbringen gegen meinen Willen in die T

3. Anhaltung zur Arbeitsleistung (Fahren auf der Walze)

4. Überprüfung meines Mopeds nach dem KFG

begehrt, mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67 Abs 1 Z 2 AVG 1991; §§ 67c und 79a AVG 1991.

B e g r ü n d u n g :

1.1. Mit der per E-Mail am 2. Juli 2001 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Eingabe hat der offenbar noch minderjährige Beschwerdeführer (im Folgenden Bf), vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter Dr. P, unter Angabe von einzelnen Sachverhaltselementen Maßnahmenbeschwerde gegen die

" ... Amtshandlungen der Gmundener Stadtpolizei:

1. Anhalten auf der Bezirksstraße M von A

2. Verbringung gegen meinen Willen in die T

3. Überprüfung meines Mopeds nach dem KFG

4. Abnahme des Polizeilichen Kennzeichens ... "

erhoben und in diesem Zusammenhang die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt behauptet. Schon am nächsten Tag, dem 3. Juli 2001, nahm der Bf eine auf elektronischem Weg übermittelte Beschwerdeergänzung vor, in der das Betätigenmüssen des Mopeds auf der (äußerst gefährlichen) Walze als Maßnahme der Zwangsarbeit (Sklaverei) und als Eingriff in das Eigentumsrecht und die körperliche Unversehrtheit (Gefährdung und Angsteinwirkung) gerügt wird.

1.2. Da die im Wege automationsunterstützter Datenübertragung eingebrachten Anbringen keine eigenhändige und urschriftliche Unterschrift aufweisen und der Oö. Verwaltungssenat im Hinblick auf die Beschwerdedarstellung und das behauptete gesetzliche Vertretungsverhältnis gewisse Zweifel an der Authentizität hegte, wurde gemäß § 13 Abs 4 AVG 1991 die Bestätigung der oben erwähnten Eingaben durch ein schriftliches Anbringen mit eigenhändiger und urschriftlicher Unterschrift binnen 2 Wochen mit der Wirkung aufgetragen, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser angemessenen Frist die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde nicht mehr behandelt wird.

2.1. Mit gleichem Schreiben vom 9. Juli 2001 erteilte der Oö. Verwaltungssenat dem Einschreiter einen Verbesserungsauftrag wegen Mangelhaftigkeit der Beschwerde, zumal die pauschal behauptete Befehls- und Zwangsgewalt in tatsächlicher Hinsicht nicht hinreichend dargelegt wurde. Dazu wurde dem Einschreiter mitgeteilt, dass sich die Beschwerde im Wesentlichen nur mit der Frage beschäftigt, ob die Gmundener Stadtpolizei zur Vornahme der kritisierten Amtshandlungen berechtigt war. Die aber für die Zulässigkeit wesentliche Vorfrage der (tatsächlichen) Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt werde nur mit wenig aussagekräftigen Hinweisen wie

"Völlig plötzlich wurde ich von einem ...... Beamten der Gmundener Stadtpolizei angehalten, ohne dass mir gesagt wurde weswegen. In weiterer Folge versuchte der Beamte zu funken und teilte mir weiter in barschem Tone mit, dass ich ...... hinter ihm herzufahren hätte, ...... . Diesem Zwang fügte ich mich und fuhr hinterher, ... ."

ausgeführt. Zur Beschwerdeergänzung betreffend eine angebliche Anhaltung zur Zwangsarbeit und Selbstbelastung wurde dem Einschreiter unter Wiedergabe des 2. und 3. Absatzes der Eingabe vorgehalten, dass er die Zulässigkeitsfrage der tatsächlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt mit der Frage der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Organverhaltens vermenge. Die bezeichneten Absätze lauten:

"Ich erweitere die Beschwerdepunkte somit dahingehend, dass ich durch die Befehls- und Zwangsgewalt der Gmundener Stadtpolizei, die sich im Betätigenmüssen des Mopeds auf der (äußerst gefährlichen) Walze äußerte im Grundrecht nicht ohne gesetzliche Grundlage für die Behörde arbeiten zu müssen (Sklaverei) und im Grundrecht des Eigentums (Moped) und der körperlichen Unversehrtheit (akute Gefährdung und Angsteinwirkung) und des Rechtes auf Zeugnisverweigerung im Strafverfahren verletzt wurde.

Ich beantrage daher dass bescheidmäßig festgestellt wird, dass das oben dargestellte Verhalten der Stadtpolizei Gmunden ebenfalls verfassungswidrig im Sinne des Artikel 18 BVG und im Sinne der oben angeführten Menschenrechte war."

Der unabhängige Verwaltungssenat hat den Einschreiter über den notwendigen Inhalt einer Beschwerde gemäß § 67c Abs 2 AVG im Einzelnen informiert und festgestellt, dass das Vorbringen die sachverhaltsbezogene Ausführung von konkreten Tatsachen zur bloß behaupteten Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt vermissen lasse. Das kritisierte Organverhalten impliziere entgegen der Beschwerdeansicht nicht automatisch Befehls- und Zwangsgewalt. Insofern erscheine daher der maßgebliche Sachverhalt (§ 67c Abs 2 Z 3 AVG 1991) ergänzungsbedürftig. Außerdem fehle ein eindeutiges Begehren im Sinne des § 67 Abs 2 Z 5 AVG 1991.

Weiter wurde dem Einschreiter ausdrücklich vorgehalten, dass nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift vom 2. Juli 2001 davon ausgegangen werden könnte, die dort angeführten vier Amtshandlungen der Gmundener Stadtpolizei sollten jeweils selbständiger Beschwerdegegenstand sein. Dabei wurde anscheinend für jeden dieser Verwaltungsakte Befehls- und Zwangsgewalt behauptet. Zur Beschwerdeergänzung vom nächsten Tag wurde vermutet, dass diese offenbar den ursprünglichen Punkt 3 "Überprüfung meines Mopeds nach dem KFG" noch ausführen sollte.

Schließlich hat der Oö. Verwaltungssenat den Einschreiter unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Säumnis nach § 13 Abs 3 AVG unter Androhung der Zurückweisung aufgefordert, die aufgezeigten Mängel der vorliegenden Beschwerde binnen 2 Wochen zu verbessern und die andeutungsweise geltend gemachte Zwangsgewalt durch ergänzende Sachverhaltselemente im Einzelnen zu konkretisieren. Außerdem wurde er aufgefordert, präzise zu beantragen, welche genau bezeichneten (vgl § 67c Abs 2 Z 1 AVG 1991) Verwaltungsakte für rechtswidrig erklärt werden sollen (vgl § 67 Abs 2 Z 5 AVG 1991).

2.2. Mit der rechtzeitig am 30. Juli 2001 eingebrachten Eingabe "Mängelbehebung" vom 24. Juli 2001 legte der Einschreiter und Beschwerdevertreter die mit 2. Juli 2001 datierten Schriftsätze "Maßnahmenbeschwerde" und "Maßnahmenbeschwerde Ergänzung der Beschwerde vom 2. Juli 2001" je mit einer am Deckblatt beim gesetzlichen Vertreter urschriftlich geleisteten Unterschrift vor.

Zum Vorhalt der fehlenden Ausführung von Befehls- und Zwangsgewalt wird ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof eine faktische Amtshandlung immer dann als gegeben angesehen hätte, wenn diese nicht mehr im folgenden Verwaltungsverfahren überprüft hätte werden können. Dies liege auch gegenständlich auf der Hand, weil die Rechtswidrigkeit der Beweisaufnahme nicht mehr sinnvoll eingewendet werden könnte und ein Beweisverwertungsverbot nirgendwo normiert sei.

Der Bf hätte keinerlei Möglichkeit mehr gesehen zu disponieren oder Widerstand zu leisten, ohne sich strafbar zu machen bzw. ohne dass ihm von einem Organ der Stadtpolizei Gmunden nachgeschossen worden wäre. Dazu merkt der Bf an, dass diese Organe "die Pistolen wesentlich offener und leichter zu ziehen tragen" als Organe anderer Wachkörper (etwa Gendarmerie) in Österreich.

Zur Frage der Rechtsverletzung führt der Bf an, dass der Gmundener Stadtpolizei die gesetzliche Grundlage für ihr Einschreiten gefehlt hätte, weil der Bundesverfassungsgesetzgeber den Gemeindewachkörpern nur die Ortspolizeikompetenz zuweise und demonstrativ für den "ruhenden Verkehr" aufzähle. Weiter sei ihm keine Bestimmung bekannt, wonach die Exekutive bei regulären Kontrollen ermächtigt sei, Festnahmen durchzuführen. Somit wäre er in der Bestimmung des Art 18 BVG verletzt worden.

Zur Aufforderung, ein eindeutiges Begehren zu stellen, beantragt der Bf nunmehr,

"dass die geschilderte Amtshandlung der Stadtpolizei Gmunden - Mopedkontrolle - in allen ihren geschilderten Einzelkomponenten, nämlich

1. Anhalten auf der Bezirksstraße M von A

2. Verbringen gegen meinen Willen in die T

3. Anhaltung zur Arbeitsleistung (Fahren auf Walze)

4. Überprüfung meines Mopeds nach dem KFG

5. Abnahme des Polizeilichen Kennzeichens,

rechtswidrig war.

Zu den Erwägungen des Oö. Verwaltungssenates im Rahmen des Mängelbehebungsauftrags meint der Bf, der Verfassungsgerichtshof hätte niemals verlangt, faktische Amtshandlungen, die in einer Mehrzahl von Einzelkomponenten bestanden, in einzelne Beschwerden kostenintensiv zu zerlegen. Schläge von mehreren Beamten oder das mehrfache Stecken eines Kopfes in die Klospülung hätten immer einheitlich geltend gemacht werden können. Nie hätte für jede einzelne Ohrfeige jedes einzelnen Behördenorgans eine eigene Beschwerde eingebracht werden müssen.

Abschließend stellt der Bf den Antrag einen tarifmäßigen Kostenersatz zuzuerkennen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat auf Grund der Aktenlage festgestellt, dass sich bereits aus den vorliegenden Eingaben zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde ableiten lässt, dass die Beschwerde im Umfang des Spruches ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen ist.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 610).

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

4.2. Der Bf beharrt trotz der ihm vorgehaltenen Bedenken weiterhin auf seinem Standpunkt, dass er mehrere Akte im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 1. Juli 2001 selbständig für rechtswidrig erklärt wissen will. In seiner ersten Eingabe sprach er dementsprechend noch von "Amtshandlungen" in der Mehrzahl. Auch wenn er nunmehr im Schriftsatz "Mängelbehebung" nur mehr in der Einzahl von der geschilderten "Amtshandlung der Stadtpolizei Gmunden" spricht und diese pauschalierend als "Mopedkontrolle" bezeichnet, begehrt er dennoch weiterhin die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Amtshandlung in allen ihren geschilderten Einzelkomponenten, die er nunmehr in insgesamt fünf Punkten auflistet. Diese Vorgangsweise vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass der Bf damit in Wahrheit mehrere Beschwerdegegenstände geltend macht und jeweils auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Akte im Einzelnen beantragt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann auch eine Amtshandlung aus mehreren selbständigen Akten bestehen, wobei nach dem Zweck der behördlichen Akte trennbare Beschwerdegegenstände zu unterscheiden und für die Frage des Aufwandersatzes getrennt zu behandelnde Verwaltungsakte anzunehmen sind (vgl etwa die Erk. VwGH 22.3.2000, 97/01/0745; VwGH 22.10.1999, 98/02/0142, 0143; VwGH 28.2.1997, 96/02/0481; VwGH 17.12.1996, 94/01/0714; VwGH 6.5.1992, 91/01/0200). Der Einwand des Bf betreffend die frühere Maßnahmenjudikatur des Verfassungsgerichtshofes geht schon deshalb fehl, weil dieser in kostenrechtlicher Hinsicht eigene Wege ging und nicht die Kostenbestimmung des § 79a AVG anzuwenden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof geht nicht von einem so weiten Verständnis des angefochtenen Verwaltungsaktes aus, wie es möglicherweise dem Bf vorschwebt. Es wird nicht das gesamte Umfeld eines Verwaltungsgeschehens pauschal erfasst. Vielmehr ist es allein Sache des Beschwerdeführers den "angefochtenen Verwaltungsakt" zu umschreiben, ihn in der Beschwerde zu bezeichnen (§ 67c Abs 1 Z 1 AVG) und den bezughabenden Sachverhalt darzustellen (§ 67c Abs 2 Z 3 AVG). Durch diese tatsächlichen Angaben gibt er den Gegenstand des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vor. Erst auf dem Boden dieser sachverhaltsmäßigen Vorgabe entfaltet sich die allseitige rechtliche Prüfungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates (vgl näher das Erk. des VwGH v 23.9.1998, 97/01/0407).

4.3. Bloße Aufforderungen oder Anordnungen stellen nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts noch keine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar. Erst wenn der Adressat bei Nichtbefolgung mit zwangsweiser Realisierung zu rechnen hat, wobei eine unverzüglich einsetzende physische Sanktion bevorstehen muss, kann begrifflich von einem Akt der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gesprochen werden (vgl dazu die Judikaturnachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1998, E 61 und E 80 zu § 67a AVG). Die Weisung eines Sicherheitswachebeamten, eine bestimmte Straßenstelle zu verlassen, stellt noch keine "faktische Amtshandlung" dar, wenn kein unmittelbarer Zwang ausgeübt oder angedroht wurde. Die Androhung einer Strafanzeige schafft noch keine entsprechende Situation (vgl VwGH 28.2.1997, 96/02/0299). Der von Organen der Straßenaufsicht durch Zeichen iSd § 97 Abs 5 StVO 1960 mitgeteilten Aufforderung zum Anhalten hat der Fahrzeuglenker zwar Folge zu leisten. Deshalb handelt es sich dabei aber noch nicht um Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt. Die Nichtbefolgung solcher Zeichen stellt lediglich eine Verwaltungsübertretung dar (vgl § 99 Abs 3 lit j) StVO 1960). Steht es dem Betroffenen frei, einer Anordnung keine Folge zu leisten und die Frage ihrer Rechtmäßigkeit im Verwaltungsstrafverfahren auszutragen, so liegt keine "faktische Amtshandlung" vor (vgl etwa zur Aufforderung zum Alkoholtest oder Blutabnahme u.a. VwGH 25.3.1992; 91/02/0150; VwGH 25.3.1992, 91/03/0253; VwGH 19.1.1994, 93/03/0251; VwGH 22222.4.1994, 94/02/0020; VfSlg 7.509/1975).

4.4. Der Bf hat auch nach ausführlichem Verbesserungsauftrag in Bezug auf die folgenden von ihm bekämpften Einzelkomponenten der Amtshandlung der Gmundener Stadtpolizei, und zwar

1. Anhalten auf der Bezirksstraße M von A

2. Verbringen gegen meinen Willen in die T

3. Anhaltung zur Arbeitsleistung (Fahren auf Walze)

4. Überprüfung meines Mopeds nach dem KFG,

keinen Sachverhalt vorgebracht, der einen den oben dargelegten begrifflichen Voraussetzungen entsprechenden Akt verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit hinreichender Klarheit erkennen ließe. Das Anhalten zur Verkehrskontrolle und die folgenden - wenn auch in barschem Ton - erfolgten Aufforderungen hinter dem Organ der Stadtpolizei zur etwa 5 km entfernten technischen Prüfstelle nachzufahren und dort nach Anleitung des Beamten auf einer amtlich geeichten Walze das Moped zu testen und auf den 4. Gang zu schalten, stellen noch keine Akte der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Von der im Schriftsatz "Maßnahmenbeschwerde" vom 2. Juli 2001 behaupteten zwangsweisen Deportation zu einer Walzenüberprüfung kann angesichts der fehlenden Sachverhaltsmerkmale, die eine Ausübung physischen Zwangs oder zumindest dessen unverzügliche Androhung wahrscheinlich machen, keine Rede sein.

Nach dem gesamten Vorbringen des Bf ist davon auszugehen, dass er sich offenbar den Anordnungen des Organs der Stadtpolizei gefügt und keinerlei Widerstand geleistet hat. Somit hat er im Wesentlichen freiwillig an der Amtshandlung mitgewirkt. Der Schriftsatz "Mängelbehebung" vom 24. Juli 2001 beschäftigt sich lediglich in einem Absatz mit dem erteilten Vorhalt der mangelnden sachverhaltsbezogenen Ausführung von konkreten Tatsachen. Dieser Absatz lautet wie folgt:

"Ich selbst sah für mich keinerlei Möglichkeit mehr für mich zu disponieren bzw. Widerstand zu leisten ohne mich strafbar zu machen, bzw. ohne dass mir von dem Organ der Stadtpolizei Gmunden nachgeschossen wird, wobei anzumerken ist, dass deren Organe die Pistolen wesentlich offener und leichter zu ziehen tragen als die anderen Wachkörper (etwa Gendarmerie) in Österreich."

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Angst vor Strafe noch keine Situation der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt schafft. Die durch keinerlei Androhung begründete, bloß subjektive Angst vor allfälligen Sanktionen, vermag an der Freiwilligkeit der Mitwirkung an der Amtshandlung nichts zu ändern (vgl dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1998, E 59 zu § 67a AVG). Nur wenn die Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls durch den Organwalter (zumindest schlüssig) angekündigt wird, liegt ein beschwerdefähiger Eingriff im Rahmen eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens vor (vgl auch VwGH 14.12.1993, 93/05/0191).

Konkrete Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, dem Bf drohte bei Nichtbefolgung der Anordnungen des Organs der Stadtpolizei Gmunden unmittelbarer physischer Zwang, hat der Bf auch in dem zur Mängelbehebung erstatteten Schriftsatz nicht vorgebracht. Mit der ohne jede Tatsachengrundlage geäußerten Befürchtung, der Bf hätte rechnen müssen, dass ihm von einem Organ der Stadtpolizei Gmunden nachgeschossen wird, wurden keine solchen Anhaltspunkte für eine Zwangsausübung dargetan. Vielmehr beweist die bekräftigende Anmerkung des Bf, wonach die Organe dieser Stadtpolizei "die Pistolen wesentlich offener und leichter zu ziehen tragen" als andere Wachkörper, dass es sich bei seiner angeblichen Befürchtung in Wahrheit um eine geradezu mutwillige Unterstellung rechtswidrigen Verhaltens handelt, für die er keinerlei tatsächliche Gründe anbieten kann.

Hingegen ist die Abnahme des polizeilichen Kennzeichens nach Überprüfung des Mopeds auf der amtlich geeichten Walze als Maßnahme der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt zu werten, zumal in dieser Beziehung naturgemäß kein Zweifel besteht, dass diese Maßnahme iSd § 57 Abs 8 KFG 1967 nötigenfalls mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt worden wäre. In Bezug auf diesen Beschwerdepunkt wird daher das gegenständliche Verfahren weitergeführt werden.

4.5. Da trotz der gebotenen Gelegenheit zur Verbesserung der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt weiterhin ohne entsprechendes Tatsachensubstrat behauptet wurde, mangelt es im angeführten Umfang an einem tauglichen Gegenstand für ein Maßnahmenbeschwerdeverfahren. Schon nach dem Beschwerdevorbringen lagen die begrifflichen Voraussetzungen einer Maßnahmenbeschwerde in den bezeichneten Beschwerdepunkten nicht vor, weshalb die gegenständliche Beschwerde insoweit ohne weiteres Verfahren mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig iSd § 67c Abs 3 AVG zurückzuweisen war.

4.6. Der Beschwerdeschrift vom 2. Juli 2001 ist zu entnehmen, dass der Stadtpolizei Gmunden durch Verordnung des Bezirkshauptmannes die Verkehrskontrolle nach der StVO auf Gemeindestraßen übertragen worden sei. Als belangte Behörde käme insofern gemäß § 97 Abs 1 StVO 1960 die Bezirkshauptmannschaft Gmunden in Betracht, zumal bei der Ermächtigung der Mitglieder des Gemeindewachkörpers zur Mitwirkung bei der Vollziehung der StVO 1960 nach § 97 Abs 1 Satz 2 und 3 StVO 1960 diese in fachlicher Hinsicht und damit funktionell als Organe der Bezirksverwaltungsbehörde einschreiten.

Andererseits kann durch Verordnung der Landesregierung die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94 Abs 1 lit a StVO 1960) nach § 97c Abs 3 StVO 1960 der Gemeinde durch den eingerichteten Gemeindewachkörper übertragen worden sein. In diesem Fall eines der Gemeinde übertragenen Wirkungsbereiches sind die Angelegenheiten gemäß Art 119 Abs 2 B-VG vom Bürgermeister zu besorgen. Die Mitglieder des Gemeindewachkörpers werden in diesem Zusammenhang daher auch funktionell für den Bürgermeister tätig. Schließlich hat der Landeshauptmann gemäß § 123 Abs 3 KFG 1967 Gemeinden, denen gemäß § 94c StVO 1960 die Handhabung der Verkehrspolizei durch ihren Gemeindewachkörper übertragen worden ist, durch Verordnung die Mitwirkung an der Vollziehung des KFG 1967 durch den Gemeindewachkörper im Umfang des § 123 Abs 2 KFG 1967, wie dort für die Bundesgendarmerie geregelt, zu übertragen. Auch in Bezug auf diesen übertragenen Wirkungsbereich handeln die Hilfsorgane der Gemeindesicherheitswache für den Bürgermeister.

Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass nach dem bisherigen Verfahrensstand möglicherweise neben dem Bürgermeister von Gmunden auch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde in Betracht kommen könnte. Deshalb waren vorläufig beide Behörden zu verständigen.

5. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 79a AVG zugunsten der Rechtsträger der belangten Behörden war nicht zu treffen, weil die teilweise Zurückweisung der Beschwerde ohne weiteres Verfahren und damit ohne Aufwand der belangten Behörden möglich war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 26.02.2002, B 1336/01-9

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