Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420316/6/Li/Pr

Linz, 21.12.2001

VwSen-420316/6/Li/Pr Linz, am 21. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch aus Anlass der Beschwerde des M. V., G., wegen gesetzwidriger Hausdurchsuchung, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs.3 AVG

Entscheidungsgründe:

1. Mit einem am 15. Oktober 2001 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen Schriftsatz hat der Rechtsmittelwerber beim Oö. Verwaltungssenat eine Beschwerde erhoben.

Darin bringt der Beschwerdeführer, an dem in der Justizanstalt G. offensichtlich eine in einem Strafurteil verhängte Freiheitsstrafe vollzogen wird, im Wesentlichen vor, dass am 3.10.2001 in seiner Zelle in der Justizanstalt G. von der Bundespolizeidirektion Steyr als öffentlicher Sicherheitsdienst eine Hausdurchsuchung mit Suchtgifthunden vorgenommen wurde, bei der auch ein Justizorgan namens A. anwesend war. Am nächsten Tag habe er das genannte Organ ersucht, ihm den Gerichtsbeschluss für die Hausdurchsuchung auszufolgen. Dieses habe ihm zu einem Ansuchen gemäß § 119 StVG geraten, was der Beschwerdeführer jedoch ablehnte, weil er der Meinung war, auf die Ausfolgung eines Gerichtsbeschlusses einen Anspruch zu haben. Am 10.10.2001 sei ihm mitgeteilt worden, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe.

Durch die Nichtausfolgung eines Gerichtsbeschlusses sei der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Für ihn sei gesetzlich die Justizwache zuständig, die jederzeit seine Zelle durchsuchen könne. Die Sicherheitsbehörde sei jedoch eine eigene Behörde, die nach dem SPG (Sicherheitspolizeigesetz) vorzugehen habe. Entsprechende Regelungen für eine Hausdurchsuchung fänden sich im § 39 SPG und in den §§ 140 Abs.3 bzw. 141 Abs.1 und 3 StPO, auch verweise er zum Recht auf die Ausfolgung eines diesbezüglichen richterlichen Beschlusses auf Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 9. Auflage, Rz 1418 bis 1421.

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag an den unabhängigen Verwaltungssenat, dass die gesetzwidrigen Vorgänge von der Sicherheitsbehörde überprüft und verurteilt werden und dass ihm ein richterlicher Hausdurchsuchungsbeschluss unverzüglich zugestellt wird.

2. Die zur Stellungnahme aufgeforderte Bundespolizeidirektion Steyr, der die Durchsuchung der Zelle durch angeblich ihre Sicherheitswacheorgane vom Beschwerdeführer zugerechnet wird, hat mit Schreiben vom 22. Oktober 2001, GZ II 2663/01, mitgeteilt, dass laut Auskunft des GP Garsten am 03.10.2001 von der Justizanstalt Garsten eine Durchsuchung der Zellen durchgeführt wurde. Dabei leisteten drei Gendarmeriebeamte Assistenz. Die Beschwerde sei (daher) der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land übermittelt worden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Schreiben vom 16. November 2001, Sich01-27-2001, eine Gegenschrift zur Beschwerde erstattet, in der sie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, auf den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 18.10.2001 verweist, aus dem ersichtlich ist, dass die beanstandete Durchsuchung des Haftraumes nicht nach dem SPG, sondern gemäß dem StVG erfolgte, und in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde zurückzuweisen.

4. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat ihrer Gegenschrift weiters eine Stellungnahme des Gendarmeriepostens Garsten vom 29.10.2001, GZ E1/3730/1, angeschlossen, in der im Wesentlichen Folgendes mitgeteilt wird: "Über Ersuchen der Justizanstalt Garsten, ChefInsp W., wurde für den 03.10.2001 das BKG Steyr-Land um Assistenzdienstleistung bei der Durchsuchung von Hafträumen nach Suchtgift mit einem SG-Diensthund ersucht.

Vom BGK Steyr wurde der DHF RevInsp S.H. mit SG-Diensthund des GP Kirchdorf angefordert. Vom GP Garsten wurden die Beamten AI G. und BI St. eingeteilt. Die Gend Beamten leisteten bei der Durchsuchung der Hafträume den anwesenden Justizbeamten lediglich Assistenz.

Es wurden insgesamt 8 Hafträume in der Zeit von 09 - 12 Uhr durchsucht. Verdächtige Substanzen wurden nicht gefunden."

5. In dem bezogenen Erlass des Bundesministeriums für Justiz wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Strafgefangene insbesondere darüber belehrt werden soll, dass Haftraumdurchsuchungen gemäß § 102 StVG erfolgen, der Assistenzeinsatz der Gendarmerie gemäß Art. 22 B-VG. Eine Haftraumdurchsuchung sei keine Hausdurchsuchung, sie erfolge nach dem StVG und nicht nach dem SPG (zur Hilfeleistung siehe auch in: Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht, 9. Auflage (2000) Rz 581.

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

6.1. Da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus den behördlichen Vorbringen in Verbindung mit dem Parteienvorbringen klären lässt und daraus ersichtlich ist, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist, war eine mündliche Verhandlung, die im Übrigen auch nicht beantragt wurde, nicht anzuberaumen (§ 67d Abs.2 Z3 AVG).

Es ist amtsbekannt, dass die Justizanstalt Garsten nicht in den örtlichen Wirkungsbereich der Bundespolizeidirektion Steyr fällt. Dass deren Organe dennoch in dieser Anstalt tätig geworden seien, kann aufgrund der unter 2. - 5. dargelegten behördlichen Vorbringen, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht, ausgeschlossen werden. Damit kommt auch die Bundespolizeidirektion Steyr als zu belangende Behörde nicht in Betracht.

Erwiesen ist jedoch, dass am 3. Oktober 2001 die Durchsuchung des Haftraumes des Beschwerdeführers nach Suchtgift unter Verwendung eines Suchtgift-Diensthundes erfolgt ist. Diese Durchsuchung wurde im Rahmen der Aufsicht in der Justizanstalt Garsten durchgeführt, wobei sich die dafür zuständigen Organe der Justiz unter Inanspruchnahme der Amtshilfe iSd Artikel 22 B-VG der Unterstützung durch Organe der Bundesgendarmerie in Form einer Assistenzdienstleistung bei der Durchsuchung von Hafträumen nach Suchtgift mit einem Suchtgifthund bedienten. Diese Durchsuchung ist daher eine Maßnahme im Zusammenhang mit dem Strafvollzug und somit den dafür zuständigen Organen und nicht den Sicherheitswachebeamten zuzurechnen, damit aber auch nicht der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land.

Die Durchsuchung stützte sich auf § 102 StVG, wonach Strafgefangene, ihre Sachen und die von ihnen benutzten Räume von Zeit zu Zeit zu durchsuchen sind. Die Berechtigung zu solchen Durchsuchungen wird selbst vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt ("Für mich ist von Gesetz die Justizwache zuständig. Sie kann jederzeit meine Zelle durchsuchen"). Es handelt sich dabei um keine Hausdurchsuchung, wozu auf Wiederin, StGG Art.9, Rz 30 in: Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Bd III, verwiesen wird, wonach weitgehende Einigkeit darüber bestehen dürfte, dass Strafgefangene als Träger des Grundrechtes auf Schutz des Hausrechtes ausscheiden.

6.2. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist das Rechtsschutzinstrumentarium der Maßnahmenbeschwerde jedoch als ein bloß subsidiärer Rechtsbehelf anzusehen, der stets erst dann zum Tragen kommt, wenn keine sonstigen ordentlichen Rechtsmittel zur Verfügung stehen (vgl. zB statt vieler VwGH vom 25.4.1991, 91/06/0052).

Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Durchsuchung der Zelle physischer Zwang überhaupt ausgeübt oder zumindest angedroht wurde. Der Beschwerdeführer behauptet nämlich keine Grundrechtsverletzung durch die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt, sondern sieht sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung dadurch verletzt, dass ihm hinsichtlich der Durchsuchung der dafür vermeintlich erforderliche Gerichtsbeschluss nicht ausgefolgt wurde.

Sehen die Verwaltungsvorschriften vor, dass eine faktische Amtshandlung bei einer anderen Verwaltungsbehörde bekämpft werden kann, so ist damit ein Instanzenzug eröffnet. Für Beschwerden von Strafgefangenen ist das Beschwerderecht und das Verfahren bei Beschwerden in den §§ 120f. StVG geregelt. Eine Beschwerde unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat ist im gegenständlichen Beschwerdefall daher unzulässig.

7. Über Kosten iSd § 79a AVG war nicht abzusprechen, da keine der Verfahrensparteien ein Kostenbegehren gestellt hat. Der Beschwerdeführer wird jedoch darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde mit 180 S zu vergebühren ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Linkesch

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