Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420325/5/Kl/Rd

Linz, 08.01.2002

VwSen-420325/5/Kl/Rd Linz, am 8. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des Mag. H, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Hausdurchsuchung und Beschlagnahme am 30.10.2001 durch Beamte des GP Perg beschlossen:

I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Eine weitere Kostenentscheidung war nicht zu treffen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG sowie § 139 StPO.

zu II.: § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 11.12.2001, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 13.12.2001, brachte der Bf Beschwerde gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 30.10.2001 durch Beamte des GP Perg ein und beantragte die Feststellung der Verletzung des Bf in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art.5 StGG und/oder auf Unverletzlichkeit des Hausrechts gemäß Art. 9 StGG iVm Art.8 Abs.1 MRK durch die Durchsuchung seiner Wohnung in L, und in A am 30.10.2001 durch Organe der Gendarmerie bzw durch die Beschlagnahme von Gegenständen. Gleichzeitig wurde Kostenersatz begehrt.

Begründend wurde ausgeführt, dass ein Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl des LG Linz vom 16.10.2001, GZ 18 Ur 1123/01i, im anhängigen Strafverfahren gegen Ing. H, Mag. H und P wegen des Verdachts des § 156 StGB lediglich die Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten von Mag. H in L, bzw die Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten von Ing. H in A umfasse, allerdings sei Mag. H in L überhaupt nicht gemeldet und sei der Bf rechtmäßiger Mieter der Wohnung in L. Mag. H ist dort nicht aufhältig bzw habe er die Räumlichkeiten seit Jahren nicht mehr benutzt. Dies sei auch den einschreitenden Gendarmeriebeamten vom Bf bekannt gegeben worden. Die Durchsuchung der Räumlichkeiten in A sei deshalb rechtswidrig erfolgt, weil es sich um vom Bf von seinen Eltern angemietete Räumlichkeiten handle, und der Bf unter dieser Anschrift auch seinen Hauptwohnsitz gemeldet habe und diese Wohnung über einen separaten Eingang verfüge. Die Räumlichkeiten seien im Übrigen von den übrigen Räumlichkeiten im Haus A klar abgetrennt. Die Durchsuchung der Räumlichkeiten des Bf sei daher vom Hausdurchsuchungsbefehl nicht erfasst und sei der Bf durch die Beschlagnahme von zahlreichen Unterlagen und Gegenständen, welche sich in seinem Eigentum befunden haben, in seinen Rechten verletzt.

2. Weil die Beschwerde zurückzuweisen ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 67d Abs.2 Z3 AVG.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Zulässiger Anfechtungsgegenstand ist nur ein Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, welche also der Staatsfunktion Verwaltung zurechenbar ist, welcher eine rechtsfeststellende oder -erzeugende Wirkung beigemessen werden kann, die sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet und sohin einen individuellen normativen Inhalt hat. Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Demgegenüber können Akte von Verwaltungsorganen, die in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt werden, gemäß herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden. Vielmehr sind der richterliche Befehl und dessen tatsächliche Ausführung, auch wenn diese durch Verwaltungsorgane vorgenommen wird, als Einheit zu sehen. Dem gemäß sind die aufgrund eines richterlichen Befehls von Verwaltungsorganen vorgenommenen Akte zur Durchführung dieses Befehls - so lange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gesteckten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten - funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, S. 1336, E20 mJN sowie Korinek/Holubek, österr. Bundesverfassungsrecht, Band II/2, Anm. 51 zu Art. 129a B-VG).

Vor diesem Hintergrund hat der Oö. Verwaltungssenat das LG Linz um Mitteilung ersucht, ob der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl des LG Linz vom 16.10.2001 zu 18 Ur 1123/01i die Wohnräumlichkeiten des Mag. H in A und die Wohnräumlichkeiten des Mag. H in L, mitumfasst. Das LG Linz, Abt. 18, teilte hiezu mit Schreiben vom 20.12.2001 mit, "dass die Adressen A und L, vom HDB vom 16.10.2001 miterfasst wurden (vgl. Punkt 1.b und 1.c) des angeschlossenen Beschlusses. Im Übrigen wird auf den Beschluss der Ratskammer vom 12.12.2001 verwiesen, der ebenfalls in Kopie angeschlossen ist". Es wurde eine Mehrausfertigung des Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls vom 16.10.2001, des Beschlusses vom 30.10.2001 sowie des Beschlusses der Ratskammer des LG Linz vom 12.12.2001 angeschlossen. Mit letztgenanntem Beschluss wurde die Beschwerde des Mag. H gegen den Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl vom 16.10.2001, ergänzt durch die Beschlüsse vom 29.10.2001 und 30.10.2001 abgewiesen. In der Begründung wurde ua ausgeführt:

"Wenn der Beschwerdeführer moniert, dass die Durchsuchung seiner Wohnung deshalb rechtswidrig sei, weil er am Verfahren nicht beteiligt sei, so ist ihm zu entgegnen, dass § 139 StPO nur voraussetzt, dass der Verdacht besteht, dass sich in der zu durchsuchenden Wohnung Gegenstände befinden, die für eine bestimmte Untersuchung von Bedeutung sein können. Das heißt, es können bei gegründetem Verdacht, der hier unzweifelhaft vorliegt, auch die Wohnräumlichkeiten von Unbeteiligten durchsucht werden. Darüber hinaus steht aber der Beschwerdeführer mit den Beschuldigten in einem so engen verwandtschaftlichen Verhältnis, dass fallbezogen anzunehmen war, dass sich diverse Unterlagen der Beschuldigten auch in seiner Wohnung befinden. Letztlich sagt nämlich eine polizeiliche Anmeldung nichts über die tatsächlichen Wohnverhältnisse aus."

Es bestanden daher gegen die Verfügung des Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls keine Bedenken.

Aus dem Gerichtsakt des LG Linz zu 18 Ur 1123/01i sowie der Ratskammer des LG Linz zu 23 Ur 1132/01 z ergibt sich sohin eindeutig, dass der gerichtliche Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl die Räumlichkeiten in A und in L mitumfasste, wobei es auf eine tatsächliche polizeiliche Meldung und die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht ankommt. Es ist daher das Einschreiten der Gendarmerieorgane auf gerichtlichen Befehl ergangen und daher das Handeln der Gerichtsbarkeit zuzurechnen. Da es sich sohin um keine verwaltungsbehördlichen Zwangsakte handelte, war die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG nicht gegeben. Es war daher die Beschwerde zurückzuweisen.

4. Nach § 79a AVG hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei, wobei nach § 79a Abs.3 AVG im Fall einer Zurückweisung der Beschwerde die belangte Behörde als obsiegende Partei anzusehen ist. Weil aber keine tatsächlichen Kosten angefallen sind, war ein Kostenersatz nicht auszusprechen. Der Bf war unterlegen, weshalb der Kostenersatzantrag abzuweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Hausdurchsuchungsbefehl, Gerichtszuständigkeit, polizeiliche Meldung unerheblich; auch Unbeteiligte

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 11.06.2002, Zl.: B 226/02-5

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