Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103214/10/Br

Linz, 16.11.1995

VwSen-103214/10/Br Linz, am 16. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder sowie den Beisitzer Dr. Guschlbauer und den Berichter Dr. Bleier über die Berufung des Herrn N P, R R, hinsichtlich des Punktes 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft UrfahrUmgebung, Zl.VerkR96-2122-1995-OJ/HM, vom 21. September 1995, nach der am 9. November 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 16. November 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in dessen Punkt 1) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Berufungswerber wurde mit dem Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung, Zl. VerkR96-2122-1995-OJ/HM, vom 21. September 1995, in dessen Punkt 1) wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 mit 12.000 S und im Nichteinbringungsfall 288 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe bestraft.

Im Spruch des Bescheides wurde ihm wie nachfolgend zur Last gelegt:

"Sie haben am 14.5.1995 gegen 02.00 Uhr den PKW, Toyota Tercel, Kennzeichen , auf dem Güterweg S von Richtung H kommend das Ortsgebiet R bis R 10 1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt; 2) auf Höhe R nicht entsprechend dem Rechtsfahrgebot gelenkt, da Sie so weit rechts fuhren, daß Sie gegen den Maschendrahtzaun und das Verkehrszeichen "Halten und Parken verboten" stießen und diese beschädigten und 3) es nach diesem Verkehrsunfall, bei welchem eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt wurde, unterlassen haben, die nächste Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung des Verkehrszeichens unter Bekanntgabe Ihrer Identität ohne unnötigen Aufschub zu verständigen." 1.1. Die Erstbehörde ging in ihrer Begründung quantitativ von einem rückgerechnet spezifischen Alkoholkonsum bzw Alkoholisierungsgrad des Berufungswerbers bis bzw zum vorfallsbezogenen Zeitpunkt des Lenkens seines Fahrzeuges aus. Ebenfalls stellte die Erstbehörde zwei Berechnungsvarianten an, nämlich eine ohne und eine mit Berücksichtigung des behaupteten Nachtrunkes. Abschließend folgte die Erstbehörde der Nachtrunkverantwortung des Berufungswerbers nicht und ging rückrechnend von einem Alkoholisierungsgrad zum Lenkzeitpunkt von 1,37 Promille aus. Dabei erachtete sie auch das Zustandekommen des Verkehrsunfalles und das nachfolgende Verhalten des Berufungswerbers als Indiz für eine Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt. Die Nachtrunkverantwortung - so die Erstbehörde [unter Hinweis auf Seite 15 des Aktes in wohl aktenwidriger Weise] - könne von niemanden bestätigt werden (Seite 9 des Straferkenntnisses).

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber im wesentlichen aus, daß er zum Lenkzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sei. Er könne auf Grund seines geringen Alkoholkonsum dieses Abends höchstens einen Blutalkoholwert von 0,2 Promille aufgewiesen haben. Er führte weiters aus, daß ihm, nachdem er nach Hause gekommen war, übel gewesen sei und er aus diesem Grund einen Schwedenbitter und einen "Becherovka" zu sich genommen habe.

Dies könne seine Gattin bestätigen. Den Nachtrunk habe er bei der Gendarmerie nicht erwähnt, weil ihm bewußt gewesen sei, daß dies anläßlich eines Verkehrsunfalles verboten gewesen wäre.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt und dessen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner durch Vernehmung der Zeugen RevInsp. S und T P und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

4. Da im Punkt 1) eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat diesbezüglich durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Kammer zur Entscheidung berufen. Da mit der Berufung die Tatfrage angefochten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

Zu Punkt 2) und 3) hat der Berufungswerber keine Berufung erhoben, sodaß diese in die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes fallenden Punkte in Rechtskraft erwachsen sind.

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Der Berufungswerber lenkte am 14. Mai 1995 gegen 02.00 Uhr seinen Pkw im Gemeindegebiet von H bis zum Haus R Nr.

10. Aus ungeklärten Umständen stieß er dabei mit seinem Fahrzeug in R gegen den Gartenzaun des Hauses Nr. 8, wobei ebenfalls eine Halteverbotstafel umgefahren und beschädigt wurde. Der Berufungswerber begab sich folglich nach Hause.

Dort klagte er gegenüber seiner Gattin, der Zeugin Theodora P, über Magenschmerzen. Diese riet ihm zur Einnahme eines Magenbitters, wobei sie im Zuge des Ganges auf die Toilette sah, daß ihr Mann im Wohnzimmer die Flasche mit dem Magenbitter in der Hand hielt. Die Einnahme selbst vermochte sie nicht zu beobachten. Nach anhaltenden Magenbeschwerden konsumierte der Berufungswerber schließlich um 05.00 Uhr früh eine nicht präzisierbare Menge Schnaps "BECHEROVKA" in Form eines Trunkes aus der Flasche. Vor dem Erscheinen auf dem Gendarmerieposten nahm der Berufungswerber noch zwei weitere Eßlöffel Magenbitter zu sich.

Um 10.45 Uhr erstattete der Berufungswerber vorerst telefonisch Anzeige beim Gendarmerieposten, nachdem ihn kurz vorher seine Gattin in Kenntnis setzte, daß sie am Weg zur Kirche gesehen habe, daß bereits die Gendarmerie am Unfallsort Erhebungen führte. Um 11.10 Uhr erschien über eine diesbezügliche Aufforderung der Berufungswerber am GPK-H, wo er wegen festgestellter Alkoholisierungssymptome einer Atemluftuntersuchung zugeführt wurde. Diese ergab einen Atemluftalkoholgehalt von 0,27/0,28 mg/l. Der Berufungswerber wurde dabei über einen allfällig getätigten Nachtrunk befragt, wobei er gleichzeitig über das Verbot eines solchen im Zusammenhang mit dem von ihm nächtlich verursachten Verkehrsunfall aufgeklärt worden war. Aus diesem Grunde verschwieg er vorerst diesen Nachtrunk. Gegen 18.30 Uhr dieses Tages gab er jedoch am GPK-H gegenüber Insp. G fernmündlich den Konsum von zwei Schwedenbitter nachträglich bekannt. Dies nach entsprechender, vermutlich nach der vom Amtsarzt Dr. W getätigten, fachlichen, Beratung.

5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die im Ergebnis von Anfang an gleichlautende Verantwortung des Berufungswerbers. Insbesondere jedoch auf die zeugenschaftliche Angabe seiner Gattin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Zeugin wurde nach Belehrung über das Entschlagungsrecht und nachdrücklichem Hinweis auf ihre Wahrheitspflicht und die Folgen einer Falschaussage ausführlich zum Trinkverhalten ihres Mannes befragt. Dabei gab die Zeugin an, daß ihr Mann nach seinem nächtlichen Heimkommen ihr vorerst vom Unfall erzählte und zugleich auch über Magenschmerzen klage. Sie habe ihm daraufhin zur Einnahme eines Magenbitters geraten. Während sie im Verlaufe dieser nächtlichen Unterredung noch die Toilette aufsuchte, habe sie gesehen, wie ihr Mann im Wohnzimmer die Magenbitterflasche in der Hand hielt. Gerade weil die Zeugin nicht behauptete auch gesehen zu haben, daß ihr Mann tatsächlich auch Schwedenbitter konsumiert habe, ist ihre diesbezügliche Angabe glaubwürdig. Das Auftreten und der Eindruck von der Person der Zeugin vertieften die Überzeugung ihrer Aufrichtigkeit. Folglich ist es auch glaubwürdig, daß der Berufungswerber nach weiterem Klagen über anhaltende Magenschmerzen, welche ebenfalls von seiner Frau dahingehend beschrieben werden, daß sie mehrfach ihren Mann wachliegend bemerkt habe und dieser bis 5.00 Uhr früh mehrfach auf sein Unwohlbefinden hingewiesen hätte, schließlich um etwa 5.00 Uhr vom "Zug aus der Becherovkaflasche" erzählt habe und daß er auch tatsächlich diesen getrunken habe. Die Zeugin verhehlte auch nicht, daß sie ihren Mann durch einen Telefonanruf zu Hause schließlich bewegt habe, die Sache nun selbst in die Hand zu nehmen und sich bei der Gendarmerie zu melden, nachdem sie im Zuge des Kirchganges die Gendarmerie am Unfallort erblickte. Ebenso brachte die Zeugin zum Ausdruck, daß sich ihr Mann mit Bekannten über seine Verantwortung beraten hatte.

Wenngleich die Verantwortung des Berufungswerbers beim ersten Hinsehen eher rekonstruiert anmutet, so konnte ihr im Rahmen der Dynamik der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme letztlich doch mit Überzeugung gefolgt werden. Geht man nun von diesem Nachtrunkverhalten aus, so kann eine den Grenzwert überschreitende Alkoholisierung zum Unfallszeitpunkt nicht unterstellt werden. Die Erstbehörde hätte in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht die im Akt erliegende schriftliche Äußerung der Ehegattin (Seite 15) ignorieren dürfen, sondern diese zumindest zu würdigen (positiv oder negativ) gehabt (siehe Schneider, in "Beweis und Beweiswürdigung", 5. Auflage, Seite 166 ff).

6. Als Konsequenz folgt daher in rechtlicher Hinsicht, daß, wenn ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt, selbst wenn (bloß) Zweifel am Tatvorwurf bestehen, der Tatnachweis eben nicht erbracht ist und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L a n g e d e r

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