Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420347/2/SR/Ri

Linz, 26.11.2002

VwSen-420347/2/SR/Ri Linz, am 26. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde der O H, Pstraße, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E P, H, B H, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.
  2. Ein Kostenersatz war nicht zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG.

zu II.: § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Beschwerdeführerin (Bf), vertreten durch Dr. E P, brachte mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2002, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 30. Oktober 2002, Beschwerde nach § 67a AVG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch den Bürgermeister der Gemeinde A ein und beantragte, der Oö. Verwaltungssenat möge "den angefochtenen Verwaltungsakt (Schreiben 17.07.02) insbesondere den darin enthaltenen Auftrag für rechtswidrig erklären und der belangten Behörde den Kostenersatz aufzuerlegen".

In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass das Schreiben vom 17.09.2002 durch die Diktion Zwangscharakter habe. Aufgrund des Ansuchens vom 21.06.2001 um Erteilung einer Aufforstungsbewilligung für einen Teilbereich der Parzelle Nr. 1287/7 der KG W habe der Gemeinderat dem Antrag der Bf vollinhaltlich stattgegeben. Am 17.09.2002 sei der Bf ein Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde A zugestellt worden. Darin wäre ihr mitgeteilt worden, "dass zur nachbarlichen Grundstücksgrenze Parzelle Nr. 1382/1 gemäß § 11 des Oö. Alm- und Kulturflächenschutzgesetzes, LGBl.Nr. 79/1999, ein Mindestabstand von 5 m einzuhalten" sei. Weiters sei ihr "hiermit aufgetragen worden, bis spätestens 30. Oktober 2002 für die Einhaltung dieser Auflage zu sorgen". Für den Fall, dass sie der Auflage nicht nachkommen würde, wären ihr rechtliche Schritte in Aussicht gestellt worden. Darüber hinaus sei auch noch angemerkt worden, dass Verwaltungsübertretungen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis 5.000.-- Euro belegt würden. Der Bürgermeister habe ihr trotz entschiedener Rechtssache eine Handlung aufgetragen und dazu Zwangsmaßnahmen angedroht, welche gesetzlich nicht gerechtfertigt wären. Auch durch den Hinweis auf Einleitung rechtlicher Schritte wäre auf sie Druck ausgeübt worden. Sie habe ein Recht auf Ausstellung eines bekämpfbaren Bescheides (gesetzlicher Richter - faires Verfahren) und auf Einhaltung der Verfahrensgesetze (Gleichheitsgebot - Eigentumsrecht). Somit sei der Auftrag mangels gesetzlicher Deckelung rechtswidrig.

2. Die öffentlich mündliche Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs.2 Z3 AVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß Art 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, 2000, Rz 610).

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen (vgl. VfGH vom 15.6.1999, Zl. 99/05/0072 und vom 23.2.2000, Zl. 99/03/0123). Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

Ein der dargelegten Begriffsbestimmung entsprechender Akt verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist schon nach dem Vorbringen der Bf nicht erfolgt. Der "Auftrag" an die Bf, den gesetzlichen Zustand herzustellen, der im Zusammenhang mit dem Hinweis, "andernfalls rechtliche Schritte gegen die Bf einzuleiten" ergangen ist, stellt weder eine Ausübung physischen Zwangs dar, noch bedeutet dieser die Erteilung eines zwangsbewehrten Befehls.

Vergleichbar hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass eine Aufforderung, ungeachtet der mit dieser verbundenen bloßen Androhung einer Anzeige (mit dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit) keinen Akt der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, da es dem Betroffenen freisteht, solchen Aufforderungen nicht nachzukommen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat hier ausschließlich zu prüfen, ob das Schreiben des Bürgermeisters einen Akt der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstellt. Wie ausgeführt, kann in der Vorgangsweise des Bürgermeisters nicht die Ausübung einer unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt erblickt werden. Ob der Bürgermeister mit dem amtlichen Schreiben eine Vorgangsweise nach § 14 Abs.2 Oö. Alm- und Kulturflächenschutzgesetz beabsichtigt hatte und dieses als Bescheid zu qualifizieren ist, war im Beschwerdeverfahren nicht zu beurteilen.

Erläuternd wird auf § 14 Abs.2 Oö. Alm- und Kulturflächenschutzgesetz hingewiesen. Gemäß dieser Bestimmung hat der Bürgermeister unabhängig von einer Bestrafung dem Aufforstenden mit Bescheid aufzutragen, binnen einer angemessenen Frist den gesetzmäßigen Zustand (Entfernung der Neuaufforstung, Schaffung des Mindestabstands) herzustellen.

Da schon nach dem Beschwerdevorbringen die begrifflichen Voraussetzungen einer Maßnahmenbeschwerde offenkundig nicht vorlagen, war die gegenständliche Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig iSd § 67c Abs.3 AVG zurückzuweisen.

4. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 79a AVG zugunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde war nicht zu treffen, weil die Beschwerde schon nach dem erstatteten Vorbringen ohne weiteres Verfahren und damit ohne Kostenaufwand zurückzuweisen war.

Die Bf war unterlegen, weshalb der Kostenersatzantrag abzuweisen war.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 31 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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