Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420379/45/SR/Ri

Linz, 28.09.2004

 

 

 VwSen-420379/45/SR/Ri Linz, am 28. September 2004

DVR.0690392
 
 
 
 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde der M P, geb. am, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. M E, P, L, wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 3. Oktober 2003 durch der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich zuzurechnende Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, nach den am 1. Juli und 9. August 2004 durchgeführten mündlichen Verhandlungen, folgenden Beschluss gefasst:

 

I. Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund den Vorlageaufwand in der Höhe von 51,50 Euro, den Schriftsatzaufwand in Höhe von 220,30 Euro und den Verhandlungsaufwand in Höhe von 275,30 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Aufwandersatzantrag wird abgewiesen.

 

III. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund die Barauslagen in Höhe von 257,70 Euro für Dolmetschergebühren binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG 1991; § 79a AVG iVm § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl II Nr. 334/2003; § 76 Abs. 1 AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

 

1.1. Mit Schriftsatz vom 12. November 2003, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 14. November 2003, hat die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf), eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 3., 5. und 6. Oktober 2003 erhoben und eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter sowie einfachgesetzlicher Rechte geltend gemacht.

 

Im Einzelnen wurde ausgeführt, dass gegen die Bf zur Geschäftszahl 17 Ur 168/03v des Landesgerichtes Linz strafgerichtlich ermittelt und sich dieses Verfahren im strafgerichtlichen Vorverfahrensstadium befinden würde. Am 3. Oktober 2003 um 12.20 Uhr habe die Einvernahme vor dem Untersuchungsrichter geendet und die Haftentlassung sei am 3. Oktober 2003 um 13.50 Uhr erfolgt. Kurz vor 14.00 Uhr habe die Bf ihre Bekannte B H telefonisch kontaktiert und ihr mitgeteilt, dass sie nunmehr laut Gerichtsbeschluss auf freiem Fuß sei, jedoch nicht verstehen würde, weshalb sie die Kriminalpolizei nochmals abhole und nicht auf freien Fuß setzen wolle. Frau He Ha wollte nach entsprechender Information durch B H die Bf von der Justizanstalt in Linz abholen. Die Bf sei jedoch zwischenzeitlich von der Kriminalpolizei gegen ihren ausdrücklichen Willen zum Gendarmerieposten Haid gebracht worden. Am Gendarmerieposten Haid sei der Bf mitgeteilt worden, dass sie den GP solange nicht verlassen dürfe, bis ein Haftbefehl seitens der Staatsanwaltschaft Linz beantragt und durch das Landesgericht Linz als Untersuchungsgericht gegen Herrn J Ha erlassen sei. Um ca. 15.30 Uhr sei der Haftbefehl gegen J Ha an den Gendarmerieposten Haid übermittelt worden. Trotzdem sei die Bf nicht auf freien Fuß gesetzt worden, obwohl sie darüber hinaus zu ihrem Kind nach Hause zurückkehren wollte. Schließlich habe ihr die Kriminalpolizei die Rückkehr unter Aufsicht gestattet. Mit dem Auto der Dolmetscherin K D sei die Bf in die Wohnung gebracht worden. Vor der Wohnungstür seien zwei Kriminalbeamte aufhältig gewesen, die der ebenfalls wartenden He Ha mitteilten, dass die Bf noch in Haft sei und man mit ihr nicht sprechen dürfe. Die Bf habe auch nicht mit He Ha sprechen dürfen. Um ca. 16.00 Uhr sei die Verbringung in die Wohnung erfolgt und die anwesenden Kripo-Beamten hätten jeden Kontakt zur Außenwelt unterbrochen. Die Dolmetscherin habe den Auftrag erhalten, sofort die Kriminalpolizei zu verständigen, sollte die Bf versuchen mit irgendwelchen Personen Kontakt aufzunehmen oder versuchen die Wohnung zu verlassen. Um ca. 16.30 Uhr habe ihr die Freundin B H den Reisepass überbracht. Dieser sei ihr sofort von den anwesenden Beamten abgenommen worden. Die Bf habe die Herstellung und Übergabe einer Kopie des Reisedokumentes gefordert. Bis ca. 19.00 Uhr sei die Dolmetscherin in der Wohnung anwesend gewesen und die Kriminalpolizei habe stichprobenartig kontrolliert. Von der Kriminalpolizei sei ihr das Verlassen der Wohnung und die Kontaktaufnahme mit anderen Personen verboten und verunmöglicht worden. Um ca. 19.00 Uhr seien die Beamten M und K neuerlich in der Wohnung erschienen und hätten ihr mitgeteilt, dass der Kopierer nicht funktioniert habe und daher die Erstellung einer Reisepasskopie nicht möglich gewesen wäre. Weiters sei ihr eine bereits vorgefertigte Niederschrift, welche sie zuvor nie gesehen habe, vorgelegt worden. Man habe sie darauf hingewiesen, dass sie diese Niederschrift unterfertigen müsse, ansonsten würde man sie nicht alleine lassen. Zu keiner Zeit habe sie Schutz, Unterstützung oder Hilfe durch die Kripo begehrt. Sie habe sich dagegen ausdrücklich ausgesprochen, nicht weiter unrechtmäßig angehalten zu werden. Von der Niederschrift sei ihr lediglich die letzte Seite vorgelegt worden. Zudem habe man diese nicht übersetzt. Den Inhalt habe sie erst im Nachhinein erfahren und beim Landesgericht Linz einen vollständigen Widerruf abgegeben. Ab 19.00 Uhr habe sie sich frei bewegen können.

 

Nach gestellten Beweisanträgen (Einvernahme von Zeugen) stellt die Bf abschließend den Antrag auf kostenpflichtige Fällung folgenden

 

"Erkenntnisses:

1) Es wird festgestellt, dass die Bf durch die am 3.10.2003 seitens der kriminalpolizeilichen Abteilung des Landesgendarmeriekommandos für , nämlich durch die Inspektoren M und K, dadurch in ihrem verfassungsgesetzlichen gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde, dass sie von 13.50 Uhr bis ca. 19.00 Uhr ohne jede gesetzliche Grundlage zuerst am Gendarmerieposten Ansfelden, in weiterer Folge in ihrer Wohnung an der Adresse S, H, festgehalten und unter Überwachung gestellt, jeder Kontakt zur Außenwelt untersagt und zur Unterfertigung einer von ihr nicht gewünschten, ihr inhaltlich nicht bekannten Niederschrift veranlasst wurde.

2) Der Bund (Bundesministerium für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die Kosten dieses Verfahrens im zu verzeichnenden Ausmaß, binnen 14 Tagen bei sonstigen gerichtlichen Zwang, zu Handen des Beschwerdeführervertreters zu ersetzen."

 

1.2. In ihrer Gegenschrift von Anfang März 2004, ohne Zahl, kommt die belangte Behörde nach ausführlicher Sachverhaltsdarstellung zum Ergebnis, dass der Beschwerde und dem beiliegenden Beweismaterial eine rechtswidrige Anhaltung und Festnahme nicht zu entnehmen sei. Vielmehr sei der Bf Personenschutz über deren Ersuchen gewährt worden. Abschließend wird die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung beantragt.

 

2.1. Die belangte Behörde hat den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt samt Gegenschrift vorgelegt. Gleichzeitig teilte sie mit, dass auf Grund der eindeutigen Beweislage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtbar erscheine.

 

2.2. Dem Beschwerdevertreter wurde am 19. Mai 2004 Akteneinsicht in die von der belangten Behörde vorgelegten Aktenteile (zwei Ordner - u.a. bestehend aus den Erhebungen des Büros für Interne Angelegenheiten und den relevanten Gerichtsakten) gewährt und dieser aufgefordert ladungsfähige Adressen jener beantragten Zeugen, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, bekannt zu geben.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat für 1. Juli 2004 am Sitz des Oö. Verwaltungssenates eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Hiezu wurden die Bf über ihren Rechtsvertreter, die belangte Behörde, die Zeugen AbtInsp Rf K, BezInsp W M, RevInsp Sch, GrInsp Ki, B H, He Ha, Sz S, K D und die Dolmetscherin für die ungarische Sprache, H Sch geladen.

 

Der Zeuge RevInsp Sch ist der mündlichen Verhandlung entschuldigt ferngeblieben. Da seine unmittelbare Befragung unabdingbar und die Einvernahme vom Beschwerdevertreter beantragt worden war, wurde dieser zur fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. August 2004 geladen und als Zeuge befragt.

 

3.2. Nach Eröffnung der Verhandlung und Skizzierung des Verhandlungsablaufes hat der Beschwerdevertreter die Maßnahmenbeschwerde auf den unter Punkt 1.1. dargestellten Beschwerdepunkt eingeschränkt.

 

3.3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat auf Grund der aufgenommenen Beweise den folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Die Bf suchte am 30. September 2003 den Gendarmeriebeamten O am Gendarmerieposten Ansfelden auf. Im Zuge des Gespräches teilte sie dem Beamten mit, dass sie sich vor einer Auseinandersetzung mit J Ha fürchte und nicht wolle, dass ihr Kind in einem Bordell aufwachse. J Ha sei nicht der Vater ihrer Tochter. Sie wolle von ihm weg und nach Ungarn zurückkehren. Sie fürchte, dass ihr J Ha das Auto wegnehme. Der Pkw sei auf sie zugelassen und sie möchte ihn verkaufen, da sie das Geld benötige. Vermutlich werde sie J Ha bei der Polizei anschwärzen, damit sie ihr Visum - gültig bis Juli 2004 - verliere. Auch Handgreiflichkeiten könne sie nicht ausschließen. Sie sei sicherheitshalber zum Gendarmerieposten gekommen, da sie eine Eskalation befürchte, wenn sie J Ha sage, dass sie sich von ihm trennen wolle. Mit seinen Geschäften wolle sie nichts zu tun haben, sie würde auch gegen ihn nicht aussagen, sollte es zu etwas kommen.

 

In den Abendstunden des 30. September 2003 wurde von Beamten der Kriminalabteilung Oberösterreichs, Ermittlungsbereich 11 (Menschenhandel - u.a. AbtInsp K und BezInsp M) eine Hausdurchsuchung im Bordell F in H/A vorgenommen. Im Zuge dieser nahmen die Gendarmeriebeamten AbtInsp K und BezInsp M die Bf aus eigenem Antrieb vorläufig in Verwahrung.

 

Am 1. Oktober 2003, in der Zeit von 00.30 bis 04.30 Uhr und 10.50 bis 21.00 Uhr wurde die Bf. von den Zeugen AbtInsp K und BezInsp M im Beisein der Dolmetscherin K D am Gendarmerieposten Ansfelden einvernommen (ONr. II/4). Zeitweilig anwesend war auch der Zeuge RevInsp Sch. Im Zuge der niederschriftlichen Befragung bat die Bf die Beamten um Unterstützung und begründete das Ersuchen mit der Furcht vor J Ha, da sie nicht wisse, zu welchen Sachen J Ha bereit und tatsächlich fähig sei. Bereits vor Monaten habe sie begonnen einen genauen Plan auszuarbeiten, um mit ihrer Tochter ein neues Leben beginnen zu können. Die Ausreise mit ihrer Tochter habe sich deshalb als so kompliziert erwiesen, da ihre Tochter ungarische Staatsangehörige sei, den Namen P trage, der Exmann W P jedoch nicht der leibliche Vater sei und deshalb der Reisepass der Tochter auf den früheren Familiennamen "F" ausgestellt werden müsse. Dazu bedürfe es der Einreichung zahlreicher Papiere bei der ungarischen Vertretungsbehörde. J Ha habe von diesem komplizierten Vorgang gewusst und die Situation ausgenutzt. Nach Erhalt der Papiere habe sie Österreich binnen zwei Wochen verlassen wollen.

 

Kurz vor der vorläufigen Verwahrung am 1. Oktober 2003 fanden mehrere telefonische Kontakte zwischen der Bf und der ungarischen Vertretungsbehörde statt.

 

In der Untersuchungshaft gab entweder AbtInsp K oder BezInsp M der Bf eine Telefonnummer bekannt. Bei der Übergabe wurde der Bf mitgeteilt, dass sie sich im Falle der Entlassung aus der Untersuchungshaft an die beiden Beamten wenden könne.

 

Bei der Beschuldigtenvernehmung am 3. Oktober 2003 im Landesgericht Linz (ONr. II/5) erhob die Bf vor dem Richter MMag. H H ihre Aussagen, die sie am 1. Oktober 2003 gegenüber den Zeugen AbtInsp K, BezInsp M und der Dolmetscherin K D (ONr. II/4) gemacht hatte zu ihrer gerichtlichen Verantwortung. Abschließend wurde diese Aussage als richtig bezeichnet. In der Folge hielt die Bf diese Angaben auch vor dem Untersuchungsrichter Mag. A P aufrecht.

 

Im Anschluss an die gerichtliche Vernehmung erging der Beschluss

 

"auf Abstandnahme von der Verhängung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungs- und Fluchtgefahr gemäß § 180 Abs.1 und 2 Z. 1 und 3 lit. a und b StPO, und zwar gegen folgende gelindere Mittel (§ 180 Abs. 5 StPO):

Gelöbnis nach Z. 1

Weisung jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht unaufgefordert anzuzeigen (Z.4) und

die vorübergehende Abnahme der Reisepapiere (Z.5)."

Die Bf las das Protokoll durch und unterfertigte es eigenhändig.

 

Nach Verkündung des Beschlusses wurde die Bf um 12.20 Uhr in ihre Zelle zurückgebracht. Da die Entlassung ihrer Ansicht nach nicht in angemessener Zeit erfolgte, begann die Bf nach einer Stunde extrem zu schreien. Trotz dieses Verhaltens wurde der Entlassungsvorgang weder beschleunigt noch hinausgezögert.

 

Am 3. Oktober 2003, um 13.50 Uhr wurde die Bf aus der Untersuchungshaft entlassen. Nachdem sie sich auf freiem Fuß befand, teilte sie ihrer Freundin B H telefonisch die Entlassung mit und ersuchte ebenfalls telefonisch BezInsp M um Abholung. Dabei forderte sie diesen unmissverständlich zur Eile auf.

 

Ca. 5 Minuten nach dem Anruf trafen die Zeugen AbtInsp K und BezInsp M vor der Justizanstalt Linz ein. Freiwillig stieg die Bf in das Dienstfahrzeug und fuhr mit den beiden Zeugen zum Oö. Landesgendarmeriekommando in der Gruberstraße.

 

Anschließend begab sie sich mit den Zeugen in die Diensträumlichkeiten. Vom Dienstapparat konnte sie ungehindert Telefonate in ungarischer Sprache führen. Zumindest ein Gespräch wurde mit einem Teilnehmer in Ungarn geführt. Weder die Länge noch die Auswahl der Gesprächspartner wurden eingeschränkt. Die Gespräche wurden auch nicht überwacht.

 

Während der niederschriftlichen Befragung und Anfertigung der Niederschrift (ONr. II/6) ersuchte die Bf die Beamten, unverzüglich zu ihrer Tochter gebracht zu werden. Zu diesem Zeitpunkt traf auch die bereits zuvor verständigte Dolmetscherin K D beim Oö. Landesgendarmeriekommando ein. Über Ersuchen der Beamten wurde die Bf im Auto der Dolmetscherin in die Wohnung zu ihrer Tochter gebracht.

 

Vor dem Haus, in dem sich die Wohnung der Bf befand, waren bereits die Gendarmeriebeamten RevInsp Sch und GrInsp Ki anwesend. Diese hatten u.a. den Auftrag nach J Ha zu fahnden, die Vorfeldsicherung durchzuführen und der Bf einen sicheren Zugang zur Wohnung zu ermöglichen.

 

Nach 16.00 Uhr traf die Zeugin He Ha vor der Wohnung der Bf ein. Etwas später fuhr die Dolmetscherin K D mit der Bf vor. Die Bf vermied eine Kontaktaufnahme mit der Zeugin He Ha. Eine Kontakt- bzw Gesprächsaufnahme wurde der Bf nicht untersagt. Die von der Zeugin He Ha gewollte Kontaktaufnahme wurde vom GrInsp Ki durch Ablenkungsmaßnahmen (Verwicklung in ein Gespräch) hintangehalten. Weitere Kontaktaufnahmen waren nicht mehr möglich, da die Bf mit der Dolmetscherin und RvInsp Sch zügig die Wohnung aufsuchte.

 

Im Haus, auf dem Weg zur Wohnung äußerte die Bf gegenüber dem Zeugen RevInsp Sch, dass "die Sache nun hinter ihr sei und sie mit He Ha nichts mehr zu tun haben möchte". Weiters sagte sie dem Zeugen, dass sie sich vor J Ha fürchte, weil dieser noch nicht festgenommen sei. Der Zeuge RevInsp Sch beruhigte die Bf und erläuterte ihr, dass sie bei Gefahr die Beamten anrufen oder die Notrufnummer wählen könne.

 

Nach ca. 5 bis 10 Minuten entfernte sich der Zeuge RevInsp Sch. Die Dolmetscherin verblieb in der Wohnung.

 

Vor dem Wohnhaus der Bf äußerte die Zeugin He Ha mehrmals den Verdacht, dass die Bf noch angehalten werde bzw festgenommen sei. Der Zeuge GrInsp Ki erläuterte der Zeugin He Ha die Sachlage und sagte ihr mehrmals, dass die Bf nicht festgenommen sei, sondern sich die Beamten auf Grund ihres Ersuchens in ihrer Nähe aufhalten würden.

 

Im Anschluss an die Gespräche mit GrInsp Ki teilte die Zeugin He Ha dem Gesprächspartner Helmut Lustig telefonisch mit, dass die Bf nach Hause gekommen sei und nicht mir ihr reden habe wollen. Darüber hinaus habe sie vor jemandem Angst.

 

Gegen 17.00 Uhr brachte B H den Reisepass der Bf in die Wohnung. Die Bf übergab der Dolmetscherin K D den Reisepass. Kurz darauf kamen die beiden Zeugen AbtInsp K und BezInsp M, nahmen den Reisepass und verließen die Wohnung wieder. Einige Zeit später kehrten die beiden Beamten in die Wohnung zurück und folgten der Bf die Abnahmebestätigung für den Reisepass aus. Mangels funktionsfähigen Kopierers konnte eine Reisepasskopie nicht übergeben werden.

 

Anschließend entfernten sich die beiden Beamten. Gegen 19.00 Uhr kehrten sie mit der vorgefertigten Niederschrift (ONr. II/6) zurück und ersuchten die Dolmetscherin K D die Niederschrift, die auf Grund der niederschriftlichen Einvernahme in den Diensträumen des Oö. Landesgendarmeriekommandos in der Gruberstraße angefertigt worden war, zu übersetzen. Die Gesprächssituation war normal. Drohungen wurden nicht geäußert. Weder die Beamten noch die Dolmetscherin nahmen eine drohende Haltung ein. Obwohl die Bf schon bei zurückliegenden Einvernahmen und auch bei dieser Übersetzungshandlung ausdrücklich betont hatte, dass sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen würde, wurde gemeinsam mit der Dolmetscherin K D die Verlesung der Niederschrift (ONr II/6) vorgenommen. Jene Teile, die der Bf unverständlich waren, wurden ihr in die ungarische Sprache übersetzt. Anschließend unterfertigte die Bf die Niederschrift aus freien Stücken.

 

Nach der Unterschriftsleistung besprachen die beiden Beamten die weitere Vorgangsweise mit der Bf.

 

Die Wohnung der Bf befindet sich in einem Mehrparteienhaus. Der Hauseingang ist mit einer Gegensprechanlage und einem elektrischen Türöffner versehen. Ca. eine Fahrminute von der Wohnung der Bf entfernt befindet sich der nächste Gendarmerieposten.

 

Auf Grund dieser Umstände vereinbarten die Zeugen AbtInsp K und BezInsp M mit der Bf, dass sie im Falle einer bedrohlichen Situation jederzeit die Rufnummer 133 oder die ihr bekannt gegebene Telefonnummer (von AbtInsp K bzw BezInsp M) wählen könne. Darüber hinaus war der nächstgelegene Gendarmerieposten entsprechend informiert. Von der Bf wurde die Sicherheitslage für ausreichend erachtet.

 

Nachdem sich die beiden Beamten und die Dolmetscherin entfernt hatten, hat die Bf an diesem Abend weder den Rechtsvertreter noch jemanden von der Familie Ha angerufen.

 

Am 5. Oktober 2003 traf sich die Bf mit J Ha und fuhr mit diesem in der Folge nach Salzburg in das CT-Hotel Salzburg.

 

Am 6. Oktober 2003 setzte J Ha das Schreiben (ONr II/16) auf dem Briefpapier des CT-Hotel Salzburg in diesem Hotel auf.

 

Am 9. Oktober 2003 korrigierte die Bf ihre Aussagen vor den Richtern MMag. H H und Mag. U E (ONr. II/8). Laut niederschriftlichen Angaben wollte die Bf nochmals aussagen, weil sie seit Montag (6. Oktober 2003) einen neuen Rechtsanwalt habe und nunmehr ihre Rechte kenne. Die Aussage habe sie deshalb zu diesem Zeitpunkt widerrufen, da sie sich zuvor in einem labilen Zustand befunden habe. Bis auf die angegebenen Änderungen, hielt sie ihre (damalige) Aussage aufrecht.

 

Der ebenfalls von den Richtern MMag. H H und Mag. U E am 9. Oktober 2003 vernommene J Ha (ONr. II/11) konnte sich die nicht zurückgezogenen Vorwürfe der Bf nicht erklären. Er ersuchte daher, dass man der Bf die Vorwürfe von einem Dolmetscher nochmals vorlesen möge, da er glaube, dass auch diese Vorwürfe durch den ausgeübten Druck entstanden seien.

 

Die Anzeigen wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauches gegen Abt. Insp. Rf K und Bez. Insp. M wurden von der Staatsanwaltschaft Linz am 4. Februar 2004 gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt.

 

3.3.2.1. Auf Grund der Aktenlage und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung ist als erwiesen anzusehen, dass die Bf die Gendarmeriebeamten AbtInsp. K und BezInsp. M um Hilfe ersucht hat.
 

Die Hilfeersuchen wurden mehrmals geäußert und sind auch niederschriftlich dokumentiert (z.B. ONr. II/4 Seite 16 letzter Absatz). Außer den beiden Beamten AbtInsp K und BezInsp M hat auch der Zeuge RvInsp Sch das Ersuchen sowohl bei der niederschriftlichen Befragung am 1. Oktober 2003 als auch auf dem Weg zur Wohnung der Bf eindeutig wahrgenommen und dies in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig bestätigt.

 

Bedenkt man die Situation, in der sich die Bf nach ihrer belastenden Aussage gegenüber J Ha befand, ist es nachvollziehbar, dass sie sich bei ihrer Entlassung aus dem Landesgericht Linz nicht sicher fühlte. Dies wird auch dadurch deutlich, dass sie die Beamten beim Anruf um Abholung zu besonderer Eile aufgefordert hat. Im Zuge dieses Gespräches warf sie BezInsp. M vor, dass sie schon seit 5 Minuten in der Pochestraße warte (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 38, 6. Absatz).

 

Das Verhalten der Bf - Vorwurf gegenüber BezInsp M - lässt neben dem erkennbaren Schutzbedürfnis auch Rückschlüsse auf ihren Umgangston und ihre leichte Reizbarkeit zu. Es ist daher auch nicht glaubwürdig, dass die Bf zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, was sie tun sollte (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 5, erster Absatz). Aus der Art der Gesprächsführung ist eindeutig ableitbar, dass die Bf sehr wohl wusste was sie wollte.

 

Obwohl die Bf zum Zeitpunkt der Entlassung rechtsfreundlich vertreten war (ONr II/8 Seite 2 letzter Absatz) und sie nach der Entlassung die Möglichkeit hatte, sich mit ihrem Rechtsanwalt telefonisch zu beraten und ihm die - ihrer Meinung nach - bevorstehende polizeiliche Verwahrung mitzuteilen, hat sie lediglich ihrer Freundin B H von ihrer Entlassung mitgeteilt und anschließend BezInsp M verständigt und ungehalten um Abholung ersucht. Nicht nachvollziehbar ist, warum die Bf - laut ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 10, vierter Absatz) - den Umweg über das Telefonat mit B H gewählt hat, um He Ha bzw. J Ha von der Entlassung Mitteilung zu machen. Würde man ihren Schilderungen in der Maßnahmenbeschwerde und im Widerruf vom 9. Oktober 2003 Glauben schenken, dann wäre es nur zu verständlich gewesen, wenn sie sofort nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft mit J Ha, einem Mitglied der Familie Ha oder ihrem Rechtsanwalt Kontakt aufgenommen hätte. Da sie statt dessen BezInsp M angerufen hat, bestätigt sich die Annahme, dass sie diesen um Schutz und Abholung ersucht hat.

 

Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Maßnahmenbeschwerde gab die Bf bei der Befragung am 1. Juli 2004 (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 5, 3. Absatz) an, dass kein Zwang zum Einsteigen ausgeübt worden ist. In der Folge änderte die Bf ihre Aussagen, sprach kurzfristig von der Drohung "Wegnahme des Kindes", somit einer Zwangsausübung beim Einsteigen, fasste dann wiederholend zusammen, dass kein Zwang und keine Drohung beim Einsteigen vorgelegen seien, ging anschließend nur von einer Aufforderung zum Einsteigen aus, die lediglich zwanglos erfolgt sei und brachte abschließend vor, dass nicht gesagt worden wäre, dass sie einsteigen müsse (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 5, Absätze 1 bis 8).

 

Die Bf hat weder in der mündlichen Verhandlung vorgebracht noch ist aus der Aktenlage ersichtlich, dass sie sich der Fahrt zum Landesgendarmeriekommando widersetzt hätte. Dagegen hat sie in der Maßnahmenbeschwerde ohne nähere Beschreibung ausgeführt, dass diese Fahrt ausdrücklich gegen ihren Willen stattgefunden hat.

 

Ob sich die Bf nur "innerlich" der Fahrt widersetzte, kann nicht festgestellt werden. Eine nach außen zur Schau getragene Widersetzung war nicht erkennbar und ist auch nicht behauptet worden. Schon im Hinblick auf die leichte Erregbarkeit der Bf - extremes Schreien unmittelbar vor der Entlassung aus der Untersuchungshaft (ONr II/16, Seite 2, 10. Zeile) / ungehalten geführtes Telefonat mit BezInsp M (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 38, letzter Absatz) / jähzorniges Verhalten der Bf in der mündlichen Verhandlung (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seiten 14, 16 und 17) - lässt eine Fahrt gegen ihren Willen in einer ruhigen Art und Weise keineswegs erwarten. Schließt man nur aus dem Verhalten der Bf in der mündlichen Verhandlung, wo sie trotz mehrerer Ordnungsrufe wiederholt in einer unangemessenen, heftigen und lauten Art reagierte, die Verhandlung durch laute Einwürfe störte, ungefragt Zeugen zur Rede stellte, ihr nicht genehme Aussagen oder Vorhaltungen heftig kommentierte und einmal sogar wutentbrannt den Verhandlungssaal verließ und die Tür hinter sich zuwarf (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seiten 14, 16 und 17) - so ist undenkbar, dass die Bf eine widerrechtliche Anhaltung wortlos und ruhig über sich ergehen hätte lassen.

 

Weiters spricht auch gegen den Vorwurf der Bf der Ablauf der Fahrt im Dienstfahrzeug. Wäre sie tatsächlich angehalten worden, dann wäre die "Überstellung" entsprechend den internen Vorschriften - z.B. weibliche Beamtin als Begleitperson - vorgenommen worden

 

Ihr Verhalten unmittelbar vor der Entlassung aus der Untersuchungshaft und der Umgangston beim Gespräch mit BezInsp M lassen auch nicht den Schluss zu, dass die Bf die Mitnahme gegen ihren Willen deshalb kommentarlos geduldet habe, weil sie durch den Aufenthalt in der Justizanstalt eingeschüchtert und verunsichert war.

Das Verhalten der Beamten AbtInsp K und BezInsp M gegenüber der Bf, beurteilt ab dem Zeitpunkt des Ersuchens um Abholung bis zur Abfahrt vom Oö. Landesgendarmeriekommando in der Gruberstraße, weist kein Element einer Freiheitsbeschränkung auf.

 

3.3.2.2. BezInsp M hat besonders glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Fahrt zum Oö. Landesgendarmeriekommando, der Aufenthalt in den Diensträumen und die Erstellung der Niederschrift einerseits dem Schutzbedürfnis der Bf entsprochen hat und andererseits der Absicherung der eigenen Vorgangsweise diente. Das Verhalten der beiden Beamten gegenüber der Bf zeigt, dass keinerlei Einschränkung der Persönlichkeitsrechte beabsichtigt war und eine solche auch nicht stattgefunden hat. Wäre die Bf tatsächlich angehalten und ihr die Kontaktaufnahme mit Mitgliedern der Familie Ha untersagt worden, dann wäre ihr beispielsweise das uneingeschränkte Telefonieren in ihrer Muttersprache mit Gesprächspartnern ihrer Wahl ohne Überwachung nicht gestattet worden. Unbestritten steht fest, dass weder der Wählvorgang, die Auswahl der Gesprächspartner noch der Inhalt der Gespräche überwacht wurde. Es wurde der Bf auch keine zeitliche Beschränkung der zu führenden Telefonate auferlegt.

 

Auch wenn die Bf glaubhaft machen will, dass sie sich bei den Telefonaten kurz gehalten und ihrer Freundin B H nur ihren Aufenthalt bei der Polizei mitgeteilt habe, widerspricht diese Aussage den Aufzeichnungen der Telefonüberwachung (ONr. II/7 - Telefonat zwischen B H und He Ha am 3. Oktober 2003 um 15.10 Uhr; B H erzählt, dass die Bf wieder angerufen und ihr u.a. mitgeteilt habe, dass "gegen J sind schon Papiere - kann überall mitnehmen").

 

Geradezu bezeichnend ist auch, dass dem Ersuchen der Bf - Aufsuchen des Kindes - unverzüglich entsprochen wurde und man nicht die bereits erstellte Niederschrift von der Dolmetscherin übersetzen hat lassen. Aus dieser Vorgangsweise lässt sich klar das umsichtige Verhalten des BezInsp M erkennen. Hätten die Beamten tatsächlich beabsichtigt, die Bf anzuhalten und von der Familie Ha fernzuhalten, dann wäre es für sie ein Leichtes gewesen, die "vorgefertigte Niederschrift" bereits in den Diensträumen - somit ohne Zeugen - unterfertigen zu lassen. Nach außen hin hätten sich die Beamten auf das schriftliche Ersuchen der Bf stützen können. Dass sie die Unterfertigung der Niederschrift nicht in den Diensträumen vornehmen haben lassen, spricht für das Vorbringen der Beamten.

 

Die Aktenlage und die Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung lassen keine Einschränkung der persönlichen Freiheit während des Aufenthaltes der Bf im Oö. Landesgendarmeriekommando in der Gruberstraße erkennen. Die mündliche Verhandlung hat auch keine Hinweise erbracht, dass die Bewegungsfreiheit der Bf während dieses Zeitabschnittes eingeschränkt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass die Bf zwangsweise mit dem PKW der Dolmetscherin K D zu ihrer Wohnung gebracht worden ist. Gerade Gegenteiliges ist den Zeugenaussagen zu entnehmen. Durch die Ermöglichung der Mitfahrgelegenheit wurde dem dringenden Wunsch der Bf - so schnell wie möglich zu ihrer Tochter zu gelangen - entsprochen.

 

3.3.2.3. Der Beschwerdevorwurf, dass die Bf nach dem Verlassen des Fahrzeuges der Dolmetscherin bis zum Eintreffen in ihrer Wohnung mit der Zeugin He Ha nicht sprechen durfte, hat sich in der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt und lässt sich auch aus den der Verhandlung zugrundegelegten Akten nicht ableiten.

 

Aus den Zeugenaussagen und Aktenteilen (z.B.: ONr. II/10) ist zu ersehen, dass die Bf aus Angst vor Repressalien eine Kontaktaufnahme mit der Zeugin He Ha vermied und zu dieser Zeit ein enormes Schutzbedürfnis hatte. Die Zeugen RevInsp Sch und GrInsp Ki haben übereinstimmend und schlüssig die Situation geschildert. RevInsp Sch hat glaubwürdig dargelegt, dass die Bf mit der Zeugin He Ha sprechen hätte können, wenn sie dies gewollt hätte. Weiters passen die von der Bf gegenüber RevInsp Sch getätigten Aussagen in das Gesamtbild der schutzbedürftigen Bf (Tonbandprotokoll vom 9. August 2004, Seite 3 letzter Absatz und Seite 4 erster Absatz - "Am Weg zur Wohnungstür gab die Bf an, dass die Sache nun hinter ihr sei und sie mit Frau Ha nichts mehr zu tun haben möchte. Furcht vor J Ha, weil dieser noch nicht festgenommen ist.").

 

Auch wenn die Bf und die Zeugin He Ha bei der mündlichen Verhandlung übereinstimmend aussagten, dass eine Kontaktaufnahme zwischen beiden Frauen gewollt war, zeichnet das Ergebnis der Telefonüberwachung (ONr II/10) ein anderes Bild. Unmittelbar nachdem sich die Bf mit RevInsp Sch und der Dolmetscherin K D in die Wohnung begeben und die Zeugin He Ha B H mit dem Reisepass der Bf zur Wohnung der Bf gefahren hatte, teilte He Ha H L telefonisch mit, dass "die Bf nach Hause gekommen sei, aber nicht mit ihr reden wollte". Die telefonische Mitteilung der Zeugin He Ha bestätigt in nachvollziehbarer Weise die Aussagen jener Zeugen, die wahrgenommen hatten, dass die Bf zu diesem Zeitpunkt keine Kontaktaufnahme mit der Zeugin He Ha wünschte und von einem Schutzbedürfnis der Bf gesprochen habe.

 

Hätte die Bf tatsächlich eine Kontaktaufnahme mit J Ha oder mit der Zeugin He Ha gewünscht, dann ist unverständlich, dass sie nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft lediglich Kontakt mit ihrer Freundin B H aufgenommen hat.

 

Der Versuch der Zeugin He Ha, dem aufgezeichneten Gesprächsinhalt nachträglich eine andere Bedeutung zuzumessen, schlägt fehl. Hätte man ihr tatsächlich gesagt, dass sich die Bf noch in Haft befindet und die Kontaktaufnahme untersagt ist, dann ist unverständlich, warum sie ihrem Gesprächspartner in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erzählte, dass die Bf nach Hause durfte, zwei Männer als persönlichen Schutz hatte, weil sie vor jemandem Angst habe und dieser "jemand eh nicht J sein müsse" und die Bf nicht mit ihr reden wollte.

 

Der tatsächliche Grund der Kontaktaufnahme lag darin, dass die Zeugin He Ha Kenntnis vom Ermittlungsstand und den belastenden Aussagen, ihren Sohn betreffend, erlangen wollte. Um mehr Informationen über das belastende Protokoll zu erhalten, sollte auch die Zeugin B H in die Wohnung der Bf (ONr II/7 - Protokoll der Telefonüberwachung) gebracht werden.

 

3.3.2.4. Über Ersuchen der Bf brachte die Zeugin B H den Reisepass in die Wohnung. Laut Telefonüberwachungsprotokoll (ONr. II/10) wurde die Zeugin B H von der Zeugin He Ha zu der Wohnung der Bf gebracht. Da das Gespräch um 17.06 Uhr stattfand, dürfte die Zeugin B H kurz davor in der Wohnung eingetroffen sein. Dass man die Zeugin B H anschließend nicht aus der Wohnung wies, zeigt auf, dass die Bf nicht in ihrer Wohnung angehalten wurde und ihr Kontakt zur "Außenwelt" nicht unterbunden war.

 

Das Vorbringen der Bf, dass die Anwesenden Kripobeamten jeden Kontakt zur Außenwelt unterbunden hätten und die Dolmetscherin K D den Auftrag der Kriminalpolizei hatte, diese sofort zu verständigen, sollte die Bf versuchen die Wohnung zu verlassen oder mit irgendwelchen Personen Kontakt aufzunehmen, konnte sich im Verfahren nicht bestätigen.

 

AbtInsp K und BezInsp M als "Weisungsgeber" und die Dolmetscherin K D als "Weisungsempfängerin" haben in glaubwürdiger Art und Weise nachvollziehbar dargelegt, dass solche Anordnungen weder getroffen noch empfangen wurden. Die von der Bf angeführte Zeugin B H hat bei ihrer Befragung am 18. November 2003 im Landesgericht Linz vor der Richterin Mag. U E keine Äußerungen über eine derartige Anordnung der Dolmetscherin K D gemacht und auch nicht dargelegt, dass sie entsprechende Anweisungen oder Aufforderungen von der Dolmetscherin erhalten habe. Sie hat lediglich zum Gesprächston eine Stellungnahme abgegeben und diesen als normal bezeichnet.

 

Bei der Befragung in der mündlichen Verhandlung am 1. Juli 2004 führte die Zeugin B H aus, dass die Dolmetscherin K D die Bf und sie aufgefordert habe, über die Vorfälle der letzten Tage nicht zu sprechen. Dieses Vorbringen entbehrt jeder Glaubwürdigkeit, da eine derartige Anordnung zu diesem Zeitpunkt wenig sinnvoll erscheint, zumal die Bf zuvor mit der Zeugin ungestört und uneingeschränkt in ungarischer Sprache telefoniert hat.

 

Trotz ausführlicher Befragung durch den Verhandlungsleiter und den Beschwerdevertreter hat die Zeugin B H die Behauptungen der Bf - Unterbindung jeglichen Kontaktes zur Außenwelt, Verbot die Wohnung zu verlassen - nicht bestätigt. Aus der Aussage, dass sie von den Beamten gebeten worden sei, auf die Bf zu achten und im Fall von besonderen Vorkommnissen die Beamten zu verständigen ist abzuleiten, dass die Zeugen AbtInsp K und BezInsp M an der Sicherheit der Bf interessiert waren und nicht beabsichtigt hatten, die Bf in ihrer persönlichen Freiheit einzuschränken.

 

Auch die weitere von der Bf namhaft gemachte Zeugin S Sz konnte trotz ausführlicher Befragung durch den Verhandlungsleiter und den Beschwerdevertreter die Behauptung nicht bestätigen, dass die Beamten AbtInsp K und BezInsp M der Dolmetscherin K D diese Anweisung gegeben hätten bzw. die Dolmetscherin die Zeugin B H angewiesen hätte.

 

Bei der Zeugenvernehmung am 26. November 2003 im Landesgericht Linz vor der Richterin Mag. U E gab die Zeugin S Sz an, dass die Gesprächssituation normal, vielleicht etwas gedrückt gewesen sei. Trotz ihrer ausführlichen Aussage über den gegenständlichen Zeitabschnitt bestätigte die Zeugin die Behauptung der Bf nicht. In der Niederschrift (ONr II/19), die vier Seiten umfasst, wird die behauptete Anordnung nicht einmal ansatzweise erwähnt.

 

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Bf die Behauptung - Unterbindung jeglichen Kontaktes zur Außenwelt, Verbot die Wohnung zu verlassen nicht glaubwürdig darlegen konnte.

 

3.3.2.5. Die Behauptung der Bf, dass ihr die Niederschrift (ONr II/6) weder vorgelesen noch übersetzt worden ist, zielt darauf, dass diese nicht gemäß § 14 AVG aufgenommen wurde und daher keinen vollen Beweis liefert.

 

Von der Bf wird die Niederschrift u.a. als Ganzes in Frage gestellt, weil das Ende der niederschriftlichen Einvernahme mit 16.00 Uhr bezeichnet und die Unterschriftsleistung bzw Übersetzung tatsächlich gegen 19.00 Uhr stattgefunden hat.

 

Die Zeitangabe "16.00 Uhr" stellt für sich allein noch keinen Widerspruch zu den Ausführungen der Zeugen AbtInsp K, BezInsp M und Dolmetscherin K D dar.

 

Unstrittig ist, dass die Erstellung der Niederschrift und die Einvernahme der Bf in den Diensträumen des Oö. Landesgendarmeriekommandos vorgenommen wurde. Die Übersetzung der Niederschrift und die Unterschriftsleistung in den Diensträumen wurden deshalb nicht mehr vorgenommen, weil die Bf unverzüglich zu ihrem Kind gebracht werden wollte. Ob BezInsp M mit dem angeführten Zeitpunkt "16.00 Uhr" den Zeitpunkt der tatsächlichen Fertigstellung der schriftlichen Ausfertigung und damit das Ende der niederschriftlichen Einvernahme vermerken wollte, kann nicht mehr eindeutig festgestellt werden.

 

Weder aus der Aktenlage noch aus den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung konnte die Behauptung der Bf bestätigt werden, dass man sie weiterhin nicht allein gelassen hätte, wenn sie sich geweigert hätte, die gegenständliche Niederschrift (ONr II/6) zu unterfertigen.

 

Die hiezu angeführten Zeugen K D, Sz S, H B, AbtInsp K und BezInsp M haben ein anderes Bild gezeichnet.

 

Im Gegensatz zu den Ausführungen der Bf hat die Zeugin S Sz glaubwürdig und nachvollziehbar vorgebracht, dass der Vorgang - Vorlage der zweiseitigen Niederschrift bis zur Unterfertigung der Niederschrift durch die Bf - ca. 5 Minuten in Anspruch genommen hat und dass die Dolmetscherin K D jedenfalls die Aufforderung zur Unterschriftsleistung in ungarischer Sprache vorgenommen hat. Die Aussagen dieser Zeugin stimmen im Wesentlichen mit ihrer Zeugenaussage vor dem Landesgericht Linz (ONr. II/19) überein. Darüber hinaus hat sie übereinstimmend mit den anderen Zeugen die Gesprächssituation als ruhig geschildert. Während der Übersetzung bzw Durchbesprechung der Niederschrift befand sich die Dolmetscherin neben der Bf. Eine drohende Haltung durch einen der Anwesenden wurde von der Zeugin nicht wahrgenommen.

 

Betrachtet man das Verhalten der Bf während der Befragung der Zeugin zu diesem Themenbereich, so liegt die Vermutung nahe, dass sie die Qualifikation der Dolmetscherin gerade zu dem Zeitpunkt in Frage stellen wollte, in dem die Zeugin Aussagen tätigte, die die Behauptungen der Bf widerlegt haben. Als der angesprochene Fragenkomplex wiederholt wurde und die Zeugin übereinstimmende Antworten gab, reagierte die Bf heftig, jähzornig und unsachlich. Geht man davon aus, dass die Bf in vergleichbaren Situationen, in denen ihr eine Vorgangsweise nicht passt, ein ähnliches Verhalten an den Tag legt, ist nicht anzunehmen, dass sie eine Nötigung zur Unterschriftsleistung unkommentiert und ruhig zur Kenntnis genommen hätte.

 

Die Aussagen der Zeugin B H betreffend die Unterfertigung der Niederschrift, die sie in der mündlichen Verhandlung und vor der Richterin Mag. U E gemacht hat, sind widersprüchlich.

 

Bei der Einvernahme im Landesgericht Linz am 18. November 2003 (ONr. II/18) konnte die Zeugin keine Aussagen zur Unterfertigung der Niederschrift tätigen, da sie sich angeblich mit dem Kind der Bf beschäftigt und nicht aufgepasst hatte. Im Beweisverfahren stellte sich jedoch heraus, dass sich die Zeugin zu diesem Zeitpunkt nicht mit der Tochter der Bf beschäftigt hat. Warum die Zeugin B H nicht ausgesagt hat, obwohl sie sich in unmittelbarer Nähe zur Bf befunden hat und die Vorkommnisse knapp sechs Wochen vorher stattgefunden hatten, ist unerfindlich.

 

Zehn Monate später scheint sich bei der Zeugin B H die Erinnerung wieder eingestellt zu haben. Ihre nunmehrige Aussage, die sich in groben Zügen mit der Behauptung der Bf deckt, widerspricht eindeutig den Wahrnehmungen der Zeugin S Sz. Nach Verlesung ihrer Zeugenaussage vor dem Landesgericht und dem Hinweis auf die nun vorliegende Widersprüchlichkeit kann die Zeugin keinen Beitrag zur Aufklärung leisten. Auch der Einwurf des Beschwerdevertreters, dass sich dieser Teil der Aussage vor Gericht nur auf die Umstände - Druckausübung und Zwang zur Unterfertigung - bezogen habe, trägt zur Beseitigung der Widersprüchlichkeit nicht bei. Unterstellt man der Zeugin keine beabsichtigte Falschaussage, dann ist der nunmehrige Erinnerungszuwachs nur dadurch zu erklären, dass über diesen Vorgang mehrere Gespräche geführt wurden und die Zeugin daher vermeinte, dies damals so wahrgenommen zu haben. Trotz der Vorhaltungen und Hinweise auf die Widersprüchlichkeiten ist die Zeugin nicht in der Lage, diese aufzuklären. Einerseits bringt sie zum Ausdruck, dass das Gespräch leise geführt wurde, sie somit keine Angaben tätigen könne und andererseits behauptet sie unmittelbar danach, dass nichts "ungarisches" gesprochen wurde und die Dolmetscherin auch nichts übersetzt habe (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 20, Abs. 1 und 2). Dass die wesentlich weiter entfernte Zeugin S Sz jedenfalls die Aufforderung zur Unterfertigung der Niederschrift in ungarischer Sprache wahrgenommen hat, kann oder will die Zeugin B H nicht beantworten.

 

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die Niederschrift entsprechend § 14 AVG im Beisein der Bf in den Diensträumen des Oö. Landesgendarmeriekommandos in der Gruberstraße angefertigt wurde und der Vorgang des Vorlesens bzw der teilweisen Übersetzung durch die Dolmetscherin K D in der Wohnung ca. 5 Minuten in Anspruch genommen hat. Da die Niederschrift lediglich zwei Seiten und insgesamt nur 25 Zeilen umfasst, ist die aufgewendete Zeit von 5 Minuten für die Verlesung und teilweise Übersetzung als ausreichend zu erachten. Die nicht vollständige Übersetzung der Niederschrift führt jedenfalls nicht zu der Annahme, dass die Bf wesentliche Teile nicht verstanden hat, da sowohl vor Gericht als auch in der mündlichen Verhandlung ihre guten Deutschkenntnisse sichtbar wurden. In der mündlichen Verhandlung vermeinte die Bf zeitweilig, dass sie über bessere Sprachkenntnisse als die Dolmetscherin verfüge. Deshalb wollte sie Korrekturen der Übersetzungen vornehmen bzw bot sie sich zwischenzeitlich selbst als Übersetzerin an.

 

3.3.2.6. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass auf Grund der Aktenlage und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung die Bf nicht glaubhaft machen konnte, dass sie in dem von ihr behaupteten Zeitraum in der persönlichen Freiheit eingeschränkt war. Dagegen haben die Gendarmeriebeamten und indirekt auch die Zeugin He Ha (im Telefonat mit Helmut Lustig) schlüssig und nachvollziehbar das Schutzersuchen der Bf zum Ausdruck gebracht. Schlussendlich hat auch die Bf dieses Ersuchen in der Niederschrift durch ihre Unterschrift bestätigt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN W/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. A, 1996, Rz 610).

 

Da unbestritten kein richterlicher Befehl vorlag, erfolgte das Einschreiten der Gendarmen selbständig. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6.10.1999, 99/01/0120) ausgeführt hat, ist in einem solchen Fall das auf eigener Willensbildung beruhende Organverhalten der Verwaltung zuzurechnen.

 

4.2.1. Nach Art. 5 Abs.1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit. a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art.1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PerFrSchG), BGBl Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art.1 Abs.2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art.1 Abs.3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl. Ermacora, Grundriss der Menschenrechte in Österreich, 1988, Rz 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt - hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungsbehinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleichkommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

4.2.2. Ein wesentliches Kriterium der Freiheitsentziehung ist die Unfreiwilligkeit. Ein freiwilliges Verhalten des Betroffenen kann nicht als Freiheitsbeschränkung gedeutet werden. Schon die Androhung von physischem Zwang genügt, um die Freiwilligkeit auszuschließen. Bloße Einladungen sind hingegen nicht als Androhung von Zwang zu werten. Eine bloße Einladung liegt nach VfSlg 13.156/1992 dann vor, wenn der Betroffene nach eigenem Gutdünken der Einladung auch nicht nachkommen konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass er deshalb unverzüglich und unmittelbar physischem Zwang unterworfen werde. Es handelt sich dabei um ein schlichtes Ansinnen, das keinen individuell-normativen Inhalt aufweist. Ein solches ist auch dann gegeben, wenn keine Androhung der sofortigen Festnahme erfolgt ist oder wenn bloß ein Wunsch geäußert wird, der keinen die sofortige Befolgung erheischenden Befehl darstellt, bei dessen Nichtbefolgung der Betroffene mit der Ausübung von körperlichem Zwang zu rechnen hätte (VfSlg 11.568/1987).

 

Im gegenständlichen Fall ist aus den Gesamtumständen und dem Verhalten der einschreitenden Gendarmeriebeamten auf keinen Festnahme- und Anhaltewillen zu schließen. Die Handlungen der Gendarmeriebeamten AbtInsp K und BezInsp M sind auf das Ersuchen der Bf zurückzuführen. Diese hat die Beamten nachweislich mehrmals um Schutz ersucht und dies auch niederschriftlich bestätigt. Entsprechend den glaubwürdigen Zeugenaussagen wurde bei der Niederschrifterstellung und deren Unterfertigung weder Zwangs- noch Befehlsgewalt ausgeübt. Das Schutzersuchen wurde von der Bf somit völlig freiwillig gestellt. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, fürchtete sich die Bf auf Grund ihrer belastenden Aussagen vor J Ha. Ob diese Annahme zur Recht bestand, kann nicht festgestellt werden. Unbestritten ist jedoch, dass J Ha von der Entlassung aus der Untersuchungshaft wusste und seine Mutter damit beauftragte, die Bf abzuholen, um Kenntnis über ihre Aussagen und den gerichtlichen Ermittlungsstand (ONr. II/7 - "J hat gesagt für ihn ist wichtig, was steht im Protokoll") zu erhalten. Das ungeduldige Verhalten der Bf kurz vor der Entlassung (ONr. II/16 Seite 2) und der Vorwurf gegenüber den abholenden Beamten BezInsp M (Tonbandprotokoll vom 6. Juli 2004, Seite 38 letzter Absatz- "warte schon 5 Minuten in der Pochestraße, wo bleibt ihr") bestätigten einerseits ihre Furcht vor Übergriffen und andererseits die Freiwilligkeit des Abholbegehrens und der nachfolgenden Mitfahrt. Die Fahrt zum Landesgendarmeriekommando und der Aufenthalt in den Diensträumen u.a. zum Zweck der Aufnahme einer Niederschrift, die der Absicherung der beiden Gendarmeriebeamten diente, stellen schon auf Grund der uneingeschränkt gebliebenen Bewegungsfreiheit der Bf keine Einschränkung der persönlichen Freiheit dar.

 

Auch die Fahrt im Auto der Dolmetscherin K D lässt auf keine Freiheitsbeschränkung im Sinne einer Festnahme schließen. Die Fahrt wurde auf ausdrücklichen Wunsch der Bf vorgenommen. Von der Bf wurde dabei keinerlei Zwangsgewalt behauptet und auch nicht vorgebracht, dass ihr verwehrt war, während der Fahrt um Anhaltung zu ersuchen, damit sie den Pkw der Dolmetscherin verlassen könne. Schon deshalb, weil die Gendarmeriebeamten AbtInsp K und BezInsp M auf Grund des zeitlichen und räumlichen Abstandes zum Fahrzeug der Dolmetscherin keine wie immer geartete Befehls- und Zwangsgewalt ausüben konnten, kann auf eine solche nicht geschlossen werden. Die Bf hat auch nicht glaubwürdig dargelegt, dass ihr zur Heimfahrt keine andere Alternative (z.B. Taxi) zur Verfügung gestanden ist. Sie hat keine andere Fahrgelegenheit gesucht, sondern sich freiwillig für die angebotene Mitfahrgelegenheit entschieden.

 

Die Begleitung in die Wohnung durch RevInsp Sch, der Aufenthalt der Dolmetscherin in der Wohnung und das zeitweilige Aufsuchen der Wohnung durch AbtInsp K und BezInsp M zum Zwecke der Abnahme des Reisepasses und die Unterfertigung der Niederschrift lassen nicht einmal ansatzweise eine Freiheitsbeschränkung der Bf erkennen. In Erfüllung des Schutzersuchens wurde die Bf in die Wohnung begleitet und gleichzeitig diente diese der von der Bf gewollten Verhinderung einer Kontaktaufnahme mit Mitgliedern der Familie Ha.

 

Auch der Aufenthalt der Dolmetscherin in der Wohnung kann aus mehreren Gründen nicht als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden. Abgesehen davon, dass es sich bei der Dolmetscherin nicht um ein behördliches Organ handelt, das Befehls- und Zwangsgewalt ausüben kann, hat das Ermittlungsverfahren auch nicht erbracht, dass die Dolmetscherin quasi als verlängerter Arm der Gendarmeriebeamten gehandelt hat.

 

Das Beweisverfahren hat keinen Hinweis erbracht, dass die Bf im gegenständlichen Zeitabschnitt gegen ihren Willen festgehalten worden ist.

 

4.5. Mangels Vorliegens einer unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

II.

 

5. Bei diesem Ergebnis hat die Bf dem Bund, der als Rechtsträger für die belangte Behörde tätig geworden ist, als der obsiegenden Partei gemäß § 79a AVG 1991 den notwendigen Verfahrensaufwand zu ersetzen. Als Aufwendungen gelten nach § 79a Abs. 4 AVG neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen die durch Verordnung des Bundeskanzlers (vgl. Aufwandersatzverordnung UVS BGBl II Nr. 499/2001) festgesetzten Pauschalbeträge für Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand. Danach beträgt der dem Bund zustehende Vorlageaufwand 51,50 Euro, der Schriftsatzaufwand 220,30 Euro und der Verhandlungsaufwand 275,30 Euro.

 

Mangels Antragstellung erfolgte kein Zuspruch von Verfahrensaufwand zugunsten des Bundes in Bezug auf die zurückgezogene Maßnahmenbeschwerde.

 

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl. zur RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

III.

 

6. Gemäß § 76 Abs.1 AVG hat für Barauslagen, zu welchen auch Dolmetschergebühren zählen, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat.

 

Mit Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 6. Juli 2004, VwSen-420379/32 (Berichtigungsbescheid vom 15. Juli 2004, VwSen-420379/36), wurden gemäß § 53b AVG iVm § 32 Abs.1 und § 54 Abs.1 Z3 GebAG 1975 Dolmetschergebühren in der Höhe von 257,70 Euro (Zeitversäumnis 38,80 Euro, Teilnahme an der Verhandlung am 1.7.2004 211,79 Euro und Reisekosten 7,12 Euro) festgesetzt. Dieser Betrag wurde am 3. August 2004 angewiesen.

 

 

7. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 26 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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