Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420423/33/Ste

Linz, 12.09.2005

 

 

VwSen-420423/33/Ste Linz, am 12. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des E H, vertreten durch Mag. T T, wegen Festnahme, Anhaltung und Vorführung - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - zu Recht erkannt:

 

  1. Die Beschwerden gegen

  1. die Festnahme des Beschwerdeführers am 21. März 2005 um ca. 7.55 Uhr in Rohrbach durch Organe des Gendarmeriepostens Rohrbach sowie
  2. die Vorführung des Beschwerdeführers am 21. März 2005 um ca. 10.00 Uhr vor den Gemeindearzt durch Organe des Gendarmeriepostens Rohrbach einschließlich der Festhaltung im Behandlungsraum bis zur Enthaftung um ca. 10.45 Uhr vor der Arztordination

werden als unbegründet abgewiesen.

  1. Die Anhaltung des Beschwerdeführers am 21. März 2005 von ca. 8.00 bis ca. 10.00 Uhr auf dem Gendarmerieposten Rohrbach wird insoweit für rechtswidrig erklärt, als dem Beschwerdeführer auch während seiner Festhaltung im Verwahrungsraum die Handfesseln nicht abgenommen wurden und er während der gesamten Dauer der Festnahme auch nach der Verbringung in den Verwahrungsraum am Rücken gefesselt war.
  2. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Anhaltung als unbegründet abgewiesen.

  3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach) Kosten in Höhe von 220,30 Euro Schriftsatzaufwand, 275,30 Euro Verhandlungsaufwand sowie 51,50 Euro Vorlageaufwand, insgesamt also 547,10 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
  4. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 660,80 Euro Schriftsatzaufwand und 826 Euro Verhandlungsaufwand, insgesamt also 1.486,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 79a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Nach Schilderung des Ewald Hain (in der Folge: Beschwerdeführer) wurde er am 21. März 2005 von namentlich genannten Organen des Gendarmeriepostens (nunmehr der Polizeiinspektion) Rohrbach (1.) um ca. 7.45 Uhr vor dem Gasthaus L durch Armumdrehen, Anlegen von Handschellen und brutaler Verwahrung in den Dienst-PKW rechtswidrig festgenommen (2.) von 8.00 Uhr bis ca. 10.00 Uhr durch Festhaltung in einem Verwahrungsraum und Anlegen von Handschellen (Fesselung) am Rücken auf der Polizeiinspektion rechtswidrig angehalten sowie (3.) von 10.00 bis 10.45 Uhr durch Festhaltung im Behandlungsraum und Anlegen von Handschellen (Fesselung am Rücken) in einer Arztordination rechtswidrig vor den Amtsarzt vorgeführt.

 

2. Gegen diese von ihm als drei Maßnahmen angesehene Eingriffe richtet sich die vorliegende, am 2. Mai 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei am 21. März 2005 nach einer vorausgehenden Auseinandersetzung mit dem Wirt und einem anderen Gast im Hof eines Gasthauses in Rohrbach von vier Gendarmen zur Rede gestellt und festgehalten worden. Er hätte zu keiner Zeit während der Amtshandlung mit den Händen gestikuliert oder jemanden beschimpft oder in einer strafbaren Handlung verharrt oder lautstark geschrieen oder sonst ein aggressives Verhalten gesetzt. Noch während seine Ehegattin den einschreitenden Beamten den Sachverhalt geschildert hätte, wäre er abgemahnt und festgenommen worden. Dies sei in brutaler Weise erfolgt und mit einer Körperverletzung verbunden gewesen. Außerdem seien ihm Handfesseln angelegt und sei er in den Streifenwagen gezwängt und gestoßen worden. Anschließend wurde er im Verwahrungsraum des Gendarmeriepostens gebracht und musste dort mit den Händen am Rücken gefesselt zwei Stunden zubringen, eher er dem Gemeindearzt vorgeführt wurde. Er habe die Beamten oftmals, aber vergeblich ersucht, die Handschellen abzunehmen, da er aufgrund der engen Fesseln schon von Anfang an Schmerzen im rechten Ellenbogen und an den Handgelenken verspürt hätte.

Durch diese Maßnahmen sei er in genau bezeichneten verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden. Es wären weder Gründe für eine Festnahme noch eine Anhaltung vorgelegen und es bestand auch kein Verdacht, dass sich der Beschwerdeführer der Strafverfolgung entziehen würde. Das Vorgehen der Gendarmen während der Festnahme und der Anhaltung in der Zelle gründe auf keinen Rechtsgrund und sei daher rechtswidrig. Die Behandlung des Beschwerdeführers während der Festnahme und während der Anhaltung hätte diesen in seinem Recht auf Freiheit und seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt. Der Beschwerdeführer sei unmenschlich und erniedrigend behandelt worden. Das Belassen der Handschellen in einem Einzelverwahrungsraum, in welchem der Beschwerdeführer weder sich selbst noch anderen Schaden zufügen konnte, komme Folter gleich.

Selbst bei Vorliegen von Festnahmegründen sei die Anhaltung daher rechtswidrig und mit den Grundwerten unserer Rechtsordnung unvereinbar.

Aus diesen Gründen wird "beantragt, die nachstehenden Maßnahmen der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt [...], nämlich

  1. der rechtswidrigen Festnahme des Beschwerdeführers um ca. 7.45 Uhr am 21. März 2005 vor dem Gasthaus Leitner in 4150 Rohrbach in der Hofeinfahrt durch Armumdrehen, Anlegen von Handschellen und brutaler Verwahrung in den Dienst-PKW
  2. der rechtswidrigen Anhaltung des Beschwerdeführers von 8.00 bis ca. 10.00 Uhr auf dem Gendarmerieposten 4150 Rohrbach durch Festhaltung in einem Verhandlungsraum und Anlegen von Handschellen am Rücken gefesselt
  3. der rechtswidrigen Vorführung des Beschwerdeführers vor dem Amtsarzt Dr. B in 4150 Rohrbach von 10.00 bis 10.45 Uhr durch Festhaltung im Behandlungsraum und Anlegen von Handschellen am Rücken gefesselt

für rechtswidrig zu erklären".

Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2005 hat der Beschwerdeführer ergänzende Urkunden vorgelegt sowie ausdrücklich die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat die Bezug habenden Akte vorgelegt und in einer wenige Zeilen umfassenden Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte, die vorgelegten Schriftsätze sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 4. August 2005.

Auf Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenats gab der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. Juli 2005 bekannt, die in der Sache behandelnden Ärzte für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens von ihrer allenfalls bestehenden Verschwiegenheitspflicht zu entbinden.

2.4. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Am 21. März 2005, um 7.40 Uhr, zeigte der Gastwirt F H, Rohrbach, dem Gendarmerieposten Rohrbach telefonisch an, dass in seinem Gasthaus ("Gasthaus Leitner") der nunmehrige Beschwerdeführer randaliere. Auf Grund dieser Meldung wurden zwei Außendienststreifen des Postens Rohrbach (besetzt mit je zwei Beamten) zum Gasthof beordert und trafen dort um etwa 7.45 Uhr ein.

Zwei Beamte betraten unmittelbar den Hof, zwei gingen zunächst in die Gaststube, informierten sich dort kurz beim Gastwirt und erreichten von dort den Hof. Im Hof hielten sich zu diesem Zeitpunkt jedenfalls der Beschwerdeführer und seine Ehegattin auf.

Die Beamten versuchten, vom Beschwerdeführer dessen Personaldaten und seine Sicht des Hergangs der Geschehnisse im Gastlokal zu erfragen. Der Beschwerdeführer gab diese Auskünfte nicht, wurde sehr laut und gestikulierte mit den Händen und konnte trotz mehrmaliger gütlicher Versuche der Beamten und seiner Ehegattin nicht beruhigt werden. Auf Grund der Lautstärke der Äußerungen des Beschwerdeführers blieben auch Passanten stehen und beobachteten das Geschehen. Der Beschwerdeführer wurde mehrmals (jedenfalls drei Mal) förmlich abgemahnt und auf die Folgen hingewiesen, wenn er sich weiterhin so verhalte.

Der Beschwerdeführer schrie weiterhin sowohl auf die einschreitenden Beamten als auch auf den Wirt ein und gestikulierte wild mit den Händen. Sein Verhalten kam einem "Tobsuchtsanfall" nahe.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer um ca. 7.55 Uhr förmlich festgenommen. Da er den Aufforderungen der Beamten mitzukommen, nicht Folge leistete, wurde die Festnahme mit Anwendung von Körpergewalt (Armwinkelsperre und Anlegen von Handfesseln, so, dass die Hände am Rücken gefesselt waren) vollzogen. Der Beschwerdeführer zog sich dabei am Ellenbogen Verletzungen zu.

Der Beschwerdeführer wurde zum Streifenfahrzeug eskortiert, wobei er die Beamten lautstark beschimpfte. Auf Grund von Schwierigkeiten beim Einsteigen, musste er von der gegenüber liegenden Seitentüre aus von einem Polizisten auf die hintere Sitzbank des Fahrzeugs gezogen werden.

Am Gendarmerieposten Rohrbach wurde der Beschwerdeführer in den Verwahrungsraum gebracht, wo er von ca. 8.00 Uhr bis ca. 10.00 Uhr untergebracht war. Die Handfesseln wurden ihm dabei nicht abgenommen. Im Verwahrungsraum verhielt sich der Beschwerdeführer sehr laut und trat mit seinen Füßen mehrmals gegen die Gitterstäbe; auch hier kam es wieder zu einem "Tobsuchtsanfall". Der Verwahrungsraum war wie folgt ausgestattet: Neben einer Pritsche ist lediglich eine Toilettenanlage und ein Beleuchtungskörper vorhanden. Ein Fenster ist außen, also nicht erreichbar angebracht; darüber hinaus gibt es in dem Raum keine weiteren Gegenstände.

Um ca. 10.00 Uhr wurde der Beschwerdeführer von zwei Polizisten dem Gemeindearzt Dr. B vorgeführt. Der Beschwerdeführer war weiterhin am Rücken gefesselt. Auch bei Dr. B war der Beschwerdeführer übermäßig laut, ging ständig herum und lies sich zunächst auch durch den Arzt nicht beruhigen. Dr. B stellt Symptome einer Alkoholisierung (Geruch der Atemluft nach Alkohol, gerötete Bindehäute, verlangsamte Pupillenreaktion) und zunächst weiterhin aggressives Verhalten des Beschwerdeführers fest. Bei dieser Untersuchung sprach der Beschwerdeführer eine allfällige Verletzung seiner Hand und seines Arms nicht an.

Eine medikamentöse Intervention mit Beruhigungsmittel war letztlich nicht notwendig, weil sich die Situation im laufe des Gesprächs mit Dr. B - auch durch die sich aus einem Telefonat des Arztes mit dem Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft ergebende Lösung, dass nämlich der Beschwerdeführer in die Obhut seiner Frau nach Hause entlassen werden sollte - deutlich entspannte. Die Untersuchung war gegen 10.45 Uhr abgeschlossen.

Daraufhin erfolgt die Aufhebung der Festnahme und die Abnahme der Handfesseln um etwa 10.45 Uhr vor der Ordination von Dr. B.

Am Nachmittag kam der Beschwerdeführer noch einmal in die Ordination zu Dr. B. Dabei stellte dieser dann frische Schwellungen am Ellenbogen und Spuren der Handfesseln fest und stellte gegen 14.00 Uhr eine Überweisung in das Krankenhaus aus.

Eine klinische Untersuchung im Landeskrankenhaus Rohrbach am Nachmittag des 21. März 2005 ergab als Diagnose (Enddiagnose auf Grund einer MR-Untersuchung): Kapseleinriss im rechten Ellenbogengelenk, Riss des äußeren Seitenbandes im rechten Ellenbogen, Einriss des Muskelansatzes der Unterarmstreckmuskel sowie ein Bluterguss im Ellenbogen.

Die Verletzungen sind ursächlich auf die gegebene Krafteinwirkung im Zuge der Festnahme des Beschwerdeführers unter Anwendung der Armwinkelsperre zurückzuführen. Sie sind durch die Gegenwehr des Beschwerdeführer mitverursacht.

2.5. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den gegenseitigen Behauptungen, insbesondere auch jenen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Widersprüche bestanden dabei zur Frage des genauen Ablaufs der Geschehnisse und des Verhaltens des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin behaupten im Wesentlichen übereinstimmend, dass der Beschwerdeführer sich in jeder Hinsicht zurückhaltend und ruhig verhalten habe. Dem gegenüber geben die zwei bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung befragten Polizisten als Zeugen glaubhaft und nachvollziehbar an, dass der Beschwerdeführer sehr wohl laut war und wild gestikulierte. Dies deckt sich im Ergebnis auch mit den schriftlichen Aussagen der beiden anderen Polizisten sowie den - zeitlich späteren - Beobachtungen des Gemeindearztes, der zwar lediglich Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Festnahme ziehen kann, dem jedoch auf Grund seiner Erfahrungen und seines Sachverstands auch insoweit gefolgt werden kann. Als erfahrenem Gemeindearzt ist er wohl in der Lage, auf Grund eines Verhaltens und der klinischen Untersuchung des Beschwerdeführers um etwa 10.00 Uhr auf dessen Zustand etwa zwei Stunden zuvor zu schließen. Auch er spricht im Übrigen davon, dass sich der Beschwerdeführer noch während der Untersuchung in seiner Ordination aggressiv verhalten habe, sodass durchaus auch eine Einweisung in die Landes-Nervenklinik erwogen wurde (vgl. die Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung - in der Folge kurz: Verhandlungsniederschrift - RZ 55 und 59).

Die Polizisten sind als Organe der öffentlichen Aufsicht auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Aufgaben angelobt. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat besteht auch deswegen kein Grund an dessen Aussage zu zweifeln, weil für sie weder als Polizeiorgane noch als Privatpersonen irgend ein Grund oder eine Veranlassung ersichtlich ist, weshalb sie die Angelegenheit anders darstellen sollten, als sie sich tatsächlich abgespielt hat. Ihre Aussagen sind im Übrigen weitgehend widerspruchsfrei. Die auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgestellte Differenzen ins Details könnten dabei die Glaubwürdigkeit insgesamt nicht erschüttern, dürften sie doch auf die Gesamtumstände des Falls (Mehrzahl der beteiligten Personen, eskalierende Situation vor Ort) zurückzuführen sein.

Die diagnostizierten Verletzungen sind auf Grund der vorgelegten Urkunden unbestritten. Zur Erklärung deren Ursache folgt der Unabhängige Verwaltungssenat den Ausführungen des Krankenhausarztes in der mündlichen Verhandlung, wo dieser auf Grund seines Sachverstandes und seiner Erfahrungen nachvollziehbar erläuterte, dass die solche Verletzungen hervorrufenden Kräfte "bei einem normalen Armverdrehen nicht zustande kommen. Denkbar ist allerdings die Verletzung dann, wenn eine entsprechende Gegenwehr besteht oder wenn gleichzeitig ein Sturz stattfindet" oder sonst "das eigene Körpergewicht [zusätzlich] auf die Stelle einwirkt" (Verhandlungsniederschrift - RZ 40 und 41).

Dem gegenüber ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer selbst zumindest leicht alkoholisiert und schon deswegen seine Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkt war. Auch insoweit folgt der Unabhängige Verwaltungssenat vor allem der Aussage des Gemeindearztes (Verhandlungsniederschrift - RZ 43 und 51). Der Ehegattin ist - auch auf Grund der durchaus nachvollziehbaren und begreiflichen Erregung über die Gesamtsituation - zuzugestehen, dass sie die Situation retrospektiv subjektiv anders wahrgenommen hat.

Insgesamt ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat die Version des Geschehensablaufs der Polizeibeamten in Verbindung mit den Aussagen des Gemeinde- und des Krankenhausarztes glaubwürdiger als jene des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2004, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen. Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

Die behaupteten Maßnahmen fanden - unbestritten - am 21. März 2005 statt. Die Beschwerde langte am 2. Mai 2005 (die Telefax-Übermittlung erfolgte am 29. April 2005, ab 18.46 Uhr [= nach Ende der Amtsstunden]) beim Oö. Verwaltungssenat ein und ist daher rechtzeitig erhoben worden.

3.2. Zur Festnahme und zur Verbringung in den Streifenwagen:

3.2.1. Nach Art. 1 Abs. 3 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit - PersFrBVG und Art. 5 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK in Verbindung mit § 35 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 117/2002, ist die Festnahme einer Person zwecks Vorführung vor die Behörde - ohne dass dieser Akt einen rechtswidrigen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit darstelle - in den im § 35 Z. 1 bis 3 VStG genannten Fällen zulässig.

Gemäß § 35 VStG dürfen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn einer der in den Z. 1 bis 3 genannten Gründe vorliegt. Im gegebenen Zusammenhang wurde von der belangten Behörde ausschließlich behauptet, dass der Festnahmegrund der Z. 3 vorlag, also "der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrte oder sie zu wiederholen suchte". Auch der Unabhängige Verwaltungssenat erkennt keine Anhaltspunkte, die für das Vorliegen eines allenfalls weiteren Grundes (also nach Z. 1 oder 2 des § 35 VStG) sprechen würde, da die Identität des Beschwerdeführer möglicherweise zu Beginn der Amtshandlung zwar nicht zweifelsfrei feststand, sich jedoch im Zuge der Amtshandlung klärte oder jedenfalls sofort feststellbar war; auch ein Anzeichen dafür, dass der begründete Verdacht bestand, dass sich der Beschwerdeführer der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen und kann daher nicht angenommen werden.

Voraussetzung für eine Festnahme nach § 35 Z. 3 VStG ist daher, dass eine strafbare Handlung vorliegt, der Täter auf frischer Tat betreten wurde, der Täter abgemahnt wurde und trotz dieser Abmahnung diese Handlung fortsetzt oder versucht diese zu wiederholen.

3.2.2.1. Als strafbare Handlung kommt im vorliegenden Fall in erster Linie § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 151/2004, in Betracht. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, "wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert".

Kumulative Tatbestandsmerkmale dieser Bestimmung sind das "aggressive" Verhalten und die dadurch bewirkte Störung der Amtshandlung. Vorauszugehen hat ebenfalls eine Abmahnung.

Unter aggressivem Verhalten ist dabei ein solches zu verstehen, durch das die jeder Person gegen das Einschreiten eines staatlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringen, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen eine Maß überschreitet, das sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrt. Ein mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten in der Form von lautstarken Unmutsäußerungen und Beschimpfungen verbunden mit heftiger Gestik gegenüber den Polizisten stellt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats aggressives Verhalten im Sinn der genannten Bestimmung dar. Zu beachten ist auch, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) der Inhalt der im Schreien vorgebrachten Äußerungen prinzipiell gleichgültig ist (vgl. VwGH vom 20. Dezember 1990, 90/10/0056).

Bei den einschreitenden Polizeibeamten handelt es sich zweifelsfrei um Organe der öffentlichen Aufsicht, die in Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben eine privat erstattete Anzeige in strafrechtlicher Hinsicht näher prüfen wollten. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers wurde diese Amtshandlung offensichtlich behindert, insbesondere wurde die Klärung des Sachverhalts verzögert.

§ 82 Abs. 1 SPG fordert, abgesehen vom aggressiven Verhalten und der Behinderung einer Amtshandlung ein Fortsetzen dieses Tuns trotz vorausgegangener Abmahnung. Abmahnung bedeutet dabei so viel wie (Er-)Mahnung oder Zurechtweisung und besteht in der unmissverständlichen Aufforderung ein Verhalten im Hinblick auf seine Gesetz- oder Ordnungswidrigkeit einzustellen, wobei die Aufforderung, ein bestimmtes Verhalten einzustellen, den Hinweis auf dessen Unzulässigkeit impliziert. Das Gesetz schreibt den Gebrauch bestimmter Worte für eine wirksame Abmahnung nicht vor, insbesondere muss sie nicht die Folgen weiteren Zuwiderhandelns zur Kenntnis bringen. Freilich muss dem Betroffenen die Abmahnung als solche erkennbar sein und bewusst werden.

Der Beschwerdeführer wurde von den einschreitenden Polizeiorganen mehrmals zurechtgewiesen und aufgefordert sein Verhalten einzustellen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer den Inhalt dieser Anordnungen der Polizisten nicht verstanden hätte.

Die Polizeibeamten konnten daher vom begründeten Verdacht zumindest einer Verwaltungsübertretung, nämlich einer solchen nach § 82 Abs. 1 SPG ausgehen.

3.2.2.2. Darüber hinaus konnten die einschreitenden Organe wohl auch vom begründeten Verdacht des Vorliegens einer Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG (Störung der öffentlichen Ordnung) durch den Beschwerdeführer ausgehen, da sich dieser doch jedenfalls auch im Hof so lautstark geäußert hatte, dass Passanten auf den Vorfall aufmerksam geworden sind.

3.2.3. Die Verwaltungsübertretungen nach § 82 Abs. 1 und § 81 Abs. 1 SPG stellen jedenfalls "strafbare Handlungen" im Sinn des § 35 Z. 3 VStG dar. Der Beschwerdeführer wurde von den Polizeiorganen als Organen der öffentlichen Sicherheit zweifellos auch auf frischer Tat betreten, die die Verwaltungsübertretung in ihrer Gegenwart begangen wurde. Zum Tatbestand dieser Bestimmung gehört allerdings ergänzend, dass der Betretene die Handlung trotz (= nach) Abmahnung fortsetzt oder sie zu wiederholen sucht.

Vergleicht man die Bestimmungen des § 35 Z. 3 VStG und des § 82 Abs. 1 SPG so ist davon auszugehen, dass für die Festnahme letztlich eine "doppelte" Abmahnung, also eine nach § 82 Abs. 1 SPG (weil ja nur dann überhaupt von einer Verwaltungsübertretung ausgegangen werden kann) und zusätzlich eine nach § 35 Z. 3 VStG notwendig sein wird.

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts steht fest, dass der Beschwerdeführer mehrmals abgemahnt wurde. Aus objektiver Sicht musste ihm die Abmahnung als solche erkennbar sein und bewusst werden. Er setzte sein aggressives Verhalten auch nach den Abmahnungen fort, sodass die Festnahme nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats zweifellos zu Recht ausgesprochen wurde.

Damit lagen aber nach Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG und Art. 5 Abs. 1 EMRK die Voraussetzungen für eine Festnahme des Beschwerdeführers vor, sodass dieser insoweit auch nicht in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Z. 3 PersFrBVG).

3.2.4. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Art. 1 Abs. 4 PersFrBVG sieht vor, dass wer festgenommen oder angehalten wird, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln ist und nur solchen Beschränkungen unterworfen werden darf, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

Nach § 36 Abs. 2 VStG ist bei der Festnahme und Anhaltung unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person vorzugehen.

Auf Grund des dargelegten Sachverhalts besteht für den Unabhängigen Verwaltungssenat kein Grund daran zu zweifeln, dass die gegen den Beschwerdeführer gesetzten physischen Zwangsakte der Polizeibeamten notwendig waren, um den Beschwerdeführer an der Fortsetzung seines strafbaren Verhaltens zu hindern und auch um die Beamten zu sichern. Sowohl das vorausgehende Armumdrehen und als auch die Fesselung des Beschwerdeführers mit Handschellen erfolgte im Rahmen einer notwendigen maßhaltenden Ausübung physischen Zwangs. Das Beweisverfahren hat auch keine Umstände ergeben, die das Verhalten der Polizeibeamten als eine gröbliche Missachtung der Person des Beschwerdeführers erschienen lassen. Dass eine in diesem Sinn notwendige Fesselung mit notwendiger vorausgehender anderer Fixierung an sich keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK darstellt, ist ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (vgl. z.B. VfSlg. 9196/1981 mit weiteren Nachweisen).

Die Fesselung war zweifelsfrei zur ordnungsgemäßen Durchführung der Festnahme und zur Gefahrenvorbeugung erforderlich und hatte auch sonst keinen den Beschwerdeführer erniedrigenden Begleiteffekt.

Bei den damit gerechtfertigten physischen Zwangsmaßnahmen (Armumdrehen und Fesselung) sind Verletzung von vorneherein nicht grundsätzlich auszuschließen. Dies vor allem auch dann, wenn sich der Betroffene zur Wehr setzt und passiven oder aktiven Widerstand leistet. Auf Grund der aufgetretenen Verletzungen kann allerdings nicht von vorneherein auf eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung geschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist lediglich anzumerken, dass der Beschwerdeführer die naheliegendste Möglichkeit auf die Verletzungen hinzuweisen, nämlich eine dementsprechende Untersuchung durch den Gemeindearzt, nicht ergriffen hat. Eine darüber hinausgehende rechtliche Beurteilung der Körperverletzungen ist nicht Angelegenheit des Unabhängigen Verwaltungssenats, das sie primär in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit fällt.

Auch die Art und Weise der Festnahme (Armumdrehen und Anlegen von Handschellen) war daher nicht überschießend und nicht rechtswidrig. Der Beschwerdeführer wurde daher auch insoweit nicht in seinen Rechten verletzt.

3.2.5. Gleiches gilt im Ergebnis für die Verbringung in den Streifenwagen. Sie war zweifellos an sich gerechtfertigt und zum Zweck der Vorführung vor die Behörde und den Gemeindearzt notwendig. Auch in der Art und Weise dieses Teils der Amtshandlung kann kein Verstoß gegen die gerade genannten Rechtsvorschriften erblickt werden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat verkennt dabei nicht, dass eine Fesselung am Rücken insbesondere für und während der Fahrt mit einem Personenkraftwagen für den Betroffenen jedenfalls unangenehm sein kann. Sie kann jedoch andererseits aus Gründen der Sicherung der betroffenen Beamten gerade auch während der Fahrt notwendig und geradezu angebracht sein. Im vorliegenden Fall ist auch auf die mit wenigen Minuten sehr kurze Dauer dieser Situation zu verweisen.

3.2.6. Eine Verletzung der vom Beschwerdeführer behaupteten (verfassungs)gesetzlich gewährleisteten Rechte liegt daher weder hinsichtlich der Festnahme als solcher, der Art und Weise der Durchführung der Festnahme (Armumdrehen und Anlagen von Handschellen) noch hinsichtlich der Verwahrung in den Streifenwagen vor.

3.3. Zur Festhaltung im Verwahrungsraum:

3.3.1. Wie dargelegt, liegt eine rechtmäßige Festnahme vor. Grundsätzlich war daher auch die Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers dem Grunde nach rechtmäßig.

Gemäß § 36 Abs. 1 VStG ist jeder Festgenommene unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde zu übergeben oder aber, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen. Eine Anhaltung darf keinesfalls länger als 24 Stunden dauern.

Zunächst ist festzustellen, dass die Polizeibeamten mit Grund davon ausgehen konnten, dass der Grund der Festnahme nicht schon früher weggefallen ist, hat sich der Beschwerdeführer doch auch im Verwahrungsraum zunächst nicht wirklich beruhigt, insbesondere konnte nicht angenommen werden, dass er im Fall der Freilassung das strafbare Verhalten nicht wieder aufnehmen werde.

Die Beamten haben auch alles getan, um eine unverzügliche Übergabe an die Bezirkshauptmannschaft sicherzustellen. Sie haben sofort mit dem zuständigen Sachbearbeiter telefonisch Kontakt aufgenommen und mit diesem eine für den Beschwerdeführer möglichst günstige Lösung der Situation versucht. Der dabei verstrichene Zeitraum von insgesamt höchstens zwei Stunden ist dabei nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

Beim Unabhängigen Verwaltungssenat sind jedoch Bedenken im Hinblick auf die Art und Weise der Verwahrung entstanden, weil es für die Belassung der Fesselung auch im Verwahrungsraum keine Rechtfertigung geben dürfte. Der Verwahrungsraum ist baulich und von seiner Einrichtung her so gestaltet, dass eine Eigengefährdung der verwahrten Person ausgeschlossen werden kann. Ein sonstiger Grund für die Nicht-Abnahme der Handschellen ist nicht ersichtlich. Eine allfällige Fremdgefährdung hätte allenfalls nur dann angenommen werden können, wenn sich andere Personen, insbesondere die Polizeibeamten öfter oder regelmäßig in den Verwahrungsraum begeben hätten müssen. Dies war aber nicht der Fall. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Dauer der Verwahrung zunächst nicht abschätzbar war und für die nachfolgende Vorführung vor die Behörde oder den Gemeindearzt die Fesselung wieder notwendig gewesen wäre, weil nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats eine Fesselung im Verwahrungsraum unter den gegebenen Umständen an sich nicht verhältnismäßig und daher überschießend ist. Dies insbesondere auch wegen ihrer Dauer von rund zwei Stunden.

Dem kann weiters auch nicht eine Dienstvorschrift entgegen gehalten werden, weil diese (verfassungs)gesetzliche Regelungen nicht ändern kann. Ganz abgesehen davon spricht auch die von den Beamten vorgelegte "Dienstvorschrift Handschellen" davon, dass die Handschellen "in der Regel also erst nach Einlieferung bzw. Verwahrung im Gefangenenhaus oder Arrest" abzunehmen sind und gehen damit jedenfalls implizit davon aus, dass die Handschellen nach Einlieferung oder Verwahrung wohl jedenfalls abzunehmen sind.

Im Übrigen konnte auch nicht dargelegt werden und kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht gesehen werden, inwieweit für die Dauer der Verwahrung eine Gefahr für die Sicherheit der Beamten und die sichere Durchführung der Amtshandlung bestanden hat. Es wäre den Polizisten wohl ohne weiteres möglich gewesen, dem Beschwerdeführer unmittelbar nach der Verbringung in den Verwahrungsraum die Handschellen abzunehmen und diese - sollte dies nach der dann abgelaufenen Zeit noch nötig gewesen werden - dem Beschwerdeführer für die Vorführung vor den Gemeindearzt wieder anzulegen oder den Arzt zum Festgenommenen zu bitten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat vermutet im Übrigen auch, dass sich die Gesamtsituation unter Umständen schon dadurch merklich entspannt hätte, wenn dem Beschwerdeführer die Handschellen schon früher abgenommen worden wären.

Die auch im Verwahrungsraum andauernde Fesselung mit Handschellen am Rücken erfolgte im vorliegenden Fall daher unter Missachtung der Menschenwürde und der gebotenen Schonung der Person. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass gerade eine Fesselung der Hände am Rücken zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit und dazu führt, dass jegliches Hantieren auch zur notwendigen Körperpflege im weitesten Sinn (z.B. Abwischen der Stirn oder des Mundes, Putzen der Nase, Aufsuchen der Toilette) wohl kaum oder sogar unmöglich ist. Im Übrigen ist mit dieser Art der Fesselung auch eine erhöhte Verletzungsgefahr (etwa bei einem Sturz im Verwahrungsraum) verbunden. Auch deswegen muss eine solche Zwangsmaßnahme auf eine unbedingt notwendig Dauer beschränkt werden.

Diese Vorgangsweise widerspricht sowohl dem § 36 Abs. 2 VStG als auch den genannten verfassungsgesetzlichen Bestimmungen und war daher für rechtswidrig zu erklären.

3.4. Zur Vorführung vor den Gemeindearzt:

Gemäß § 46 Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Menschen, von denen sie aus besonderen Gründen annehmen, dass sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang damit ihr Leben oder ihre Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen, sofern dies notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen.

Ähnlich regelt § 9 Abs. 1 des Unterbringungsgesetzes - UbG, BGBl. 155/1990, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 12/1997, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt und verpflichtet sind, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt zu bringen oder diesen beizuziehen. Nach dem ersten Satz des Abs. 3 dieser Regelung hat der Arzt und haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen.

Auf Grund des erhobenen Sachverhalts besteht für den Unabhängigen Verwaltungssenat keinen Zweifel, dass die einschreitenden Beamten mit besonderem Grund annehmen konnten, dass sich der Beschwerdeführer in einer psychischen Ausnahmesituation befand, deren Grund ihnen zunächst nicht bekannt war. Es war auch zu befürchten, dass er seine Gesundheit oder vor allem die Gesundheit anderer (nämlich vor allem der einschreitenden Beamten) ernstlich oder erheblich gefährden könnte.

Damit waren aber die Voraussetzungen des § 46 SPG gegeben und konnte die Vorführung vor den Gemeindearzt daher zu Recht auf diese Bestimmung gestützt werden; sie war daher nicht rechtswidrig.

Dass mit dieser rechtmäßigen Vorführung faktisch auch eine Festhaltung im Behandlungsraum untrennbar verbunden ist, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Auch diese Festhaltung war daher durch § 46 SPG gedeckt.

Gleiches gilt auch für die Fesselung am Rücken während der Vorführung zum Gemeindearzt. Diese Fesselung erfolgt als gelinderes Mittel im Sinn des § 4 des Waffengebrauchsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 149/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 151/2004. Im vorliegenden Fall erfolgte das Anlegen (eigentlich: das Belassen) der Handfesseln in erster Linie zum Zweck der Eigensicherung der Beamten und des untersuchenden Gemeindearztes, nämlich deshalb, weil sich der Beschwerdeführer während der gesamten Zeit vor der Vorführung aggressiv zeigte. So hat er seinen Unmut etwa auch durch das Schlagen gegen die Gitterstäbe des Verwahrungsraums lautstark geäußert. Daraus eine konkrete Gefahrensituation für die eigene körperliche Sicherheit der Beamten sowie des Arztes und auch sonstiger Personen abzuleiten, die sich in der Ordination aufhielten, scheint auf Grund der konkreten Begleitumstände nicht unvertretbar. Letztlich bestätigt diese Einschätzung auch der behandelnde Arzt wenn er angibt, dass sich der Beschwerdeführer auch während der Untersuchung durchaus noch aggressiv gezeigt hätte. Die Situation entspannte sicher erst als sich im Gespräch eine akzeptable Lösung abzeichnete, unterstützt wohl auch durch den abklingenden Alkoholeinfluss unter dem der Beschwerdeführer stand.

Demnach ist es aber auch nicht rechtswidrig, wenn die einschreitenden Beamten für die Vorführung vor den Gemeindearzt den Beschwerdeführer Handfesseln angelegt haben oder diese weiterhin belassen haben.

Auch in der Vorführung in die Ordination an sich kann keine erniedrigende Behandlung erblickt werden, selbst wenn diese so gestaltet gewesen wäre, dass auch Dritte Personen (andere Patienten) die Vorführung mitbekommen haben sollten. Die Vorführung war eben dem Grunde und der Art und Weise nach verhältnismäßig, so weit dies möglich war schonend und durch gesetzliche Bestimmungen gedeckt und daher nicht für rechtswidrig zu erklären.

3.3. Bei diesem Ergebnis konnte auch auf die vom Beschwerdeführer insbesondere in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (vgl. Verhandlungsniederschrift - RZ 97) beantragte Vernehmung weiterer Zeugen verzichtet werden. Sie hätten ausschließlich zu Fakten aussagen können, die sich im Wesentlichen vor dem fraglichen Zeitpunkt abgespielt haben. Auf ihre Vernehmung konnte daher auch unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis des Verfahrens (§ 39 Abs. 2 letzter Satz AVG) verzichtet werden.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ist gemäß § 79a Abs. 2 und 3 AVG hinsichtlich zweier Beschwerdepunkte (Festnahme und Vorführung vor den Gemeindearzt) die belangte Behörde und hinsichtlich eines Beschwerdepunktes (Art und Weise der Anhaltung im Verwahrungsraum) der Beschwerdeführer als obsiegende Partei anzusehen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 79a AVG in Verbindung mit der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003; dabei waren die in einem Schriftsatz gemeinsam gestellte Beschwerden formal grundsätzlich als drei Beschwerden anzusehen, da sie jede für sich - entsprechend dem behaupteten Geschehensablauf -einer isolierten Beurteilung zugänglich sind (vgl. § 79a Abs. 7 iVm. § 52 des Verwaltungsgerichtshofsgesetzes 1985). Dennoch waren sowohl der Schriftsatz- und auch der Verhandlungsaufwand für die belangte Behörde nur einmal zuzusprechen, da diese in einer gemeinsamen Gegenschrift auf die Beschwerdebehauptungen nur pauschal und mit wenigen Sätzen einging (im Wesentlichen eigentlich nur die Akten vorlegte) und der Verhandlungsaufwand auch tatsächlich nur einmal entstand. Auch der Vorlageaufwand war nur einmal zuzusprechen, weil die belangte Behörde nur einen Verwaltungsakt vorgelegt hat.

 

5. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 23,80 Euro (für die Beschwerde 13 Euro Eingabegebühr, Beilagengebühr für drei Beilagen [Schriftsatz vom 2. Mai 2005] 10,80 Euro) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei. Auf § 79a Abs. 1 iVm. Abs. 4 Z. 1 AVG wird hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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