Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420427/3/Ste

Linz, 19.07.2005

 

 

 

VwSen-420427/3/Ste Linz, am 19. Juli 2005

DVR.0690392 

 

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über den Antrag und die Beschwerde der A K, als Schwester des Betroffenen und für den Betroffenen E H, wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wegen einer Maßnahme durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Maßnahmenbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 71 Abs. 1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG,

zu II: § 67c Abs. 1 und 3 AVG,

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2005, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 14. Juni 2005, stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederseinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig eine Maßnahmenbeschwerde.

Nach Schilderung der Beschwerdeführerin wurde am 9. April 2005 von Organen der Bundespolizeidirektion Linz gegen ihren Bruder unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt. Er sei dadurch, 1. dass er an diesem Tag ohne seinen Willen vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in die Landes-Nervenklinik Linz überstellt wurde, ohne dass vorher ein Polizeiarzt ihn untersucht und das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen bescheinigt hat, 2. dass die Sicherheitsorgane bei der Überstellung nicht unter möglichster Schonung seiner Person vorgegangen sind und die Zusammenarbeit mit dem medizinischen Fachpersonal bzw. nahen Angehörigen als Möglichkeit zur Gefahrenabwehr unterlassen haben sowie 3. dass sie durch erniedrigende Äußerungen und die Nichtberücksichtigung wesentlicher Bedürfnisse seine Menschenwürde missachtet haben, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit und in seinen aus den Bestimmungen der §§ 8 und 9 UbG sowie §§ 46 und 47 SPG resultierenden subjektiven Rechten verletzt worden.

Die Maßnahmenbeschwerde ist im Detail näher begründet.

Ihr Bruder sei bis zu seinem Tod am 12. Mai 2005 fast durchgehend in stationärer Krankenhausbehandlung gewesen. Auf Grund der stationären Behandlung und seines schlechten gesundheitlichen Zustands wäre es ihm nicht möglich und zumutbar gewesen, innerhalb dieses Zeitraums eine Maßnahmenbeschwerde zu erheben.

Ihr als Schwester, wäre es ebenfalls - einerseits auf Grund zahlreicher anderer vordringlicher Erledigungen - nicht möglich, andererseits auf Grund der Trauer über das Ableben des Bruders nicht zumutbar gewesen, bis zum Ablauf der sechswöchigen Frist die Beschwerde einzubringen. Ein Zeitraum von einem Monat ab dem Tod ihres Bruders sei aus ihrer Sicht jedenfalls zu gewähren, innerhalb dessen für sie ein Hinderungsgrund für die Einbringung der Maßnahmenbeschwerde vorgelegen wäre.

Sie stelle daher den Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der zweiwöchigen Frist ab Wegfall des Hindernisses; der Antrag sie damit rechtzeitig eingebracht.

 

2.1. Die belangte Behörde hat mitgeteilt, von der Abgabe einer Gegenschrift abzusehen.

2.2. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Am 9. April 2005 wurde der Bruder der Beschwerdeführerin offenbar gegen seinen Willen durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in die Landes-Nervenklinik Linz überstellt; die Aufnahme erfolgt im Unterbringungsbereich, von wo er bereits am nächsten Tag wieder in die offene Station verlegt werden konnte. Von der Landes-Nervenklinik wurde er am 18. April 2005 entlassen. In der Zeit vom 28. April bis zu seinem Tod am 12. Mai 2005 war er wiederum im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern stationär aufgenommen.

Am 14. Juni 2005 stellte die Beschwerdeführerin als Schwester und für den Betroffenen beim Oö. Verwaltungssenat einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Beschwerde gegen die genannte Maßnahme vom 9. April 2005.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch Einzelmitglied zuständig. Weil sowohl der Antrag als auch die Beschwerde zurückzuweisen waren, konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 und 3 AVG eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

 

3. Über den vorliegenden Antrag hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 67c Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG sind Beschwerden von Personen, die behaupten durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung einzubringen.

Die behauptete Maßnahme fand am 9. April 2005 statt. In der Beschwerde wird nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer durch die Maßnahme unmittelbar behindert gewesen wäre, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen; selbst wenn man dies für die Dauer der Unterbringung in der geschlossenen Abteilung annehmen würde, ist die sechswöchige Beschwerdefrist spätestens mit 23. Mai 2005 abgelaufen. Das Fristversäumnis wird im Übrigen auch von der Beschwerdeführerin eingeräumt.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats ändert daran auch die Tatsache nichts, dass der Bruder der Beschwerdeführerin am 12. Mai 2005 verstarb. Mit einem allfälligen Eintritt der Beschwerdeführerin in die Rechte ihres verstorbenen Bruders ist jedenfalls keine Verlängerung oder kein Neubeginn der genannten Beschwerdefrist verbunden; sie tritt allenfalls in die laufende Frist ein.

3.1.2. Nach § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung muss nach § 71 Abs. 2 erster Fall AVG binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden.

Die Beschwerdeführerin bringt als Hindernis, das einer rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde entgegen gestanden wäre, "zahlreiche andere vordringliche Erledigungen und die Trauer über das Ableben des Bruders" vor; dieser Hinderungsgrund sei jedenfalls ein Monat ab dem Tod des Bruders vorgelegen.

Dieser Rechtsansicht kann sich der Unabhängige Verwaltungssenat im Ergebnis nicht anschließen. Selbst wenn man nämlich annehmen würde, dass am Todestag des Bruders und allenfalls auch noch einige Tage danach (etwa bis über das Pfingstwochenende 2005) demnach ein Hinderungsgrund vorgelegen wäre, war diese Verhinderung spätestens ab Mitte der 20. Kalenderwoche des Jahres 2005 (Mittwoch, 18. Mai 2005) nicht mehr gegeben; spätestens ab diesem Zeitpunkt lief somit die zweiwöchige Frist gemäß § 71 Abs. 2 AVG. Der (erst) am 14. Juni 2005 eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung war daher jedenfalls verspätet.

Dabei ist überdies zu beachten, dass nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats zu Ende der sechswöchigen Beschwerdefrist nach § 67c Abs. 1 AVG kein relevanter Hinderungsgrund vorlag, da für diese Tage eben kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ersichtlich ist und im Antrag auch konkret - über die allgemeinen Ausführungen hinaus - nicht behauptet wird.

Die begreifliche Trauer und die in Zusammenhang mit einem Todesfall in der Familie regelmäßig notwendigen Erledigungen stellen - jedenfalls über ein gewisses zeitliches Maß hinaus, das im vorliegenden Fall (erheblich) überschritten wurde - keine Verhinderung iSd. § 71 AVG dar. Auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat beispielsweise entschieden, dass ein zu einer Fristversäumnis führendes Vergessen wegen Ablebens eines nahen Angehörigen dann nicht entschuldbar ist, wenn einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Durchschnittsmenschen, aber auch der Vergessenden auf Grund ihrer besonderen Situation und ihrer Eigenschaft ein Erinnern innerhalb des maßgeblichen Zeitraums möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. VwGH vom 4. März 1996, 84/14/0064). Die Beschwerdeführerin wusste seit dem Tag der behaupteten Maßnahme von ihr; sie war auch über den überaus schlechten Gesundheitszustand ihres Bruders informiert, sodass sie wohl auch mit seinem Ableben rechnen musste, das jedenfalls nicht plötzlich und völlig unerwartet auf sie zukam. Ihr war demnach durchaus zumutbar, innerhalb der Frist des § 67c Abs. 1 AVG die Beschwerde, jedenfalls aber binnen der oben dargelegten Frist den Antrag auf Wiedereinsetzung einzubringen.

3.1.3. Für die Überlegungen zur Frist nach § 67c Abs. 1 AVG ist auch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zwar eine plötzlich eintretende Erkrankung des Betroffenen auch dann, wenn sie am letzten Tag der Frist eingetreten ist, einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen kann; dies aber nur dann, wenn sie im maßgebenden Zeitpunkt zu einer (vorübergehenden) Dispositionsunfähigkeit geführt hat (vgl. z.B. VwGH vom 28. Mai 1985, 85/05/0019, 16. November 1998, 95/21/0814, 26. Juli 2002, 2002/02/0093, sowie die weitere bei Hauer/ Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., zu § 71 AVG in diesem Zusammenhang dargestellte Judikatur). Im vorliegenden Fall lag beim Bruder tatsächlich weder eine plötzliche Erkrankung vor, noch war diese mit (längerer) Dispositionsunfähigkeit verbunden. Insbesondere war auch nunmehrige die Beschwerdeführerin selbst von einem solchen Hindernis nicht betroffen.

3.2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher jedenfalls als verspätet zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis braucht auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall die Anträge und die Beschwerde zulässiger Weise für ihren verstorbenen Bruder stellen durfte, ob ihr also (vergleichbar etwa dem vom Verfassungsgerichtshof mit VfSlg. 16.109/2001 entschiedenen Fall) überhaupt die Antrags- und Beschwerdelegitimation zukommt, nicht weiter eingegangen zu werden.

3.3. Da damit die Wiedereinsetzung nicht bewilligt werden konnte, war auch die im gleichen Schriftsatz gleichzeitig nachgeholte Maßnahmenbeschwerde als unzulässig - weil verspätet - zurückzuweisen.

 

4. Gemäß § 79a Abs. 1 AVG 1991 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und die Beschwerdeführerin die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG). Nach § 79a Abs. 6 AVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

Obwohl die Beschwerdeführerin gemäß § 79a Abs. 3 AVG 1991 auch im Fall der Zurückweisung der Beschwerde als unterlegene Partei anzusehen ist, war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger kein Aufwandersatz zuzusprechen, da weder ein entsprechender Antrag gestellt wurde, noch der belangten Behörde tatsächlich ein Aufwand entstanden ist.

 

5. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 38,20 Euro (13 Euro für die Eingabe, 25,20 Euro für die Beilagen) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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