Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420437/46/WEI/Ps VwSen440052/38/WEI/Ps

Linz, 21.06.2006

 

 

VwSen-420437/46/WEI/Ps

VwSen-440052/38/WEI/Ps Linz, am 21. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der F A A, geb., A, S, vertreten durch Mag. Dr. W F, Mag. Dr. B G, Mag. U N, Rechtsanwälte in L, G, vom 23. August 2005 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 16. Juli 2005 in Haid/Ansfelden durch dem Bezirkshauptmann von Linz-Land zurechenbare Sicherheitswachebeamte der Autobahnpolizeiinspektion (API) Haid nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 28.02. und 08.05.2006 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Beschwerde wird großteils Folge gegeben und es werden folgende von zwei Polizeiorganen der API Haid am 16. Juli 2005 vorgenommene Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt, und zwar

 

  1. die Festnahme der Beschwerdeführerin um etwa 15.20 Uhr an der Bushaltestelle in der Brucknerstraße in Ansfelden und ihre weitere Anhaltung und Verbringung zur API Haid bis zur Freilassung gegen 17.00 Uhr;
  2. die Personendurchsuchung der Beschwerdeführerin durch vollständiges Entkleiden nach Überstellung in die API Haid in einem vom Gang erreichbaren Badezimmer etwa gegen 16.00 Uhr;
  3. die darauf folgende Beschlagnahme von 55 Euro, einer Kamera "Kyocera" und von 2 Ringen, darunter der Ehering der Bfin, im Vernehmungszimmer der API Haid als vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs 3 VStG.

 

II. Gemäß § 76 Abs 1 AVG hat die Beschwerdeführerin für die erwachsenen Barauslagen in Form von Gebühren des Dolmetschers Dr. M D in Höhe von 105,70 Euro aufzukommen.

 

III. Der Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Linz-Land) hat der Beschwerdeführerin den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 3.044,70 Euro (darin enthalten 130,60 Euro Stempelgebühren und 105,70 Euro Barauslagen) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG 1991; § 67c AVG iVm § 33 Abs 1VwGG; §§ 76 Abs 1, 79a AVG 1991 iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit der beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 25. August 2005 rechtsfreundlich eingebrachten Eingabe vom 23. August 2005 hat die Beschwerdeführerin (Bfin) Maßnahmenbeschwerde wegen eines Vorfalls vom 16. Juli 2005 erhoben und dazu folgenden Sachverhalt vorgebracht:

 

1.1. Am 16. Juli 2005 sei die Bfin mit ihrem Gatten und ihren drei mj. Kindern auf der Fahrt mit dem PKW nach Ansfelden gewesen, weil sie von Freunden zum Essen eingeladen waren. Gegen 12.30 Uhr wären sie von einem Fahrzeug der API Haid in der Anton Bruckner Straße vor der Schule bei einer Bushaltestelle gestoppt und kontrolliert worden. Dabei seien auch die Personaldokumente kontrolliert worden. Der Gatte der Bfin sei 13 Jahre und die Bfin sei seit 12 Jahren in Österreich und ihre drei Kinder wären in Österreich geboren worden. Deshalb sei beim Amt der Salzburger Landesregierung auch ein Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahren zur Zahl 0/912-15219 anhängig.

 

Die der Bfin zuletzt erteilte Niederlassungsbewilligung, die im Reisedokument durch Einkleben einer Vignette ersichtlich ist, sei bis 9. Juli 2003 befristet gewesen. Die Bfin habe rechtzeitig am 22. Mai 2003 um Verlängerung dieser Niederlassungsbewilligung beim Magistrat der Stadt Salzburg zur Zahl angesucht. Eine diesbezügliche Bestätigung habe sie den einschreitenden Beamten gemeinsam mit dem Reisepass vorgewiesen. Im Hinblick auf den erwarteten baldigen Abschluss des Staatsbürgerschaftsverfahrens wären die Niederlassungsvignetten für die Bfin und ihre drei Kinder nicht mehr ausgedruckt worden, da sich aus § 31 Abs 4 Fremdengesetz 1997 bei rechtzeitiger Verlängerungsantragstellung ohnehin die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich ergebe. Lediglich bei ihrem Gatten D A sei im Reisedokument eine aktuelle Niederlassungsbewilligung eingeklebt gewesen, weil er sich öfters im Ausland aufhalte und deshalb einen gültigen Sichtvermerk für das Überschreiten von Grenzen benötigte.

 

Der Gatte der Bfin habe den Beamten zusätzlich die Visitenkarte der zuständigen Sachbearbeiterin des Magistrats Salzburg vorgewiesen. Danach hätten sie umfangreich telefoniert, was mehr als zwei Stunden gedauert hätte. In dieser Zeit wären sie faktisch in der Bushaltestelle festgehalten worden. Es habe sich dabei um eine faktische Freiheitsentziehung gehandelt.

 

1.2. Trotz des vorgewiesenen Reisepasses Nr. der Republik G und der vorgewiesenen Bestätigung über die rechtzeitige Antragstellung auf weitere Niederlassungsbewilligung sei die Bfin schließlich nach dieser mehr als zweistündigen Wartezeit von den einschreitenden Beamten der Autobahnpolizeiinspektion (API) Haid mit den Dienstnummern und formell festgenommen und zur Autobahninspektion Haid gebracht worden, weil sie erklärt hatte, die geforderte Sicherheit gemäß § 37a Abs 2 VStG in Höhe von 140 Euro nicht bezahlen zu können. Die Bfin sei im Zuge dieser Amtshandlung mit Gefängnis und Schubhaft konfrontiert worden. Die Handtasche ihres Gatten sei ohne rechtliche Grundlage durchsucht und eine Bankomatkarte gefunden worden. Ihr Gatte lehnte aber eine Behebung ab.

 

Nach der Festnahme sei die Bfin mit dem Polizeifahrzeug auf die API Haid verbracht worden, wobei sie auf Grund der rasanten Fahrweise von der Rückbank fiel und sich am rechten Fuß verletzt hätte. Wegen Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes wäre ihr eine Verwaltungsstrafe von 35 Euro angedroht worden.

 

Nach der Anzeige der API Haid zu Zl. A1/2032/01/2005 sei die Festnahme über Auftrag des Journalbeamten der belangten Behörde Dr. V um 15.20 Uhr gemäß § 110 Abs 3 Fremdengesetz 1997 zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde erfolgt.

 

1.3. Nach Verbringung auf die API Haid hätte die Bfin eine Stunde warten müssen und wäre dann von der einschreitenden Beamtin in einen anderen Raum gebracht worden, wo sie den gesamten Schmuck ablegen und sich bis auf die Unterhose hätte ausziehen müssen. Die Beamtin hätte blaue Gummihandschuhe angezogen und auch noch eine Leibesvisitation (Körperhöhlenvisitation in After und Scheide) durchgeführt. Eine Erklärung dafür sei nicht gegeben worden. Es wäre der Bfin mitgeteilt worden, dass ihr Aufenthalt illegal sei und die Bestätigung des Magistrats Salzburg nicht interessiere.

 

Danach hätte die Bfin eine weitere halbe Stunde warten müssen. Die Polizistin hätte aus dem Auto die Handtasche der Bfin geholt und in den Diensträumen durchsucht. Ihrer Familie wäre der Eintritt ins Gebäude der API Haid trotz sengender Hitze nicht gestattet worden. Der Inhalt der Tasche wäre auf den Tisch geleert worden. Dabei wären 55 Euro, eine Fotokamera Kyocera und vom Schmuck der Ehering und ein weiterer Ring abgenommen worden. Zu Block Nr. 056949, fortl. Zl. 16, wäre eine Bescheinigung über eine vorläufige Sicherheit ausgestellt worden. Die Anzeige der API Haid führe dazu aus, dass der Journalbeamte Dr. V gegen 16.00 Uhr den Auftrag erteilt hätte, den Schmuck sicherzustellen.

 

Der Anzeige sei weiter zu entnehmen, dass die Bfin nach erfolgter Sicherstellung gegen 16.40 Uhr freigelassen und auf freiem Fuß angezeigt worden sei. Vor der Entlassung sei die Bfin aufgefordert worden, Papiere zu unterschreiben, was sie zunächst ablehnte. Da ihr angedroht worden wäre, dass sie ansonsten ins Gefängnis käme, hätte sie die Papiere je zweimal unterschrieben. Eine Kopie wäre ihr nicht ausgefolgt worden. Sie hätte auch keine schriftliche Information über die Gründe ihrer Anhaltung erhalten. Auch deshalb wäre die Haft rechtswidrig. Gegen 17.00 Uhr wäre sie nach ihrer Erinnerung mit den Worten "und dann raus" entlassen worden.

 

1.4. Die Salzburger Kinder- und Jugendanwaltschaft habe mit Schreiben vom 21. Juli 2005 den Sachverhalt aus Sicht der Kinder der BPD Linz angezeigt. Die Bf sei seit dem Vorfall in ärztlicher Behandlung. Es sei neben einer Schienbeinprellung bei ihr eine reaktive Depression festgestellt worden. Die Bfin nehme in Salzburg psychotherapeutische Hilfe bei Frau Dr. C K (Verein O) und bei Frau B (F) in Anspruch.

 

Zum Beweis für dieses Vorbringen beruft sich die Bfin auf die Anzeige der API Haid die Aussage des Gatten, Bestätigung des Magistrats Salzburg, eine ärztliche Bestätigung vom 18. Juli 2005 und Parteienvernehmung.

 

1.5. Durch die Festnahme erachtet sich die Bfin in ihrem einfach und verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit, durch die Leibesvisitation inklusive Untersuchung der Körperhöhlen gemäß § 40 Abs 1 SPG im einfach und verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf körperliche Integrität und Unterlassung unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, durch die Abnahme einer vorläufigen Sicherheit gemäß § 37a Abs 2 und 3 VStG im Recht auf Eigentum und im einfach gesetzlich gewährleisteten Recht, keine vorläufige Sicherheit entgegen § 37a Abs 2 und 3 VStG einzuheben, verletzt.

 

Die Bfin stellt daher in offener Frist gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG folgende

 

"Anträge:

 

1. Der UVS des Landes möge nachfolgende Maßnahmen für rechtswidrig erklären:

 

- meine im Auftrag des Bezirkshauptmannes von Linz-Land am 16.7.2005 gegen 12.30 Uhr (15.20 Uhr) von Polizeibeamten der Autobahnpolizeiinspektion Haid mit den Dienstnummern und (bzw. G R und J B) erfolgte Festnahme und Anhaltung bis zu meiner Entlassung um 16.40 Uhr (17 Uhr);

 

die Durchführung meiner Personsdurchsuchung gem. § 40 Abs. 1 SPG durch eine weibliche Beamtin der Autobahnpolizeiinspektion Haid (entweder mit der Dienstnummer oder) in den Räumlichkeiten der Autobahnpolizeiinspektion Haid am 16.7.2005 nach meiner Überstellung dorthin, also in etwa um 16.00 Uhr des 16.7.2005;

 

die gem. § 37a Abs. 2 und 3 VStG vorgenommene Beschlagnahme einer vorläufigen Sicherheit von € 55,00, einer Kompaktkamera Kyocera und 2 Ringen, darunter einem Ehering;

 

2. Weiters möge der UVS des Landes den Bund (die Bundesministerin für Inneres, den Bezirkshauptmann von Linz-Land) als Rechtsträger der belangten Behörde für schuldig erkennen, mir gem. § 79a AVG die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

 

1.6. In der Begründung dieser Anträge führt die Beschwerde zur Bestimmung des § 110 Abs 3 Fremdengesetz 1997 aus, dass danach die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Fremden, den sie bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 107 oder § 108 Abs 1 Z 3 lit b FrG 1997 betreten, zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerlässlichen Vorführung vor die Behörde festnehmen dürfen, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, er werde das Bundesgebiet unverzüglich verlassen.

 

Nach der Anzeige stützten sich die einschreitenden Beamten auf § 107 Abs 1 Z 4 iVm § 31 Abs 1 Z 2 FrG 1997. Diese Voraussetzungen wären jedoch von Anfang an nicht vorgelegen. Die Bfin verweist dazu auf ihren Reisepass mit der bis 9. Juli 2003 befristeten Niederlassungsbewilligung (Vignette Nr.) für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen unselbständige Erwerbstätigkeit, und die gleichzeitig vorgewiesene Bestätigung des Magistrats Salzburg vom 22. Mai 2003, aus der sich die weitere Antragstellung vor Ablauf des eingeklebten Aufenthaltstitels ergeben habe.

 

Aus § 31 Abs 4 FrG 1997 ergebe sich, dass Fremde, die einen Antrag auf einen weiteren Aufenthaltstitel vor Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten eingebracht haben, sich bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Bfin habe den einschreitenden Beamten ihren rechtmäßigen Aufenthalt nachgewiesen. Die Tatsache der rechtzeitigen Antragstellung wäre auch aus dem Fremdeninformationssystem zu entnehmen gewesen. Woraus sich der Verdacht ergeben habe, sei daher nicht ersichtlich. Bereits die Verhaftung und Anhaltung wären rechtswidrig gewesen. Der zwangsweise Aufenthalt in der Autobushaltestelle vor der Schule in der Anton Bruckner Straße stelle auch ohne formelle Festnahme eine rechtswidrige Freiheitsentziehung dar.

 

Laut Anzeige sei die Personendurchsuchung der Bfin gemäß § 40 Abs 1 SPG erfolgt. Bereits der Anzeige sei aber nicht zu entnehmen, worauf die Beamten die Annahme stützten, dass die Bfin während der Anhaltung ihre oder eine andere körperliche Sicherheit gefährden oder flüchten könnte. Dazu sei darauf zu verweisen, dass die Bfin in Begleitung ihres Gatten und ihrer drei mj. Kinder reiste, die auf dem Parkplatz vor der API Haid auf sie warteten. Es sei unersichtlich, woraus die Annahme rührt, eine Familienmutter, die mit ihren drei Kindern auf Freundesbesuch unterwegs ist, werde sich oder andere Personen verletzen oder flüchten.

 

Noch unersichtlicher sei, wieso eine Visitierung der Körperhöhlen (After und Scheide) erforderlich war. § 40 Abs 4 SPG ordne an, dass sich die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf eine Durchsuchung der Kleidung und eine Besichtigung des Körpers zu beschränken haben, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, der Betroffene habe einen Gegenstand in seinem Körper versteckt. Eine derartige Visitierung wäre laut ausdrücklicher Anordnung im § 40 Abs 4 letzter Halbsatz SPG von einem Arzt durchzuführen gewesen.

 

Da kein Grund zur Annahme eines rechtswidrigen Aufenthaltes gegeben gewesen wäre, wären auch die Voraussetzungen des § 37a VStG und damit auch nicht jene für eine Beschlagnahme gemäß § 37a Abs 3 VStG vorgelegen. Davon abgesehen wäre eine solche Maßnahme selbst bei Vorliegen einer Verdachtslage nur dann zulässig gewesen, wenn die Strafverfolgung offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert gewesen wäre. Die Voraussetzungen des § 37a Abs 2 Z 2 VStG wären bei der Bfin, die schon seit 12 Jahren in Österreich lebe und die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt habe, nicht gegeben gewesen, weil eine Strafverfolgung wie bei jedem österreichischen Staatsbürger möglich gewesen wäre und von einer Erschwerung keine Rede sein könnte. Letztlich könnten auch nur verwertbare Gegenstände beschlagnahmt werden. Da der Ehering gemäß § 250 Abs 1 Z 9 EO eine unpfändbare Sache sei, wäre seine Abnahme auch aus diesem Grund unrechtmäßig.

 

Abschließend beantragt die Bfin als Kostenersatz den dreifachen Schriftsatzaufwand für drei angefochtene Maßnahmen.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat die Beschwerde mit Schreiben vom 30. August 2005 an die belangte Behörde weitergeleitet und zur Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift aufgefordert.

 

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2005, Zl. Sich 20-8-1-2005, hat die belangte Behörde eine gemeinsame Gegenschrift zu den beim Oö. Verwaltungssenat getrennt erfassten Beschwerden der Bfin (h. Akt VwSen-420437 und 440052-2005) und jener ihres Gatten D A (h. Akt VwSen-420436 und 440053-2005) erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt. Vorgelegt und verwiesen hat die belangte Behörde auf die Stellungnahme der API Haid vom 22. September 2005, Zl. 2032/05-Rie, welche inhaltlich die Maßnahmenbeschwerde der Bfin betrifft. Aus der Sachverhaltsdarstellung der API Haid geht hervor, dass die Bfin am 16. Juli 2005 um 15.20 Uhr aus Anlass einer fremdenpolizeilichen Überprüfung vom Beamten mit der Dienstnummer über Auftrag des Journalbeamten der belangten Behörde in 4052 Haid/Ansfelden, Anton Bruckner Straße, Bushaltestelle "Schule", festgenommen und zur API Haid eskortiert und dann um 16.40 Uhr wieder freigelassen worden sei.

 

In der Gegenschrift der belangten Behörde vom 3. Oktober 2005 wurde zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde ausgeführt, dass die Bfin lediglich eine Bestätigung des Magistrats Salzburg vom 22. Mai 2003 über eine Antragstellung nach dem Fremdengesetz hätte vorweisen können. Aus der Fremdeninformationsdatei des BMI wäre nicht ersichtlich gewesen, ob sich die Bfin legal in Österreich aufhält und ob der Antrag aus 2003 bewilligt oder abgewiesen worden ist. Eine über 2 Jahre alte Bestätigung sei keinesfalls ausreichend, um einen legalen Aufenthalt in Österreich zu begründen. Auf Grund dessen wäre der Verdacht einer Übertretung nach § 107 Abs 1 Z 4 Fremdengesetz 1997 vorgelegen, weshalb vom zuständigen Journaljuristen die vorläufige Festnahme zum Zweck der Abklärung des Sachverhaltes und zur Vorführung vor die Behörde angeordnet worden wäre. Diese Anordnung wäre jedenfalls rechtmäßig erfolgt. Es hätte auch eine Abklärung auf telefonischem Weg erreicht werden können. Die Behörde hätte der Sachlage entsprechende Anordnungen getroffen.

 

Durch die rechtmäßig erfolgte Festnahme sei auch die Personendurchsuchung gemäß § 40 Abs 1 SPG gerechtfertigt gewesen. Ebenso wäre die Beschlagnahme einer vorläufigen Sicherheit rechtlich voll gedeckt gewesen. Zum Verlauf der Amtshandlung verweist die belangte Behörde auf den Bericht der API Haid vom 22. September 2005.

 

2.2. Im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs haben die Rechtsvertreter der Bfin einen ergänzenden Schriftsatz am 17. November 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht. Dabei wird zunächst zu den strittigen zeitlichen Abläufen die Beschaffung des Rapportes über die Amtshandlungen am Vorfallstag beantragt.

 

Die Ausführungen der API vom 22. September 2005 wären insofern widersprüchlich, als danach die Bfin und ihre Kinder auf der Bank der Bushaltestelle saßen und mitgebrachte Getränke konsumierten, andererseits es aber auch untersagt gewesen wäre, das Fahrzeug zu verlassen. Offenbar werde damit eine Freiheitsentziehung zugestanden. Tatsächlich hätte zwar das Fahrzeug, nicht aber die Bushaltestelle verlassen werden dürfen. Mitgebrachte Getränke hätte man aber nicht gehabt.

 

Entgegen den Ausführungen der API Haid und der belangten Behörde wäre es nicht nur zur Durchsuchung der Kleidung und Besichtigung des Körpers, sondern auch zu einer Körperhöhlenuntersuchung gekommen, zu deren Zweck sich die Beamtin Latexhandschuhe angezogen hätte. Der Eingriff hätte in einem badezimmerähnlichen Raum stattgefunden, während der männliche Beamte vor der Tür wartete. Die Bfin hätte sich diesbezüglich ihrer Therapeutin Dr. C K und ihrem Vertrauenspastor M F anvertraut. Zum Beweis dafür beantragte die Bfin dessen Einvernahme.

 

Die Bestätigung des Magistrats der Stadt Salzburg vom 22. Mai 2003 über die Antragstellung auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung legte die Bfin in Kopie nochmals vor, weil mittlerweile der Magistrat Salzburg darauf mit 12. Oktober 2005 bestätigt hatte (vgl Beilage I), dass sie sich rechtmäßig in Österreich aufhalte und auf die Staatsbürgerschaft warte. Auch nach Rechtsansicht der zuständigen Niederlassungsbehörde halte sich die Bfin rechtmäßig in Österreich auf. Nach den Ausführungen der belangten Behörde habe sich offensichtlich aus der Fremdeninformationsdatei des BMI nicht ergeben, dass sich die Bfin illegal in Österreich aufhalten würde. Objektiv sei der Aufenthalt rechtmäßig und die Verhaftung unrechtmäßig gewesen, auch wenn dies für die Beamten subjektiv nicht erkennbar gewesen sein sollte. Selbst bei Rechtmäßigkeit der Festnahme wären die Voraussetzungen für eine Personendurchsuchung nicht vorgelegen, weil insbesondere keine Gefährdung der eigenen körperlichen Sicherheit oder der von anderen vorgelegen wäre. Auch Fluchtgefahr habe nicht bestanden.

 

Auch die Voraussetzungen des § 37a VStG wären mangels Verdachts einer strafbaren Handlung nicht gegeben gewesen. Davon abgesehen hätte auch nicht die Gefahr einer erschwerten Strafverfolgung bestanden. Auch zu den Ringen wäre die Bfin entgegen den Ausführungen der belangten Behörde nicht befragt worden. Die Abnahme einer Sicherheitsleistung im Wege einer Durchsuchung der im Fahrzeug befindlichen Handtasche der Bfin hätte mangels der Voraussetzungen des § 40 Abs 3 SPG nicht durchgeführt werden dürfen. Unstrittig dürften die Voraussetzungen für eine Leibeshöhlenvisitation gemäß § 40 Abs 4 SPG nicht vorgelegen sein.

 

Unrichtig sei auch die Darstellung, dass die Amtshandlung in möglichster Schonung der Person der Bfin stattgefunden habe. Es sei nicht ersichtlich, wofür sie sich hätte bedanken sollen. Ob und in welcher Form die Bfin über die Gründe der Festnahme belehrt worden ist, sei im Hinblick auf die Tatsache von deren Rechtswidrigkeit an sich von untergeordneter Bedeutung. Der von der API Haid aufgenommne Haftbericht II sei widersprüchlich, als die Bfin einerseits auf die Information einer Vertrauensperson verzichtet haben soll und andererseits aber der Gatte informiert worden sei. Dies lasse Rückschlüsse auf die angewandte Sorgfalt und auf nicht hinreichende Information zu. Der Bfin wären nur die Formulare "Haftbericht II und IV" vorgelegt worden. Zum Haftbericht IV wäre ihr erklärt worden, was sie unterschrieb, zum Haftbericht II wäre ihr die Information jedenfalls nicht in einer ihr verständlichen Sprache erteilt worden. Sie habe auch kein Informationsblatt in einer ihr verständlichen Sprache erhalten.

 

2.3. Mit Urkundenvorlage vom 7. Dezember 2005 hat die Bfin durch ihre Rechtsvertreter die psychotherapeutische Stellungnahme der Dr. C K vom 2. Dezember 2005 betreffend ihre psychotherapeutische Behandlung vorgelegt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 28. Februar 2006 (Tonbandprotokoll vom 14.03.2006) eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart der Bfin und ihres Rechtsvertreters Mag. Dr. W F sowie des Behördenvertreters G F durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Verlesung von vorgelegten Urkunden (Beilagen A bis J sowie 1 und 2 zur Verhandlungsschrift), Parteienvernehmung sowie Einvernahme der Zeugen D A, W. Hofrat Dr. E V, Pastor M F und RI A L. Zur Vernehmung des Ehegatten A wurde Herr Dipl.-Ing. Dr. M D als Dolmetsch für die englische Sprache beigezogen. Am 8. Mai 2006 (Tonbandprotokoll vom 17.05.2006) wurde über Antrag der belangten Behörde eine fortgesetzte öffentliche mündliche Verhandlung zur ergänzenden Einvernahme des Zeugen RI G R durchgeführt.

 

3.2. Auf Grund der Aktenlage und des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender wesentliche S a c h v e r h a l t fest:

 

3.2.1. Am 16. Juli 2005, einem heißen Sommertag, lenkte Herr D A am frühen Nachmittag seinen Pkw, in dem sich auch die Bfin, seine Gattin, mit den drei gemeinsamen mj. Kindern befand, auf der Autobahn von Salzburg in Richtung Linz und wählte in der Folge die Abfahrt Ansfelden, um einer Einladung zu Freunden in A nachzukommen. Dabei fuhr Herr A mit dem Pkw über einen Kreisverkehr in Richtung Ansfelden, als er ein nachfolgendes Polizeifahrzeug mit Blaulicht bemerkte. Kurz nach dem Kreisverkehr auf Höhe einer Bushaltestelle vor der Schule in der Anton Bruckner Straße hielt Herr A seinen Pkw an, um sich der Polizeikontrolle zu stellen. Die Polizeibeamten der API Haid parkten ihr Dienstfahrzeug, einen Vw-Bus, Kz., hinter dem Pkw der Familie A und wenige Schritte vom Wartehäuschen der Bushaltestelle entfernt. Daraufhin wurde zunächst ab etwa 14.10 Uhr routinemäßig eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt. Danach nahmen die Beamten noch eine fremdenrechtliche Überprüfung vor. Dabei kontrollierte RI R die ihm von Herrn D A übergebenen Reisepässe. Der Gatte der Bfin hatte in seinem Reisepass eine gültige Vignette für seinen Aufenthalt in Österreich. In dem von der g Botschaft in B am 15. November 1996 ausgestellten Reisepass Nr. der Bfin (vgl Ablichtungen Beilage H), in dem auch ihre drei mj. Kinder B, geb. , S, geb. und D, geb., eingetragen waren, befand sich keine gültige Vignette.

 

Im Reisepass der Bfin wies die für sie zuletzt eingeklebte Vignette der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung einen Aufenthaltstitel (Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck ausg. unselbst. Erwerb) mit Gültigkeit bis 9. Juli 2003 aus. Weitere Aufenthaltstitel für sie und ihre mj. Kinder sind aus diesem Reisepass chronologisch seit dem Jahr 1997 ersichtlich.

 

3.2.2. Da der im Reisepass der Bfin ersichtliche Aufenthaltstitel abgelaufen war, hat RI R beschlossen, die Bfin zu "priorieren", dh auf Eintragungen in den Asyl- und Fremdeninformationsdateien (im Folgenden AI und FI-Dateien) des Bundesministers für Inneres (BMI) zu überprüfen (vgl Zeuge R, Tonbandprotokoll = TP v 17.05.2006, Seite 2). Diese Informationen wurden telefonisch vom Dienstwagen aus über den Innendienst der API Haid eingeholt. Die Daten wurden vom Kollegen, der Besetzungsdienst (= Innendienst) hatte, für RI R abgefragt und durchgegeben. In den FI und SIS (Schengen-Informationssystem)-Dateien schienen keine Vormerkungen auf. Aus der von der belangten Behörde mit der Gegenschrift vorgelegten AI-Datei ist ersichtlich, dass die Bfin am 24. September 1993 von Tschechien illegal zu Fuß über die Grenze nach Österreich kam und in der Folge einen Asylantrag stellte, der schon mit Wirksamkeit vom 27. Mai 1994 in zweiter Instanz negativ erledigt worden war.

 

Da der Name der Bfin in der AI-Datei falsch gespeichert war (nämlich mit Familiennamen: A) und mit dem aus dem Reisepass ersichtlichen Familiennamen A angefragt wurde, kam es zu Verzögerungen bei der Amtshandlung. Es dauerte einige Zeit bis der Besetzungsdienst auf diesen Fehler aufmerksam wurde (Zeuge R, TP v 17.05.2006, Seite 4). Erst nach Eingabe des weiteren Vornamens der Bfin "A" konnte eine Asylinformation vom Zentralcomputer des BMI abgefragt werden (Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 23). Wie aus den aktenkundigen Ausdrucken ersichtlich, erfolgten die Abfragen aus der FI-Datei und der SIS-Datei kurz nach 14.30 Uhr. Beim aktenkundigen Ausdruck der Abfrage aus der AI-Datei ist keine Systemzeit des Zentralcomputers angeführt.

 

3.2.3. Nach Ansicht der Zeugin RI L hätten Aufenthaltstitel in der FI-Datei gespeichert sein müssen, widrigenfalls sich die betreffende Person illegal in Österreich aufhielte (vgl TP vom 14.03.2006, Seite 22). Über Vorhalt, dass auch die abgelaufenen Aufenthaltstiteln in der FI-Datei nicht aufscheinen, meinte die Zeugin, dass dies damals nicht weiter problematisiert worden wäre. Die Sache wäre insoweit klar gewesen, als der im Reisepass eingetragene Aufenthaltstitel (vgl Beilage H) seit 2003 abgelaufen war. Dieser Ansicht war grundsätzlich auch RI R, der insoweit betonte, dass die Bfin ihren rechtmäßigen Aufenthalt nicht nachweisen hätte können (vgl Zeuge Riedl, TP v 17.05.2006, Seiten 4 und 9).

 

Auf Vorhalt der Polizisten, dass sich die Bfin illegal in Österreich aufhalte, wies der Gatte der Bfin die Bestätigung des Magistrats Salzburg vom 22. Mai 2003 (Beilage C) betreffend eine fristgerechte Antragstellung nach dem Fremdengesetz vor. Für die beiden Polizeibeamten erschien dieser "Zettel des Magistrats Salzburg" (vgl Zeuge R, TP v 17.05.2006, Seite 3; Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 24) nicht überzeugend. RI R sagte daher dem Zeugen D A, dass diese formularmäßige Bestätigung als Nachweis nicht ausreiche. Dieser versuchte dann - das Gespräch wurde hauptsächlich mit dem etwas besser Deutsch sprechenden Zeugen A geführt - den Grund für die fehlende Vignette im Reisepass seiner Gattin aufzuklären (Zeuge A, TP v 14.03.2006, Seiten 16 f) . Zunächst erklärte er, dass er für seine gesamte Familie Visa beantragt hätte. Dabei hätte er auch eine entsprechende Bestätigung des Magistrats Salzburg wie nach Beilage C vor dem Einkleben der Vignette erhalten, die nach Auskunft des Magistrats für Österreich genügte. Da er Österreich auch verlassen hätte müssen, benötigte er im Unterschied zu seiner Gattin eine Vignette im Reisepass. Die Familie A dachte schon bald die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten, weil der Antrag schon ein Jahr davor gestellt worden war (vgl auch die nachträglich verbesserte Bestätigung des Magistrats Salzburg laut Beilage I). Man wollte offenbar auch Kosten sparen, zumal eine Vignette 70 Euro gekostet hätte (vgl Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 24; und Zeuge R, TP v 17.5.2006, Seite 4). Ein unrechtmäßiger Aufenthalt wurde auch mit dem Argument in Abrede gestellt, dass sich die Bfin schon 12 Jahre in Österreich bei ihrem Gatten aufgehalten habe und hier drei Kinder geboren hatte.

 

Der Zeuge A übergab dem Polizisten die Visitenkarte der Sachbearbeiterin des Magistrats Salzburg (Beilage G), damit er sich mit ihr in Verbindung setzen könnte. Ihre Telefonnummer beim Magistrat Salzburg ist auch auf Beilage C beim handschriftlich vermerkten Namen "T" mit "" ersichtlich.

 

Die Polizeibeamten versuchten nun telefonisch von ihrem Dienstfahrzeug aus Aufklärung zu erlangen. RI R hat die Nummer des Magistrats Salzburg angerufen, wurde aber zur Feuerwehr weitergeleitet, weil beim Magistrat Salzburg am Wochenende niemand erreichbar war. Auch unter der auf der Visitenkarte angegebenen Klappe meldete sich niemand am Samstag Nachmittag (Zeuge R, TP v 17.05.2006, Seite 3). Die Amtshandlung hat sich schon bisher durch die telefonische Anfrage über den Besetzungsdienst der API Haid in die Länge gezogen. Etwa eine Stunde nach Beginn der Amtshandlung wurde der Journaldienst der belangten Behörde kontaktiert. Der die Amtshandlung führende RI R schilderte dem Journalbeamten Dr. V den Sachverhalt aus seiner Sicht, wobei er ihm vor allem mitteilte, dass die Bfin den rechtmäßigen Aufenthalt nicht nachweisen könnte (Zeuge R, TP v 17.05.2006, Seiten 4 f).

 

Dem Journaljuristen wurden die Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung mit der ungenügenden Mitwirkungsbereitschaft der Fremden erklärt. Dabei war Dr. V die nicht nachvollziehbare Behauptung in Erinnerung, dass die Bfin angeblich keinen Sichtvermerk brauchte, weil ihr Gatte in seinem Reisepass ohnehin einen hätte. Dem Journalbeamten erschien der Sachverhalt noch aufklärungsbedürftig. Aus seiner Sicht war eine Eskortierung zur API Haid mit dem Ziel, eine vorläufige Sicherheitsleistung zu erreichen, sinnvoll (Zeuge Dr. V, TP v 14.03.2003, Seite 14).

 

Der Polizeibeamte RI R forderte in der Folge die Bfin zum Erlag einer vorläufigen Sicherheitsleistung von 140 Euro auf, widrigenfalls sie festgenommen werden müsste. Die Bfin und ihr Gatte verweigerten dies mit der Begründung, dass sie das Geld nicht hätten und die Bfin nicht illegal in Österreich wäre. Daraufhin sprach noch der Journalbeamte per Handy mit der Bfin und ihrem Gatten, um die Notwendigkeit einer Sicherheitsleistung zu erklären (Zeugen D A, L und R). Die Bezahlung der Sicherheitsleistung wurde weiterhin verweigert. Die Polizistin RI L holte dann eigenmächtig die Handtasche des Zeugen A aus dessen Auto, durchsuchte sie und zeigte eine Bankomatkarte mit der Bemerkung vor, dass der Zeuge die Sicherheitsleistung damit bezahlen könnte. Nachdem er sich aber geweigert hatte, die Bankomatkarte für eine Geldbehebung zu verwenden, erhielt er sie zurück (Zeuge D A, TP v 14.03.2006, Seite 17).

 

3.2.4. Da die Bfin nach wie vor nicht zahlen wollte, sprach dann RI R um etwa 15.20 Uhr die Festnahme förmlich aus und die Bfin wurde in weiterer Folge nach Abschied von ihren Kindern widerstandslos zum Polizeifahrzeug eskortiert, wo sie am Rücksitz Platz nahm. Dem fragenden Zeugen D A wurde geantwortet, dass er zur API Haid folgen könnte. Die Familie A hatte die Zeit der bisherigen Amtshandlung, während der die Polizeibeamten immer wieder zwecks Erhebungen zu ihrem Dienstfahrzeug gingen, auf der Bank des Wartehäuschens der Bushaltestelle verbracht. Die von der Amtshandlung in erster Linie betroffene Bfin war in ihrer Bewegungsfreiheit insoweit eingeschränkt, als sie im Haltestellenbereich zu bleiben hatte (Zeuge Riedl, TP v 17.05.2006, Seite 2).

 

Auf der kurzen Fahrt zur API Haid hat sich die nicht angegurtete Bfin eine leichte Prellung am Schienbein zugezogen, weil sie in einer Kurve gegen den Fuß eines im Fond des Polizeifahrzeuges befindlichen Tisches stieß (vgl Bfin, TP v 14.03.2006, Seite 8 und ärztliche Bestätigung Beilage D). Der ortsunkundige Zeuge D A beeilte sich, seine Kinder ins Auto zu bringen, damit er dem Polizeifahrzeug noch folgen konnte. Es gelang ihm Sichtkontakt zu halten und er konnte dem schon vorausgefahrenen Polizeifahrzeug daher nachfolgen. Am Parkplatz vor der API Haid nahm die Bfin auf einer Stufe vor dem Eingang zur API Haid Platz und klagte, sich den Fuß angestoßen zu haben. Etwa zu dieser Zeit war auch schon der Gatte der Bfin mit den weinenden Kindern anwesend. Nach etwas drastischerer Aufforderung der Polizistin RI L, endlich aufzustehen und die Polizeistation zu betreten, folgte die Bfin schließlich den Polizeibeamten in die Durchgangsschleuse der API Haid, wo sie auf einer Bank zunächst Platz nahm. RI L schloss die Türe hinter sich und der Gatte der Bfin musste mit den Kindern draußen am Parkplatz warten (Zeugin RI L, TP v 14.03.2006, Seite 25).

 

3.2.5. In der API Haid begann RI R im Vernehmungszimmer mit den Vorbereitungen am PC für den Haftbericht. Dabei wurden auch die EKIS-Ausdrucke (insb. AI-, SIS- und FI-Dateien) angeschaut und eine Meldeanfrage (ZMR-Anfrage) zur Feststellung des Wohnsitzes gemacht. Daraus ergab sich ein Hauptwohnsitz seit 24. Februar 2004 in S, A (Zeugin RI L, TP v 14.03.2006, Seite 25). Zur Durchführung der Personendurchsuchung der Bfin im Badezimmer der API Haid holte sich RI L blaue Gummihandschuhe aus dem Vorratsschrank. In der Folge ging sie mit der Bfin in dieses über den Gang nach etwa 10 Metern erreichbare Badezimmer, bei dem die Tür aus Sicherheitsgründen angelehnt blieb. Dort musste sich die Bfin zur Gänze ausziehen und sämtlichen Schmuck ablegen. Die von der Polizistin getragenen Latexhandschuhe dienten dem Eigenschutz. Solche Handschuhe werden auch zur Durchsuchung des Gewandes verwendet. Die Polizistin veranlasste die Bfin zur besseren Besichtigung des Körpers, verschiedene Körperhaltungen einzunehmen. Neben den Achselhöhlen wurde auch der Intimbereich der Bfin von der Zeugin besichtigt. Eine Körperhöhlenuntersuchung im Sinne eines Suchens in Körperhöhlen (After und Scheide) fand aber nicht statt. Im Falle eines Suchtgiftverdachts in einer Körperhöhle wäre man in ein Krankenhaus zum Röntgen gefahren (Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 27).

 

Bei ihrer Vernehmung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung äußerte die Zeugin RI L die Ansicht, dass die Personendurchsuchung der Fremd- und Eigensicherung diente. Es hätte sich um eine standardmäßige Vorgangsweise im Zusammenhang mit dem Haftbericht gehandelt. Eine besondere Dienstanweisung konnte die Zeugin dazu nicht angeben. Die Vorgangsweise wäre aber immer so, dass sich die betroffenen Personen ausziehen müssten, um allfällige Schmuggel- oder Gefährdungsgegenstände ausschließen zu können. Sie hätte zwei Jahre Dienst bei der Grenzgendarmerie versehen, wo man stets die aufgegriffenen Fremden auf diese Weise durchsucht hätte (Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 28)

 

3.2.6. Nach der Personendurchsuchung wurde die Amtshandlung im Vernehmungszimmer fortgesetzt. Die Zeugin L holte die Handtasche der Bfin aus dem Pkw ihres Gatten und leerte deren Inhalt auf den Tisch, um verwertbare Gegenstände feststellen zu können Darunter waren 55 Euro Bargeld und eine Kamera der Marke "Kyocera". Vom abgelegten Schmuck der Bfin wurden zwei Ringe sichergestellt, unter denen sich auch der Ehering, ein goldfarbener Ring mit weißem Stein, Gravur der Initialen (DKA und FA) und Punze auf der Innenseite, befand. Nach Angaben der Bfin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung handelte es sich um einen Goldring von 18 Karat mit gefasstem Diamanten. Die Bfin erklärte, dass es sich um einen besonderen Ring handelte, den sie zurückhaben wollte, was ihr aber verweigert wurde (vgl Bfin und Feststellungen des Verhandlungsleiters, TP v 14.06.2006, Seite 10). Möglicherweise bestand insofern auch ein durch Verständigungsprobleme hervorgerufenes Missverständnis bei den Polizisten.

 

RI R telefonierte noch einmal mit dem Journalbeamten der belangten Behörde zur weiteren Vorgangsweise. Dabei regte Dr. V an, die Beschlagnahme für Zwecke der Sicherheitsleistung vorzunehmen und danach die Bfin wieder freizulassen (Zeuge RI R, TP v 17.05.2006, Seite 7). Dementsprechend wurden die oben genannten Gegenstände statt des als vorläufige Sicherheit festgesetzten Betrags von 140 Euro beschlagnahmt (vgl Bescheinigung Beilage E). Nach Erklärung des Rechtsvertreters der Bfin wurden die Ringe und die Kamera am 12. Oktober 2005 wieder zurückerstattet (vgl TP v 14.03.2006, Seite 11).

 

Vor ihrer Freilassung wurden der Bfin noch die aktenkundigen Formblätter Haftbericht II und IV (vgl Beilage zur Gegenschrift ON 4) zur Unterschrift vorgelegt. Die Bfin konnte diese wegen ihrer mangelnden Deutschkenntnisse nicht lesen und wollte daher zunächst nicht unterschreiben. Das Formular Haftbericht II enthielt nur den Namen ihres Gatten und erschien ihr auch nicht genügend ausgefüllt. Man hätte es nachträglich mit ihrer Unterschrift noch ausfüllen und gegen sie verwenden können. Vom Formular Haftbericht IV wusste die Bfin, dass es die beschlagnahmten Gegenstände betraf. Zum Haftbericht II wurde der Bfin erklärt, sie habe zu unterschreiben, damit sie freigelassen werden könne. Eine Kopie der Formblätter wurde ihr unter Hinweis auf den bloß internen Gebrauch verweigert. Sie erhielt auch kein Informationsblatt in einer ihr verständlichen Sprache (Bfin, TP v 16.03.2006, Seiten 11 f). Ihrem Gatten erklärte die Bfin, das eine Dokument wäre wegen der Festnahme und das andere wegen der beschlagnahmten Gegenstände zu unterschreiben gewesen. Sie habe schließlich beide Formblätter unterschrieben, weil sie an ihre weinenden Kinder dachte, die nichts zu essen gehabt hätten. Der Zeuge D A hielt ihr nämlich vor, warum sie etwas unterschreibe, was sie nicht verstanden hat (vgl Zeuge D A, TP v 14.03.2006, Seite 19).

 

Die Bfin wurde nach ihrer Unterschriftsleistung freigelassen und konnte schließlich gegen 17.00 Uhr die API Haid verlassen.

 

3.3.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben der Bfin und den jeweils Bezug habenden Aussagen der einvernommenen Zeugen in Verbindung mit den zitierten Urkunden. Die Zeugin RI A L hinterließ beim erkennenden Mitglied einen im Großen und Ganzen offenen und glaubwürdigen Eindruck. Ihre Darstellung der Amtshandlung ist auch mit den Angaben der Bfin und des Zeugen D A in wesentlichen Punkten übereinstimmend. Dagegen wirkte der Zeuge RI R eher voreingenommen und verschlossen. Seine Darstellung war nicht so fließend und wies außerdem erhebliche Erinnerungslücken auf. Er konnte auch als der die Amtshandlung geführt habende Beamte eine gewisse Befangenheit nicht verbergen. Bezeichnend waren gewisse Widersprüche zur Aussage des Journalbeamten Dr. V, dem der Sachverhalt trotz der Mitteilungen des RI R noch aufklärungsbedürftig erschien. Offenbar wurde die Sachlage dem Journalbeamten von RI R nur etwas einseitig mit dem unkooperativen Verhalten der Bfin und der wenig plausiblen Ansicht, sie brauche kein teures Visum, wenn ohnehin ihr Gatte eines hat, dargestellt. An eine Mitteilung über die entscheidungswesentliche Beilage C konnte sich der Zeuge Dr. V nicht erinnern. Auch RI L konnte über diese wichtige Information des Journalbeamten keine Angaben machen (vgl TP v 14.03.2006, Seite 24). Der Zeuge Dr. V wollte auch den aktenkundigen Bericht des RI R vom 22. September 2005 (vgl Beilage zur Gegenschrift ON 4) nicht bestätigen und erklärte, er hätte die Festnahme nicht dezidiert angeordnet. Mit Recht hat Dr. V auch darauf hingewiesen, dass eigentlich der Exekutivbeamte vor Ort zu beurteilen hat, ob die Voraussetzungen für eine Festnahme aus eigener Macht vorliegen (vgl Zeuge Dr. V, TP v 16.03.2006, Seite 14). Dem gegenüber gewann das erkennende Mitglied eher den Eindruck, dass RI R die Verantwortung für den Vorfall auf den nicht vor Ort eingeschrittenen Journalbeamten überwälzen wollte.

 

3.3.2. Zur strittigen Frage des Beginns der Amtshandlung hat die Zeugin RI L die Kopie eines Auszugs aus dem Journaldienstbuch vom 16. Juli 2005 beigebracht (Beilage 1). Aus den Angaben der Zeugin RI L (vgl TP v 14.03.2006, Seite 20) in Verbindung mit den Eintragungen des Besetzungsdienstes (Innendienstes) über die Funksprüche ergibt sich, dass die Streife Haid 3, die damals aus den Zeugen R und L bestand, um 13.15 Uhr einen Einsatz auf der Autobahn bei Kilometer 176 wegen eines stehenden Fahrzeuges hatte, wobei für 13.52 Uhr die Eintragung "H3 Fzg ist weggebracht" aufscheint. Die gegenständliche Amtshandlung dürfte daher um 14.10 Uhr begonnen haben. Dafür spricht auch die EKIS-Sammelabfrage des Innendienstes mit "Bezug: r" (AI-, SIS- und FI-Dateien), bei der die Systemzeit des Zentralcomputers im BMI mit 14.30 Uhr aufscheint. Der durch keine objektiven Anhaltspunkte belegten Zeitangabe der Bfin und ihres Gatten über den Beginn der Amtshandlung um etwa 12.30 Uhr war daher nicht zu folgen. Die Ehegatten A, die mit ihren drei mj. Kindern unterwegs waren, haben die Amtshandlung auf Grund der mit ihr verbundenen Unannehmlichkeiten als besonders lang und unzumutbar empfunden. Dieser subjektive Eindruck wird wohl durch die am 16. Juli 2005 herrschende Hitze, die fehlende Verpflegung und das Warten im engen Bereich des Wartehäuschens noch verstärkt worden sein und zu Fehlvorstellungen über die Dauer geführt haben. Die Bfin und ihr Gatte glaubten nur, dass schon allein die Amtshandlung an der Bushaltestelle mehr als zwei Stunden dauerte, hatten darüber aber keine Aufzeichnungen geführt und auch nicht auf die Uhr gesehen.

 

3.3.3. Hingegen hält das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats das Ende der Amtshandlung um etwa 17.00 Uhr für durchaus nachvollziehbar. Als die Bfin aus der API Haid herauskam, hat ihr schon seit etwa 15.30 Uhr am Parkplatz wartender Gatte auf die Uhr geschaut und gesagt, dass es fünf Uhr am Nachmittag wäre (vgl TP v 14.05.2005, Bfin auf Seite 12 und Zeuge D A auf Seiten 18 f). Die widersprechende Angabe im Haftbericht IV, wonach die Freilassung um 16.40 Uhr erfolgt sein soll, erklärt sich so, dass dieser Haftbericht vom Polizeibeamten RI R schon zuvor am PC vorbereitet worden war. Danach mussten die Polizisten die Bfin aber noch vom Sinn der Unterschriftsleistung überzeugen. Die Bfin hatte diese zunächst verweigert. Sie konnte den Inhalt der auf den Formblättern vorgesehenen Erklärungen nämlich nicht verstehen und musste erst einigermaßen aufgeklärt werden. Die Bfin war mit den Erklärungen offenbar nicht zufrieden und unterschrieb erst nach einiger Zeit, um endlich die API Haid verlassen zu können. So gesehen erscheint die Zeitangabe 17.00 Uhr durchaus schlüssig.

 

3.3.4. Nach dem vom erkennenden Mitglied in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck dürfte sich die gegenständliche Amtshandlung infolge so mancher Missverständnisse als ziemlich schwierig erwiesen haben. Dies erscheint schon im Hinblick auf die sprachlichen Defizite der Bfin und ihres Gatten, für deren Vernehmung ein Dolmetscher erforderlich war, nahe liegend. Die Behauptung des RI R, wonach es aus seiner Sicht keine Verständigungsprobleme mit der Bfin gegeben hätte, obwohl man immer Deutsch gesprochen hätte, erscheint nicht glaubhaft. Seine Kollegin RI L sah die Sache durchaus anders. Sie berichtete, dass längere Zeit für Erklärungen nötig waren, wobei man es zunächst mehrfach auf Deutsch und dann auch englisch versucht hätte. Die Amtshandlung hätte sich auch wegen erheblicher Verständigungsprobleme in die Länge gezogen. Auch der Zeuge Pastor M F, dem sich die Bfin nach dem Vorfall anvertraut hatte, berichtete, dass er die Konversation mit ihr und ihrem Gatten grundsätzlich in englischer Sprache führe (vgl TP v 14.03.2006, Seite 30). Schließlich ist noch der Zeuge Dr. V zu erwähnen, dem Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsermittlung in Erinnerung waren und dem sogar "eine relative Hilflosigkeit der Beamten" vorzuliegen schien (vgl TP v 14.03.2006, Seiten 14).

 

Wenn RI R quasi als Beleg für seine Gegenansicht darauf hinweist, dass sich die Bfin bei ihm sogar noch bedankt und ihm die Hand gegeben hätte, bevor sie das Gebäude verließ (Zeuge R, TP v 17.05.2006, Seite 8), entbehrt dies nach Ansicht des erkennenden Mitglieds nicht eines gewissen Zynismus. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage, ist es psychologisch durchaus verständlich, dass sich die auf Grund einer Haftsituation eingeschüchterte Bfin bedankt, wenn sie freigelassen wird. Daraus kann noch keineswegs auf ein unproblematisches Verhältnis oder gar auf Zustimmung zur Vorgangsweise der Polizisten geschlossen werden.

 

Durch die Angaben des indirekten Zeugen Pastor F, die psychotherapeutische Stellungnahme der Dr. C K (Beilage A), die Stellungnahme der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg vom 21. Juli 2005 (Beilage F) sowie das Schreiben des Salzburger Rechtsanwalts Mag. H vom 6. Februar 2006 (Beilage J) betreffend Staatsbürgerschaftsverfahren gewinnt die Darstellung der Bfin durchaus noch an Glaubhaftigkeit. Es war ihren Angaben, wenn auch nicht in jedem Detail, so doch im Wesentlichen zu folgen. In weiten Bereichen damit vereinbar erschien dem erkennenden Mitglied die Aussage der Zeugin RI L. Ihre Schilderung vom Ablauf der Amtshandlung war zum Unterschied von jener des RI R für die Wahrheitsfindung eher bedeutsam.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 610).

 

Die von der Bfin relevierten und im Spruch näher umschriebenen Maßnahmen ihrer Festnahme und Anhaltung, ihrer Personendurchsuchung sowie der Beschlagnahme von verwertbaren Sachen nach § 37a Abs 3 VStG aus ihrer Handtasche sind in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommen worden und stellen daher ohne Zweifel jeweils faktische Amtshandlungen dar. Die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde ist zulässig und auch großteils begründet.

 

4.2. Nach Art 5 Abs 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PerFrSchG), BGBl Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art 1 Abs 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art 1 Abs 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl. Ermacora, Grundriss der Menschenrechte in Österreich, 1988, Rz 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt - hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungsbehinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleichkommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

Die Freiheitsentziehung ist beim gegebenen Sachverhalt erst ab der förmlichen Festnahme um etwa 15.20 Uhr anzunehmen. Bis dahin handelte es sich zwar um eine Amtshandlung, die mit Bewegungseinschränkungen der Bfin verbunden war, welche sich aber nur als eine notwendige Folge der fremdenrechtlichen Überprüfung darstellte. Dass die Überprüfung der nicht von vornherein einleuchtenden Behauptungen der Bfin und ihres Gatten an einem Samstag Nachmittag, an dem Ämter nicht besetzt und Personen oft nicht erreichbar sind, eine gewisse Zeit in Anspruch nahm, bedarf keiner weiteren Begründung. Von einer nach Art und Anlass überschießenden Amtshandlung kann gegenständlich bis zum Zeitpunkt der Festnahme noch nicht gesprochen werden.

 

4.3. Gemäß dem zum Vorfallszeitpunkt geltenden § 110 Abs 3 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl I Nr. 75/1997) konnten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Fremden, den sie bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 107 oder § 108 Abs 1 Z 3 lit b) FrG 1997 betreten haben, zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerlässlichen Vorführung vor die Behörde festnehmen, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, er werde das Bundesgebiet unverzüglich verlassen.

 

Die Voraussetzungen für eine Festnahme nach dieser Bestimmung lagen im gegebenen Fall schon deshalb nicht vor, weil die Bfin nicht bei einer der angeführten Verwaltungsübertretungen betreten worden ist. Dieser Umstand wurde von den einschreitenden Polizisten nur irrtümlich angenommen. Aus dem g Reisepass der Bfin ergab sich zwar zunächst, dass der letzte Aufenthaltstitel (Vignette) für sie und ihre Kinder mit 9. Juli 2003 befristet war. Die Bfin wies aber die Bestätigung vom 22. Mai 2003 (vgl Beilage C) zu Zl. 03/360 des nach dem Wohnsitz der Bfin nunmehr zuständigen Magistrats der Stadt Salzburg vor, aus der zum Betreff "Niederlassungsbewilligung/Niederlassungsnachweis" hervorging, dass die Bfin fristgerecht einen Antrag nach dem Fremdengesetz eingebracht hatte. Auf der Urkunde namentlich angeführt werden auch ihre drei mj. Kinder. Außerdem ist die Telefonnummer der Sachbearbeiterin ("T ") auf der Urkunde rechts oben handschriftlich vermerkt worden. Die lesbare Unterschrift "T" ist auch aus dem angebrachten Stempel des Magistrats der Stadt Salzburg (Abteilung 1 Allgem. u. Bezirksverwaltung) ersichtlich.

 

Wie die Beamten aus der AI-Datei erheben konnten, hat sich die Bfin schon seit 1993 in Österreich aufgehalten und wurde das Asylverfahren bereits 1994 rechtskräftig negativ abgeschlossen. In den FI- und SIS-Dateien schienen keine Vormerkungen auf, obwohl dort nach Darstellung von RI L eigentlich alle Aufenthaltstitel eingetragen sein müssten. Schon zu Beginn der Amtshandlung hat RI R bei der Kontrolle des Reisepasses des Gatten der Bfin eine gültige Vignette für dessen Aufenthalt in Österreich festgestellt. Außerdem hat die Bfin im gegebenen Zusammenhang gegen die Annahme eines illegalen Aufenthaltes auch vorgebracht, dass sie schon 12 Jahre in Österreich gelebt und hier drei eheliche Kinder geboren habe.

 

Wenn die Polizeibeamten in einer solchen Situation, auch wenn sie vom Magistrat Salzburg am Samstag Nachmittag niemanden erreichen konnten, noch immer vom illegalen Aufenthalt der Bfin in Österreich ausgegangen sind, so war dies wohl auf eine gewisse Ignoranz und Voreingenommenheit zurückzuführen. Wie unter Punkt 3.2.3. bereits festgestellt, dachten die Beamten nur, die Sache wäre insoweit klar gewesen, als der im Reisepass eingetragene Aufenthaltstitel seit 2003 abgelaufen war. RI R betonte, dass die Bfin ihren rechtmäßigen Aufenthalt nicht nachweisen hätte können. So einfach darf man es sich freilich nicht machen. Der "Zettel des Magistrats Salzburg" wurde offenbar wegen unzureichender Rechtskenntnisse als unwichtig angesehen. Wie beide Polizeibeamte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zugeben mussten, war ihnen nämlich die Bestimmung des § 31 Abs 4 FrG 1997 überhaupt nicht bekannt (Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 29; Zeuge R, TP v 17.05.2006, Seite 9).

 

§ 31 FrG 1997 regelte unter der Überschrift "Rechtmäßiger Aufenthalt" wesentliche Fragen im Zusammenhang mit den Verwaltungsübertretungen nach § 107 FrG 1997. Der im gegebenen Zusammenhang bedeutsame Satz 1 des § 31 Abs 4 leg.cit. lautet:

 

"Fremde, die einen Antrag auf Ausstellung eines weiteren Aufenthaltstitels vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder vor Entstehen der Sichtvermerkspflicht eingebracht haben, halten sich bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet auf."

 

Der Bfin kam daher schon ex lege, alleine im Grunde ihrer rechtzeitigen Antragstellung auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung, ein weiteres Aufenthaltsrecht bis zu einer Entscheidung der Fremdenbehörde zu. Daran ändert auch nichts, dass eine solche Entscheidung über den Verlängerungsantrag jahrelang nicht ergangen ist. Der Zeuge D A hat versucht, diesen Umstand den Polizisten vor allem im Hinblick auf die schon bald erwartete Verleihung der Staatsbürgerschaft zu erklären, fand aber kein Gehör. Offenbar erweckten seine Erklärungen nur noch weiteres Misstrauen bei den Polizisten, obwohl objektiv doch Vieles für die Darstellung der Bfin und ihres Gatten sprach. Auch Verständigungsprobleme dürften dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.

 

Vor allem weil den Polizisten die dargestellte Rechtslage offenbar mangels ausreichender Schulungen nicht geläufig war, beurteilten sie die Sachlage nur nach den Eintragungen im Reisepass und nach der gegenständlich nicht aussagekräftigen Asyl- und Fremdeninformationsdatei des BMI. Aus ihrer undifferenzierten Sicht konnte die Bfin ihren legalen Aufenthalt nicht nachweisen, weshalb sie von einer Verwaltungsübertretung nach § 107 Abs 1 Z 4 FrG 1997 ausgingen. Dem Journalbeamten der belangten Behörde wurde dies von RI R einseitig in diesem Sinne berichtet. Deshalb wurde dabei das Thema verfehlt und nur mehr darüber gesprochen, eine vorläufige Sicherheitsleistung nach § 37a VStG zu erhalten, um eine ansonsten vermeintlich notwendige Festnahme vermeiden zu können. Da die Bfin den Erlag einer Sicherheitsleistung aber konsequent - sie hatte ja nichts getan und hielt mit Recht ihren Aufenthalt für legal - verweigerte, wusste RI R offenbar nichts anderes mehr, als die Festnahme auszusprechen und mit der Bfin zur API Haid zu fahren.

 

Gemäß Art 4 Abs 6 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit und nach dem § 36 Abs 1 VStG ist jeder Festgenommene ehestens über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen in einer ihm verständlichen Sprache zu unterrichten. Auch gegen dieses Gebot haben die Polizisten der API Haid verstoßen, weil die Bfin kein Informationsblatt in einer ihr verständlichen Sprache erhielt und auf Grund der damals bestanden habenden Verständigungsprobleme auch nicht angenommen werden kann, dass die Bfin mündlich ausreichend unterrichtet worden wäre. Ihre Anhaltung war demnach auch insofern rechtswidrig.

 

4.4. Nach Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Nach Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff in die Rechte nach Abs 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Die Durchsuchung einer Person und ihrer Taschen ist jedenfalls ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens, der nur unter der Voraussetzung des Eingriffsvorbehalts nach Art 8 Abs 2 EMRK zulässig ist. Nach der Judikatur des EGMR muss er gesetzlich vorgesehen, ein legitimes Ziel verfolgen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein (vgl näher mwN Mayer, B-VG3 [2002] Art 8 MRK III).

 

Als gesetzliche Grundlage für die Personendurchsuchung kommt § 40 SPG (BGBl Nr. 566/1991 zuletzt geändert mit SPG-Novelle 2006, BGBl I Nr. 158/2005) in Betracht, zumal es im gegenständlichen Fall um sicherheitspolizeiliche Befugnisse im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Überprüfung ging.

 

Gemäß § 40 Abs 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Menschen die festgenommen worden sind zu durchsuchen, um sicherzustellen, dass diese während ihrer Anhaltung weder ihre eigene körperliche Sicherheit noch die anderer gefährden und nicht flüchten.

 

Nach § 40 Abs 2 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außerdem ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff in Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht.

 

Aus § 40 Abs 3 SPG ergibt sich, dass die den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in den Absätzen 1 und 2 eingeräumten Befugnisse auch für das Öffnen und Durchsuchen von Behältnissen (zB Koffer oder Taschen) gelten, die der Betroffene bei sich hat.

 

4.5. Im gegenständlichen Fall wurde die Bfin bereits zu Unrecht festgenommen, weshalb sie wohl auch nicht hätte durchsucht werden dürfen. Im Übrigen ist nach Lage des Falles auch aber nicht nachvollziehbar, wieso sich die Bfin vollständig ausziehen hatte müssen und eine - wenn auch nur äußerliche - Besichtigung ihres Intimbereichs erforderlich gewesen sein soll. Grundsätzlich kann bei der Durchsuchung eines Festgenommenen auch ein vollständiges Entkleiden verlangt werden (vgl § 40 Abs 4 SPG). Die Durchsuchung ist aber kein Selbstzweck, sondern hat sicherzustellen, dass die Person während ihrer Anhaltung weder ihre eigene körperliche Sicherheit, noch die anderer gefährden oder flüchten kann. An diesem Zweck ist die notwendige Intensität der Durchsuchung zu messen. Deshalb ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein vollständiges Entkleiden nach dem sich aus den Umständen des Falles ergebenden Gefährdungspotential geboten ist oder nicht (vgl mwN Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar3 [2005], 465, C.13. zu § 40 SPG),

 

Die Polizistin RI L hat zur Begründung nur pauschal auf eine standardmäßige Vorgangsweise zur Fremd- und Eigensicherung hingewiesen. Während ihres Dienstes bei der Grenzgendarmerie hätte man stets die Durchsuchung so vorgenommen, um allfällige Schmuggel- und Gefährdungsgegenstände wahrzunehmen oder auszuschließen (Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seiten 27 f). Mit dieser Erklärung könnte man immer eine umfassende Personendurchsuchung durchführen, ohne auf konkrete Umstände Rücksicht nehmen zu müssen. Außerdem kann der vorliegende Sachverhalt in keiner Weise mit dem Fall eines illegalen Grenzgängers verglichen werden.

 

Mit Recht hat die Bfin gerügt, dass die Annahme einer Gefährdung von sich oder anderen oder von ihrer Flucht nach den gegebenen Umständen nicht zu rechtfertigen war. Welches Gefährdungspotential von der Bfin, die in Begleitung ihres Gatten und ihrer drei mj. Kinder reiste und nur einer Einladung zu Freunden in A nachkommen wollte, hätte ausgehen sollen, erscheint unerfindlich. Auch bei der gebotenen ex-ante Betrachtung aus Sicht der Sicherheitsorgane ist dies nicht nachvollziehbar. Es hätte nach Ansicht des erkennenden Mitglieds jedenfalls vollkommen ausgereicht, die Bfin auf allfällige gefährdende Gegenstände abzutasten, um die Sicherheit der Amtshandlung zu gewährleisten. Wäre die Bfin tatsächlich gefährlich gewesen, hätte sie schon während der Fahrt zur API Haid etwas anstellen können, zumal sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht durchsucht worden war. Sie saß offenbar allein im Fond des Vw-Busses, ohne beaufsichtigt zu werden. Da sie nicht angeschnallt war, prellte sich die eher ungeschickte Bfin während der Fahrt den Fuß, weil sie gegen einen Tisch fiel. Die Bfin machte auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung von ihrer eher unsportlichen Statur her alles andere als einen gefährlichen Eindruck. Die Personendurchsuchung durch vollständiges Entkleiden war jedenfalls überschießend und als Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot des § 29 SPG anzusehen. Ebenso wenig war das Holen ihrer Handtasche aus dem Auto ihres Gatten am Parkplatz der API Haid und das Durchsuchen unter dem Aspekt des § 40 Abs 3 SPG zu rechtfertigen, weil auch diese Bestimmung allein am Zweck des § 40 Abs 1 SPG orientiert ist.

 

4.6. Als gesetzliche Grundlage für das Durchsuchen der Handtasche der Bfin kommt nach Ansicht des erkennenden Mitglieds der § 37a Abs 3 VStG in Betracht, weil eine Beschlagnahme von verwertbaren Sachen, die dem Anschein nach dem Betretenen gehören, denknotwendig voraussetzt, dass das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes Nachschau nach solchen Sachen am Ort der Betretung halten darf. Wie es im letzten Satz heißt, ist hiebei mit möglichster Schonung der Person vorzugehen.

 

Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde (Strafverfolgungsbehörde) besonders geschulte Organe nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zur Festsetzung und Einhebung einer vorläufigen Sicherheit bis zum Betrag von 180 Euro ermächtigen. Nach dem gegenständlich relevanten § 37a Abs 2 Z 2 VStG kann das besonders geschulte Organ eine vorläufige Sicherheit von Personen einheben, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird. Leistet der Betretene die festgesetzte Sicherheit nicht, so können gemäß § 37a Abs 3 VStG verwertbare Sachen als vorläufige Sicherheit beschlagnahmt werden.

 

Keine dieser Voraussetzungen lag beim gegebenen Sachverhalt vor. Die Bfin wurde nach richtiger Rechtsansicht schon nicht auf frischer Tat betreten, zumal sie sich tatsächlich nicht unrechtmäßig in Österreich aufhielt und für eine solche Annahme auch keine ausreichenden Gründe vorlagen (vgl oben unter Punkt 4.3.). Auch die Strafverfolgung oder der Strafvollzug wären nicht unmöglich oder wesentlich erschwert gewesen. Die Polizisten mussten nach dem festgestellten Sachverhalt wissen, dass die Bfin bereits viele Jahre lang mit ihrer Familie in Österreich gelebt und ihren Hauptwohnsitz in S hat. Eine Meldeanfrage im zentralen Melderegister ergab seit 24. Februar 2004 die Wohnadresse A, S (Zeugin L, TP v 14.03.2006, Seite 25). Es kann demnach keine Rede von der offenbar unmöglichen oder erschwerten Strafverfolgung oder des Strafvollzuges sein.

 

Die Beschwerde ist auch im Recht, wenn sie die Beschlagnahme des Eheringes der Bfin als zusätzliche Unrechtmäßigkeit rügt, zumal ein Ehering gemäß § 250 Abs 1 Z 9 EO als eine unpfändbare und damit unverwertbare Sache gilt.

 

5.1. Die Gebühren des zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2006 antragsgemäß zur Einvernahme der Bfin und ihres Gatten beigezogenen Dolmetschers Dr. M D wurden mit 105,70 Euro bestimmt (vgl Kostenbescheid v 6.03.2006) und von der Landesbuchhaltung am 15. März 2006 angewiesen. Nach dem § 76 Abs 1 AVG hat für erwachsene Barauslagen der Behörde grundsätzlich die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Deshalb war die Bfin insofern im Spruchpunkt II zum Barauslagenersatz zu verpflichten.

 

5.2. Da die Bfin mit ihrer Beschwerde großteils erfolgreich war, hat sie gemäß § 79a Abs 1 AVG als die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird nämlich der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt, dann ist der Beschwerdeführer gemäß § 79a Abs 2 AVG die obsiegende Partei und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind nach dem Zweck der behördlichen Akte trennbare Anfechtungsgegenstände zu unterscheiden, hinsichtlich derer jeweils eine gesonderte Kostenentscheidung zu ergehen hat (vgl dazu etwa VwGH 22.10.1999, 98/02/0142, 0143; VwGH 28.2.1997, 96/02/0481; VwGH 17.12.1996, 94/01/0714; VwGH 6.5.1992, 91/01/0200).

 

Für die Kostenentscheidung sind im vorliegenden Fall drei verschiedene Verwaltungsakte zu unterscheiden, nämlich die Festnahme und Anhaltung der Bfin, ihre Personendurchsuchung nach § 40 SPG und die Beschlagnahme von Sachen als vorläufige Sicherheit gemäß § 37a Abs 3 VStG. Diese Verwaltungsakte können getrennt voneinander geltend gemacht werden und lösen daher auch verschiedene Kostenfolgen aus. Es liegt demnach eine Amtshandlung mit drei selbständigen Akten vor (vgl dazu auch VwGH 22.3.2000, 97/01/0745 und VwGH 17.12.1996, 94/01/0714).

 

Gemäß § 79a Abs 7 AVG gelten die §§ 52 bis 54 VwGG auch für den Aufwandersatz im Maßnahmenbeschwerdeverfahren nach § 79a Abs 1 AVG. Nach § 52 Abs 1 VwGG ist im Fall der Anfechtung mehrerer Verwaltungsakte durch einen oder mehrere Beschwerdeführer in einer Beschwerde die Frage des Anspruchs auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre.

 

Wurde über eine Beschwerde nur eine einheitliche Verhandlung durchgeführt, dann gebührt nur der einfache Verhandlungsaufwand, ohne dass es auf die Anzahl der bekämpften Verwaltungsakte ankäme (vgl VwGH 22.4.1998, 98/01/0630; VwGH 22.3.2000, 97/01/0745). Gleiches gilt für den Vorlageaufwand, wenn nur ein Verwaltungsakt vorgelegt wurde. Anderes gilt für die Gegenschrift, die auf die erhobenen Vorwürfe gesondert eingeht (vgl VwGH 22.3.2000, 97/01/0745).

 

Im vorliegenden Fall wurden die bekämpften Verwaltungsakte zu einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Es fand eine einheitliche Verhandlung an zwei Terminen statt, weshalb der Verhandlungsaufwand nur einfach gebührt (vgl dazu Nachw bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 [1987], 693 und 699).

 

5.3. Beim vorliegenden Ergebnis gebührt der Bfin daher neben den Stempelgebühren und Barauslagen, für die sie aufzukommen hat, der dreifache Schriftsatzaufwand und der einfache Verhandlungsaufwand. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) beträgt der als Aufwandersatz dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei zu leistende Pauschbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes 660,80 Euro (§ 1 Z 1) und des Verhandlungsaufwandes 826 Euro (§ 1 Z 2). Der Bfin steht daher der dreifache Schriftsatzaufwand in Höhe von 1.982,40 Euro und der Verhandlungsaufwand in Höhe von 826 Euro zu. Außerdem sind ihr die angefallenen Stempelgebühren und die Dolmetschergebühren zu ersetzen.

 

Für die Beschwerde ON 1 und die Stellungnahme ON 7 zur Gegenschrift ON 4 ist im Hinblick auf jeweils drei behandelte Verwaltungsakte (vgl Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren7 Anm 6 und 12 zu § 14 TP 6 GebührenG) jeweils dreimal die einfache Eingabengebühr (§ 14 TP 6 Abs 1 GebührenG) von 13 Euro (2 x 39 = 78 Euro), für die Urkundenvorlage ON 9 nur die Eingabengebühr von 13 Euro angefallen. Mit den genannten Schriftsätzen wurden insgesamt acht kurze Beilagen (8 Beilagen von 1 Bogen à 3,60 = 28,80 Euro) und eine lange Beilage zu 3 Bögen (Beilage H: Reisepasskopie; 3 x 3,60 = 10,80 Euro) vorgelegt, wofür insgesamt 39,60 Euro nach § 14 TP 5 GebührenG anzusetzen sind. Die gesamten von der Bfin zu tragenden Bundesstempelgebühren betragen demnach 130,60 Euro.

 

Der Bund, in dessen Wirkungsbereich die fremden- und sicherheitspolizeiliche Amtshandlung stattgefunden hat, war daher zum Ersatz des dreifachen Schriftsatzaufwandes (1.982,40 Euro) der Bfin, ihres Verhandlungsaufwandes (826 Euro) und der von der Bfin zu entrichtenden Stempelgebühren (130,60 Euro) sowie Barauslagen (105,70 Euro), insgesamt daher zum Ersatz von Verfahrenskosten in Höhe von 3,044,70 Euro zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundestempelgebühren in Höhe von 130,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. W e i ß

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