Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420442/9/WEI/An

Linz, 09.03.2006

 

 

 

VwSen-420442/9/WEI/An Linz, am 9. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde des Dr. R Z, R, T, vertreten durch D M, Rechtsanwälte GmbH in W, S; wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 6. September 2005 durch ein dem Bezirkshauptmann von Steyr-Land zurechenbares Organ der Polizeiinspektion Ternberg den Beschluss gefasst:

 

 

I. Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund, für den der Bezirkshauptmann von Steyr- Land eingeschritten ist, den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67 Abs 1 Z 2 AVG 1991; §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

B e g r ü n d u n g :

 

 

1. Mit der am 20. Oktober 2005 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtzeitig eingelangten Beschwerde vom 18. Oktober 2005 hat der Beschwerdeführer (Bf) durch seine Rechtsvertreter Maßnahmenbeschwerde

 

"gem. Art. 129 a Abs. 1 BVG iVm §§ 67 a Abs. 1 Z. 2 und 67 ff AVG

 

wegen Verletzung der/des

  1. Unversehrtheit des Hausrechtes gem. Art. 9 StGG i.V.m. dem Gesetz vom 27.10.1862 zum Schutze des Hausrechtes
  2. Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art. 8 EMRK
  3. Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gem. Art. 83 Abs. 2

B-VG

 

sowie der einfach gesetzlich gewährleisteten Rechte,

  1. nicht von im Sinne des § 26 Abs. 1 AuslBG zuständigen Behörden durch Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt verletzt zu werden;
  2. bei Betreten des Betriebes durch in § 26 Abs. 1 AuslBG genannte Behörden von ihrer Anwesenheit verständigt zu werden.",

 

erhoben, die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der belangten Behörde bzw der Polizei Ternberg und dazu "widerrechtliches Betreten und Durchsuchen der Liegenschaft des Bf am 06.09.2005" behauptet.

 

Zum Sachverhalt wird vorgebracht, dass A S von der Polizei Ternberg am 6. September 2005 die Liegenschaft Grundbuch T des Bf unrechtmäßig betreten habe und in der Folge, ohne Rücksprache mit dem Bf zu halten oder diesen zu informieren, auf der Liegenschaft befindliche Gebäude, insbesondere die Scheune begangen und in diese eingedrungen sei. Zum "Tatzeitpunkt" wären am Eingang zur Liegenschaft des Bf Arbeiten durchgeführt worden, an welchen auch der Schwiegervater des Bf teilgenommen hätte. Keiner der dort Arbeitenden hätte A S gesehen oder bemerkt, so dass ein Übersteigen des Zaunes durch diesen naheläge.

 

Bei Betretung durch die Gattin des Bf sowie seiner Schwiegermutter in der Scheune habe A S ausgeführt, dass er einem behördlichen Auftrag durch die belangte Behörde, Abteilung für Sicherheit und Ordnung, speziell von Herrn G P nachgekommen sei. Einen Durchsuchungsbefehl habe er nicht vorweisen und auch keine sonstige Rechtfertigung abgeben können. Vielmehr hätte er die Zeuginnen C T und S Z rüde gefragt, wo die Polen seien. In diesem Zusammenhang wird auf das Verfahren SV 96-16-2005 der belangten Behörde verwiesen, in dem der Bf eines Vergehens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) beschuldigt werde, was er aber entschieden bestreite, da lediglich über Vermittlung des sozialen Vereins WOOF Helfer gegen Kost und Logis tätig gewesen wären und ihm mitgeteilt worden wäre, dass unter diesen Umständen alles in Ordnung sei.

 

Die Vorgangsweise des A S widerspreche jedenfalls auch dem § 26 AuslBG, welcher besage, dass lediglich bestimmte Behörden, wie etwa Zollbehörden, Betretungen im Sinne des AuslBG vornehmen dürfen, und dies auch nur nach vorhergehender Verständigung und unter Begleitung des Arbeitgebers.

 

Auf Grund dieses geschilderten Sachverhalts wird unter Hinweis auf die oben zitierten Rechtsverletzungen Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben und beantragt, er möge gemäß § 67c Abs 3 AVG den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig erklären und den Bund verpflichten, dem Bf die Verfahrenskosten zu ersetzen.

 

In der rechtlichen Begründung der Anträge wird zur Zulässigkeit der Beschwerde nur bemerkt, das die "Betretung bzw. Durchsuchung" der Liegenschaft des Bf innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist erfolgte und der Bf als Eigentümer der Liegenschaft durch die ausgeübte unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt in seinen verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre. Die weiteren Ausführungen beschäftigen sich mit der Unversehrtheit des Hausrechts (Art 9 StGG), dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK), dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) und der Verletzung von einfach gesetzlich gewährleisteten Rechten nach § 26 Abs 2 und 3 AuslBG. Auf Grund des heimlichen Eindringens des Organs wäre dem Bf auch das Recht genommen worden, das Organ bei der Amtshandlung zu begleiten.

 

2.1. Mit der am 14. November 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Gegenschrift vom 28. Oktober 2005 legte die belangte Behörde Bezug habende Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.

 

Zum Sachverhalt bringt die belangte Behörde unter Vorlage der entsprechenden Aktenteile (Anzeigen des Zollamtes Linz vom 3.6.2005 und 26.8.2005) vor, dass bereits am 9. Mai 2005 um 13.00 Uhr von Beamten der Polizeiinspektion Ternberg eine Kontrolle beim landwirtschaftlichen Anwesen des Bf vorgenommen wurde, bei der zwei polnische Staatsangehörige angetroffen worden wären. Beide hätten Arbeitskleidung getragen und wären offenbar mit Abbrucharbeiten beschäftigt gewesen. Die Polen und Frau Z hätten angegeben, dass sie bereits 3 Wochen in T aufhältig waren und auch auf dem Anwesen wohnten. Die Polen wären mit eigenem PKW, einem dunkelgrauen O, angereist. Dieser wäre ohne Kennzeichen bei einer Hütte abgestellt gewesen. Die polnischen Kennzeichen wären im Kofferraum gelegen. Der polnische Staatsbürger M habe angegeben, dass ihn der Bf aufgefordert hätte, den PKW ohne Kennzeichen abzustellen, damit der Wagen nicht auffalle. Die Zollbehörde habe in der Folge wegen unerlaubter Beschäftigung von Ausländern ein Strafverfahren beantragt, das zu SV 96-16-2005 der belangten Behörde anhängig sei.

 

Am 25. August 2005 um 08.40 Uhr führten Organe des Zollamtes Linz und der Polizeiinspektion Ternberg auf dem Anwesen des Bf eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch. Dabei habe man wiederum die polnischen Staatsbürger H L und M J S in Arbeitskleidung beim Verputzen einer Wand angetroffen. Das Fahrzeug der Polen sei auf dem Heuboden (Hocheinfahrt) des Anwesens versteckt abgestellt gewesen. Weiters habe man dort in unmittelbarer Nähe des PKW zwei Betten auf dem Heuboden für die Polen gefunden. Das Zollamt Linz stellte wegen unerlaubter Beschäftigung der beiden Ausländer einen weiteren Strafantrag bei der belangten Behörde, wo das Strafverfahren zu SV 96-27-2005 anhängig sei.

 

Nach diesen Kontrollen habe es bei der Polizeiinspektion Ternberg mehrere Anfragen aus der Bevölkerung wegen illegaler Beschäftigung auf der Baustelle des Bf gegeben. Auf Grund dieser Beschwerden aus der Bevölkerung habe A S gelegentlich überprüfen wollen, ob es sich bei den Illegalen um die bereits bekannten Polen handeln würde. Bei einer Dienstfahrt am 6. September 2005 vom R talwärts sei A S am Anwesen des Bf vorbei gekommen und habe durch eine optische Überprüfung feststellen wollen, ob das Fahrzeug der Polen noch auf dem Heuboden abgestellt ist, für welchen Fall er die KIAB abermals zu einer Kontrolle angefordert hätte. Er habe nicht im Auftrag der belangten Behörde gehandelt und er habe auch keine Durchsuchung der Liegenschaft vorgenommen.

 

Da der Heuboden am Anwesen bei der Vorbeifahrt nicht vollständig einsehbar gewesen sei (ein Torflügel der Einfahrt offen) habe A S den Streifenwagen an der Westseite des Objekts abgestellt und sei zu Fuß von der Straße über die Wiese zur Hocheinfahrt - Wegstrecke ca 10 m - gegangen. Da sich dort kein Zaun befinde, könne von einem Übersteigen des Zaunes keine Rede sein. Noch auf der Wiese vor dem Tor stehend, habe er feststellen können, dass der PKW und die beiden Betten nicht mehr am Heuboden waren. Gleichzeitig habe er die Frau des Bf auf einem Strohballen sitzen gesehen. Er habe sie begrüßt und gefragt, ob die Polen schon nach Hause gefahren seien, was sie bestätigt habe. Daraufhin sei er in den Heuboden eingetreten und habe ein Gespräch mit Frau Z geführt, bei dem er die Beschwerden aus der Bevölkerung als den Grund der Kontrolle nannte. Während des Gesprächs sei auch C T auf den Heuboden gekommen und habe sich an der Unterhaltung beteiligt, die entspannt und ruhig verlaufen sei und sich um die Ungerechtigkeit auf der Welt gedreht habe. Danach habe er den Heuboden wieder verlassen und sei Richtung T weitergefahren.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass die Gattin des Bf und Frau C T mit A S eine Unterhaltung führten, ohne ihn aufzufordern, das Grundstück zu verlassen. Ihr Verhalten sei dem Bf zuzurechnen und Sie hätten damit der Anwesenheit des A S zugestimmt. Deshalb handle es sich um keine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die Beschwerde sei zurückzuweisen. In der Sache verweist die Gegenschrift auf § 71 Abs 5 Fremdengesetz 1997, nach dem Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt seien, Betriebsstätten und Arbeitsstellen zu betreten, wenn der Verdacht besteht, dass sich dort Fremde befinden, die sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Auf Grund der vorangegangenen Kontrollen habe der Verdacht bestanden, dass sich polnische Staatsbürger, denen keine Arbeitnehmerfreizügigkeit zukomme, zum illegalen Aufenthaltszweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung nach dem AuslBG auf der Liegenschaft des Bf aufhalten. A S sei jedenfalls das Betretungsrecht nach § 71 Abs 5 FrG 1997 zugekommen.

 

2.2. Mit Schreiben vom 28. November 2005, zugestellt am 1. Dezember 2005, übermittelte der Oö. Verwaltungssenat den Rechtsvertretern des Bf die Gegenschrift der belangten Behörde sowie die Stellungnahme des A S (Bericht der Polizeiinspektion vom 28.10.2005, Zl. E/12025/05) in Ablichtung, verwies auf das darin enthaltene wesentliche Vorbringen und erteilte einen qualifizierten Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 iVm § 67c Abs 2 AVG. Im Hinblick auf den notwendigen Inhalt einer Beschwerde nach § 67c Abs 2 AVG hat der Oö. Verwaltungssenat die Rechtsvertreter des Bf unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Säumnis nach § 13 Abs 3 AVG unter Androhung der Zurückweisung aufgefordert, die aufgezeigte Mangelhaftigkeit der vorliegenden Beschwerde durch ein ergänzendes Vorbringen zur Behebung des Mangels binnen 2 Wochen zu verbessern.

 

Zur Erläuterung des Mangels hat der Oö. Verwaltungssenat Folgendes ausgeführt:

 

"In der Beschwerde wird die bekämpfte Maßnahme als 'Betretung bzw Durchsuchung der Liegenschaft des Beschwerdeführers .... am 06.09.2005' umschrieben und dazu die GB T angeführt. Insofern kann weder den vorgelegten Akten, noch der Beschwerde selbst ein hinreichend konkretisierter Sachverhalt entnommen werden, der als faktische Amtshandlung im Sinne eines Akts der Befehls- oder Zwangsgewalt anzusehen wäre. Welche konkreten Zwangsmaßnahmen A S zur Durchsetzung seines Anliegens tatsächlich gesetzt oder so angedroht hat, dass mit ihrer unmittelbaren Durchführung zu rechnen war, ist offen geblieben."

 

2.3. Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2005, eingelangt per Telefax am 15. Dezember 2005, erstattete der Bf durch seine Rechtsvertreter noch rechtzeitig eine "Verbesserung", in der ungeachtet der zur Kenntnis gebrachten Angaben des A S der Sachverhalt im Wesentlichen so allgemein und unbestimmt wie bisher dargestellt wird. A S habe den die Liegenschaft umgrenzenden Elektrozaun überstiegen, um die Liegenschaft nach zwei Polen, deren Anwesenheit er für möglich hielt, zu durchsuchen. Danach heißt es wörtlich:

 

"Im Zuge dessen drang A S in das auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers befindliche, diesem eigentümliche Gebäude ein und durchsuchte den Wirtschaftstrakt, in concreto die Scheune, nach dem Fahrzeug der beiden Polen bzw. den beiden Polen selbst."

 

A S wäre während dessen von der Gattin des Bf und dessen Schwiegermutter betreten worden. Diese hätten "unmissverständlich" - konkrete Angaben über das Wie fehlen abermals - dargelegt, dass sie dem Akt keineswegs zustimmten. Gerade deshalb hätte sich die Gattin des Bf nach einem behördlichen Auftrag erkundigt, welcher laut A S von der belangten Behörde, speziell von G P, erteilt worden wäre. Erstmals wird nunmehr - allerdings nur ganz allgemein gehalten - behauptet, dass A S dennoch die "Durchsuchung" der Scheune fortgesetzt hätte. Schließlich habe er rüde gefragt, wo die Polen seien. Erst dann habe er das Gebäude bzw die Liegenschaft des Bf verlassen.

 

Im Ergebnis wird die Rechtsansicht vertreten, dass sich durch die Berufung auf den behördlichen Auftrag, die rüde Befragung sowie die Fortsetzung der Amtshandlung trotz Verweigerung der Einwilligung der Charakter dieser faktischen Amtshandlung als Akt der Befehls- und Zwangsgewalt zeige.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat auf Grund der Aktenlage festgestellt, dass sich bereits aus den vorliegenden Eingaben und den vorgelegten Akten zur gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde ableiten lässt, dass die Beschwerde ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen ist. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte daher gemäß § 67d Abs 2 Z 3 AVG entfallen.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 610).

 

4.2. Gemäß Art 9 StGG ist das Hausrecht unverletzlich. Das bestehende Gesetz vom 27. Oktober 1862 (RGBl. Nr. 88) zum Schutz des Hausrechtes wird als Bestandteil dieses Staatsgrundgesetzes erklärt. § 1 dieses HausrechtsG definiert als Hausdurchsuchung eine Durchsuchung der Wohnung oder der sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten.

 

Das Hausrecht gewährt Schutz vor Hausdurchsuchungen und dient nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs im besonderen Maß der Wahrung der Intimsphäre. An diesem Normzweck orientiert sich auch der Begriff der geschützten Räumlichkeiten. Neben der Wohnung im engeren Sinn fallen auch Geschäfts- und Betriebsräume, nicht aber öffentlich zugängliche Räume oder ein Gebäude, das Baustelle und daher unbewohnt ist, darunter (vgl näher mit Nachw Mayer, B-VG3 [2002] Art 9 StGG Anm I. und III.)

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist für das Wesen einer Hausdurchsuchung charakteristisch, dass nach Personen oder Sachen, von denen unbekannt ist, wo sie sich befinden, gesucht wird (vgl mwN VfSlg 14864/1997; VfSlg 12.056/1989). Einen Raum durchsuchen heißt, dessen Bestandteile und die darin befindlichen Objekte zu dem Behufe beaugenscheinigen, um festzustellen, ob in diesem Raum und an welcher Stelle sich ein bestimmter Gegenstand befindet (VfSlg 6.328/1970; VfSlg 8.642/1979). Dafür ist eine gewisse Intensität erforderlich. Eine Hausdurchsuchung erfordert die systematische Besichtigung wenigstens eines bestimmten Objekts (vgl VfSlg 6.528/1971; VfSlg 9.525/1982, und VfSlg 10.897/1986).

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs soll durch den Schutz des Hausrechts "ein die persönliche Würde und Unabhängigkeit verletzender Eingriff in den Lebenskreis des Wohnungsinhabers, in Dinge, die man im allgemeinen berechtigt und gewohnt ist, dem Einblick Fremder zu entziehen", hintangehalten werden (vgl VfSlg 10.897/1986 unter Hinweis auf VfSlg 9.525/1982 und VfSlg 5.182/1965). Damit liegt der Zweck des HausrechtsG nicht schon darin, das bloße Betreten einer fremden Wohnung zu verhindern, weil damit eine ganze Reihe von für die Staatsverwaltung ganz unerlässlicher Maßregeln lahm gelegt wäre. Eine Hausdurchsuchung scheidet vielmehr aus, wenn es um die Aufnahme eines Sachverhalts geht und das Eindringen in Räumlichkeiten zum Zwecke der Vornahme eines Augenscheins zur Feststellung von gewissen Verhältnissen, Einholung von Auskünften, Vorweisung von Bewilligungen, Einsicht in Bücher, Rechnungen Verzeichnisse etc. erfolgt (vgl eingehend zum Ganzen Wiederin, Art 9 StGG, in Korinek/Holoubek [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [4. Lfg 2001], Rz 33 ff).

 

4.3. In der gegenständlichen Beschwerde wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird der angefochtene Verwaltungsakt auf der Titelseite zunächst als "widerrechtliches Betreten und Durchsuchen der Liegenschaft des Beschwerdeführers am 06.09.2005" bezeichnet. Aus der folgenden rudimentären Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde ergibt sich bloß, dass S von der Polizeiinspektion Ternberg im Zusammenhang mit einem bei der belangten Behörde anhängigen Strafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz die Liegenschaft "unrechtmäßig betreten" habe und ohne Rücksprache mit dem Bf in die Scheune "eingedrungen" wäre, wo er von der Gattin und Schwiegermutter des Bf betreten worden wäre und rüde gefragt hätte, wo die Polen seien.

 

Im Verbesserungsschriftsatz wiederholt der Bf im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen, ohne die näheren Umstände der behaupteten faktischen Amtshandlung des A S anzuführen. Die angeblichen Durchsuchungshandlungen und die dabei angewendeten Zwangsmittel werden in keiner Weise konkretisiert. Damit beharrt der Bf auf seinem unzureichenden Vorbringen, obwohl ihm mit dem h. Verbesserungsauftrag die sehr unscharfe Formulierung "Betretung bzw. Durchsuchung der Liegenschaft des Beschwerdeführers" (vgl Beschwerde, Seite 4) ausdrücklich vorgehalten worden ist. Zur Unzulässigkeit der gegenständlichen Beschwerde argumentiert die Gegenschrift der belangten Behörde, dass die Gattin des Bf und Frau C T mit A S eine Unterhaltung führten, ohne ihn aufzufordern, das Grundstück zu verlassen, weshalb sie seiner Anwesenheit zustimmten. Die "Verbesserung" reagiert darauf mit der pauschalen Behauptung, dass die Gattin des Bf "unmissverständlich zu verstehen gegeben hat, dass sie keine Einwilligung zur Durchsuchung ihrer Scheune erteile ...", ohne dazu freilich Konkretes vorzubringen.

 

4.4. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates hat der Bf die außerhalb des § 26 AuslBG statt gefundene Erhebung des A S auf seinem Grundstück als eigenmächtig empfunden und versucht nun diese bloße Nachschau zwecks Feststellung der aktuellen Verhältnisse vor Ort als die Vornahme einer Hausdurchsuchung hoch zu stilisieren. Wie der Polizeibeamte A S, Inspektionskommandant von Ternberg, in seinem Bericht vom 28. Oktober 2005, Zl. E/12024/05, an die belangte Behörde schlüssig und nachvollziehbar dargestellt hat, wollte er auf Grund von Beschwerden aus der Bevölkerung anlässlich einer Dienstfahrt am 6. September 2005 überprüfen, ob das Fahrzeug der bei früheren Kontrollen nach dem AuslBG angetroffenen zwei polnischen Arbeiter (vgl Strafanträge des Zollamtes Linz vom 3. Juni und 26. August 2005, Zlen. 500/71023/1/2005 und 500/76163/2/2005) noch auf dem über die Hocheinfahrt befahrbaren Heuboden (Scheune) abgestellt ist und ob dort auch noch zwei Betten für die freie Unterkunft der Polen neben dem PKW stehen. Dazu ging er die wenigen Meter vom abgestellten Dienstfahrzeug am Güterweg R (Westseite des Objekts) , ohne einen Zaun zu übersteigen, über die Wiese zur Hocheinfahrt, um den Heuboden, bei dem ein Torflügel offen stand, vollständig einsehen zu können. Noch auf der Wiese vor dem Tor stehend, konnte er feststellen, dass der PKW und die beiden Betten nicht mehr am Heuboden waren. Gleichzeitig nahm er die Gattin des Bf wahr, trat in den Heuboden ein und führte mit ihr und der später noch dazu kommenden C T ein Gespräch über den Grund seiner Anwesenheit, ohne weitere Schritte zu setzen. Nach der Unterhaltung verließ er den Heuboden und fuhr Richtung T.

 

Dieser dem Parteiengehör unterzogenen, schlüssigen und widerspruchsfreien Darstellung des Vorfalls durch den Polizeibeamten ist der Bf trotz hinreichender Gelegenheit in seinem Verbesserungsschriftsatz nicht mit einer konkreten Gegendarstellung, sondern nur mit ganz allgemein gehaltenen und kaum glaubhaften Behauptungen entgegen getreten, die offenbar auch auf falschen Rechtsansichten beruhen. Tatsächlich kann überhaupt keine Rede von einer Durchsuchung sein, zumal A S nur eine Nachschau, bei der er einen kurzen Blick in die Scheune werfen musste, zwecks Feststellung der aktuellen Situation vorgenommen hat. Er wollte gerade nicht nach Personen oder Sachen suchen, von denen unbekannt war, wo sie sich befinden. Vielmehr wusste er auf Grund der Kontrolle der Zollorgane (KIAB) nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am 25. August 2005, was sich am Heuboden (Scheune) befunden hat. Er wollte nur feststellen, ob die Verhältnisse (PKW und Betten am Heuboden) gleich geblieben sind oder nicht. Ein solches Verhalten zur Erhebung eines Umstandes ohne jede systematische Besichtigung - eine solche wurde vom Bf nicht einmal im Ansatz behauptet - stellt nach der einschlägigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs keine Hausdurchsuchung dar.

 

Ein bloßes Betreten einer Wohnung, etwa um zu sehen, von wem sie bewohnt wird, oder zur Feststellung der Räume nach Größe, Zahl und Beschaffenheit ist nicht als Hausdurchsuchung zu beurteilen (vgl etwa VfSlg 12.056/1989; VfSlg 14.864/1997).

Betritt ein Erhebungsorgan der Fernmeldebehörde einen Büroraum zwecks fernmeldebehördlicher Nachschau und beschlagnahmt dort zwei frei sichtbar aufgestellte Fernmeldegeräte, so liegt darin keine Hausdurchsuchung (vgl VfSlg 11.650/1988).

 

Darauf, ob die Gattin des Bf und seine Schwiegermutter "unmissverständlich zu verstehen gegeben haben", ihre Einwilligung zur Nachschau des A S nicht zu erteilen, kommt es nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs nicht an. Ebenso wenig relevant für die begrifflichen Voraussetzungen der gegenständlichen Beschwerde erscheint der Umstand, ob S im Auftrag der belangten Behörde als Verwaltungsstrafbehörde oder aus eigenem Antrieb die beschriebene Nachschau vornahm. Schließlich spielt es entgegen der Ansicht des Bf auch keine Rolle, ob A S rüde nach den Polen gefragt hat oder nicht.

 

4.5. Art 8 EMRK gewährleistet Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Dieses Grundrecht reicht über den Schutzbereich des Art 9 StGG hinaus und dient dem Schutz der Intimsphäre des Individuums (vgl VfSlg 12.056/1989). Im vorliegenden Fall war allerdings keine Räumlichkeit des privaten Lebensbereiches des Bf betroffen, er wurde nicht in der Intimität seiner Wohnung gestört (dazu näher Mayer, BVG3 [2002] Art 8 MRK Anm II.3. mit Nachw aus der Judikatur). Der Heuboden bzw die Scheune kann jedenfalls nicht als Wohnung des Bf angesehen werden. Somit scheidet ein Eingriff nach Art 8 EMRK von vornherein aus.

 

Auch das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG konnte nicht verletzt worden sein, weil die belangte Behörde für ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zweifellos zuständig ist und durch die bloße Nachschau des A S auch kein Akt der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden ist. Hätte er bei der Nachschau den PKW der Polen vorgefunden, hätte A S nach eigenen Angaben die KIAB des Zollamts Linz für eine weitere Kontrolle iSd § 26 AuslBG angefordert. Somit wären die gemäß § 26 Abs 2 AuslBG befugten Organe verständigt worden.

 

Außerdem verkennt der Bf mit seinen Ausführungen zur Unzuständigkeit offenbar auch das Betretungsrecht der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem am 6. September 2005 noch in Kraft gewesenen § 71 Abs 5 Fremdengesetz 1997 (Aufhebung durch Art 5 des Fremdenrechtspaketes, BGBl I Nr. 100/2005, mit Ablauf des 31.12.2005). Danach waren diese Organe ermächtigt, Betriebsstätten und Arbeitsstellen zu betreten, wenn der Verdacht bestand, dass sich dort Fremde befinden, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Dieser Verdacht in Bezug auf die beiden polnischen Arbeitskräfte bestand nach dem gegebenen Sachverhalt schon wegen der vorangegangenen Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch die Organe (KIAB) des Zollamtes Linz. Ein Aufenthalt von Polen zum Zwecke von unselbständigen Arbeitsleistungen konnte mangels derzeit bestehender Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen 10 EU-Mitgliedsstaaten auch nicht rechtmäßig sein.

 

5. Zusammenfassend war aus den oben dargelegten Gründen festzustellen, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kein tauglicher Beschwerdegegenstand vorgebracht worden ist. Somit war die Beschwerde mangels eines anfechtbaren Beschwerdegegenstandes zurückzuweisen (vgl bspw etwa VfSlg 11.650/1988).

 

Bei diesem Ergebnis war der Bf gemäß § 79a Abs 3 AVG als unterlegene Partei anzusehen. Dem Bund war als dem Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, antragsgemäß Aufwandersatz gemäß dem § 79a AVG zuzusprechen. Im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde ein Vorlageaufwand und ein Schriftsatzaufwand entstanden, der mit den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 des Bundeskanzlers (BGBl II Nr. 334/2003) zu berechnen ist. Gemäß § 1 Z 3 der zitierten Verordnung beträgt der Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde 51,50 Euro und gemäß § 1 Z 4 jener für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde 220,30 Euro. Insgesamt waren daher 271,80 Euro zuzuerkennen.

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerdeschrift und den Verbesserungsschriftsatz in Höhe von je 13 Euro, insgesamt somit 26 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. W e i ß

 

 

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