Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440002/22/Kl/Rd

Linz, 22.11.1995

VwSen-440002/22/Kl/Rd Linz, am 22. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des H P, vertreten durch RA wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Zurechnung der BPD Linz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16.11.1995 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von insgesamt 6.511 S binnen vierzehn Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG sowie § 88 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl.Nr. 566/1991.

zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 7.9.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 12.9.1995, wurde Beschwerde nach § 88 SPG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der BPD Linz am 22.8.1995, nämlich durch die gegen 8.00 Uhr erfolgte Aufforderung, zum Wachzimmer bei sonstiger Festnahme mitzukommen, und die von 9.30 Uhr bis 11.00 Uhr verfügte fortdauernde Anhaltung auf dem Polizeiwachzimmer Hauptbahnhof in Linz, erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit unter Zuerkennung des Kostenersatzes beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer über einen rechtsgültigen englischen Führerschein verfüge, in Großbritannien einen Wohnsitz habe, aber österreichischer Staatsbürger sei, und nunmehr für seinen Bruder E P in Österreich beschäftigt sei. Er sei Zulassungsbesitzer eines in Großbritannien zugelassenen LKW und Halter eines Anhängers, welchen er nach Österreich verbracht habe und am 22.8.1995 mit dem in Österreich zugelassenen LKW Ford Transit, amtl. Kennzeichen , unter Verwendung des gleichen Kennzeichens - eine entsprechende Kennzeichentafel sei in Großbritannien angefertigt worden - in Linz gelenkt und vor dem Hauptbahnhof zum Parken abgestellt habe. Bei seiner Beanstandung habe er dann den englischen Führerschein sowie die Rechnung für die Herstellung der Kennzeichentafel vorweisen können. Trotzdem sei er vom einschreitenden Organ unter gleichzeitiger Androhung der Festnahme aufgefordert worden, auf das Wachzimmer (WZ) mitzukommen. Obwohl durch seine Brüder sodann die Identität als auch der Sachverhalt betreffend LKW und Anhänger geklärt werden konnte, sei er am WZ weiterhin angehalten und in seiner Bewegungsfreiheit beschränkt worden, was einer formellen Verhaftung gleichgestellt ist. Der Beschwerdeführer sei daher in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt.

In eventu wurde in dem selben Schriftsatz auch Beschwerde gemäß § 89 Abs.1 SPG erhoben.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 16.10.1995 eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie im wesentlichen darlegte, daß am gegenständlichen LKW und Anhänger die gleichen Kennzeichen angebracht waren, wobei nach genauerer Betrachtung der Sicherheitswachebeamte davon ausgehen mußte, daß es sich beim Anhänger um eine gefälschte Kennzeichentafel handelte. Auch konnte der Beschwerdeführer zum Führerschein befragt nur einen Zettel ohne behördliche Stempel und Unterschriften sowie ohne Lichtbild des Inhabers vorweisen. Auch sonst hatte er keinen Lichtbildausweis bei sich. Eine englische Zulassung für den Anhänger konnte er nicht aufweisen. Der Beschwerdeführer sei aber völlig freiwillig und ohne jeden Zwang und auch ohne Zwangsandrohung um ca. 9.20 Uhr mit in das WZ Hauptbahnhof gegangen.

Es gab für eine Festnahme für das einschreitende Organ keinen Grund, weil sich der Beschwerdeführer bereiterklärte, freiwillig zum WZ mitzukommen. Überdies konnte anläßlich der Feststellungen über die einer österreichischen Kennzeichentafel ähnliche verwendete Kennzeichentafel von einem gerichtlich strafbaren Tatbestand ausgegangen werden.

Schließlich war in Ermangelung eines Lichtbildes bzw.

-ausweises die Identität des Beschwerdeführers nicht geklärt.

Auch wurden auf dem WZ die erforderlichen Ermittlungen hinsichtlich des Führerscheines, der Kennzeichentafel und der Zulassung durch die Polizeibeamten durchgeführt und entsprechende Telefonate getätigt. Der Beschwerdeführer hätte aber jederzeit das WZ Hauptbahnhof verlassen und dann die Aufnahme der Niederschrift verweigern können. Auch werde die Behauptung, daß versucht worden wäre, die Niederschrift verfälscht aufzunehmen, bestritten.

Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß die Niederschrift schließlich vom Beschwerdeführer eigenhändig unterschrieben worden ist. Auch sei dem Beschwerdeführer eine Bestätigung über die Abnahme der Kennzeichentafel ausgehändigt worden.

Die Amtshandlung sei rasch und zügig und ohne unnötige Verzögerungen bzw. absichtliche Unterbrechungen in der kürzest möglichen Zeit durchgeführt worden. Es werde daher die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt.

Von der belangten Behörde wurden auch die bezughabenden Aktenteile, nämlich Anzeige und Niederschrift vom 22.8.1995 sowie in dieser Angelegenheit erlassene Strafverfügungen der BH Urfahr-Umgebung vom 10.10.1995 vorgelegt.

3. Im Hinblick auf eine Beschwerde gemäß § 89 Abs.1 SPG wurde vom O.ö. Verwaltungssenat eine Ausfertigung des Beschwerdeschriftsatzes der BPD Linz als Dienstaufsichtsbehörde weitergeleitet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die eingebrachten Schriftstücke sowie durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.1995, zu der der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind und in welcher auch die geladenen Zeugen RI R S und BI K G beide WZ Hauptbahnhof der BPD Linz, C P und H P einvernommen wurden. Der ebenfalls geladene Zeuge E P ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen; auf seine Einvernahme wurde von den Parteien verzichtet.

Folgender Sachverhalt ist daher erwiesen:

4.1. Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger, aber bereits seit etwa 25 Jahren in Großbritannien, Birmingham, wohnhaft. Er ist seit Juli oder August 1995 in Österreich aufhältig, aber nicht gemeldet. Er wohnt bei seinem Bruder E P in A. Der Beschwerdeführer verfügt über eine nationale englische Lenkerberechtigung, ausgestellt durch DVLA Swansea. Der Führerschein, ausgestellt für die Gruppen B, C1, D1, B+E, C1E7, D1E7 und D1E1, weist keine behördlichen Beurkundungen und kein Lichtbild auf.

Der Beschwerdeführer ist Halter eines in England zugelassenen LKW Dodge mit dem Kennzeichen C533KOE und eines Anhängers. Für diesen Anhänger wurde laut vorgelegter Rechnung vom 1.8.1995 der Europlate Ltd in Birmingham das Kennzeichen mit roter Linie angefertigt und ausgestellt.

4.2. Der Beschwerdeführer arbeitet nunmehr im Betrieb seines Bruders E P. Am 22.8.1995 morgens lenkte der Beschwerdeführer den LKW Ford Transit, Kennzeichen , (Halter ist E P) mit dem (englischen) Anhänger mit dem Kennzeichen in L und parkte ihn vor dem Hauptbahnhof Linz, im Bereich der alten Gepäcksaufbewahrung.

Der einschreitende Sicherheitswachebeamte RI S wurde um 8.45 Uhr auf das Fahrzeug, insbesondere im Hinblick auf die gleichlautenden Kennzeichentafeln und die Ausfertigung der Kennzeichentafel des Anhängers, ein einem österreichischen Kennzeichen ähnliches Kennzeichen, welches nachgemacht sein dürfte und bei welchem das Wappen fehlt, aufmerksam und er konnte etwa gegen 9.00 Uhr bei der nächstgelegenen Baustelle den Beschwerdeführer, welcher angab, der Lenker des Fahrzeuges zu sein, ausfindig machen.

Zunächst berief sich der Beschwerdeführer auf seine österreichische Staatsbürgerschaft, dann wies er über Verlangen des Organs den bereits unter Punkt 4.1. beschriebenen englischen Führerschein vor, konnte jedoch keinen Lichtbildausweis vorweisen. Es wurde die Kennzeichentafel des Anhängers vom Sicherheitswachebeamten abgenommen. Da die Dokumentqualität augenscheinlich nicht ersichtlich war und die Zulassung der Fahrzeuge aufklärungsbedürftig war, kam der Beschwerdeführer mit dem Sicherheitswachebeamten mit zum nächstgelegenen WZ Hauptbahnhof, um durch Telefonate, insbesondere mit dem Bruder E P, für den der Beschwerdeführer arbeitete und welcher für die Fahrzeuge verantwortlich war, aufzuklären. Am WZ war der Wachkommandant BI K G anwesend, welchem kurz Bericht erstattet wurde und der dann bei der gesamten weiteren Amtshandlung anwesend war und auch selbst Ermittlungen durchführte. Dies war etwa um 9.20 Uhr oder 9.30 Uhr.

4.3. Auf dem WZ erfolgte eine telefonische Kontaktnahme mit dem Bruder E P, welcher die Angaben zur Person bestätigte und auch die Klärung der noch offenen Fragen durch die Entsendung des weiteren Bruders H P in das WZ sowie das Beibringen von Unterlagen ankündigte.

Herr H P ist über telefonisches Ersuchen seines Bruders E P um etwa 10.00 Uhr in das WZ gekommen und hat den Beschwerdeführer identifiziert bzw.

dessen Persönlichkeit bestätigt. Hinsichtlich der Gültigkeit der Lenkerberechtigung stützte sich der Beschwerdeführer sowie auch sein Bruder auf Zusagen und Auskünfte des Führerscheinreferates der BPD Linz sowie auch der BH Urfahr-Umgebung. Diese Angaben wurden durch die jeweilige telefonische Kontaktnahme durch den Sicherheitswachebeamten überprüft und konnten nicht bestätigt werden. Auch Berufungen auf Auskünfte bzw. Bestätigungen des Verkehrsministeriums konnten weder durch Vorlage einer Bestätigung noch durch telefonische Kontaktnahme nachgewiesen werden. Nach den Ermittlungen wurde um 10.02 Uhr mit der Aufnahme des Sachverhaltes in einer Niederschrift mit dem Beschwerdeführer in Anwesenheit seines Bruders H P als Vertrauensperson begonnen. Die Niederschrift wurde aktenkundig um 11.45 Uhr beendet und sowohl vom einschreitenden Organ als auch vom Wachkommandanten sowie dem Beschwerdeführer und seiner Vertrauensperson eigenhändig unterfertigt.

Laut Angaben des Organs wurde eine Bestätigung über die Kennzeichenabnahme ausgestellt. Danach, etwa gegen 12.00 Uhr haben alle das WZ verlassen.

Zu ergänzen ist, daß während der Abfassung der Niederschrift die Schwägerin C P aufs WZ Hauptbahnhof kam (gegen 11.00 Uhr) und den Reisepaß des Beschwerdeführers vorwies.

Etwa gegen 12.40 Uhr kam Herr E P ins WZ, um die Verwendung der Fahrzeuge und die Zulassung zu klären.

4.4. Die Beschwerdebehauptungen, daß zum Mitkommen unter Androhung der Festnahme aufgefordert wurde, sowie die Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt im Hinblick auf eine Anhaltung im WZ konnten hingegen aus nachfolgenden Gründen nicht erwiesen werden.

Der als Zeuge einvernommene und unter Wahrheitspflicht stehende RI S machte vor dem erkennenden Verwaltungssenat einen seriösen und glaubwürdigen Eindruck. Er legte sachlich die von ihm am 22.8.1995 durchgeführte Amtshandlung dar. Bei seiner Aussage verwickelte sich der Zeuge in keinerlei Widersprüche. Auch unter mehrmaligem Hinweis des Beschwerdeführervertreters auf die Wahrheitspflicht bekräftigte der Zeuge seine Aussage. Im übrigen deckt sich seine Aussage auch mit den schriftlichen Aufzeichnungen in der Anzeige sowie auch in der nachfolgend mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift. Auch wird seine Aussage im Hinblick auf die weitere Amtshandlung im WZ durch den ebenfalls zeugenschaftlich einvernommenen Wachkommandanten bestätigt. Daß sich der Zeuge bei seiner Einvernahme aber nicht mehr an sämtliche Details erinnern konnte, bekräftigt nur seine Glaubwürdigkeit. Der Zeuge lieferte keinerlei Anlaß zu Zweifeln über die Richtigkeit seiner Aussage.

Danach ergab sich aber einwandfrei, daß der Beschwerdeführer selbständig und freiwillig zum WZ kommen wollte, um telefonischen Kontakt mit seinem Bruder E P aufzunehmen und den weiteren Sachverhalt klären zu können, zumal er nicht alle erforderlichen Papiere bei sich hatte.

Einen Nachweis, daß der Beschwerdeführer unfreiwillig zum WZ mitkam, nämlich unter der Androhung, daß er ansonsten festgenommen werde, konnte er nicht erbringen. Im übrigen zeigte auch das weitere Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich die Anregung, seinen Bruder anzurufen, sowie auch die weiters genannten Dienststellen der BPD Linz sowie der BH Urfahr-Umgebung zu kontaktieren, daß der Beschwerdeführer selbstständig und nicht unter Androhung von Zwang an der Klärung des Sachverhaltes interessiert war. Schließlich gab auch der Wachkommandant glaubhaft in seiner Zeugenaussage an, daß er den Sicherheitswachebeamten gefragt hätte, ob der Beschwerdeführer freiwillig mitgekommen sei, und ihm dies bestätigt wurde. Auch waren für den Wachkommandanten keine Anzeichen einer Festnahme vorhanden und hat sich der Beschwerdeführer letztendlich auch nie ihm gegenüber wegen der Festnahme beschwert. Vielmehr hat sich der Beschwerdeführer gleich beim Eintreffen im WZ gegen die Abnahme der Kennzeichentafel beim Anhänger ausgesprochen. Es würde aber eher der Lebenserfahrung entsprechen, daß sich ein Festgenommener zunächst wegen der Freiheitsbeschränkung beschweren würde und dann erst gegen den Eingriff in Sachwerte, wie die Abnahme der Kennzeichentafel.

Aber auch hinsichtlich des weiteren Verbleibs bzw. Aufenthaltes am WZ Hauptbahnhof konnte das Nichtvorliegen der Freiwilligkeit vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht festgestellt werden bzw. konnten keine diesbezüglichen Nachweise erbracht werden. Es haben nämlich sowohl RI Schypani als auch BI G mehrmals ausgesagt, daß der Beschwerdeführer jederzeit hätte das WZ verlassen können und daß er auch die Aufnahme der Niederschrift hätte verweigern können, ja auch zuletzt die Unterschrift auf der Niederschrift hätte verweigern können. Hingegen gaben beide an, daß der Beschwerdeführer freiwillig mitgewirkt hat und auch einer Aufnahme der Niederschrift zugestimmt hat und diese letztlich auch unterschrieben hat.

Abgesehen von der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen war vom erkennenden Verwaltungssenat dabei auch zu würdigen, daß eine ausführliche Niederschrift aufgenommen wurde und diese Niederschrift auch vom Beschwerdeführer unterschrieben wur de. Daß er zur Unterschriftsleistung gezwungen worden wäre, wurde von ihm nicht behauptet. Schließlich ist ihm auch entgegenzuhalten, daß während der gesamten Abfassung der Niederschrift auch seine Vertrauensperson, nämlich sein Bruder H P, anwesend war, welcher ebenfalls einen Widerspruch bzw. eine Beschwerde über das Festhalten hätte äußern können bzw. auch die Niederschrift und die Unterzeichnung verweigern hätte können. Daß nämlich dieser gezwungen oder festgenommen worden wäre, wurde nicht behauptet. Es ist dem Beschwerdeführer daher entgegenzuhalten, daß durch die unterschriftliche Bestätigung der Vertrauensperson die Richtigkeit der Niederschrift bestätigt und erhärtet wird. Der Hinweis der Rechtsunkundigkeit des Beschwerdeführers und seiner Vertrauensperson aber kann diesen Beweis nicht entkräften, zumal bei jedem österreichischen Staatsbürger ein Mindestmaß an Rechtskenntnis und Rechtsempfinden vorausgesetzt und daher zugrundegelegt werden kann, daß er grundsätzlich niemals zur unfreiwilligen Unterschriftsleistung verpflichtet ist.

Daß aber ein Zwang zur Unterschriftsleistung im gegenständlichen Fall ausgeübt wurde, wurde nicht behauptet. Schließlich wird auf Widersprüchlichkeiten des Beschwerdeführers selbst hingewiesen, wonach zB behauptet wird, daß der Beschwerdeführer im Telefonat mit der Schwägerin ausführte, daß sie den Reisepaß bringen müßte, weil er sonst festgenommen werde, sowie auch im Telefonat mit dem Bruder E P, daß dieser binnen 30 Min. kommen müsse, weil er sonst festgenommen werde, wonach ersichtlich ist, daß er weder bei dem einen noch bei dem anderen Telefonat schon tatsächlich angehalten, also in seiner Freiheit eingeschränkt, war. Schließlich konnten diese Androhungen nicht einmal nachgewiesen werden, weil die zeugenschaftlich einvernommene C P ohne Zweifel aussagte, daß von Festnahme nie die Rede war und daß ihr gegenüber auch nie die drohende Festnahme erwähnt wurde.

4.5. Die Aussagen der Zeugen RI S und BI G konnten den Sachverhaltsfeststellungen zugrundegelegt werden und wurden als glaubwürdig befunden, weil keine wesentlichen Widersprüche auftraten und die beiden Zeugen sehr glaubwürdig und sachlich auftraten. Auch wurden sie mehrmals während der Einvernahme auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen, und bekräftigten sie ohne Zögern ihre Aussage. Demgegenüber war aber anzumerken, daß der Beschwerdeführer und die von ihm angebotenen Zeugen, welche zwar ebenfalls unter Wahrheitspflicht aussagten, sich doch in erhebliche Widersprüche verwickelten. Solche Widersprüche ergaben sich insbesondere zum chronologischen Ablauf. Diesbezüglich ist der O.ö.

Verwaltungssenat den Aussagen der Sicherheitswachebeamten, welche in der Anzeige und der Niederschrift dokumentiert und bestätigt sind, gefolgt. Auch die schriftliche Beschwerdeeingabe deutet maßgeblich auf einen Zeitablauf nach den Aussagen der Sicherheitswachebeamten hin, so zB die behauptete fortdauernde Anhaltung "ab 9.30 Uhr bis 11.00 Uhr", also nach einhelliger Aussage der Sicherheitswachebeamten genau jener Zeitpunkt (9.30 Uhr) an dem der Beschwerdeführer mit dem RI auf das WZ gekommen ist und 11.00 Uhr, nämlich jener Zeitpunkt, an dem nach den zitierten Aussagen Frau C P aufs WZ mit dem Reisepaß eingetroffen ist. Zum Zeitpunkt ca. 9.30 Uhr wird in der Beschwerde auch noch angegeben, daß zu diesem Zeitpunkt die Identifizierung durch den Bruder H P erfolgte. Entgegen diesen schriftlichen Ausführungen brachte der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung eine Variante vor, daß der Bruder H P bereits um 8.15 Uhr im WZ eingetroffen sei, seine Schwägerin C P kurz vor Beginn der Niederschrift, also etwa 10.00 Uhr. Dies deckt sich aber nicht mit den Aussagen des Zeugen H P, welcher angab, bereits um 9.00 Uhr im WZ eingetroffen zu sein, wobei C P bereits telefonisch verständigt war. Diese kam nach seinen Aussagen um 10.15 Uhr ins WZ. Frau C P selbst gab aber an, daß sie um 8.30 Uhr telefonisch über die Beibringung des Reisepasses kontaktiert wurde und um 10.15 Uhr ins WZ kam. Auch diese Aussage deckt sich nicht mit jener des Beschwerdeführers, weil zu diesem Zeitpunkt (8.30 Uhr), nach seiner Variante bereits sein Bruder H P im WZ anwesend war. Aus dieser Sicht ist auch unverständlich, eine fortdauernde Anhaltung erst ab 9.30 Uhr zu behaupten, wenn das Eintreffen beim WZ schon um 8.00 Uhr (laut Beschwerdeführer) stattgefunden hätte. Zu diesem Zeitpunkt (8.00 Uhr) hat laut Aussage des Beschwerdeführers auch ein Telefonat mit seinem Bruder E P stattgefunden, bei welchem er ihn aufforderte, binnen 30 Min. zu kommen, weil er sonst festgenommen werde.

Wenn laut Beschwerdeführer Herr H P erst um 8.15 Uhr im WZ eingetroffen ist bzw. laut Zeugenaussage H P erst um 9.00 Uhr im WZ eingetroffen ist, so konnte dieser aber ein Telefonat mit E P über einen solchen Inhalt vor seinem Eintreffen nie bestätigen, was er aber tatsächlich in seiner Aussage tat.

Diese Widersprüche sind nur beispielshaft aufgezählt. Für den erkennenden Verwaltungssenat ergab sich aber das Bild eines nicht mehr ganz zuverlässigen Erinnerungsvermögens sowohl des Beschwerdeführers als auch der Zeugen H und C P.

Auch würdigte der Verwaltungssenat, daß diese verwandt sind, und daß doch schon eine geraume Zeit vom Vorfall bis zur mündlichen Verhandlung verstrichen ist.

Auch war zu berücksichtigen, daß angesichts des doch ungewöhnlichen Ereignisses, nämlich Schwierigkeiten des aus England gekommenen Bruders in Verkehrsangelegenheiten und dessen Aufenthalt am WZ, die Wahrnehmungsfähigkeit der Zeugen etwas beeinträchtigt war, was durch eine Beunruhigung und innerliche Erregtheit leicht begreiflich und verständlich ist und auch der Lebenserfahrung entspricht, handelt es sich doch um ein Familienmitglied. Keinesfalls vermochten diese Aussagen daher die Angaben der einschreitenden Beamten zu erschüttern.

5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Die vorliegende Beschwerde wurde ausdrücklich auf das Sicherheitspolizeigesetz gestützt.

Gemäß § 88 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Außerdem erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist (§ 88 Abs.2 SPG).

Schon aufgrund des Wortlautes der zitierten Gesetzesstellen ergibt sich, daß die darin vorgesehenen Beschwerdemöglichkeiten sich lediglich auf den Anwendungsbereich des SPG, nämlich die Sicherheitspolizei bzw. Sicherheitsverwaltung erstrecken (§ 1 und § 88 Abs.2 SPG).

Eine über den Bereich der Sicherheitspolizei hinausgehende Kompetenz zur Entscheidung über Maßnahmen in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kommt den unabhängigen Verwaltungssenaten schon gemäß dem Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG zu, weshalb § 88 Abs.1 SPG nur deklaratorischen Charakter hat.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes war die Freiwilligkeit nachgewiesen, und zwar sowohl hinsichtlich des Mitkommens auf das WZ als auch hinsichtlich des weiteren Aufenthaltes am WZ Hauptbahnhof in Linz. Es wurde weder eine Androhung der Festnahme noch eine Festnahme an sich ausgesprochen und war ein solches auch nicht erforderlich im Grunde des Verhaltens des Beschwerdeführers.

Zulässiger Anfechtungsgegenstand ist aber nur ein solcher Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, welcher eine Amtshandlung im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, welcher eine rechtsfeststellende oder -erzeugende Wirkung beigemessen werden kann, die sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet und sohin einen individuellen normativen Inhalt hat. Es ist daher nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts erforderlich, daß physischer Zwang unmittelbar angewendet wurde oder ein verwaltungsbehördlicher Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch erteilt wurde, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durch unmittelbare Gewaltanwendung durchgesetzt worden wäre (vgl. zB VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VSlg 11935/1988, 10319/1985; 9931/1984 u. 9813/1983). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist grundsätzlich ein positives Tun erforderlich. Ein solches wurde nicht behauptet. Auch konnte der behauptete Befehl, nämlich mitzukommen, mit sofort folgendem Zwang nicht nachgewiesen werden. Aus dem Sachverhalt ist vielmehr erwiesen, daß ein solcher Befehl nicht ergangen ist bzw. eine Gewaltanwendung nicht angedroht wurde. Da es daher an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand im Hinblick auf den Beschwerdeantrag gemäß § 88 Abs.1 SPG ermangelt, war die Beschwerde unzulässig. Die Maßnahmenbeschwerde ist nämlich nur als subsidiäres Rechtsmittel zur Abdeckung eines sonst nicht anders gewährleisteten Rechtsschutzes in der Rechtsordnung vorgesehen und konzipiert. Es war daher auch eine außerhalb des SPG mögliche Maßnahmenbeschwerde nach Art.

129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG zurückzuweisen.

5.2. Soweit sich die Beschwerde aber gegen eine Rechtsverletzung auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung (§ 88 Abs.2 SPG) richtet, ist dieses Beschwerdeinstrument nur im Rahmen der Sicherheitsverwaltung anwendbar und zulässig. Sicherheitsverwaltung besteht nach § 2 Abs.2 SPG aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus diesem, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten. Die Sicherheitspolizei besteht aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei, und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht (§ 3 SPG). Wenn der VfGH in langjähriger Judikatur auch die Angelegenheiten der Strafjustiz zur "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit" zählt, hat aber nunmehr das SPG eine Klärung und Einschränkung dahingehend getroffen, daß das Tätigwerden der Sicherheitsbehörden und ihrer Organe im Dienste der Strafjustiz nicht der Sicherheitsverwaltung zuzurechnen ist (vgl. Hauer-Kepplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Seite 418, Anm. 15).

Diese Interpretation ergibt sich auch anhand der Bestimmungen der §§ 20 ff SPG, wonach die Aufgaben im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit die Gefahrenabwehr, den vorbeugenden Schutz von Rechtsgütern, die Fahndung, die kriminalpolizeiliche Beratung und die Streitschlichtung umfassen. Ist ein gefährlicher Angriff bereits beendet, und ist ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig, so gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO (§ 21 Abs.2 iVm § 22 Abs.3 zweiter Satz SPG).

Bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt ist, weil nach dem gefährlichen Angriff (hier Tatbegehung gemäß § 223 oder § 224 StGB) mit weiteren Angriffen nicht zu rechnen ist, die Klärung der Straftat allein nach der Maßgabe der StPO durchzuführen. Es endet daher die Anwendbarkeit des SPG sowohl hinsichtlich der Regelungen über die Befugnisse, als auch den anschließenden Rechtsschutz (vgl. auch Hauer-Kepplinger, Seite 122).

Außerhalb der Sicherheitsverwaltung ist aber eine Beschwerdemöglichkeit gegen "schlichtes Hoheitshandeln" wie sie in § 88 Abs.2 SPG eröffnet wird - in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehen.

Aber auch bei Beurteilung des Sachverhaltes nach dem kraftfahrrechtlichen Aspekt, wäre eine diesbezügliche Beschwerde nach § 88 Abs.2 SPG unzulässig, weil Angelegenheiten der "Verwaltungspolizei" - nämlich ein Einschreiten im Rahmen einzelner Verwaltungsrechtsgebiete, wie dem Kraftfahrgesetz - nicht vom SPG und daher auch nicht von der obzitierten Beschwerdemöglichkeit erfaßt sind.

5.3. Die Abnahme der Kennzeichentafel als Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt wurde nicht angefochten und war ausdrücklich von der Beschwerde nicht erfaßt. Eine diesbezügliche Sachentscheidung war daher nicht zu treffen.

6. Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu.

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist bei Anwendung des § 79a AVG die nach Art und Gegenstand ähnlichste Kostenregelung der § 47 ff VwGG iVm der auf § 49 VwGG gestützten Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers heranzuziehen, wobei die Pauschalsätze um ein Drittel zu kürzen sind. Weil der VwGH weiters unter Hinweis § 51 VwGG klargestellt hat, daß auch im Falle der Zurückweisung einer Beschwerde die belangte Behörde als obsiegende Partei iSd § 79a AVG anzusehen ist (vgl. VwGH 27.1.1994, 93/18/0605), waren der belangten Behörde gemäß § 59 Abs.3 Satz 3 VwGG die Pauschbeträge für Schriftsatzaufwand von 2.667 S, Vorlageaufwand von 377 S und Verhandlungsaufwand von 3.467 S, zuzusprechen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers war daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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