Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440048/3/SR/Ri

Linz, 27.07.2005

 

 

 VwSen-440048/3/SR/Ri Linz, am 27. Juli 2005

DVR.0690392
 
 
 
 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider auf Grund der Beschwerde des K S, Hstraße, Linz gemäß § 89 SichPolG wegen behaupteter Richtlinienverletzungen am 12. August und am 14. August 2004 durch eine dem Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz zuzurechnende Beamtin, folgenden Beschluss gefasst:

 

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs. 1 Z 3 B-VG iVm § 89 SPG und §§ 67c bis 67g, 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2005, beim Oö. Verwaltungssenat persönlich eingebracht am 6. Juni 2005, hat der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), eine Beschwerde gemäß § 89 Sicherheitspolizeigesetz (im Folgenden: SPG) eingebracht und den Antrag gestellt, der

 

"Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge eine Entscheidung dahingehend fällen, dass Frau RI E O am 12.08.2004 gegen die Richtlinienverordnung BGBl 266/1993 verstoßen hat, indem sie mich ohne Rechtsbelehrung zum Alkomattest aufgefordert und sich dabei insgesamt sehr unhöflich und sehr forsch verhalten hat, sowie dadurch, dass sie am 14.08.2004 bei der Protokollerstellung über diesen Vorfall einige Fehler machte, danach nicht bereit war diese zu korrigieren und zudem auch noch meine Begleiterin und Vertrauensperson aus dem Zimmer weisen wollte".

 

Im Anschluss daran verwies der Bf auf seine Beschwerdeausführungen vom 23. September 2004, seine Schriftsätze, seine Aussage und die Zeugenaussagen in der Berufungsverhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat zu VwSen-160358/2/Ki/Ka/An.

 

Begründend führte der Bf weiter aus, dass es Zweck der Richtlinienverordnung sei, jegliche Behördenwillkür im Keim zu ersticken. Das Verhalten der einschreitenden Beamtin sei willkürlich, sachlich nicht gerechtfertigt gewesen und habe damit einen Verstoß gegen den verfassungsgesetzlich verankerten Gleichheitsgrundsatz dargestellt. Gezeigt habe sich dies im Ausgang des o.a. Berufungsverfahrens. Bereits im genannten Berufungsverfahren habe er aufgezeigt, dass die einschreitende Beamtin auch in anderen Situationen Fehleinschätzungen vorgenommen und Menschen durch ihr Verhalten beinahe geschädigt hätte.

 

Weiters brachte der Bf vor, dass "immer wieder hervorgehoben würde, dass eine Beamtin, welche neben einer Bestrafung wegen falscher Zeugenaussage auch noch disziplinarrechtliche Konsequenzen zu befürchten hätte, gewiss keine unrichtigen Angaben machen würde. Im Zusammenhang mit diesen Gedanken möge die Behörde erwägen, dass Frau Mag. P aufgrund ihres Berufes als Rechtsanwaltsanwärterin ebensolche Konsequenzen zu befürchten hätte. Weiters möge man überlegen, dass eine oberflächliche, globale Beurteilung von Zeugenaussagen dazu führen könnte, dass - beispielsweise - Polizeibeamte aufgrund ihres Status immer höhere Bonität gegenüber Nicht-Beamten genießen. - Ob dieser Status manchmal durch die eine oder andere Amtsperson ausgenützt wird, um - gleichsam besonders vor gerichtlicher Verfolgung geschützt - die Unwahrheit zu behaupten, mag dahingestellt bleiben".

 

2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

2.1. Der behauptete Verstoß gegen die Richtlinienverordnung BGBl 266/1993 steht ausschließlich im Zusammenhang mit einer Amtshandlung nach der Straßenverkehrsordnung 1960.

 

2.2.1. Mit Schreiben vom 23. September 2004 brachte der Bf beim Oö. Verwaltungssenat eine Beschwerde gemäß § 67c AVG iVm § 13a AVG und § 30 Abs. 1 Z. 4 und § 31 Abs. 2 Z. 5 SPG ein und behauptete eine Richtlinienverletzung durch eine dem Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz zurechenbare Beamtin.

 

2.2.2. Mit Beschluss vom 22. November 2004, VwSen-440046/3/SR/Ri, wurde die eingeschränkte Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 9 Abs. 1 SPG an die Bundespolizeidirektion Linz weitergeleitet.

 

2.2.3. Am 9. März 2005 fand nach mehreren Terminverschiebungen ein "Runder Tisch" bei der Bundespolizeidirektion Linz, Zentralinspektorat der Sicherheitswache unter Vorsitz von Obstlt St statt. Weitere Teilnehmer waren der Bf, Frau Mag. P, RevInsp O und AbtInsp N.

 

Im Bericht und in der Stellungnahme des Zentralinspektors der Sicherheitswache vom 14. April 2005 wurden die vom Bf und Frau Mag. P konkretisierten Beschwerdepunkte wie folgt wiedergegeben:

" * Bei der Amtshandlung hätte RI O Bei Ihnen ist alles lustig. Bei mir ist es aus mit lustig und bei/vor der Niederschrift Sie hätten gestern Bluttests zu Ihrer privaten Gaudi machen können gesagt.

* RI O sei bei der Niederschrift voreingenommen gewesen; möglicherweise wegen des aus Tschechien stammenden Familiennamens S."

 

Weiters wird im Bericht ausgeführt, dass RevInsp O die im Zuge der Besprechung wiedergegebenen Aussagen als sinngemäß richtig bestätigt habe. Da der Bf bei der Amtshandlung unpassend lustig aufgelegt gewesen sei, habe sie ihn auf die Ernsthaftigkeit der Amtshandlung hingewiesen. Vor der Niederschrift habe sie den Bf darauf hingewiesen, dass der in einem Krankenhaus verlangte Bluttest den Tatbestand der Verweigerung nicht aufheben hätte können. Die behauptete Voreingenommenheit sei nicht vorgelegen.

 

Im Anschluss daran habe Frau Mag. P verlangt, dass die unterlassene Belehrung über die Rechtsfolgen der Verweigerung und insbesondere die diesbezüglich falsche Protokollierung nunmehr protokolliert werden mögen". Auf Grund dieses Begehrens wurde Frau Mag. P vom Vorsitzenden mitgeteilt, dass es offenbar nicht um das Aufzeigen eines Fehlverhaltens der wSWB gehe, sondern Widersprüchlichkeiten von Angaben im Beschwerdeverfahren und im Verwaltungsstrafverfahren dargestellt werden sollten. Frau Mag. P habe diese Mitteilung mit einem Grinsen bestätigt und ausgeführt, dass sie "halt alles versuchen müsse".

 

In der Stellungnahme kommt der Vorsitzende des "Runden Tisches" nach den Erhebungen und der Besprechung zum Ergebnis, dass ein Fehlverhalten der einschreitenden Sicherheitswachebeamtin nicht festzustellen war.

 

2.2.4. Entsprechend dem Ersuchen des Bf teilte der Polizeidirektor der Landeshauptstadt Linz mit Schreiben vom 20. Mai 2005, Zl. P 7623, wie folgt mit:

 

"Mir wird vom damaligen Verhandlungsleiter Oberstleutnant St mitgeteilt, die Vorwürfe der Voreingenommenheit, des Unterlassens der Belehrung über die Rechtsfolgen der Verweigerung des Alkotests und der falschen Protokollierungen hätten nicht bestätigt werden können. Ein Fehlverhalten der einschreitenden Sicherheitswachebeamtin wäre nicht festgestellt worden."

 

2.2.5. Auf Grund der Berufung des Bf u.a. gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 15. Februar 2005, Zl. S-30549/04, wegen Übertretungen der StVO, führte das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied am 11. Mai 2005 unter der Aktenzahl VwSen-160358 eine mündliche Berufungsverhandlung durch.

 

Über Befragen gab der Beschwerdeführer bei der mündlichen Berufungsverhandlung an, dass er den Alkotest nicht durchgeführt habe, weil er hiezu keine Veranlassung gesehen und auch nichts gemacht habe (Verhandlungsschrift vom 11. Mai 2005 - im Folgenden: Verhandlungsschrift; Seite 7 Absatz 2). Dass eine Belehrung über die Folgen der Verweigerung von der einschreitenden Beamtin unterlassen worden sei, brachte der Bf in diesem Zusammenhang nicht vor. Lediglich in der abschließenden Äußerung wies er (seine Rechtsvertreterin) auf die "Widersprüchlichkeit" hin.

 

Die Zeugin und Rechtsvertreterin Mag. P brachte vor, dass der Bf in ihrem Beisein die einschreitende Beamtin gefragt habe, warum sie ihn nicht über die Folgen der Verweigerung belehrt hätte, und warum das Gegenteil im Protokoll festgehalten worden sei. Da die Beamtin nicht zur Abänderung des Protokolls bereit gewesen sei, habe sie dem Bf empfohlen, nicht zu unterschreiben.

 

Zum Bericht des Zentralinspektorates der Sicherheitswache vom 14. April 2005, im Besonderen zu der Ausführung "Ich muss halt alles versuchen", befragt, gab die Rechtsvertreterin an, dass sie "den ganzen Absatz nicht verstehe. Natürlich wäre es ihr als Vertreterin des Bf angenehm gewesen, wenn sich vor der Berufungsverhandlung herausgestellt hätte, dass die unwahren Behauptungen von Frau RevInsp O bewiesen werden hätten können".

 

Die einschreitende Beamtin sagte in der Berufungsverhandlung aus, dass sie den Bf (am 12. August 2004) über die Rechtsfolgen belehrt und ihm zur Kenntnis gebracht habe, dass die Verweigerung gleichbedeutend mit einer schweren Alkoholisierung wäre (Verhandlungsschrift Seite 10 Absatz 1). Zur Nichtunterfertigung der Niederschrift sei es deshalb gekommen, weil die Rechtsvertreterin des Bf auf diesen eingewirkt und ihn verwirrt habe. Nach der Beratung des Bf mit seiner Rechtsvertreterin sei ihr erklärt worden, dass die Niederschrift nicht unterfertigt würde.

 

Dazu führte die Rechtsvertreterin aus, dass die Aufnahme der Niederschrift vorerst zwischen dem Bf und der einschreitenden Beamtin vorgenommen worden sei. Durch Einwürfe ihrerseits, die in Fragen gestaltet worden seien, habe sie den Sachverhalt ordnungsgemäß ergänzen wollen. Schon im Amtszimmer habe sie zunächst versucht, "nach Durchsicht des Protokolls die gewünschten Änderungen herbeizuführen, weil diese Änderungen schlicht und weg einfach die Wahrheit dargestellt hätten, wie es der Bf gesagt hat" (Verhandlungsschrift Seite 10 Absatz 5).

 

Über Befragen gab die einschreitende Beamtin an, dass sie den Text der Niederschrift mit dem Bf erarbeitet hätte und niedergeschrieben habe, was der Bf gesagt hatte. Über die Rechtsfolgen der Verweigerung sei der Bf entsprechend belehrt worden und daher sei die entsprechende Formulierung mit dem Bf erarbeitet und in die Niederschrift aufgenommen worden.

 

2.2.6. Im Erkenntnis vom 17. Mai 2005, Zl. VwSen-160358/9/Ki/An stellte das entscheidende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nach vorangegangener Beweiswürdigung fest, dass der Bf die Belehrung über die Verweigerung des Alkotests möglicherweise subjektiv nicht erfasst hat. Der einschreitenden Beamtin wurde daher bezüglich der Vornahme der Belehrung Glauben geschenkt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die gegenständliche Beschwerde samt Beilagen und in den Verwaltungsstrafakt VwSen-160358 festgestellt, dass der Bf einen Sachverhalt vorgebracht hat, der von der Richtlinienverordnung nicht erfasst ist. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Richtlinienverordnung auf den Sachverhalt anzuwenden ist, wäre dieser nach der Richtlinienverordnung nicht beschwerdefähig. Es war daher ohne weiteres Verfahren mit Zurückweisung vorzugehen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 89 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG (BGBl Nr. 566/1991, zuletzt geändert mit SPG-Novelle 1999, BGBl I Nr. 151/2004) hat der Unabhängige Verwaltungssenat, insoweit in einer an ihn gerichteten Beschwerde die Verletzung einer gemäß § 31 festgelegten Richtlinie behauptet wird, diese der zur Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde in dieser Sache zuständigen Behörde zuzuleiten.

 

Nach § 89 Abs. 2 SPG haben Menschen, die in einer binnen sechs Wochen - wenn auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat - eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 erlassene Richtlinie verletzt worden, Anspruch darauf, dass Ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.

 

Gemäß § 89 Abs. 4 SPG hat jeder, dem gemäß § 89 Abs. 2 leg. cit. mitgeteilt wurde, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung nach Abs. 2 nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

 

4.2. Auf der Grundlage des § 31 SPG erging die am 27. April 1993 kundgemachte Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl Nr. 266/1993, mit der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen wurden (Richtlinien-Verordnung - RLV). Diese Verordnung wurde im Einvernehmen mit den Bundesministern für Justiz und für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erlassen. Sie trat nach ihrem § 11 am 1. Mai 1993 in Kraft. Die Verordnungsermächtigung des SPG eröffnete die Möglichkeit für den Innenminister die im § 31 Abs. 2 SPG vorgesehenen Verhaltensregeln in einer Art Berufspflichten- oder Verhaltenskodex für Exekutivorgane zu normieren (vgl. Erl. zur RV 148 BlgNR 18. GP, 38; AB 240 BlgNR 18. GP, 3 aE). Nach dem Einführungserlass des Innenministers vom 19. April 1993, Zl. 94.762/15-GD/93, verfolgen die erlassenen Richtlinien den Zweck, generelle Standards für den Umgang mit Betroffenen verbindlich festzulegen, um dadurch die Gefahr zu mindern, dass es im Zuge von Amtshandlungen zu Konflikten mit Betroffenen kommt.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, handelt es sich nach der Konzeption des SPG bei der Frage, ob eine Richtlinie für das Einschreiten iSd SPG verletzt wurde, um eine Angelegenheit des inneren Dienstes nach Art 10 Abs. 1 Z 14 B-VG, die von der Materie, in der die Organe einschreiten, unabhängig ist. Dementsprechend ist im Verfahren über eine Richtlinienbeschwerde auch die Dienstaufsichtsbehörde belangte Behörde und hat diese zunächst eine Überprüfung vorzunehmen (vgl VwGH 29.1.1997, 96/01/0001; VwGH 11.6.1997, 96/01/0002). Bei der Richtlinienbeschwerde gemäß § 89 SPG handelt es sich um einen Sonderfall einer Dienstaufsichtsbeschwerde, in der die Verletzung einer Richtlinie nach der RLV, welche einen Verhaltenskodex für Exekutivorgane bei der Ausübung von Befugnissen festlegt, geltend gemacht wird (vgl VwGH 2.6.1998, 97/02/0278, 0279; VwGH 24.11.1999, 96/01/0582, 0583 ua Zlen.).

 

 

4.2.2. Hauer/Keplinger (Kommentar zum SPG3, Linde-Verlag 2005, 316 ff) sind der Auffassung, dass die RLV in der Landesvollziehung nicht anwendbar ist und begründen dies wie folgt:

 

"A.4.2. Vorerst ist festzuhalten, dass die Frage nach dem Anwendungsbereich des § 31 SPG von jenem der tatsächlich erlassenen RLV zu unterscheiden ist. Konkrete Durchführungsverordnungen können - theoretisch - hinter den Möglichkeiten des § 31 SPG zurückbleiben, sie können die durch ihn eingeräumten Möglichkeiten ausschöpfen oder sie können über ihn hinausgehen, womit sie freilich gesetzwidrig wären. Die Frage des Anwendungsbereiches des § 31 SPG ist eine Frage der Auslegung einer einfachgesetzlichen Norm, die unter Heranziehung aller üblichen Methoden vorzunehmen ist:

 

Daraus folgt, dass § 31 SPG (entgegen der Meinung des VwGH) auf die Sicherheitsverwaltung und - potentiell - auf andere Angelegenheiten der Bundesverwaltung Anwendung findet. Das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Angelegenheiten der Landesverwaltung (insbesondere in Angelegenheiten der Straßenpolizei) regelt er nicht. Dabei wird nicht übersehen, dass die vom Einführungserlass bevorzugte Lösung schon aus pragmatischen Gründen einer gewissen Einheitlichkeit wünschenswert wäre. Der Gesetzgeber hat sich diesem rechtspolitischen Anliegen indes verschlossen.

 

A.4.3. Der VwGH vertritt die Auffassung, dass für die Frage der Anwendbarkeit der RLV und der daran anknüpfenden Aufsichtsbeschwerde nach § 89 SPG gleichgültig sei, ob das Einschreiten der Exekutivorgane in Vollziehung eines richterlichen Befehles erfolge oder nicht: Die Frage ‚verwaltungsbehördlich' oder ‚gerichtlich' stelle sich nicht.

 

A.5. Der BMI hat auf Grundlage von § 31 SPG die ‚Verordnung [....] mit der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen werden ‚(Richtlinien-Verordnung - RLV), BGBl 1993/266, erlassen, die im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz und dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erging.

 

Diese Verordnung regelt nicht ausdrücklich, in Vollziehung welcher Verwaltungsmaterien sie anwendbar sein soll (auch § 1 Abs 1 RLV können keine eindeutigen Anordnungen entnommen werden). Daher ist der Anwendungsbereich der RLV im Zweifel gesetzeskonform (§ 31 SPG) zu deuten. Daraus folgt, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die RLV bei Vollziehung jener Verwaltungsvorschriften zu beachten haben, die im Zeitpunkt der Verordnungserlassung in den Wirkungsbereich des BMI, des Bundesministers für Justiz und des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr fielen (damit insbesondere in Vollziehung der StPO17 und des KFG). Hingegen ist die RLV in allen Angelegenheiten der Landesvollziehung (insb der StVO entgegen der Auffassung des BMI und des VwGH) nicht anwendbar."

 

4.3.1. Folgt man Hauer/Keplinger ist die RLV in Angelegenheiten der Landesvollziehung nicht anwendbar.

 

In Anbetracht dessen, dass das einschreitende Organ in Vollziehung der StVO eingeschritten und die RLV in Angelegenheiten der Landesvollziehung nicht anwendbar ist, war die Richtlinienbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

 

4.3.2. Folgt man der Auffassung des VwGH und des BMfI wäre von einer Anwendbarkeit der RLV auf den gegenständlichen Sachverhalt auszugehen.

 

4.3.2.1. Die Beschwerde nach § 89 SPG setzt die explizite Behauptung des Betroffenen voraus, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes sei eine gemäß § 31 SPG erlassene Richtlinie verletzt worden (vgl. VwGH 13.1.1999, 98/01/0169; VwGH 24.11.1999, 96/01/0582, 0583 ua Zlen.). Es genügt, irgendeine Richtlinienverletzung zu behaupten, ohne dass eine exakte Zuordnung des behaupteten richtlinienwidrigen Verhaltens zu einer bestimmten Norm der auf Grund des § 31 SPG erlassenen RLV erforderlich wäre (vgl. VwGH 13.1.1999, 98/01/0169).

 

Die behauptete Verletzung einer Richtlinie muss gegenüber dem Beschwerdeführer wenigstens möglich sein (vgl. VwGH 24.6.1998, 96/01/0609; VwGH 24.11.1999, 96/01/0582, 0583 u.a. Zlen.).

 

Schließlich können Richtlinienverletzungen nur beim Einschreiten und nicht bei Untätigkeit, also einem "Nichteinschreiten", eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes auftreten und der Beschwerdeführer muss vom Einschreiten des Exekutivorgans betroffen sein (vgl. mwN Hauer/Keplinger, Seite 924).

 

4.3.2.2. Die RLV aus dem Jahr 1993 regelt in §§ 1 ff verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung im Rahmen des Exekutivdienstes, im § 5 die Achtung der Menschenwürde, im § 6 Richtlinien für den Umgang mit von Amtshandlungen Betroffenen, im § 7 die Ausübung von Zwangsgewalt, im § 8 bestimmte Informationspflichten betreffend Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Wahlarztes. Im § 9 RLV geht es um die Bekanntgabe der Dienstnummer und im § 10 RLV um die Dokumentation der für das Einschreiten maßgeblichen Umstände.

 

Der Bf hat zwar in seiner Eingabe vom 23. September 2005 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Beschwerde u.a. auf § 31 Abs. 2 Z. 5 SPG gestützt, im Übrigen dann aber keinen Sachverhalt vorgebracht, der unter den Verhaltenskodex der Richtlinienverordnung fällt. Die Dienstaufsichtsbehörde hat dementsprechend auch in ihrer Mitteilung vom 20. Mai 2005 an den Bf nichts zur Frage der Verletzung einer Richtlinie ausgeführt, sondern allgemeine Ausführungen zu den vorgebrachten Vorwürfen im Zusammenhang mit den im anhängigen Verwaltungsstrafverfahren vorliegenden und dort zu bewertenden Beweismitteln gemacht.

 

4.3.2.3. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind nur die für das Einschreiten erlassenen Richtlinien in der RLV maßgeblich.

 

So ist der Bf auch darauf hinzuweisen, dass die Mindestinhalte des von ihm angesprochenen § 31 Abs. 2 SPG nur für den Bereich der Sicherheitsverwaltung gelten. Gemäß § 2 SPG fällt die Vollziehung der StVO nicht unter die Sicherheitsverwaltung. Schon aus diesem Grund kann sein Vorbringen nicht auf § 31 Abs. 2 SPG gestützt werden.

 

Der Bf bringt im Antrag vom 6. Juni 2005 vor, dass die Aufforderung zum Alkomattest ohne Rechtsbelehrung erfolgt sei und daher ein Verstoß gegen die RLV vorliege. Abgesehen davon, dass im diese Sache betreffenden Verwaltungsstrafverfahren (VwSen-160358) das entscheidende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates von einem glaubwürdigen Vorbringen der einschreitenden Beamtin und somit von einer vorgenommenen Belehrung ausgegangen ist, läge auch im Falle der "Nichtbelehrung" kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vor.

 

§ 6 Abs. 1 Z. 1 RLV lautet:

Wird ein Mensch von einer Amtshandlung eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes betroffen, so gelten hiefür, sofern gesetzlich nichts anderes vorgesehen ist, folgende Richtlinien:

  1. Dem Betroffenen ist bei der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt auf Verlangen mitzuteilen, welche Rechte ihm in dieser Eigenschaft jeweils zukommen; dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. Soll eine Mitwirkungsverpflichtung des Betroffenen in Anspruch genommen werden, so ist er von deren Bestehen in Kenntnis zu setzen.

 

§ 6 Abs. 1 Z. 1 RLV spricht nur von der Belehrung des von der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt Betroffenen. Mit der Wendung "in dieser Eigenschaft" soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Betroffene nur über jene Rechte und Pflichten zu informieren ist, die sich daraus ergeben, dass gegen ihn Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt wird. Eine umfassende, etwa auch auf seine Verfahrensstellung (zB Verdächtiger) abstellende Rechtsbelehrung ist damit nicht gemeint (Erlass des BMfI vom 20. Jänner 1993, 76012/64-IV/11/93/D).

 

Da es sich aber nach ständiger Rechtsprechung bei der Aufforderung, sich einer Atemluftmessung (Blutuntersuchung, klinischen Untersuchung) zu unterziehen, nicht um einen Akt von Befehls- und Zwangsgewalt handelt, reicht die RLV zu einer wirksamen Regelung der Rechte des Kontrollierten nicht aus (vgl. Messiner, StVO10 , 1999, § 5, Anm. 38).

 

Eine Verpflichtung der den Alkomattest durchführenden Organe der Straßenaufsicht, dem Beschwerdeführer eine entsprechende Belehrung zu erteilen, ergibt sich aber auch weder aus den einschlägigen Bestimmungen der StVO noch aus § 13a AVG (vgl. u.v. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1987, Zl. 87/03/0173).

 

Auch das weitere - allgemein gehaltene - Vorbringen des Bf im Hinblick auf ein "willkürliches, sachlich nicht gerechtfertigtes Verhalten der einschreitenden Beamtin" bei der Protokollerstellung ist nicht geeignet, einen tauglichen Anfechtungsgegenstand und in der Folge eine Richtlinienverletzung zu begründen.

 

Einerseits kann nicht, wie der Bf vermeint, Zweck der RLV sein, "jegliche Behördenwillkür im Keim zu ersticken", da sich die RLV ausschließlich auf das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bezieht und kein Behördenagieren zum Gegenstand hat und andererseits dient die Richtlinienbeschwerde nicht dazu Unzulänglichkeiten des Verfahrensrechts oder Versäumnisse in Verwaltungsstrafverfahren zu sanieren.

 

Gemäß § 15 AVG liefert eine gemäß § 14 AVG aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Eine nicht allen Formvorschriften des § 14 Abs. 1 AVG entsprechende Niederschrift ist wohl als Beweismittel anzusehen, macht aber nicht "vollen Beweis". Die Modalität der Erstellung der Niederschrift und das fertige Produkt - hier die nicht unterfertigte Niederschrift - unterliegen ausschließlich der Würdigung im Beweisverfahren des mit der Beschwerde in Zusammenhang stehenden Verwaltungsstrafverfahrens (VwSen-160358). Nur dann, wenn bei einer allfällig unzulänglichen Protokollerstellung darüber hinaus die Menschenwürde missachtet wird, kann eine Richtlinienverletzung in Frage kommen. Dass neben möglichen Verstößen gegen § 14 Abs. 1 AVG auch die Menschenwürde verletzt worden sei, wurde ursprünglich weder behauptet noch ist eine solche Verletzung hervorgekommen. Sollte eine nicht allen Formvorschriften des § 14 Abs. 1 AVG entsprechende Niederschrift aufgenommen und mögliche Formgebrechen nicht im Sinne des Rechtsmittelwerbers gewürdigt worden sein, daher eine fehlerhafte oder aktenwidrige Beweiswürdigung in einem Verwaltungsstrafverfahren durch den Oö. Verwaltungssenat behauptet werden, kann dagegen ausschließlich eine Beschwerde an die Höchstgerichte erhoben werden. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der RLV kann aber ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 AVG keinesfalls Gegenstand eines Richtlinienbeschwerdeverfahrens sein.

 

Erstmals im Antrag vom 6. Juni 2005 hat der Bf neben seinen bisherigen Äußerungen vorgebracht, dass sich Frau RevInsp O bei der Amtshandlung am 12. August 2004 "insgesamt sehr unhöflich und sehr forsch" verhalten habe.

 

Ausgehend davon, dass es sich bei diesem Vorbringen um einen Sachverhalt handeln soll, der eine weitere Richtlinienverletzung dartun soll, ist der Bf darauf hinzuweisen, dass dieses Beschwerdevorbringen nicht innerhalb der sechs Wochenfrist des § 89 Abs. 2 SPG erstattet worden ist.

 

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass das Vorbringen inhaltlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Beschwerdevorbringen zu sehen ist, kann aus der unbegründeten und allgemein gehaltenen Ausführung - unhöfliches und forsches Auftreten - im Zusammenhang mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens zu VwSen-160358 keine Handlung ersehen werden, die objektiv auf eine Voreingenommenheit der einschreitenden Beamtin hinweist.

 

Der Bf hat somit in diesem Zusammenhang kein bestimmtes Verhalten der einschreitenden Beamtin geschildert, das auf einen die Menschenwürde verletzenden oder sonst den Bestimmungen der RLV widersprechenden Umgang mit ihm als Betroffenen schließen ließe.

 

5. Im Ergebnis war die vorliegende Beschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 79a AVG zugunsten des Rechtsträgers der belangten Dienstaufsichtsbehörde war nicht zu treffen, zumal die Zurückweisung ohne weiteres Verfahren und damit ohne Aufwand der belangten Behörde möglich war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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