Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-500067/5/Ga/Km

Linz, 09.02.1998

VwSen-500067/5/Ga/Km Linz, am 9. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Dr. Manfred A in P gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Oktober 1997, Zl. VerkGe-230.169/3-1997/Ga, betreffend die Nichterteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Güterbeförderungswerbes (Güterfernverkehr), zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben. Herrn Dr. Manfred A, geboren am 10. Mai, wohnhaft in P, A, wird gemäß seinem Antrag vom 3. Juli 1997 die Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes (Güterfernverkehr) zum Zwecke der Geschäftsführerbestellung erteilt. II. Der Antragsteller hat gemäß § 1 und § 2 Abs.1 iVm TP 135 lit.a der Bundes- Verwaltungsabgabenverordnung 1983 eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 550 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Oktober 1997 hat der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Antrag des nunmehrigen Berufungswerbers vom 3. Juli 1997 um Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes im Fernverkehr keine Folge gegeben.

Diese Entscheidung begründend führt die belangte Behörde aus, daß die Wirtschaftskammer Oberösterreich, Fachgruppe für das Güterbeförderungsgewerbe in ihrer Stellungnahme vom 30. Juli 1997 keine Einwände gegen die beantragte Nachsichtserteilung erhoben hatte. Die belangte Behörde stellt auch fest, daß nach ihrer Ansicht eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Einschreiters zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes angenommen werden könne. Es lägen auch keine Gewerbeausschließungsgründe gemäß § 13 GewO 1994 vor. Weil aber die für die Erteilung der angestrebten Nachsicht erforderlichen weiteren Voraussetzungen - als Zusatzerfordernisse bei gegebener hinreichender tatsächlicher Befähigung - nicht erfüllt gewesen seien, habe das Nachsichtsansuchen abgewiesen werden müssen.

2. In seiner - nach h. Aufforderung inhaltlich präzisierten - Berufung macht der Nachsichtswerber, über sein erstinstanzliches Vorbringen wesentlich hinausgehend, geltend, daß sehr wohl im Sinne des § 28 Abs.1 Z2 lit.a GewO 1994 ein "sonstiger, in seiner Person gelegener wichtiger Grund", der ihm die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises nicht zumutbar erscheinen ließe, vorläge, weshalb er die Behebung des abschlägigen Bescheides des Landeshauptmannes und die positive Entscheidung im Grunde des § 28 Abs.1 Z2 lit.a GewO 1994, somit im Sinne seines Antrages begehre.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 1 Abs.3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - GütbefG gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen die Gewerbeordnung 1994 mit der Maßgabe, daß das Güterbeförderungsgewerbe als bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe gilt. Nach § 5 Abs.1 erster Satz GütbefG darf die Konzession nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes 1. die Zuverlässigkeit, 2. die finanzielle Leistungsfähigkeit und 3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen. § 28 Abs.1 GewO 1994 (identisch mit der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992) hat folgenden Wortlaut: "(1) Sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs.4 oder § 22 Abs.4 nichts Gegenteiliges bestimmt, ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn 1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen oder 2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist oder b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen." 3.2. Ausgehend von dieser Gesetzeslage steht auf Grund des dem unabhängigen Verwaltungssenat vorliegenden Ermittlungsergebnisses - in den zu VerkGe-230.169/4-1997 vorgelegten Verfahrensakt des Landeshauptmannes wurde Einsicht genommen - in Verbindung mit dem neuen Vorbringen in den Berufungsgründen fest, daß die Nachsichtsvoraussetzungen gemäß § 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 erfüllt sind.

3.2.1. Schon im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde war die hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers nicht strittig; sie wird, ebenso wie das Fehlen von Gewerbeausschließungsgründen, als erwiesen festgestellt. Die Nachsichtsbehörde hat den Antrag nur deshalb abgewiesen, weil keiner der zusätzlich geforderten, alternativ umschriebenen Ausnahmegründe im Sinne der lit.a und b des § 28 Abs.1 Z2 GewO 1994 gegeben sei und daher nicht alle positiv erforderlichen Tatbestandselemente für die Nachsichtserteilung erfüllt gewesen seien. Dem nunmehr vom Berufungswerber geltend gemachten, in seiner Person gelegenen wichtigen Grund hält die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme zur Berufung entgegen, daß weder die mangelnde Gesundheit eines Kindes noch die Tatsache, daß der Nachsichtswerber im Berufsleben stehe, die Ablegung der Befähigungsprüfung als nicht zumutbar erscheinen ließen, zumal die Ablegung der Prüfung einen relativ geringen Zeitaufwand erfordere und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich jedem im Berufsleben Stehenden zuzumuten sei. Auch im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten Zeitaufwand für das Training mit dem Sohn des Berufungswerbers, sei nach Ansicht der belangten Behörde dem Einschreiter die Erbringung des Befähigungsnachweises dennoch zuzumuten, weil der für die Ablegung der Prüfung erforderliche Zeitaufwand auf zwei Tage aufgeteilt sei und nicht mehr als einmal fünf Stunden und einmal zwei Stunden Zeit erfordere.

3.2.2. Damit aber betrachtet die belangte Behörde diesen Fall nur aus dem Blickwinkel einer Generalisierung der hier heranzuziehenden Judikatur. Sie läßt dabei das Eingehen auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles vermissen. Auch verkennt die belangte Behörde, daß es nicht nur auf den unmittelbaren Zeitaufwand für die abzulegende Prüfung als solche ankommen kann. Vielmehr ist auch Bedacht zu nehmen darauf, daß selbst erfahrene Praktiker eines gegebenen Wirtschaftszweiges sich in der Regel nicht ohne gezielte Vorbereitung zur Ablegung derartiger Prüfungen begeben und eine seriöse Vorbereitung eine umso längere Zeitspanne beansprucht, je belastender und umfänglicher Intensität und Zeitaufwand der beruflichen Beanspruchung des Kandidaten sind. Der Berufungswerber hat unwiderlegt und glaubwürdig angegeben, daß er die handelsrechtliche Geschäftsführung bei vier Gesellschaften der Firmengruppe Asamer & Hufnagel, die über 700 Arbeitnehmer beschäftigen und über eine Reihe von Gewerbeberechtigungen, unter anderem auch über eine Güterbeförderungsberechtigung mit 53 LKW verfügen, zu verantworten hat. Damit aber sind objektive Kriterien festgestellt, die nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates den Schluß rechtfertigen, daß der Berufungswerber regelmäßig einer über das Übliche (vgl. VwGH 16.4.1997, 95/03/0234) hinausgehenden beruflichen Belastung unterworfen ist. Für diese Annahme spricht auch, daß die belangte Behörde selbst das Vorliegen einer hinreichend tatsächlichen Befähigung des Nachsichtswerbers ohne weiteres angenommen und hiefür nicht nur auf die bisherige Ausbildung, sondern auch auf die bisherige Tätigkeit des Nachsichtswerbers hingewiesen hat. Die beschriebene, objektiv anspruchsvolle Führungstätigkeit in einem - nach österreichischen Maßstäben - über den Mittelbetrieb bereits hinausreichenden Unternehmen mit der Verantwortung für 700 Arbeitsplätze in einem mit in- und ausländischen Konkurrenten stark besetzten Markt ist mit dem üblichen, dh. erfahrungsgemäß durchschnittlichen Zeitaufwand bzw. Belastungsausmaß, wie dies als Maßstab im Dienstleistungsgewerbe im allgemeinen und im Güterbeförderungsgewerbe im besonderen anzunehmen ist, nicht mehr zu bewältigen. Es scheint der Schluß zulässig, daß die, wie unterstellt werden muß, sachliche Würdigung dieser Gegebenheiten bestimmend für die Befürwortung des in Rede stehenden Nachsichtsantrages durch die Wirtschaftskammer Oberösterreich, Fachgruppe Güterbeförderungsgewerbe, gewesen ist.

3.2.3. Nun hat der Berufungswerber zusätzlich vorgebracht, daß er sich mit seiner Frau die Sorgepflicht für drei minderjährige Kinder (10, 8 und 6 Jahre) zu teilen hat und - belegt durch den Ergänzungsschriftsätzen zur Berufung angeschlossene ärztliche Befunde - eines seiner Kinder, der achtjährige Sohn, schwer gehbehindert sei und an Morbus Perthes, einer Wachstumsstörung der Hüftknochen leide, daß diese Erkrankung nicht medikamentös therapiert werden könne, sondern eine konservative Behandlung anzulegen sei und dies eine Ruhigstellung der Hüftgelenke sowie größtmögliche Schonung und Vermeidung von Belastungen bedeute. Diese therapeutische Schonung müsse über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr erfolgen, je nach Heilungsverlauf könne aber auch ein längerer Zeitraum erforderlich sein. Nicht nur müsse das Kind jeglichen Sport vermeiden, sondern sollte auch das "normale" Gehen auf das Notwendigste beschränkt bleiben. Näherhin bestehe die Anforderung an die Eltern darin, daß das unter Schmerzen und deutlicher Bewegungseinschränkung leidende Kind möglichst wenig zu Fuß unterwegs sein dürfe und deshalb weitestgehend getragen werden solle. Weil immerhin auch noch die beiden Geschwister versorgt werden müßten, sei eine zwingende Arbeitsteilung unter den Eltern geboten und verlange dies von beiden Elternteilen den entsprechenden Einsatz. Die Fortbewegung des erkrankten Sohnes durch Tragen sei dabei vornehmlich seine Aufgabe. 3.2.4. Mit diesen, fachlich belegten und auch sonst nachvollziehbar vorgetragenen Schilderungen macht der Berufungswerber die Belastung aus einer für ihn unter den gegebenen Umständen nicht grundsätzlich delegierbaren sittlichen Verpflichtung geltend. Darin nämlich, daß er einen erheblichen Teil der ihm verbleibenden, von vornherein (im Vergleich mit dem üblichen Ausmaß) jedoch geringeren Freizeit seiner Familie zu widmen hat, um seinen Anteil als Vater an der Genesung des erkrankten Sohnes leisten zu können, ist ein in seiner Person gelegener wichtiger Grund zu erkennen, aus dem ihm - in Verbindung mit der für sich genommen nicht mehr bloß üblichen beruflichen Belastung (oben 3.2.2.) - die Erbringung des Befähigungsnachweises nicht zuzumuten ist. 3.3. Aus allen diesen Gründen und auch im Hinblick auf die Ausbildung und die Tätigkeit und die damit einhergehenden langjährigen Erfahrungen des Nachsichtswerbers ist eine Verletzung des öffentlichen Interesses auszuschließen. Im Ergebnis besitzt der Antragsteller daher einen Rechtsanspruch auf Erteilung der begehrten Nachsicht, sodaß wie im Spruch zu entscheiden war.

4. Die Pflicht zur Entrichtung der im Spruch bezeichneten Verwaltungsabgabe gründet sich unmittelbar auf die angeführten Rechtsvorschriften des Bundes.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens: Beilage (Akt; Erkenntnis und Mehrausfertigung) Dr. G r o f Beschlagwortung: sittliche Pfilcht des Bws (u. Vater); kranker Sohn (8 J.); Therapie im Familienverband - Mithilfe des Vaters; spärliche Freizeit zufolge einer über das "Übliche"hinausehenden beruflichen Belastung; keine Delegierungsmöglichkeit der väterlichen Beistandspflicht.

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