Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-500076/2/Ga/Fb

Linz, 29.04.1999

VwSen-500076/2/Ga/Fb Linz, am 29. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des G A, vertreten durch M, R, S & Partner OEG, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. März 1999, VerkGe-211.145/19-1999-Ga/Re, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4, § 71 Abs.6 AVG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes von (über die Entziehung einer Güterfernverkehr-Konzession) abgewiesen.

Die Abweisung begründete die belangte Behörde in zweifacher Weise. Zunächst schloß sie aus einem am 26. Februar 1999 - und somit erst nach Ablauf der Berufungsfrist gegen den Entziehungsbescheid - erfolgten Anruf des Rechtsfreundes des Berufungswerbers, daß das Vertretungsverhältnis überhaupt erst nach Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides begründet worden sei und nicht hätte glaubhaft gemacht werden können, daß dem Rechtsvertreter Dauer und Ablauf der gegenständlich versäumten Berufungsfrist gar nicht bewußt gewesen seien. In der Hauptsache aber wurde die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages damit begründet, daß die Eintragung und Wahrnehmung von Rechtsmittelfristen in der Verantwortung des Rechtsanwaltes - und nicht in der Verantwortung seiner, wenngleich erfahrenen, gewissenhaften und überdurchschnittlich qualifizierten Kanzleikraft - liege und der zur Entschuldigung vorgetragene, mit Überbelastungen erklärte Fehler der Sekretärin (Überblättern einer Woche im Fristenkalender) auf die vom Rechtsanwalt selbst nicht ausreichend gehandhabte, ihm jedoch zumutbar gewesene Überwachung der Sekretärin zurückzuführen gewesen sei, was jedoch nicht mehr als bloß minderes Versehen gewertet werden dürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung.

In den Gründen wird zunächst dargetan, daß das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Telefonat gänzlich verfehlt interpretiert werde; es habe lediglich der Vergewisserung, kein unzweckmäßiges Rechtsmittel einbringen zu müssen, gedient und sei sohin diese bloße Erkundigung nicht geeignet, die Angaben des Rechtsvertreters in Frage zu stellen. Die Richtigkeit der Darstellung kann auf sich beruhen; für die Lösung des Rechtsfalles kommt diesem Punkt keine entscheidende Bedeutung zu.

Als wesentlicher Berufungsgrund wird, wie schon im Wiedereinsetzungsantrag selbst, vorgebracht, daß die Berufungsfrist deswegen versäumt worden sei, weil aufgrund des überdurchschnittlich großen Arbeitsanfalles durch die überaus zuverlässige und gewissenhafte Sekretärin diese Frist durch Überblättern einer Woche im Fristenkalender, sohin mit 3. März 1999, als Frist für die Verfassung der Berufung eingetragen worden sei. Zu der überdurchschnittlichen Arbeitsbelastung der Sekretärin sei hinzugekommen, daß sie im dritten Monat schwanger gewesen sei und auch diese psychische Belastung zur nicht ordnungsgemäßen Eintragung im Fristenbuch des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers beigetragen habe. Generell werde in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers die Kontrolle der Fristen durch einen in der Kanzlei seit fünf Jahren tätigen Rechtsanwaltsanwärter vorgenommen. Dieser habe jedoch im konkreten Fall ebenfalls aufgrund der starken Arbeitsüberlastung, welche urlaubsbedingt in der "Energiewoche" im Februar 1999 (7. AW) gegeben gewesen sei, die Falscheintragung nicht wahrnehmen können. Ziehe man nun in Betracht, daß die ansonsten überaus zuverlässige und gewissenhafte Sekretärin aufgrund der psychischen Belastung der Schwangerschaft sowie der überdurchschnittlichen Arbeitsbelastung die Berufungsfrist durch Überblättern einer Woche im Terminkalender falsch eingetragen habe und daß andererseits die Termin- und Fristenevidenz durch einen Juristen in der Kanzlei des Rechtsvertreters kontrolliert werde und dieser ebenfalls aufgrund der überdurchschnittlichen Arbeitsbelastung in der "Energiewoche" im Februar 1999 die Falscheintragung der Berufungsfrist nicht korrigiert habe, so sei in der Gesamtbetrachtung zu entnehmen, daß die Fristversäumung im vorliegenden Fall einen minderen Grad des Versehens darstelle.

Darüber hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt, erwogen:

Unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 71 AVG ist dem Grundsatz nach auch für diesen Berufungsfall festzuhalten, daß der Rechtsanwalt lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken - ohne nähere Beaufsichtigung - einer verläßlichen Kanzleikraft überlassen darf. Hingegen ist für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist stets der Anwalt selbst verantwortlich. Er selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen, sowie die richtige Eintragung im Fristenkalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten gegebenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Tut er dies nicht oder unterläuft ihm hiebei ein Versehen, ohne daß er dartun kann, daß die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des betreffenden Kanzleiangestellten beruht und in seiner Person keinerlei Verschulden vorliegt, so trifft ihn ein Verschulden an der Versäumung. Kommt der Rechtsanwalt im erwähnten Zusammenhang seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht nicht nach, so handelt es sich nicht um einen minderen Grad des Versehens (vgl Erk VwGH vom 27.10.1997, 97/10/0195, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Davon aber ausgehend stellt, wie die belangte Behörde im Ergebnis richtig erkannt hat, der hier vorgetragene Sachverhalt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Daß vorliegend die dem Rechtsanwalt obliegende Kontrolle auf einen in seiner Kanzlei tätigen Rechtsanwaltsanwärter delegiert wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. In der Delegierung allein kann nämlich keine konkrete, auf die richtige Eintragung des Endes der Berufungsfrist im jeweiligen Einzelfall abzielende Maßnahme erblickt werden.

Zum einen ist der Argumentation des Rechtsvertreters des Berufungswerbers entgegenzuhalten, daß die als besondere psychische Belastung vorgetragene Schwangerschaft der mit der Führung des Fristenkalenders beauftragt gewesenen Sekretärin - gerade unter Hinweis auf die geltend gemachte Gewissenhaftigkeit und langjährige Erfahrung - von ihr dem Dienstgeber ja bekanntgegeben werden mußte und dieser dadurch in die Lage versetzt gewesen sein muß, in der Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe auf die zusätzliche psychische Belastung seiner Sekretärin mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren (im übrigen fällt auf, daß ganz unerläutert geblieben ist, warum die schon "seit drei Monaten andauernde" und daher nicht erst neu entdeckte Schwangerschaft hier als Belastung der Psyche empfunden worden sein soll, können doch Schwangerschaften, zumal in einem eher frühen Stadium, erfahrungsgemäß auch erwartungsfroh, gewissermaßen als Beflügelung der Psyche erlebt werden).

Zum anderen aber scheidet aus, die urlaubsbedingte starke Arbeitsbelastung in der "Energiewoche" im Februar ds. und die deswegen nicht wahrgenommene Falscheintragung als einen bloß minderen Grad des Versehens im Rahmen der hier gegebenen besonderen Sorgfaltspflicht (vgl hiezu die bei HAUER/LEUKAUF 5.A, 674, unter E.19 zit Jud) zu werten, weil solche "Energiewochen" ein bekanntlich regelmäßig wiederkehrendes Ereignis darstellen und es der Rechtsanwaltskanzlei daher unbenommen bleibt, gegen die kalkulierbar gewesene überdurchschnittliche Arbeitsbelastung gleichfalls in geeigneter Weise - langfristig - vorzukehren.

Aus allen diesen Gründen gelangt der Oö. Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß im vorliegenden Fall kein auf die Überprüfung der Eintragung der ermittelten Fristen gerichtetes Kontrollsystem bestand. Auch den dem WE-Antrag vom 2. März 1999 angeschlossenen (dem Verfahrensakt einliegenden) "Eidesstättigen Erklärungen" der Sekretärin und des Rechtsanwaltsanwärters kann ein solches Kontrollsystem konkret nicht entnommen werden.

Bei dieser Sachlage kann nicht, wie schon die belangte Behörde zutreffend angenommen hat, davon gesprochen werden, daß auf Seiten des Rechtsvertreters nur ein Verschulden vorläge, das den minderen Grad des Versehens nicht übersteigt (vgl im übrigen auch VwGH 28.7.1995, 95/02/0168 - mit Verneinung des minderen Verschuldens beim versehentlichen Überblättern einer Woche in einem Tischkalender).

Aus allen diesen Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum