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des Landes Oberösterreich
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VwSen-500093/3/Ga/Mm

Linz, 12.12.2001

VwSen-500093/3/Ga/Mm Linz, am 12. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Konrath, dem Berichter Mag. Gallnbrunner und dem Beisitzer Dr. Schön über die Berufung des Herrn J D gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Oberösterreich vom 5. November 2001, Zl. VerkGe-050.262/4-2001-Pil/Schu, wegen Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes mit Pkw, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Entscheidungsgründe:

Der Spruch des angefochtenen Bescheides vom 5. November 2001 lautet:

"Dem Ansuchen des Herrn J D, geboren am 17.12.1947, wohnhaft in L, um die Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes mit PKW, eingeschränkt auf den Transport von Schul- und Kindergartenkindern, wird keine Folge gegeben."

Diesem Abspruch liege, so die Erläuterung der belangten Behörde in der Einleitung des angefochtenen Bescheides, die "Eingabe vom 6.9.2001" zu Grunde. Eben mit dieser Eingabe habe der nunmehrige Berufungswerber "wohnhaft in L, um die Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes mit Pkw, eingeschränkt auf den Transport von Schul- und Kindergartenkindern, angesucht."

Die Abweisung des Nachsichtsantrages begründete die belangte Behörde dahin, dass in diesem Fall die für die Erteilung einer Nachsicht auf Grund einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen beim Nachsichtswerber nicht vorhanden seien, sodass Zusatzerfordernisse wie das Alter des Nachsichtswerbers oder die besondere Dringlichkeit oder sonstige regionale Umstände keiner näheren Prüfung zu unterziehen gewesen seien.

Der Berufungswerber bekämpft die Abweisung seines Antrages im Wesentlichen mit pauschalierenden Hinweisen, wonach "das Gemeindeamt für sämtliche kaufmännischen Belange zur Verfügung" stehe, weiters die Gemeinde eine Vielzahl von steuerlichen Abrechnungen (Kindergarten, Abfallabfuhr u.v.m.), die natürlich auch die Lohnverrechnung beinhalten würden, abzuwickeln habe, wofür zwangsläufig auch Bestimmungen des Zivil- und Handelsrechtes udgl zu berücksichtigen seien; auch beschäftige die Gemeinde Dienstnehmer mit verschiedenen Aufgabenbereichen, bei denen sehr wohl auch arbeitsrechtliche Belange zu beachten seien; andererseits erfordere das Erstellen von Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen für das Gemeindebudget wohl auch Kenntnisse, die einem unternehmerischem Handeln gleichzustellen seien; schließlich handle es sich bei der Gemeindeverwaltung nicht nur um hoheitliche Angelegenheiten, sondern auch um wirtschaftliche Unternehmungen, die entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern würden; zuletzt sei er als Bürgermeister für einen geordneten Ablauf der Transporte der Schüler und Kindergartenkinder verantwortlich und sei deshalb, wenn die erforderlichen Transportmöglichkeiten der örtlichen Unternehmen, wie er im Verfahren mehrfach dargelegt habe, eben nicht ausreichend vorhanden seien, zum Handeln gezwungen.

In Stattgabe seiner Berufung begehrt der Nachsichtswerber die Erteilung des "eingeschränkten Befähigungsnachweises für das Mietwagen-Gewerbe mit Pkw", weil aus seinen Ausführungen (insgesamt) hervorgehe, dass im Zusammenhang damit alle gesetzlichen und sozialrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. Abschließend bemerkt der Berufungswerber, dass eine Gemeinde in ihren ständigen Bemühungen um einen ordnungsgemäßen und reibungslosen Ablauf, wozu auch die Schüler- und Kindergartenkindertransporte gehören würden, "nicht zu sehr behindert werden" solle.

Die belangte Behörde hat den Verfahrensakt vorgelegt und keine Gegenäußerung zur Berufung abgegeben.

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Die bescheidförmige Entscheidung im vorliegend angesprochenen Nachsichtsverfahren ist antragsgebunden (arg. ex § 28 bzw. § 346 Abs.2 GewO: "Nachsichtswerber" bzw. "Nachsichtsansuchen" [gemeint aus dogmatischer Sicht: Nachsichtsantrag]).

Daraus folgt für das Vorfeld der Beurteilung von tatbestandlichen Nachsichtsvoraussetzungen, dass zunächst der objektive Erklärungswert des Antrages als solcher zu prüfen ist. Nur wenn dieser so eindeutig ist, dass für die Nachsichtsbehörde weder weitere Ermittlungen iS des § 37 AVG noch ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs.3 AVG erforderlich sind, ist die Nachsichtsbehörde ermächtigt, in die Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit für die inhaltliche Entscheidung selbst einzutreten (vgl. die unter E 67 zu § 13 AVG in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I/2.A. [1998] zitierte Jud. des VwGH).

In Fällen der Unklarheit der Antragserklärung hat die Behörde vor allem durch die Einvernahme des Antragstellers dessen wahre Absicht zu klären (VwGH 21.1. 1994, 93/03/0406).

Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vorne herein aussichtslos oder gar unzulässig sein (vgl. VwGH 7.7.1986, 85/10/0132 ua).

Ist der Umfang des von einer Partei gestellten Antrages unklar, dann ist die Behörde verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung des nicht eindeutigen Umfanges seines Begehrens aufzufordern. Solange ein eindeutiger Antrag der Partei nicht vorliegt, ist die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes inhaltlich rechtswidrig (vgl. VwGH 10.9.1986, 85/09/0260; 23.11.1993, 91/04/0313).

Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde nicht ohne weiteres den hier in Rede stehenden, mit einem bestimmten formalisierten und auch sonst durch Eigenheiten geprägten Inhalt (siehe dazu sogleich im folgenden) ausgestatteten Antrag dahin deuten, dass ihn der Berufungswerber für sich als Gewerbetreibender selbst und (von vornherein) mit Bezug auf eine eingeschränkte Gewerbeausübung gestellt hätte.

- So wird durch den im Verfahrensakt einliegenden (im Wege eines Formular-Vordruckes gestellten) Antrag vom 6. September 2001 durch entsprechende Eintragung in der hiefür vorgesehenen Rubrik als "Antragsteller" ausgewiesen: Gemeindeamt I, vertreten durch Bürgermeister J D, mit der Adresse: W..2, M.

- In der eigentlichen Antragserklärung des Formulars wurde vom Berufungswerber angekreuzt (als eine von mehreren, durch Kästchen visualisierten Möglichkeiten), er begehre die Nachsicht "zum Zwecke einer Geschäftsführerbestellung bei der Gemeinde I".

- Als für die Gewerbeausübung in Aussicht genommener Standort ist eingefügt: Gemeindeamt I, Diese Angabe stimmt mit jener für das Gemeindeamt in der Rubrik "Name und Anschrift des Antragstellers" eingetragenen Adresse überein; anders hingegen die in der Rubrik "Wohnanschrift" eingetragene Adresse: I, L.

- In der Rubrik "Angestrebte Gewerbeberechtigung" ist - in (erkennbar absichtsvoll) optisch abgehobener Schreibweise - angegeben: "Mietwagengewerbe mit PKW". Die Einschränkung der somit ins Auge gefassten Konzession iSd § 3 Abs.1 Z2 GelverkG auf die Beförderung bloß eines bestimmten Teilnehmerkreises ist aus dieser Erklärung nicht, jedenfalls nicht zweifelsfrei, zu entnehmen. Die in derselben Rubrik enthaltenen weiteren Ausführungen scheinen lediglich erläuternden Charakter zu haben, indem dargetan wird, warum die Gemeinde I die Anschaffung eines Busses ("9Sitzer") für den Transport von Schul- und Kindergartenkindern beabsichtige.

- Der Antragsteller hat seiner (einem bestimmten Namen nicht wirklich zuordenbaren) Unterschrift auf dem Antragsformular das Gemeindesiegel vorangestellt (so, als handelte es sich um eine durch das Vertretungsorgan 'Bürgermeister' für die Gemeinde [in ihrem Namen] gefertigte Urkunde).

Die durch alle diese Umstände bewirkte Unklarheit (wenn nicht gar: Unzulässigkeit; siehe vorhin die Hinweise auf die Judikatur) des Nachsichtsantrages hätte die belangte Behörde nicht veranlassen dürfen, ohne unmittelbare Einbeziehung des Nachsichtswerbers (Einvernahme; Verbesserungsauftrag), somit aus eigenem Gutdünken dem Erklärungsinhalt des Antrages von vornherein die dem Bescheidspruch unterlegte Deutung des Antrages zu geben. Ein geeigneter Präzisierungsauftrag an den Nachsichtswerber ist nicht - zumindest nicht nach dem Inhalt des vorgelegten Aktes - erfolgt.

Im übrigen ist auch der Stellungnahme des Nachsichtswerbers vom 25. Oktober 2001 keine Eignung zur Herbeiführung der Antragseindeutigkeit beizumessen. Zutreffend erkannte zwar die belangte Behörde, dass dieser Stellungnahme eine inhaltliche Aussage zum Vorliegen von Kriterien der hinreichenden tatsächlichen Befähigung nicht entnommen werden kann. Andererseits geht daraus, im Gegensatz zur spruchgemäßen Annahme der belangten Behörde, nur hervor, dass der Berufungswerber den Nachsichtsantrag offenbar nicht in eigenem Gewerbeausübungs-Interesse, sondern aus der Sicht seiner Funktionsträgerschaft als für die von ihm als Bürgermeister vertretene Gemeinde I gestellt interpretierte. Und auch eine Einschränkungsabsicht hinsichtlich des zu befördernden Teilnehmerkreises kann aus dieser Stellungnahme - mangels Ausdrücklichkeit einer darauf bezogenen Willenserklärung - nicht abgelesen werden.

Aus allen diesen Gründen war die Aufhebung des rechtswidrigen, weil über einen inhaltlich nicht eindeutigen - und von der belangten Behörde durch Unterlassung entsprechender Verfahrensschritte der Eindeutigkeit nicht zugeführten - Antrag absprechenden Bescheides zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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