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des Landes Oberösterreich
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VwSen-500100/3/Kl/Rd

Linz, 26.11.2002

VwSen-500100/3/Kl/Rd Linz, am 26. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Leitgeb, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Linkesch) über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24.10.2002, VerkGe260.029/4-2002-Kö, wegen Abweisung eines Ansuchens um Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 13 Abs.1 Z1 lit.b und Z2 sowie 26 Abs.1 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 5.6.2002 wurde vom Bw die Erteilung der Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilungen zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes beantragt und das Ansuchen damit begründet, dass die bedingte Strafe längst getilgt sei, und die Löschung vom Beginn der Eintragung erst nach 10 Jahren durchgeführt werde.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat der Landeshauptmann von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz dem Ansuchen des Bw im Grunde der §§ 13 Abs.1 Z1 lit.b und Z2 sowie 26 Abs.1 GewO 1994 keine Folge gegeben. In der Begründung wurde im Wesentlichen auf die rechtskräftige Verurteilung des Bw zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, bedingt auf eine Probezeit von zwei Jahren, nach §§ 146, 148, 147 Abs.3 und 15 StGB durch Urteil des LG Wels vom 12.11.1993 hingewiesen. Unter Anwendung des Tilgungsgesetzes 1972 ist von einer Tilgung der zitierten Strafe und auch von einer Beschränkung der Strafregisterauskunft nicht auszugehen, zumal die Voraussetzungen nach § 6 Abs.2 und 3 Tilgungsgesetz nicht vorliegen. Der Antragsteller ist zu einer mehr als dreimonatigen Strafe verurteilt worden, womit zweifelsfrei ein Gewerbeausschlussgrund vorliegt. Bei teils versuchtem, teils vollendetem gewerbsmäßigen schweren Betrug liegt keinesfalls eine strafbare Handlung vor, nach deren Eigenart die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist und es ist daher eine Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung nicht zu erteilen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser einerseits dargelegt, dass sich der Bw seit der rechtskräftigen Verurteilung rechtskonform verhalten hat und keine weiteren Strafverfahren gegen ihn anhängig sind. Es wurde daher das Ziel des Urteiles des LG Wels erreicht, nämlich den Bw von gleichen oder ähnlichen Straftaten abzuhalten. Andererseits hätte die belangte Behörde im Rahmen der Zukunftsprognose berücksichtigen müssen, dass seit der Verurteilung durch das LG Wels im Jahr 1993 bereits neun Jahre verstrichen sind und sich der Bw rechtskonform verhalten hat und sohin nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten eine Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist. Die Verweigerung der Nachsicht würde eine zusätzliche Strafe nach der GewO bedeuten, welche es einem seit seiner Verurteilung sich rechtskonform verhaltenden Staatsbürger auf Lebenszeit verwehren würde, ein Gewerbe wie das gegenständliche auszuüben. Es wurde um Aufhebung des Bescheides und Erteilung der Nachsicht ersucht.

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde in der Berufung nicht beantragt und es ist auch von Amts wegen eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich (§ 67d AVG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie in die Schriftsätze.

Erwiesen ist, dass der Antragsteller mit Urteil des LG Wels zu 12 Vr 809/91 und 12 Hv 7/93 vom 12.11.1993 wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs.3, 148 zweiter Fall und 15 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden ist und die verhängte Freiheitsstrafe unter einer Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Aus dem Urteil geht hervor, dass der Bw als Transportunternehmer und Geschäftsführer sowie Gesellschafter mehrerer Güterbeförderungsunternehmen in Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes die ihm zur Last gelegten Straftaten des "Versicherungsbetruges" begangen hat.

Mit Urteil des OLG Linz zu 7 BS 215/94 vom 5.7.1994 wurde das Urteil des LG Wels bestätigt und die Strafe rechtskräftig.

Aus dem Strafregisterauszug scheint weiters eine Verurteilung des LG Wels wegen Vergehen nach dem Finanzstrafgesetz mit dem Vollzugsdatum 19.4.1994 sowie auch eine Verurteilung durch das BG Peuerbach wegen § 83 Abs.2 StGB, rechtskräftig mit 12.1.2000 auf.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 13 Abs.1 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn

1) sie von einem Gericht verurteilt worden sind

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2) die Verurteilung nicht getilgt ist.

Gemäß § 26 Abs.1 leg.cit. hat im Fall des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs.1 die Behörde die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

Nach den erwiesenen Sachverhaltsfeststellungen wurde der Bw zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt.

Gemäß § 2 Abs.1 Tilgungsgesetz 1972 idF BGBl. I Nr. 44/2001 beginnt die Tilgungsfrist, sobald alle Freiheits- oder Geldstrafen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 leg.cit. beträgt die Tilgungsfrist, wenn jemand nur einmal verurteilt worden ist, zehn Jahre, wenn er zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr und höchstens drei Jahren verurteilt worden ist.

Gemäß § 4 Abs.1 und 2 leg.cit. tritt bei mehreren Verurteilungen die Tilgung aller Verurteilungen nur gemeinsam ein und muss die nach § 3 bestimmte Einzelfrist, die am spätesten enden würde, um so viele Jahre übersteigen, als rechtskräftige und nicht getilgte Verurteilungen vorliegen.

Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist aber jedenfalls weder die verhängte Freiheitsstrafe als Einzelstrafe getilgt noch unter Berücksichtigung der späteren Verurteilung aus dem Jahr 2000.

Es ist daher der Ausschließungsgrund gemäß § 13 Abs.1 Z1 lit.b und Z2 GewO gegeben.

Zur Nachsicht gemäß § 26 Abs.1 GewO führen Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, Springer Verlag, S. 134, Rz 5 an, dass der Erwartung Ausdruck gegeben wird, dass sich an der strengen Handhabung der bis zur Gewerbe-Novelle im § 13 Abs.1 enthaltenen Bestimmungen über die Prognose des zukünftigen Verhaltens der vom Ausschlussgrund betroffenen Person nichts ändern soll. Es wurden daher Beispiele der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angeführt, so zB die Ausübung des Handelsgewerbes, die in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen und gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und insoweit zur Begehung ähnlicher gegen dieselben Rechtsgüter gerichtete Delikte bietet (VwGH 28.11.1995, 95/04/0138). Auch das Gewerbe "Versicherungsmakler" bietet eine besondere Gelegenheit zur Begehung des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs.1 und 2 StGB. Die Annahme, es sei zu befürchten, dass der Versicherungsmakler eine gleiche oder ähnliche Straftat bei Ausübung seines Gewerbes begehen werde, kann nicht als unschlüssig erkannt werden, bietet doch das Gewerbe des Versicherungsmaklers auch in anderer Weise die Möglichkeit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen unter Ausnützung der erteilten Gewerbeberechtigung - sowohl gegen Kunden als auch gegen Versicherungsanstalten (VwGH 29.3.1994, 93/04/0130).

Auch hat der VwGH im Erkenntnis vom 24.11.1992, 92/04/0102, ausgesprochen, dass wegen besonderer Erschwerungsgründe und des großen Schadensausmaßes (schwerer Betrug) die Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten auch durch Verstreichen eines längeren Zeitraumes seit der Tat nicht hinfällig geworden ist.

Die Gewerbebehörde hat bei Beurteilung des Tatbestandsmerkmals "nach der Eigenart ... nicht zu befürchten ist" im Besonderen die mit der beabsichtigten Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung im Zusammenhang stehenden Umstände zu prüfen (VwGH 15.10.1982, 81/04/0091).

Im Grunde dieser Judikatur war daher im gegenständlichen Fall besonders zu berücksichtigen, dass der Bw in Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes bzw iZm der Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes als Unternehmer, beteiligter Gesellschafter und Geschäftsführer schweren gewerbsmäßigen Betrug durchgeführt hat und dies zur rechtskräftigen Verurteilung geführt hat. Auch nach dem nunmehrigen Antrag auf Nachsichtserteilung ist die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes beabsichtigt und daher eine besondere Gelegenheit zur Begehung desselben Tatverhaltens, nämlich des schweren gewerbsmäßigen Betrugs gegeben. Es ist daher schon aus dieser Sicht zu befürchten, dass der Bw in Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes eine gleiche oder ähnliche Straftat bei seiner Gewerbeausübung begehen werde und daher zur Begehung der strafbaren Handlungen die erteilte Gewerbeberechtigung ausnutzen werde.

Wenn hingegen der Bw den langen Zeitraum zwischen Verurteilung und dem nunmehrigen Nachsichtsansuchen ins Treffen führt, so ist ihm die vorzitierte Judikatur zum schweren Betrug vorzuhalten und dass auch das Verstreichen eines längeren Zeitraumes seit der Tat die Befürchtung der Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat nicht hinfällig werden lässt.

Darüber hinaus ist aber zu bemerken, dass die Nichterteilung der Nachsicht keine "Strafe" nach der GewO darstellt und jedenfalls die Behauptung des Bw, dass es ihm dann auf Lebenszeit verwehrt würde, ein Gewerbe wie das gegenständliche auszuüben, nicht richtig ist, zumal gemäß § 13 Abs.1 Z2 GewO als kumulative Voraussetzung für den Ausschlussgrund die nicht erfolgte Tilgung der Verurteilung vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass jedenfalls mit Eintritt der Tilgung der Verurteilung der Ausschlussgrund nach § 13 Abs.1 GewO nicht mehr gegeben ist. Spätestens ab Tilgung der Verurteilungen ist daher eine Gewerbeausübung wieder möglich.

Aus den angeführten Gründen und insbesondere unter Zugrundelegung der angeführten Judikatur des VwGH ist daher der Behörde erster Instanz nicht entgegenzutreten, wenn sie die Erteilung der Nachsicht abweist.

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Verfahren Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind. Ein entsprechender Erlagschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung:

schwerer Betrug, keine Tilgung, negative Prognose, Ausschluss

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 28.04.2004, Zl.: 2003/03/0017-6

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