Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103402/6/Br

Linz, 23.01.1996

VwSen-103402/6/Br Linz, am 23. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A R, N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, vom 17. Oktober 1995, Zl.: VerkR96-2662-1994-Wi, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 23. Jänner 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Zuzüglich zum erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 1.400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem Straferkenntnis vom 17. Oktober 1995, Zl.:

VerkR96-2662-1994-Wi, wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 7.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 210 Stunden verhängt und im Spruch dem Berufungswerber zur Last gelegt:

"Sie haben am 2.4.1994 um 14.34 Uhr im Gemeindegebiet von A auf der in Fahrtrichtung W als Lenker des Motorrades der Marke Suzuki, mit dem behördlichen Kennzeichen die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich überschritten." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus wie folgt:

"Die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die Messung der Fahrgeschwindigkeit mittels eingebauter Videoanlage (ProviDa), durch Nachfahren im gleichbleibenden Abstand und durch die dienstlichen Wahrnehmungen der Straßenaufsichtsorgane Gr.Insp.Z und Insp. S des Landesgendarmeriekommandos für OÖ., V vom 2.4.1994 sowie durch die Erstellung eines Amtssachverständigengutachten als erwiesen anzusehen.

Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

Am 2.4.1994 lenkten Sie das Motorrad der Marke Suzuki, Type mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von A, Bezirk G, OÖ., auf der I in Richtung W. Dabei wurde mittels Messung der Fahrgeschwindigkeit durch Nachfahren im gleichbleibenden Abstand und der im Dienstkraftfahrzeug eingebauten Videoanlage (ProViDa) durch die oa.

Straßenaufsichtsorgane dienstlich festgestellt, daß Sie um 14.34 Uhr zwischen Strkm. und Strkm. die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich (um etwa 82 km/h) überschritten haben. Zur Tatzeit herrschte mäßiger Verkehr und die Fahrbahn war trocken. In der Folge wurden Sie angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Am Ort der Anhaltung gaben Sie an, daß Sie keine Regenbekleidung mitgehabt hätten und um den drohenden Schlechtwetter zu entgehen, seien Sie etwas schneller gefahren. Von einem Defekt des Motorrades machten Sie keine einzige Äußerung.

Aufgrund dieser wesentlichen Geschwindigkeitsüberschreitung wurden Sie von der hs. Behörde mit Aufforderung vom 19.5.1994 zu einer Rechtfertigung verhalten. In Ihrer schriftlichen Rechtfertigung vom 29.5.1994 geben Sie im wesentlichen an, daß Sie zur Tatzeit mit dem Motorrad auf der I in Richtung unterwegs waren. Im Bereich von A hätte sich während eines Überholvorganges der Gasdrehgriff nicht mehr nach vorne, sondern nur nach hinten drehen lassen. Bei den Drehversuchen sei es zu einer wesentlichen Beschleunigung des Motorrades gekommen. Wie hoch die Geschwindigkeit war, könnten Sie insoferne nicht sagen, als Sie Mühe gehabt hätten, das Motorrad unter Kontrolle zu halten. Die Geschwindigkeit sei Ihnen von den anhaltenden Beamten mit gemessenen 212,13 km/h angegeben worden. Dies sei auf einer Strecke von 756 m und in einer Zeit von etwa 13 Sekunden erfolgt. Durch Betätigung der Kupplung hätten Sie den Leerlauf des Motorrades erreicht und dadurch abbremsen können. Den Beamten hätten Sie sich nicht zu sagen getraut, daß Sie mit dem Motorrad technische Probleme gehabt haben, zumal Sie fürchteten, daß Ihnen die Weiterfahrt untersagt worden wäre. Deshalb hätten Sie gegenüber den Beamten bei der Anhaltung angegeben, daß Sie vor den heranziehenden Regenwolken die Autobahnraststätte A erreichen wollten. Nunmehr würden Sie dies als einen Fehler einsehen, da Ihre jetzigen Angaben mit großer Wahrscheinlichkeit unglaubwürdig wirken würden. Jedenfalls hätten Sie auf der Raststelle nach Öffnung der Gasdrehgriffschaltung eine starke Auffaserung des Gasseiles festgestellt, wodurch auch der technische Defekt erklärbar erscheine und es beim Versuch den Gasgriff während der Fahrt in beide Richtungen drehbar zu machen, es zu dieser kurzfristigen hohen Geschwindigkeitsüberschreitung gekommen sei. Nach provisorischer Behebung des Schadens hätten sie die Fahrt mit der den Umständen angepaßter Geschwindigkeit fortgesetzt. Abschließend gaben Sie Ihre persönlichen Verhältnisse bekannt und ersuchten, aufgrund der unvorhersehbar eingetretenen Umstände, daß von einer Bestrafung abgesehen werde.

Auf Grund Ihrer Rechtfertigungsangaben wurde von der hs.

Behörde ein technischen Gutachten eingeholt. In diesem Gutachten des Amtssachverständigen Ing.M des Amtes der oö.Landesregierung vom 20.7.1995, welches Ihnen von Ihrer Wohnsitzbehörde zur Kenntnis gebracht wurde, wobei Sie keine Gegenäußerungen tätigten und nur auf Ihre oa.Rechtfertigungsangaben vom 29.5.1994 verwiesen, wird festgestellt, daß es prinzipiell technisch möglich ist, daß sich der Gasdrehgriff durch ein stark aufgefasertes Gasseil nicht mehr in eine Richtung, jedoch in die andere Richtung drehen läßt. Zur Erreichung des Leerlaufes durch Betätigung der Kupplung Ihres gelenkten Motorrades um dieses abbremsen zu können, wird festgestellt, daß diese dargestellte Praktik grundsätzlich als Problemlösung erfolgen kann, um z.B. die gefahrene Geschwindigkeit zu reduzieren, damit heikle Verkehrssituationen oder sogar ein Verkehrsunfall vermieden werden können. Jedoch stellt sich die Frage, warum Sie nicht dem Motor durch Abstellen der Zündung oder durch Betätigung des "Notaus"-Schalters vor Überlastung geschätzt haben.

Diese Gegenmaßnahmen wurden von Ihnen nicht erwähnt. Auch die provisorische Behebung des Schadens am Gasseil, die Sie bei der Autobahnraststätte A angeblich durchgeführt hätten, ist aus technischer Sicht nachvollziehbar und möglich. Eine derartige "Notreparatur" kann sich aber als Gefahr herausstellen, da der gleiche Mangel am Gasdrehgriff jederzeit wieder auftreten kann und daher als Beeinträchtigung der Betriebs- und Verkehrssicherheit anzusehen ist. Weiters wird vom Amtssachverständigen angemerkt, daß die erfolgte Videoaufzeichnung der Nachfahrt bereits bei einer Geschwindigkeit von etwa 170 km/h beginnt und Sie trotzdem Ihr Motorrad weiter beschleunigten. Auf die Fragen des Amtssachverständigen, warum für Sie bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h der erlaubten Geschwindigkeit von 130 km/h überhaupt noch eine Beschleunigung zum Überholen von zwei Pkws erforderlich war und warum Sie nicht schon, als technisch versiert Erscheinender, als Sie den Mangel am Gasdrehgriff bemerkten, Gegenmaßnahmen ergriffen haben, gingen Sie, wie anfangs erwähnt, nicht ein. Jedoch steht fest, daß Sie Ihr Motorrad weiter beschleunigten, wodurch Sie sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr brachten. Abschließend wies der Amtssachverständige auf den § 102 Abs.1 KFG 1967 hin, in dem die Pflichten des Fahrzeuglenkers definiert und demnach der Lenker vor Antritt der Fahrt sein Fahrzeug auf technische Mängel bzw. im Hinblick auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit zu kontrollieren hat. Dies ist speziell dann erforderlich, wenn der Lenker sein Fahrzeug, wie im gegenständlichen Fall, soeben erst vom Vorbesitzer übernommen hat. Außerdem ist Ihnen aufgrund Ihrer Beschäftigung als Mechaniker die Kenntnis zuzubilligen, daß Sie den gegenständlichen Mangel am Gasdrehgriff bzw. am Gasseil erkennen hätten können, vorausgesetzt, daß dieser Mangel vor Antritt der Fahrt bereits gegeben war.

Auf Grund des oa.Sachverhaltes, der geltenden Rechtslage, Ihrer eigenen Angaben am Ort der Anhaltung, die glaubhaft erscheinen, der dienstlichen Wahrnehmungen der Straßenaufsichtsorgane und der Ausführungen im Amtssachverständigengutachten des Amtes der oö.Landesregierung steht für die hs. Behörde zweifelsfrei fest, daß Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung gesetzt haben und es war daher spruchgemäß zu erkennen, zumal gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 die Lenker eines Fahrzeuges auf österreichischen Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren dürfen. Wer dieser Bestimmung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000.--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen zu bestrafen.

Der Unrechtsgehalt der von Ihnen gesetzten Verwaltungsübertretung muß als sehr hoch eingestuft werden, weil gerade derart hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen, im gegenständlichen Fall um etwa 82 km/h, welche im übrigen eine schwere Verwaltungsübertretung darstellen, immer wieder Ursache von Verkehrsunfällen sind, sodaß diese Übertretungen aus general- sowie spezialpräventiven Überlegungen mit strengen Maßnahmen geahndet werden müssen. Bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von etwa 212 km/h beträgt der Anhalteweg 513 m und bei der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h 208 m, sodaß sich der Anhalteweg um 305 m (!) verlängert. Auch liegt die verhängte Geldstrafe im Strafrahmensbereich und stellt das Maß dessen dar, um Sie in Hinkunft von ähnlichen oder gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

Bei der Strafbemessung wurde Ihr monatliches Nettoeinkommen von S 11.000,- und der Umstand, daß keine Sorgepflichten haben und über kein Vermögen verfügen berücksichtigt.

Erschwerende Umstände liegen keine vor. Als mildernd wurde Ihre bisherige Unbescholtenheit sowohl bei Ihrer Wohnsitzbehörde als auch bei der Bezirkshauptmannschaft G gewertet.

Wie bereits angeführt ist für die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Strafrahmen bis zu S 10.000,- im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen vorgesehen. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe wurde diesem Verhältnis entsprechend auf die verhängten Geldstrafen umgelegt.

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die oa. gesetzlichen Bestimmungen." 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. In dieser führt er nachfolgendes aus:

"Betr.; Berufung geg. Bescheid Verk. R96-2662-1994-Wi Es ist richtig, daß meine Rechtfertigung gegenüber dem Beamten lautete, daß ich vor den herannahenden Regenwolken die Autobahnraststelle erreichen wolle. Ich getraute mich nicht, die technischen Probleme am Motorrad () zu nennen. In meiner Stellungnahme wies ich sogar darauf hin, daß der tatsächliche Grund unglaubwürdig wirken könne.

Das Auftreten solcher techn. Probleme wurden im Gutachten anerkannt und entsprechen auch den Tatsachen.

Zum Gutachten selbst wurden bei der BH M keine weiteren Äußerungen genannt, da nach ho. Ansicht zum Zeitpunkt der Kenntnisbringung, alle erforderlich scheinenden Angaben, in der vorher abgegebenen Rechtfertigung enthalten waren.

Die Kupplungsbetätigung zur Leerlauferreichung und Geschwindigkeitsverringerung zwecks Vermeidung der heiklen Verkehrssituation, bzw. eines Verkehrsunfalles, wurde als eine Möglichkeit anerkannt.

Wenn im Gutachten u. Bescheid angeführt ist, daß ich die Zündung oder den Notausschalter hätte betätigen sollen um den Motor vor Überhitzung zu schützen, so sei mir die Feststellung gestattet, daß dies wohl auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Ich habe in der Notsituation instinktiv gehandelt.

Zur Problembewältigung erscheint die angewendete Art jedoch zweitrangig zu sein, da es galt, eine unvorhersehbare Verkehrssituation ohne meiner und vor allem anderer Personengefährdung zu bewältigen.

Zur Motorüberlastung sei angeführt, daß sich der Drehzahlbereich, selbst bei dieser Geschwindigkeit, im nicht den Motor schädigenden Bereich befindet.

Es kann wohl nicht angenommen werden, daß ich ein erst gekauftes MR absichtlich einer Motorbeschädigung aussetzen würde. Die Notreparatur wurde durchgeführt und im Gutachten anerkannt.

Da die Notreparatur fachgerecht durchgeführt wurde, kann von einer Gefahr und Mangel an Betriebs- u. Verkehrssicherheit wohl kaum gesprochen werden, da als weiteres Sicherheitsmerk mal eine der Situation angepaßte Fahrgeschwindigkeit gewählt wurde.

In der Anzeige wurde die Geschwindigkeit mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 212,13 km/h vom km 35-34,244 gelenkt zu haben. Meine Rechtfertigung hiezu lautete, daß ich wegen der angeführten Notsituation über die Geschwindigkeit keine Angaben machen könne.

Wenn im Gutachten erstmals eine vorherige Geschwindigkeit von ca 170 km/h auf der Meßstrecke von 756 m genannt wird, so ist es durchaus möglich, daß das technische Gebrechen sich schon vorher angekündigt hat.

Da die Beamten ja bereits vor der Meßstrecke hinter mir gewesen sein müssen und nicht tätig geworden sind, muß meine Geschwindigkeit wohl im erlaubten Bereich gewesen sein. Ab dem Auftreten der technischen Probleme kann wohl nicht verlangt werden, daß in einer Notsituation auch noch ein Blick auf den Tacho möglich ist. Dies kann wohl nur in der theoretischen Nachvollziehung als selbstverständlich angesehen werden.

Das es zum Überholen von 2 PKWs gekommen sei, liegt darin, daß ein Fortbewegen des MR die einzige Variante war, um einen Unfall nicht heraufzubeschwören.

Die einzige Gegenmaßnahme wäre wohl nur gewesen, in Panik zu verfallen, eine für andere unbegründet erscheinende Notbremsung zu versuchen. Damit hätte ich nicht nur mich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet.

So bin ich der Meinung, rein instinktiv richtig gehandelt zu haben.

Das MR wurde von mir vor Fahrtantritt den gesetzlichen Erfordernissen entsprechend überprüft und es waren keine Hinweise auf Mängel feststellbar. In Kenntnis eines Mangels hätte ich das MR nicht in Betrieb genommen.

Abschließend gebe ich an, daß ich der Ansicht war, mit der ersten Rechtfertigung den Erfordernissen des Verfahrens entsprochen zu haben. Nach genauerer Kenntnis des Gutachtens erschienen mir nun weitere Angaben erforderlich.

Fest steht, daß die Geschwindigkeitsübertretung verursacht wurde, doch scheint mir, daß durch mein Fahrverhalten aufgrund der technischen Notsituation keine Gefährdung für mich und andere Personen entstanden ist und ein möglicher Unfall verhindert wurde als entscheidend.

So erhebe ich innerhalb festgesetzter Frist Berufung gegen die im Bescheid angeführte Bestrafung und verweise auf das Gutachten des Amtssachverständigen, worin angeführt ist, daß der unvorhersehbar aufgetretene technische Mangel sehr wohl möglich ist.

Hochachtungsvoll (A R e.h. Unterschrift)" 3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war erforderlich, weil vom Berufungswerber die zur Last gelegte Übertretung dem Grunde nach bestritten wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. November 1995, Zl.: VerkR96-2662-1994, nach Eröffnung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Jänner 1996.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber lenkte zum angeführten Zeitpunkt und an der angeführten Örtlichkeit das oben angeführte Motorrad zumindest auf einer Strecke von 746 Meter mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 212 km/h, wobei auf dieser Strecke auch 216 km/h erreicht wurden. Die oben genannte Wegstrecke wurde innerhalb von 12,66 Sekunden durchfahren.

Dieses Faktum ist nicht bestritten.

Der Berufungswerber brachte jedoch im Zuge des erstbehördlichen Verfahrens und ebenfalls in seiner Berufung sinngemäß vor, daß die ihm zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit, zumindest was den dieser Messung vorangegangenen Beschleunigungsvorgang von 170 km/h weg betrifft, auf ein technischen Gebrechen, nämlich das Hängenbleiben des Gasgriffes, zurückzuführen gewesen sei und ihm daher nicht als Verschulden zur Last gelegt werden dürfte.

Bei diesem Motorrad handelt es sich um eine Suzuki mit einem Hubvolumen von 1.127 ccm. Bei einer Motordrehzahl von 8.550 U/min wird eine Leistung von 73,6 kW entwickelt. Die Bauartgeschwindigkeit ist mit 230 km/h angegeben. Über eine erreichbare Höchstdrehzahl liegen keine Angaben vor.

5.1.1. Festgestellt sei jedoch, daß der Begründungshinweis im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich der Länge des Anhalteweges bei der hier gefahrenen Geschwindigkeit 513 Meter betrage, keinen Realitätsbezug hat. Diese Annahme beruht offenbar auf der praxisfernen Annahme einer bloßen Bremsverzögerung von 3,8 m/sek/2. Bei einer für ein Motorrad durchaus realistisch erreichbaren Verzögerung auf trockener Fahrbahn von 7,5 m/sek/2 beträgt der Anhalteweg aber noch immer noch 306 Meter (errechnet mit EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm von Prof. Gratzer).

5.2. Der vom Berufungswerber nunmehr vorgetragenen Verantwortung vermag nicht gefolgt werden. Selbst wenn der Sachverständige in seinem Gutachten das hier vom Berufungswerber in seiner Verantwortung genannte Gebrechen als technisch möglich bezeichnet hatte, vermag dies den Verwaltungssenat nicht dahingehend zu überzeugen, daß dieser Mangel tatsächlich vorlag. Wie sich aus dem Videobild erkennen läßt benützte der Berufungswerber im Bereich der Ausfahrt A den rechten Fahrstreifen. Vielleicht 200 Meter vor ihm ist ein Pkw auf dem rechten Fahrstreifen erkennbar.

Es wäre wohl logisch gewesen, daß der Berufungswerber anläßlich eines doch schwerwiegenden Tatvorwurfes durch die Organe der Gendarmerie nach seiner Anhaltung, dieses angebliche Gebrechen und die nunmehr darin erblickte Notsituation, sofort erwähnt und sich sogleich mit diesem verantwortet hätte. Die nunmehr dargelegte Befürchtung der allfälligen Untersagung der Weiterfahrt ist unlogisch und bringt vielmehr zum Ausdruck, daß hier die Wahrheit zumindest nicht als vorrangig beachtet werden sollte. Der Berufungswerber zeigt dadurch, daß er einer allfälligen rechtlich begründeten Weisung zu entgehen bereit wäre. Nicht nachvollziehbar ist ferner, daß dieses Problem durch bloßes Auskuppeln und nicht durch Betätigung des "Notausschalters" gelöst worden sein sollte. Damit wäre wohl die Gefahr einer Motorschädigung infolge eines "Überdrehens" durchaus möglich gewesen, während durch die "Notausschaltung" immerhin zusätzlich die Motorbremse zu einer schonenden Geschwindigkeitsverminderung führen würde. Von einem geübten Motorradfahrer - der Berufungswerber dürfte ein solcher wohl sein - wäre eine technisch so unsinnige Vorgangsweise wohl kaum zu erwarten. Der Berufungswerber vermochte schließlich auch keinen einzigen Nachweis über die Art der vorerst provisorischen Mangelbehebung, welche ihm eine vorsichtige Weiterfahrt ermöglicht haben sollte, erbringen. Nicht logisch ist ferner, daß anläßlich eines derart schwerwiegenden Mangels die Fahrt noch über die weite Strecke bis nach Hause (N) vorgenommen worden sein sollte, um schließlich dann wieder in P, in einem ungenannt bleibenden Geschäft ein neues Gasseil zu kaufen, wobei der Berufungswerber diesbezüglich wiederum keinen Nachweis zu erbringen in der Lage ist. Darin wäre letztlich im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung ein entsprechendes Vorbringen erwartet worden.

Immerhin wußte der Berufungswerber von dem wider ihn anhängigen Verfahren. Da wäre es doch gerade absurd gewesen sich eines derartiges Beweismittels zu begeben.

Gegenstand der hier zwingend anzuberaumen gewesenen Berufungsverhandlung wäre es auch gewesen vom Berufungswerber den konkreten Ablauf geschildert zu bekommen und diese Schilderung anläßlich des dabei unmittelbar gewonnenen Eindrucks entsprechend zu würdigen. Anstatt dessen teilte der Berufungswerber in einem Schreiben an den Oö. Verwaltungssenat mit, daß er zur Verhandlung nicht komme und es ihm bedenklich erschiene, daß seine Glaubwürdigkeit von persönlichen Erscheinen abhängig gemacht würde.

Damit übersieht er jedoch, daß angesichts des Inhaltes seiner Berufung einerseits eine Verhandlung zwingend duchzuführen war und andererseits, daß die von ihm vorgetragene Verantwortung durch die hier vorliegenden Umstände (Verschweigen des angeblichen Grundes der Übertretung vor der Gendarmerie und Fehlen eines Nachweises über ein angeblich gekauftes Ersatzteil) zumindest noch erheblichen Erklärungsaufwand gehabt hätte, welcher im Zuge der Unmittelbarkeit des Verfahrens, an welchem ein Beschuldigter zur Mitwirkung verpflichtet ist, vorzunehmen gewesen wäre.

Angesichts dieser Sachlage vermag der Oö. Verwaltungssenat der Verantwortung des Berufungswerbers nicht zu folgen und er gelangt zur Überzeugung, daß dieses Vorbringen eine, gelinde gesagt, etwas abenteuerlich anmutende Schutzbehauptung darstellt.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Rechtlich kann zur Vermeidung von Wiederholungen hier auf die von der Erstbehörde zit. gesetzlichen Bestimmungen der StVO 1960 und deren in diesem Zusammenhang grundsätzlich zutreffenden Ausführungen verwiesen werden.

7. Zur Strafzumessung:

7.1. Gemäß 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.2. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von über 80 km/h auf einer Autobahn (212 km/h), selbst wenn diese nur auf eine kurze Wegstrecke bezogen ist, stellt grundsätzlich eine eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung dar. Der objektive Tatunwert gründet hier wohl generell in der dadurch bedingten überproportional ansteigenden Gefahrenpotenzierung.

Im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ist aber grundsätzlich sowohl aus Gründen der Spezialprävention als auch der Generalprävention mit einer strengen Bestrafung vorzugehen.

Obwohl dem Berufungswerber der Milderungsgrund der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zukommt ist es durchaus berechtigt, den Strafrahmen hier mit 70 % auszuschöpfen. Angesichts der oben dargelegten objektiven Umstände bei der Tatbegehung und ausgehend von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers und keinen Sorgepflichten, konnte aus diesen Gründen auch nicht der Strafe mit Erfolg entgegengetreten werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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