Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103426/3/Br

Linz, 15.01.1996

VwSen-103426/3/Br Linz, am 15. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau D P, M, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 5. Dezember 1995, Zl. VerkR96-2229-1995, wegen Übertretung der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in beiden Punkten aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Berufungswerberin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems 1. wegen der Übertretung nach § 102 Abs.4 erster Halbsatz KFG 1967 u. 2. nach § 11 Abs.2 erster Satz der StVO 1960 mit 500 S und 600 S bestraft, wobei mit dem Spruch nachfolgender Tatvorwurf zur Last gelegt wurde:

"Sie haben am 12.05.1995 um 15.28 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen , in W, P, Kreuzung mit der R in Richtung Norden gelenkt, wobei Sie 1. als Lenker des Kraftfahrzeuges mit diesem mehr Lärm verursachten, als bei ordnungsgemäßen Zustand und sachgemäßen Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war, und 2. die Richtungsänderung nach links nicht so rechtzeitig anzeigten, daß sich andere Straßenbenützer auf den angzeigten (gemeint wohl anzuzeigenden) Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre." 2. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Die Ihnen im Spruch zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind durch die dienstliche Wahrnehmung eines Polizeibeamten und nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren als erwiesen anzusehen.

Die Verwaltungsübertretungen wurden Ihnen bereits mit Strafverfügung vom 12.06.1995 zur Kenntnis gebracht, worauf Sie am 30.06.1995 einen Einspruch einbrachten, daraufhin war das Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Anzeigenerstatter wurde bei der Bundespolizeidirektion W als Zeuge einvernommen. Gem. § 50 AVG wurde der Zeuge ermahnt die Wahrheit anzugeben und nichts zu verschweigen und wird auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung der Aussage und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage aufmerksam gemacht. Der Zeuge ist zudem an seinen Diensteid gebunden und ist daher seinen Angaben mehr Glauben zu schenken, und Ihren Aussagen als reine Schutzbehauptung zu werten.

Bei der Strafbemessung (§ 19 VStG) wurden das Ausmaß Ihres Verschuldens und auch der Umstand, daß Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute kommt, gewertet und somit die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen, sowie Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Einkommen ca. S 10.000,-- mtl., kein Vermögen, Sorgepflichten für 3 Kinder) berücksichtigt. Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen." 2.1. In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin im wesentlichen aus, daß sie sich zu Punkt 1. nicht vorstellen könne, daß sie unnötigen Lärm verursacht hätte. Das Auto habe zu diesem Zeitpunkt erst einen Kilometerstand von 300 km aufgewiesen. Im übrigen sei nicht dargelegt worden welcher Art der unnötige Lärm gewesen sei.

Zu Punkt 2. führte die Berufungswerberin aus, daß es bei längerem Stehen an einer Kreuzung einmal passieren könne, daß der Blinker zurückschnappe. Außerdem wäre es an dieser Stelle für jedermann klar gewesen, daß sie links abbiegen würde zumal sie links eingeordnet war. Zu dieser Zeit und an diesem Ort habe am Freitag nachmittags Stoßverkehr geherrscht.

3. Da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG (zweiter Halbsatz) unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt.

4.1. Daraus ergibt sich zu Punkt 1., daß das KFZ der Berufungswerberin eine Leistung von 43 Kilowatt aufweist.

Schon darin wird deutlich, daß es sich bei nur für einen Moment durchdrehenden Rädern allenfalls bloß um ein geringfügiges Quietschen gehandelt haben konnte. Hier ist der Tatvorwurf so wenig substanziert, daß schon aus der Aktenlage heraus mit einer Einstellung vorzugehen war.

Unerfindlich ist, warum sich im Spruch der Hinweis "als bei ordnungsgemäßen Zustand" findet. Dies würde den Schluß zulassen, daß ein Mangel vorgelegen haben könnte. Davon läßt sich dem Akt aber nichts entnehmen. Ein höchstens kurzes Quietschen durch geringfügig durchdrehende Reifen muß in einem solchen Ausmaß nicht verschuldet sein und kann jedem Fahrzeuglenker einmal passieren.

Schließlich wurde jedoch dieser Tatvorwurf in seinem Inhalt der Berufungswerberin weder in der Strafverfügung noch im Rechtshilfeersuchen an das Gemeindeamt K derart zur Last gelegt, daß dadurch eine alle Tatbestandselemente umfassende Verfolgungshandlung vorgenommen worden wäre. Der Berufungswerberin wurde etwa nicht angelastet, daß sie den unsachgemäßen Betrieb "durch das Durchdrehenlassen der Antriebsräder" zu verantworten gehabt hätte. Somit liegt auch keine taugliche Verfolgungshandlung binnen der Frist nach § 31 Abs.2 VStG vor. Dies trifft schließlich auch für den Vorwurf unter Punkt 2. zu.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hierzu erwogen:

5.1. Nach § 11 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.

Hier wurde nicht dargetan, daß hier tatsächlich ein anderer Fahrzeuglenker im Sinne dieser Vorschrift beeinträchtigt wurde (vgl. hiezu sinngem. VwGH verst.Senat 3.10.1985, ZVR 1988/12).

5.2. Der Lenker darf mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug und einem mit diesem gezogenen Anhänger nicht ungebührlichen Lärm, ferner nicht mehr Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist; beim Anhalten in einem Tunnel ist der Fahrzeugmotor, sofern mit diesem nicht auch andere Maschinen betrieben werden, unverzüglich abzustellen § 102 Abs.4 KFG).

5.2.1. Von einem ungebührlichen Lärm im Sinne dieser Bestimmung kann etwa dann nicht gesprochen werden, wenn ein Betrieb eines Kfz den im Standard üblichen Verhaltensweisen im Straßenverkehr entspricht. Ein Überschreiten dieses Standards ist erst dann anzunehmen, wenn ein erheblich lauteres als das übliche Betriebsgeräusch erzeugt wurde (vgl.VwGH 20.2.1991, 90/02/0194, 0195, ZfV 1992/2/409 u. die dort zit. Judikatur). Bei einem Beschleunigen eines PS-schwachen Fahrzeuges und einem auch dabei möglichen kurzzeitigen Quietschen kann von einem Überschreiten des "Üblichen" wohl nicht gesprochen werden.

5.3. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn (sie) verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörde als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erk. des VwGH v 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zu Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. des näheren Hauer-Leukauf, zu § 44a, E 4 zu lit.a (nunmehr Z1).

Der § 44a Z1 VStG stellt demnach das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.

Durch das Unterbleiben der Umschreibung, daß einerseits "andere Verkehrsteilnehmer (etwa Querverkehr oder Gegenverkehr) sich auf das Einbiegemanöver nicht rechtzeitig hätten einstellen können" und andererseits der Lärm durch "das Quietschen der Reifen" verursacht wurde, ermangelte es schon einer verjährungshemmenden, tauglichen Verfolgungshandlung im Hinblick auf wesentliche Tatbestandselemente und hatte die Einstellung sohin im Sinne des § 45 Abs.1 Z3 zu erfolgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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