Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-510059/8/Ki/Ka

Linz, 17.12.2001

VwSen-510059/8/Ki/Ka Linz, am 17. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Langeder, Berichter: Mag. Kisch) über die Berufung des Herrn RGZ vertreten durch Rechtsanwälte Dr. P und Dr. S, vom 25.10.2001 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11.10.2001, VerkR-280.493/9-2001-G/Ha, wegen Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Berechtigung als Fahrschullehrer, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.12.2001, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, der Antragssteller wird vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Berechtigung als Fahrschullehrer befreit.

II. Der Berufungswerber hat für die unter Punkt I. erteilte Nachsicht eine Verwaltungsabgabe in Höhe von 360,00 Schilling (entspricht 26,16 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 116 Abs.2 KFG 1967; § 78 Abs.1 und 2 AVG iVm Tarifpost 348 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung idF BGBl.Nr. II 146/2000.

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Antrag des Berufungswerbers (Bw) um Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Berechtigung als Fahrschullehrer keine Folge gegeben.

In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Herr RGZ die im § 116 Abs.2 KFG 1967 erforderliche Tätigkeit als Fahrschullehrer erst mit 17.8.2001 erreiche.

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung mit dem Antrag, den Bescheid vom 11.10.2001 aufzuheben und dem Rechtsmittelwerber die Nachsicht im Sinne des § 116 Abs.2 KFG per 9.11.2001 zu erteilen.

In der Begründung wird ausgeführt, dass die Feststellung der Erstbehörde, der Rechtsmittelwerber würde die 5-jährige Praxiszeit erst am 17.8.2001 abschließen, unrichtig sei. Aus beigelegten Unterlagen gehe hervor, dass die 5-jährige Praxiszeit mit 8.11.2001 abgeschlossen werde. Mit diesem Zeitpunkt könne sohin die Nachsicht erteilt werden. Hinzu komme, dass der Rechtsmittelwerber als Fahrlehrer einen guten Erfolg nachweisen könne und im Tätigkeitsbereich des Einschreiters ein dringender Bedarf nach Fahrschullehrern bestehe. Eine besondere Qualifikation des Einschreiters ergebe sich auch aus der Tatsache, dass er zwei einschlägige Lehrberufe abgeschlossen habe. Zum einen sei die Lehre als Berufskraftfahrer, zum anderen die Lehre als Landmaschinenmechaniker erfolgreich absolviert worden.

Der Berufung wurden Aufstellungen bezüglich Praxiszeiten beigelegt und es wurde überdies auf eine bereits vorgelegte Bestätigung des Arbeitgebers über den dringenden Bedarf sowie zum guten Erfolg verwiesen.

I.3. Die Erstbehörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt, eine Stellungnahme zum Berufungsvorbringen wurde nicht abgegeben. Durch die Vorlage des Verfahrensaktes wurde der Oö. Verwaltungssenat als Berufungsbehörde zuständig. Nach der geltenden Geschäftsverteilung hat die 9. Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4.12.2001. Überdies wurden Erhebungen hinsichtlich Bedarf an Fahrschullehrern im Bundesland Oberösterreich gepflogen.

An der Berufungsverhandlung nahmen der Bw sowie ein Vertreter der Erstbehörde teil.

Dem gegenständlichen Verfahren liegt ein Antrag des Bw vom 28.9.2001 zugrunde. Diesem Antrag wurde eine Bestätigung der Fahrschule Y R, beigeschlossen, nach der der Antragsteller seit 1997 in diesem Betrieb arbeite. Er sei durch seine freundliche und zuvorkommende Art bei seinen Schülern sehr beliebt. Auch bei anderen Arbeiten im Betrieb sei er stets eine große Stütze und verrichte unaufgefordert verschiedene Tätigkeiten. Die Fahrschule freue es jetzt umso mehr, dass sich der Rechtsmittelwerber weiterbilden möchte und die Fahrschullehrerausbildung anstrebe, noch dazu, wo dringend ein zusätzlicher Fahrschullehrer benötigt werde. Das Angebot an verlässlichen Arbeitskräften sei gerade im Innviertel nicht sehr groß. Im Verfahrensakt befindet sich ein Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung, Oö. Gebietskrankenkasse (Stand vom 4.9.2001). Daraus geht hervor, dass der Antragssteller ab 13.5.1995 mit Unterbrechungen bei Fahrschulen tätig war. Seit 17.12.1997 ist er ohne Unterbrechung bei einer Fahrschule in Ried i.I. tätig.

Eine Anfrage bei der Wirtschaftskammer für Oberösterreich (Fachgruppe Fahrschulen) hat ergeben, dass derzeit ein Bedarf an hauptberuflichen Fahrschullehrern besteht. Ebenso konnte durch Erhebungen beim Arbeitsmarktservice in Erfahrung gebracht werden, dass derzeit im Bundesland Oberösterreich zwei offene Stellen als Fahrschullehrer aus Dienstgebersicht bzw keine offene Stelle auf Dienstnehmerseite bestehen.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Rechtsmittelwerber ausdrücklich, dass er auch weiterhin eine hauptberufliche Tätigkeit anstrebe.

Der Vertreter der Erstbehörde vertrat weiterhin die Auffassung, dass die im Gesetz vorgesehene 5-jährige Frist noch nicht vollendet sei.

Beide Verfahrensparteien akzeptieren, dass der im Akt aufliegende Versicherungsnachweis der Oö. Gebietskrankenkasse, was die bisherigen Zeiten als Fahrlehrertätigkeit anbelangt, der Entscheidung zugrunde gelegt wird.

I.5. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wie folgt erwogen:

Die Berechtigung als Fahrschullehrer an einer Fahrschule theoretischen und praktischen Unterricht zu erteilen, darf gem. § 116 Abs. 1 KFG 1967 - neben dem Vorliegen weiterer, hier nicht relevanter Voraussetzungen - nur Personen erteilt werden, die ein in Österreich gültiges Reifeprüfungszeugnis besitzen.

Gemäß § 116 Abs. 2 KFG 1967 kann der Landeshauptmann auf Antrag vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses befreien, wenn der Antragsteller während der letzten fünf Jahre vor der Einbringung des Antrages als Fahrlehrer tätig war und einen guten Erfolg nachweisen kann und wenn im örtlichen Wirkungsbereich des Landeshauptmannes, bei dem er um Erteilung der Fahrschullehrerberechtigung angesucht hat, ein Mangel an Fahrschullehrern besteht.

Die Ablehnung durch die Erstbehörde wurde damit begründet, dass der Antragsteller die im § 116 Abs. 2 KFG 1967 erforderliche Tätigkeit als Fahrschullehrer erst mit 17.8.2002 erreichen würde. Dabei wurden, gerechnet ab Dezember 1996, nur jene Monate angerechnet, in denen der Antragsteller - lt. Versicherungsdatenauszug der Oö. GKK - tatsächlich als Angestellter in Fahrschulen tätig war.

Aus dem Versicherungsdatenauszug geht aber auch hervor, dass Herr Zechmeister - zwar mit Unterbrechungen - bereits seit Mai 1995 bei Fahrschulen in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden ist. Zum Stichtag, bezogen auf die Antragstellung (28.9.1996) war er zwar in keiner Fahrschule beschäftigt, bei einer Gesamtbetrachtung war er jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung regelmäßig bei Fahrschulen beschäftigt, davon seit Dezember 1997 in vollem Beschäftigungsausmaß. Innerhalb dieser Zeit sind bloß mehrere kurzfristige Unterbrechungen von bis zu maximal drei Monaten aufgetreten.

Die im Gesetz festgelegte Formulierung "während der letzten fünf Jahre" besagt nach Auffassung der Berufungsbehörde nicht, dass innerhalb dieses Zeitraumes ausschließlich und ohne jegliche Unterbrechung eine Tätigkeit als Fahrlehrer erforderlich ist. Folgt man der Berechnungsvariante der Erstbehörde, so müsste im Ergebnis jede einzelne Unterbrechung der Tätigkeit als Fahrlehrer dazu führen, dass die bisher erworbenen Zeiten verloren gingen und auch eine Anrechnung von Zeiten, wie sie in der angefochtenen Entscheidung vorgenommen wurde, unzulässig wäre.

Zwar liegt es auf der Hand, dass der Gesetzgeber mit der Anordnung des § 116 Abs. 2 KFG 1967 auch die allgemeine Erfahrungstatsache berücksichtigt, dass der Erwerb von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen nicht zuletzt auch durch die Kontinuität der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit geprägt wird, dennoch gebietet eine verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung eine sachliche Betrachtungsweise, dass dieser Erwerb umso weniger beeinträchtigt wird, je kurzfristiger allfällige Unterbrechungen im Zuge einer vergleichsweise langfristigen Praxisausübung auftreten. Demnach stehen im Einzelfall kurzfristige (einige Monate nicht übersteigende) Unterbrechungen einer Bewertung als insgesamt kontinuierliche Praxisausübung nicht entgegen. Für diese Auslegung spricht auch, dass selbst Zeiten geringfügiger Beschäftigung als Fahrlehrer angerechnet werden können, zumal im Gesetz nicht ausdrücklich festgelegt ist, dass die Fahrlehrertätigkeit hauptberuflich geleistet werden müsste.

Unter Berücksichtigung der belegten Zeiträume als Fahrlehrer liegt daher im vorliegenden Falle die gesetzlich festgelegte Voraussetzung einer kontinuierlichen fünfjährigen Tätigkeit vor, zumal die Unterbrechungen nur kurzfristig waren bzw. diese Tätigkeit überwiegend in vollem Beschäftigungsausmaß ausgeübt wurde.

Nachdem der Bw auch einen guten Erfolg hinsichtlich seiner bisherigen Fahrlehrertätigkeit nachweisen konnte und überdies das Ermittlungsverfahren durch die Berufungsbehörde ergeben hat, dass derzeit im Bundesland Oberösterreich ein Bedarf an hauptberuflichen Fahrschullehrern besteht, liegen nach Auffassung der Berufungsbehörde sämtliche durch den § 116 Abs.2 KFG 1967 intendierten Voraussetzungen vor, den Antragssteller vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses zu befreien.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Nachsichtsverfahren für Fahrschullehrer (Reifeprüfung)

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum