Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-510072/4/Zo/Pe

Linz, 24.08.2004

 

 

 VwSen-510072/4/Zo/Pe Linz, am 24. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Mag. M A F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F F, Dr. W F, Dr. B G, Mag. U N-K, vom 22.7.2004, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 14.7.2004, VerkR22-10-2-2004, wegen Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Fahrschulbewilligung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.8.2004, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG sowie § 109 Abs.1 lit.e, lit.h und Abs.2 KFG 1967.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers um Erteilung einer Fahrschulbewilligung für die Klasse B mit Standort abgewiesen. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass der Berufungswerber zwar die Reifeprüfung einer HTL für elektronische Datenverarbeitung und Organisation im Jahr 1995 bestanden sowie das Studium der Wirtschaftsinformatik im Jahr 2002 erfolgreich abgeschlossen hat, diese Ausbildung jedoch nicht der in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 geforderten Ausbildung für eine Fahrschulbewilligung entspricht und dieser auch nicht gleichwertig ist.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber darauf verweist, dass er die Reifeprüfung an der HTL für elektronische Datenverarbeitung und Organisation im Jahr 1995 erfolgreich abgeschlossen und über ein Diplom der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Linz (Studienrichtung Wirtschaftsinformatik) vom Juli 2002 verfügt. Unter einer gleichwertigen Ausbildung iSd § 109 Abs.2 KFG 1967 dürfe nicht eine formal gleiche Ausbildung mit völlig gleichen Ausbildungsinhalten und völlig gleichen Prüfungen verstanden werden, sondern es sei zu beurteilen, ob diese Ausbildung im Hinblick auf den gesetzlichen Regelungszweck der in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 geforderten gleichwertig ist. Dabei müsse darauf Bedacht genommen werden, dass es in letzter Zeit im Bereich der HTL zahlreiche Differenzierungen in verschiedene Ausbildungszweige gegeben hat. Zum Zeitpunkt der Entstehung des § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 habe es eben nur die HTL´s für Maschinenbau bzw. Elektrotechnik gegeben, welche sich mit dem zum damaligen Zeitpunkt für die Fahrschulausbildung relevanten Fragen der Kraftfahrzeugtechnik beschäftigt hätten. Würde § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 zum jetzigen Zeitpunkt erlassen, so würde der Gesetzgeber auf die Differenzierung der zahlreichen Ausbildungsschwerpunkte der HTL´s viel stärker Bedacht nehmen und daher auch die Ausbildung an anderen HTL´s als ausreichend erachten.

 

Die klassische Elektrotechnik habe bei modernen Kraftfahrzeugen - insbesondere bei solchen der Klasse B - nur mehr einen untergeordneten Stellenwert. Moderne Kraftfahrzeuge würden im Wesentlichen durch elektronische Bauteile und Steuerungselemente bestimmt und diesbezüglich sei seine Ausbildung in der HTL mit dem Schwerpunkt Prozessregelung und Rechnerverbund der aktuellen Kraftfahrzeugtechnik weitaus näher als klassische Elektrotechnik, woraus sich wiederum die Gleichwertigkeit bzw. sogar Höherwertigkeit seiner Ausbildung ergebe. Im Übrigen habe er anlässlich seiner Ausbildung zum Fahrschullehrer die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auf kraftfahrzeugtechnischem Gebiet erworben und nachgewiesen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei welcher der Verfahrensakt verlesen sowie der Berufungswerber, dessen Rechtsvertreter und die Erstinstanz gehört wurden.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist österreichischer Staatsbürger und 29 Jahre alt. Er hat am 21.6.1995 die Reifeprüfung an der höheren Lehranstalt für elektronische Datenverarbeitung und Organisation in Leonding mit gutem Erfolg bestanden. Entsprechend der Stundentafel dieser HTL wurde der Berufungswerber insbesondere auch (im hier relevanten Bereich) in angewandter Mathematik, angewandter Physik, Prozessregelung und Rechnerverbund sowie Programmieren unterrichtet. Fahrzeug- und Motorentechnik oder Maschinenbau wurden in dieser HTL nicht unterrichtet. Der Berufungswerber hat allerdings in seiner schulischen Ausbildung Kenntnisse im Bereich des Programmierens sowie der Prozessregelung erworben, welche auch bei der Programmierung von Chips, wie sie in modernen Kraftfahrzeugen zahlreich verwendet werden, von Bedeutung sind.

 

Mit Bescheid des Studiendekans der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz vom 3.7.2002 wurde dem Berufungswerber der akademische Grad Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in der Studienrichtung Wirtschaftsinformatik verliehen. Dabei handelt es sich um ein Studium, welches sowohl wirtschaftliche Fragen als auch solche der Informatik umfasst. Dies ergibt sich aus den Diplomteilprüfungen "Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre", "Grundzüge der Volkswirtschaftslehre", "Mathematik und Statistik", "Grundzüge der Informatik" sowie "Grundzüge der Wirtschaftsinformatik". Aus den vom Berufungswerber vorgelegten Prüfungsbestätigungen ergibt sich, dass in technischer Hinsicht eben Fragen der Informatik, von EDV-Informationssystemen, von Software Engineering und ähnlichem bei diesem Studium bearbeitet worden. Problemfelder der Elektrotechnik, der Elektronik, des Maschinenbaus oder der Fahrzeugmechanik wurden in diesem Studium nicht behandelt.

 

Der Berufungswerber hat vor ca. 5 1/2 Jahren seine Ausbildung zum Fahrschullehrer begonnen, wobei in dieser Ausbildung auch der Gegenstand "Kraftfahrzeugtechnik" unterrichtet wurde und er umfangreiche kraftfahrzeugtechnische Kenntnisse erworben hat. Die Fahrschullehrerberechtigung wurde dem Berufungswerber mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23.4.2001 erteilt. Seither ist er ständig als Fahrschullehrer beschäftigt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 109 Abs.1 KFG 1967 darf eine Fahrschulbewilligung nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die

...

e) das Diplom der Fakultät für Maschinenbau oder für Elektrotechnik einer österreichischen technischen Universität oder das Diplom einer Fachhochschule für Maschinenbau oder für Elektrotechnik besitzen oder die Reifeprüfung an einer österreichischen Höheren Technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung erfolgreich bestanden haben,

...

h) glaubhaft machen, dass sie innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens fünf Jahre, für Besitzer eines der in lit.e angeführten Diplome drei Jahre lang als Fahrschullehrer die für das Ausbilden von Lenkern erforderlichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Kraftfahrwesens erworben haben und die

...

 

Gemäß § 109 Abs.2 KFG 1967 kann die Bezirksverwaltungsbehörde vom Erfordernis der Erbringung des Nachweises über die erfolgreiche Absolvierung der in Abs.1 lit.e angeführten Schulen befreien, wenn der Antragsteller eine gleichwertige andere Schulausbildung genossen hat. Eine solche Befreiung gilt für das gesamte Bundesgebiet.

 

5.2. Der Berufungswerber besitzt keines der in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 angeführten Diplome oder die dort angeführte Reifeprüfung. Es ist daher zu prüfen, ob er gemäß §  109 Abs.2 KFG 1967 eine gleichwertige andere Schulausbildung genossen hat. Dabei ist das Vorbringen des Berufungswerbers insofern richtig, als für die Beurteilung der Gleichwertigkeit einer Ausbildung nicht verlangt werden darf, dass völlig die gleichen Stundentafeln mit gleichlautenden Lehrinhalten unterrichtet wurden. In diesem Fall würde bereits eine völlig gleiche und nicht nur eine gleichwertige Schulausbildung vorliegen. Für die Frage der Gleichwertigkeit muss es ausreichend sein, wenn die Ausbildung im Hinblick auf den Regelungszweck des § 109 KFG 1967 die gleichen Qualifikationen vermittelt, wie dies bei den in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 genannten Ausbildungen der Fall ist.

 

Im gegenständlichen Fall ist auch die Bestimmung des § 109 Abs.1 lit.h KFG 1967 zu berücksichtigen, wonach Besitzer eines der in lit.e angeführten Diplome (also Absolventen einer dort genannten Universität oder Fachhochschule) eine dreijährige Praxis als Fahrschullehrer benötigen, während andere Personen (also solche, welche die in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 angeführte Reifeprüfung bestanden haben) eine Praxis von fünf Jahren als Fahrschullehrer benötigen. Der Berufungswerber verfügt derzeit über eine Praxis als Fahrschullehrer von etwas mehr als drei Jahren. Die Fahrschulbewilligung kann ihm daher nur erteilt werden, wenn seine Ausbildung einem der in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 angeführten Diplome gleichwertig ist. Die universitäre Ausbildung des Berufungswerbers bezieht sich aber überhaupt nicht auf Elektrotechnik oder Maschinenbau oder damit in engem Zusammenhang stehende Fachgebiete sondern beschäftigt sich einerseits mit wirtschaftlichen Fragen, andererseits mit solchen von EDV-Informationssystemen und deren Programmierung. Das Diplom des Berufungswerbers der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ist daher den in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 genannten Diplomen nicht gleichwertig. Der Berufungswerber benötigt daher jedenfalls eine Praxis als Fahrschullehrer von fünf Jahren, die er derzeit nicht glaubhaft machen kann. Aus diesem Grund musste die Berufung abgewiesen werden.

 

Die Frage, ob die Reifeprüfung des Berufungswerbers der in § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 geforderten Reifeprüfung gleichwertig ist, ist damit nicht mehr von wesentlicher Bedeutung. Selbst wenn das der Fall wäre, würde der Berufungswerber nach der allgemeinen Regel des § 109 Abs.1 lit.h KFG 1967 eine Fahrschullehrerpraxis von fünf Jahren benötigen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates, welches selbst vom Landeshauptmann bestellter Lenkerprüfer ist, in der Fahrschulausbildung grundlegende Kenntnisse der Fahrzeugmechanik (z.B. Funktionsweise des Motors und des Getriebes, Motorbremswirkung und dgl. mehr) von wesentlich größerer Bedeutung sind, als Kenntnisse über elektronische Steuerungsinstrumente im Kraftfahrzeug.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass derzeit beim Verfassungsgerichtshof eine Prüfung des § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 zu Zl. G 66/04 anhängig ist. Dem Berufungswerber wäre aber selbst dann nicht geholfen, wenn diese Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben würde, weil er auch in diesem Fall gemäß § 109 Abs.1 lit.h KFG 1967 nach der dort festgelegten allgemeinen Regel über eine fünfjährige Praxis als Fahrschullehrer verfügen müsste.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum