Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103454/2/Br

Linz, 22.01.1996

VwSen-103454/2/Br Linz, am 22. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau D P, M, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 28. November 1995, Zl. VerkR96-2137-1-1995, wegen Übertretung der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung iVm der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 300 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Berufungswerberin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems wegen der Übertretung nach § 1 Abs.1 lit.a der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit 1.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit mit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe bestraft, weil sie am 30.3.1995 um 17.13 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in K in einer Kurzparkzone abgestellt und diesen nicht mit einer richtig eingestellten Parkscheibe gekennzeichnet gehabt habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde in Kürze aus, daß die Berufungswerberin die Übertretung nicht bestreite. Die Straffestsetzung begründet die Erstbehörde mit dem Ergebnis des Abwägens der mildernden mit den straferschwerenden Umständen, wobei gesondert die Uneinsichtigkeit der Berufungswerberin erschwerend gewertet wurde.

2.2. In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin im wesentlichen aus, daß sie das Fahrzeug lediglich für 15 Minuten zwecks Entladung nach dem Einkaufen an dieser Stelle abgestellt hätte. Es habe sich somit nur um eine Ladetätigkeit gehandelt. Die Berufungswerberin verweist schließlich noch auf ihre Einkommenssituation und die damit nicht begründbare Strafhöhe. Das weitere Vorbringen ist abermals nicht sachbezogen, sodaß ein Eingehen darauf unterbleiben kann.

Anläßlich ihrer Beschuldigtenvernehmung am 26. September 1995 vor dem Gemeindeamt K verweist die Berufungswerberin auf ein Telefonat mit dem gefertigten Mitglied des Oö.

Verwaltungssenates, wonach ein Rechtsanspruch auf ein Organmandat (gemeint wohl auf eine Bestrafung in entsprechender Höhe) bestehe.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Das zur Last gelegte Verhalten bleibt an sich auch in der Berufung unbestritten. Hinsichtlich des von der Berufungswerberin angesprochenen Telefonates wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

5.1. Als Ladetätigkeit im Sinne der StVO (§ 62 Abs.1 StVO 1960) versteht sich ein Vorgang, der sich auf eine Be- oder Entladung von Gegenständen (Last) beziehen muß. Es kommt daher weder ein einzelner Gegenstand, dessen Ausmaß und dessen Gewicht geringfügig ist und den eine Person bei sich trägt oder an sich nimmt, um ihn von einem Fahrzeug an einen anderen Ort zu bringen, noch eine Mehrzahl von Gegenständen, die zusammengenommen das Merkmal der Geringfügigkeit nach Ausmaß und Gewicht aufweisen und von einer Person in der Hand, unter dem Arm oder in der Kleidung von einem Fahrzeug an einen anderen Ort gebracht werden, als Objekt eines Aufoder Abladens in Betracht. Die von der Berufungswerberin genannte Einkaufstätigkeit und die angeblich in diesem Zusammenhang in die Wohnung verbrachten Waren, sind schon an sich nicht Gegenstand einer Ladetätigkeit (VwGH v.

19.6.1991, 90/03/0257 u. die dort angeführten Judikaturhinweise). Darüber hinaus wäre ohnedies nicht nachvollziehbar, daß ein Verbringen der Waren in die Wohnung gleich eine Viertelstunde in Anspruch nehmen hätte sollen.

5.1.1. Hinsichtlich einer Bestrafung im Ausmaß der mit einer Anonymverfügung vorgesehenen Höhe wird auf die vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schon mit dem Erkenntnis vom 4.12.1991, Zl. 100236 vertretenen Rechtsansicht verwiesen.

Demgemäß kann die Behörde laut § 49a Abs.1, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, durch Verordnung zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmen, für die sie durch Anonymverfügung eine unter Bedachtnahme auf § 19 Abs.1 im vorhinein festgesetzte Geldstrafe bis zu 1.000 S vorschreiben.

Im Abs.2 leg.cit. ist festgelegt, wenn die Behörde durch Verordnung gemäß Abs.1 eine Geldstrafe im vorhinein festgesetzt hat, von der Ausforschung des unbekannten Täters vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben kann, wenn 1. die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und 2. sowohl das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als auch die nachteiligen Folgen, welche die Tat sonst nach sich gezogen hat, keine Bedachtnahme auf die Person des Täters erfordern.

5.1.2. Die Erstbehörde hat mit Verordnung vom 3. Juni 1993, Zl. Verk-03/159/1990, den Tatbestand des § 1 Abs.1 lit.a der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung als anonymverfügungsfähig bestimmt. Gleichzeitig wurde hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 300 S festgelegt und damit der objektive Unrechtsgehalt mit diesem Betrag bewertet. Zur Tatzeit stand diese Verordnung in Geltung. Warum die Behörde im gegenständlichen Fall die Ausforschung des unbekannten Täters durchgeführt hat und nicht eine Geldstrafe mittels Anonymverfügung vorgeschrieben hat, wo an sich die Voraussetzungen hiefür gemäß § 49a Abs.2 VStG gegeben gewesen wären, wobei ein genereller Rechtsanspruch darauf nicht besteht, wird wohl nur darin begründet sein, daß die Berufungswerberin bereits bekannt ist, daß sie derartige "Anonymstrafen" kaum einzahlt (vergleichbar auch für die Ausstellung eines Organmandates).

Im allgemeinen trifft es zu und darauf bezog sich auch die von der Berufungswerberin hier angesprochene telefonische Auskunft, anläßlich derer die hier spezifischen Umstände noch nicht bekannt gewesen sind, daß die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen aus den mit dieser gesetzlichen Regelung intendierten Absichten (z.B.

Verwaltungsökonomie) mit einer Anonymverfügung vorgehen sollte. Denn es sollte kein Rechtsnachteil für einen Betroffenen etwa dadurch entstehen, daß aus nicht nachvollziehbaren Gründen von einer derartigen Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird. In diesem Zusammenhang sei auf jenen Teil des Verfassungsausschußberichtes verwiesen, wonach "der Ausschuß davon ausgeht, daß die Behörden von der Anonymverfügung in ganz Österreich Gebrauch machen, wo immer dies im Sinne des § 49a Abs.2 VStG und der entsprechenden Verordnungen zulässig ist".

Würde der Ansicht der Berufungswerberin gefolgt, könnte es nie zur weiteren Ausschöpfung des Strafrahmens kommen.

5.1.3. Wenn schon die Behörde trotz Vorliegens der im § 49a Abs.2 VStG normierten Voraussetzungen von der Verhängung einer Anonymverfügung Abstand nimmt und nach Ausforschung des Täters eine Strafverfügung erläßt, so hat sie sich bei der Festsetzung der Strafhöhe an die Bestimmung des § 19 Abs.1 VStG zu halten.

Nachdem die für die Festsetzung der Strafhöhe maßgebliche Rechtsvorschrift des § 19 Abs.1 VStG auch bei der verordnungsmäßigen Festsetzung der Strafhöhe in einer Anonymverfügung Grundlage ist (....die durch Anonymverfügung festgesetzte Geldstrafe hat gemäß § 49a Abs.1 VStG unter Bedachtnahme auf § 19 Abs.1 VStG zu erfolgen) und ferner sowohl bei der Anonymverfügung als auch bei der Strafverfügung die Tat hinsichtlich der festzusetzenden Strafe ohne Ansehung der Person für sich alleine zu bewerten ist, es bei der Möglichkeit eine Anonymverfügung zu erlassen grundsätzlich nicht mit der Intention des Gesetzes konform zu erachten, wenn einerseits überhaupt eine Strafverfügung erlassen wird und andererseits mit einer solchen für dasselbe Delikt eine höhere Geldstrafe (hier die fünffache) verhängt hat als für dieses Delikt per Anonymverfügung vorgesehen ist.

5.2. Zusammenfassend sei daher festgestellt, daß bei Tatbeständen, die eher geringfügige Übertretungen betreffen, wenn die Voraussetzung für die Erlassung einer Anonymverfügung vorliegen, in der Strafverfügung die Strafe nicht höher sein darf, als sie in der Verordnung für Anonymstrafen vorgesehen ist bzw. nun (seit der VStG-Novelle 1995) die Zweckmäßigkeit für die Erlassung einer Strafverfügung diesfalls in einer Vielzahl von Fällen überhaupt wegfällt.

5.2.1. Die gemäß § 19 Abs.1 VStG normierte allgemeine Strafbemessungsregel stellt ausschließlich auf objektive Umstände ab. Auf subjektive Tatsachen (etwa geringes Verschulden oder - wie hier - zahlreiche Vormerkungen), selbst wenn sie im Mandats-(straf)verfahren schon bekannt wären, darf nicht Rücksicht genommen werden, ebensowenig auf allfällig bekannte sonstige im § 19 Abs.2 VStG normierte Strafbemessungsgründe. Wenn diese bei der Bemessung der Strafhöhe - gleich ob für den Beschuldigten positiv oder negativ - Berücksichtigung finden sollen, so wäre diesbezüglich sogleich ein ordentliches Verfahren einzuleiten und das Straferkenntnis entsprechend zu begründen gewesen. Es wurde hier aber im ordentlichen Verfahren hinreichend dargelegt, warum die Behörde tatsächlich eine den "Anonymverfügungssatz" übersteigende Strafe verhängt hat.

5.3. Gemäß § 49 Abs.1 VStG idF BGBl.Nr. 620/1995 ist es der Behörde aber wiederum verwehrt, in einem auf Grund eines Einspruches ergehenden Straferkenntnisses eine höhere Strafe als in der Strafverfügung zu verhängen.

5.3.1. Liegen jedoch - so wie hier dies der Fall ist bereits zahlreiche Vormerkungen der Berufungswerberin vor, wobei diese beim Einlangen dieser Anzeige der Behörde bereits bekannt gewesen sind, ist hier die Einleitung eines ordentlichen Verfahrens und der Verhängung einer entsprechend höheren Strafe durchaus rechtens. Es schadet auch nicht, daß die ursprünglich mit der Strafverfügung verhängte Strafe nicht dem vorher Gesagten entsprochen hat.

Durch das Ausscheiden aus dem Rechtsbestand infolge der Beeinspruchung der Strafverfügung ist die Berufungswerberin hiedurch nicht mehr belastet, wenngleich es jedoch angesichts des oben Gesagten sinnvoller gewesen wäre, vom Mandatsverfahren überhaupt abzusehen und aus verwaltungsökonomischen Gründen sogleich ins ordentliche Verfahren zu gehen.

Im Ergebnis kann daher der Berufungswerberin mit ihrem Vorbringen trotzdem kein Erfolg beschieden werden.

5.4. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.5. Konkret ist bei der Strafzumessung zu bedenken, daß die Berufungswerberin bereits mehrfach wegen Übertretungen der auch hier wieder verfahrensgegenständlichen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften rechtskräftig bestraft wurde.

Daraus muß abgeleitet werden, daß sich die Berufungswerberin bislang mit diesem gesetzlich geschützten Bereich nicht ausreichend verbunden erachtete. Es bedarf insbesondere aus Gründen der Spezialprävention einer doch spürbaren Bestrafung, um der Berufungswerberin den Unwertgehalt ihrer Verhaltensweisen vor Augen zu führen und sie künftighin vor weiteren Übertretungen abzuhalten. Alle bisherigen Verfahren vermochten die Berufungswerberin offenkundig noch nicht von der Notwendigkeit der Beachtung auch dieses Rechtsgutes zu überzeugen. Es kann daher auch angesichts des angeblich geringen Einkommens der Berufungswerberin und der Sorgepflichten für ihre drei Kinder einer Geldstrafe selbst im Ausmaß von 1.500 S objektiv nicht entgegengetreten werden.

Immerhin reicht der gesetzliche Strafrahmen bis zu 10.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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