Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520021/7/Bi/Be

Linz, 08.11.2002

 

VwSen-520021/7/Bi/Be Linz, am 8. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W, vertreten durch RA Ing. Mag. H, vom 23. September 2002 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 6. September 2002, FE-1104/2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, auf Grund des Ergebnisses der am 5. November 2002 durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit 12 Monaten ab 26. August 2002 (= Datum der Zustellung des Mandatsbescheides), dh bis 26. August 2003, bestätigt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der do zur selben Geschäftszahl gegen den Berufungswerber (Bw) ergangene Mandatsbescheid vom 22. August 2002, zugestellt am 26. August 2002, bestätigt - mit diesem wurde dem Bw die von der BH Rohrbach am 1. April 1993, VerkR-0301/5075/1993, für die Klassen ABCEFG erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7, 24 Abs.1 Z 1 und Abs.3, 25, 26 Abs.1 und 8 FSG für einen Zeitraum von 12 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen und als begleitende Maßnahme ein Verhaltenstraining angeordnet, sowie der Bw gemäß § 57 AVG aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern - und der Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.
  2. Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 10. September 2002.

  3. Dagegen wendet sich die vom rechtsfreundlich vertretenen Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Auf Antrag des Bw wurde am 5. November 2002 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Mag. H sowie des Vertreters der Erstinstanz Mag. H durchgeführt.

3. In der Berufung wird der oben genannte Bescheid insoweit angefochten, als ihm die Lenkberechtigung für eine 4 bis 6 Monate übersteigende Dauer entzogen wurde.

Der Bw stimmt der Begründung der Erstinstanz insoweit zu, als ihm nach den Bestimmungen des FSG zumindest "derzeit" die Verkehrszuverlässigkeit abzusprechen wäre, jedoch bedürfe es nicht "zumindest" 12 Monate, um diese wiederzuerlangen. Bereits vor etwa 15 Monaten habe er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt, jedoch ohne weitere Gefahrenmomente wie zB Geschwindigkeitsüberschreitung, Verkehrsunfall oder sonstiges, sodass mit einer Mindestentzugsdauer von drei Monaten das Auslangen gefunden wurde. Er habe sich auch im Verwaltungsstrafverfahren sofort schuldig bekannt und die Verwerflichkeit und Unrechtmäßigkeit seiner Fahrt erkannt und eingesehen.

Nach der Judikatur des VwGH sei die Wertung der "bestimmten Tatsachen" im konkreten Einzelfall vorzunehmen und dabei ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, sowie die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit heranzuziehen. Es sei auch miteinzubeziehen, ob ein Lenker eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bilde, und es sei eine Prognose anzustellen, wie sich eine Person voraussichtlich im Verkehr verhalten werde.

Im konkreten Fall sei er bei einer Betriebsfeier gewesen, bei der auch Alkohol konsumiert worden sei. Entgegen einer ursprünglichen Zusicherung eines Mitarbeiters, ihn mit seinem Pkw heimzubringen, habe dieser Mitarbeiter letztlich selbst Alkohol konsumiert und sei nicht mehr bereit gewesen, ihn heimzufahren.

Da er am nächsten Tag unbedingt auf seinen Pkw angewiesen gewesen sei, habe er sich dann leider doch entschlossen, seinen Pkw selbst zu lenken, wobei er eine geringe Fahrgeschwindigkeit eingehalten habe und sehr vorsichtig gewesen sei. Er habe sich auf die wenigen Kilometer nicht den geringsten Verstoß gegen die StVO zuschulden kommen lassen und, abgesehen von der Alkoholbeeinträchtigung von 0,71 mg/l AAG, keine weiteren Gefahrenmomente verursacht. Eine darüber hinausgehende Verwerflichkeit sei daher nicht gegeben, was auch bei der Prognose für die Wiedererlangung seiner Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigen sei.

Die Entziehung der Lenkberechtigung treffe ihn auch persönlich, vor allem wirtschaftlich sehr hart, da er beruflich auf den Pkw angewiesen sei. Auch ein Entzug von 4 - 6 Monaten würde eine gravierende Einschränkung seiner Lebensqualität zur Folge haben und einen schmerzlichen finanziellen Verlust bedeuten. Er sei nach mehrmonatigem FS-Entzug bestrebt, die Alkoholbestimmungen nicht mehr zu übertreten, was sich auch an seiner geständigen Verantwortung im Verwaltungsstrafverfahren und dem Erkennen der Verwerflichkeit seines Verhaltens zeige. Nur daraus, dass ihm vor 15 Monaten bereits die Lenkberechtigung einmal wegen Alkohol entzogen worden sei, sei eine Verkehrsunzuverlässigkeit von 12 Monaten nicht abzuleiten. Auch wenn auf Grund seiner Vortat von einer höheren Dauer ausgegangen werden müsse, sei die von der Erstinstanz verfügte Dauer wesentlich zu hoch. Da er einsichtig und bestrebt sei, einen solchen Fehler sicherlich nicht mehr zu wiederholen, sei nach maximal 6 Monaten Entzugsdauer davon auszugehen, dass er seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt habe. Beantragt wird daher, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung seiner Verantwortung auch im Verwaltungsstrafverfahren die Entzugsdauer auf 6 Monate herabzusetzen, zumal diese bereits die doppelte Mindestentzugsdauer bedeuten würde.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die bezughabenden Strafakten der Erstinstanz eingesehen und erörtert wurden.

Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass der am 8. Februar 1975 geborene Bw am 26. Mai 2001 um 1.53 Uhr im Stadtgebiet Linz einen Pkw gelenkt hat, wobei er wegen offensichtlich überhöhter Geschwindigkeit, Halten im Halteverbot "ausgenommen stark gehbehinderte Personen" ohne Ausweis gemäß § 29a StVO und offen demonstriertem gleichgültigem Verhalten in Bezug auf seine Alkoholbeeinträchtigung von 1,31 %o, die unter Abzug eines Nachtrunks ausgehend vom AAG von 0,90 mg/l errechnet wurde, auffiel. Die Lenkberechtigung wurde ihm auf Grund dieses Vorfalls von der BPD Linz (Bescheid vom 20.8.2001, FE-552/2001) auf drei Monate entzogen und die Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings angeordnet. Am 12. September 2001 wurde dem Bw der Führerschein wieder ausgefolgt.

Am 17. August 2002, also elf Monate später, wurde der Bw erneut beim Lenken eines Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, nämlich 0,71 mg/l AAG, angehalten, wobei der Führerschein nicht abgenommen werden konnte, weil er ihn nach eigenen Aussagen, ebenso wie den Zulassungsschein, in der Wohnung bzw verloren hatte. Mit Straferkenntnis der Erstinstanz vom 12.9.2002, S-32.460/02-1, wurde der Bw gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO, §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.1 FSG und §§ 102 Abs.5 lit.a iVm 134 Abs.1 KFG rechtskräftig bestraft.

In der mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, er sei selbständiger Vermögensberater und habe sich am 17. August 2002 nahe der Autobahnabfahrt Traun in einem ihm namentlich unbekannten Gasthaus befunden, wo eine Bertriebsfeier stattgefunden habe. Er habe sich dort mit ebenfalls selbständigen Mitarbeitern zu einer Art Seminar getroffen, wobei er diese im Hinblick auf Motivation, Schulung uä betreue. Zuvor habe er mit einem namentlich nicht genannten Mitarbeiter vereinbart, dass ihn dieser mit seinem Pkw nach Linz zurückbringen werde. Am nächsten Tag sei ein Familienausflug nach Passau geplant gewesen, daher habe er seinen eigenen Pkw gebraucht. Auf Grund der Zusage des Mitarbeiters habe er dann Alkohol konsumiert, nämlich laut Alkoholerhebungsbogen zwischen 19.30 Uhr und 20.30 Uhr 4 Seitel Bier. Der Mitarbeiter habe dann aber selbst Alkohol getrunken und ihm gesagt, er könne ihn nicht heimbringen.

Er habe daher beschlossen, selbst seinen Pkw nach Hause zu lenken und dabei die A1 bis zur Abfahrt Linz, die A7 bis zur Abfahrt Zentrum und dann die Waldeggstraße, K und H bis zum Haus A W genommen, wo die Anhaltung erfolgt sei. Er sei der Meinung gewesen, das sei die kürzeste Verbindung, habe sich für nicht fahruntüchtig gehalten, sei äußerst vorsichtig gefahren, habe keine weitere Übertretung begangen und niemanden gefährdet oder behindert. Auffällig ist, dass der Bw bei seiner Befragung angegeben hat, er sei vom Gasthaus in Richtung Ampelkreuzung, dh Kremstalstraße, gefahren, weil man vom Gasthaus nicht auf die A1 auffahren könne; dann jedoch hat er ohne örtlichen Bezug angegeben, er sei doch auf die A1 aufgefahren.

Aus der Anzeige geht hervor, dass die Anhaltung auf Grund einer Mitteilung einer GP-Streife erfolgt ist, wonach in Haid der offensichtlich von einem alkoholisierten Lenker gelenkte Pkw L- Richtung Leonding fahre. Der Zulassungsbesitzer des Pkw war der Bw, der kurz vor seiner Wohnung angehalten wurde. Der Alkotest ergab einen geringsten Wert von 0,71 mg/l AAG.

Der Bw führte aus, er trinke nur bei Anlässen Alkohol, habe das Einstellungs- und Verhaltenstraining, das er beim letzten Entzug der Lenkberechtigung absolviert habe, sehr wohl in seine Lebenssituation übertragen und seine Einstellung zu Alkohol im Straßenverkehr überdacht. Er habe mittlerweile auch zwei oder drei Alkoholkontrollen gehabt, bei denen er nichts getrunken gehabt habe. Die in Rede stehende Übertretung sei unglücklicherweise zustande gekommen und er bedaure dies. Er habe massive finanzielle Nachteile durch die Entziehung der Lenkberechtigung. Bei seiner ersten Entziehung, die drei Monate gedauert habe, habe er das leichter organisieren, Urlaub nehmen und Büroarbeiten erledigten können. Nun sei das nicht möglich, weil er Kunden im Bereich Rohrbach zu betreuen habe und auf öffentliche Verkehrsmittel und schwer zu organisierende Mitfahrmöglichkeiten angewiesen sei. Ohne Fahrzeug sei es außerdem unmöglich, neue Kunden zu aquirieren, was große finanzielle Einbußen zur Folge habe.

Laut Verzeichnis der Erstinstanz weist der Bw Vormerkungen aus dem Jahr 2001 wegen Übertretungen gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO (insgesamt drei) und § 103 Abs.2 KFG auf; aus dem Jahr 2002 besteht eine Vormerkung nach § 36e KFG. Aus der Zeit zwischen 28. August 2002 bis zur mündlichen Verhandlung ist nichts Nachteiliges über den Bw bekannt.

Unbestritten ist aber der Umstand, dass der Bw im Mandatsbescheid aufgefordert wurde, unverzüglich seinen Führerschein bei der Erstinstanz abzugeben, was bis heute nicht erfolgt ist. Nach eigenen Aussagen hat der Bw seinen Führerschein nicht mehr gefunden und auch keine Verlustanzeige erstattet. Er hat sich gegenüber der Erstinstanz diesbezüglich überhaupt nicht gemeldet.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4 ) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen hat ... Gemäß Abs.4 dieser Bestimmung sind für die Wertung der im Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 26 Abs.1 2. Satz Z3 FSG hat, wenn der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 %o oder mehr, aber weniger als 1,6 %o, oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l, beträgt, die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Der Bw wurde mit Straferkenntnis der BPD Linz vom 12. September 2002,
S-32.460/02-1, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO rechtskräftig bestraft, wobei ein AAG von 0,71 mg/l zugrundegelegt wurde.

Im Hinblick auf § 7 Abs.3 Z1 FSG war somit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache auszugehen, die gemäß Abs.4 dieser Bestimmung einer Wertung insofern zu unterziehen war, als die Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurde, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend waren. Gemäß § 26 Abs.1 2.Satz Z3 FSG war die Entziehungsdauer mit mindestens drei Monaten festzusetzen.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zur Verwerflichkeit zu sagen, dass schon der Umstand, dass der Bw nur auf Grund der Zusage eines Mitarbeiters, der an derselben Feier teilnimmt und sichtbar Alkohol konsumiert, innerhalb einer Stunde 4 Seidel Bier trinkt, obwohl er für den nächsten Tag mit seinem Pkw konkrete Pläne hat und jedenfalls nach Hause will, bedenklich ist. Obwohl organisatorisch jederzeit die Möglichkeit bestanden hätte, den eigenen Pkw durch einen Taxilenker nach Linz überstellen zu lassen oder mit dem Taxi zu fahren und den Pkw am nächsten Morgen mit einem Taxi abzuholen, hat der Bw sich entschlossen, seinen Pkw selbst nach Hause zu lenken - langsam und vorsichtig, wie er sagt - jedoch hat er sich zum Zeitpunkt seines Entschlusses über mögliche Alternativen dazu offenbar keine Gedanken gemacht. Dass es nach seinen Aussagen bei dem Vorfall "blöd gelaufen" ist, erklärt noch nicht, warum er sich tatsächlich selbst zum Lenken des Fahrzeuges nach dem geschilderten Alkoholkonsum entschlossen hat.

Zur Fahrtstrecke ist zu sagen, dass - sollte der Bw diese Strecke tatsächlich gewählt haben - zwar richtig ist, dass zwischen der Auffahrt Traun auf die A1 und auf der A7 bis kurz vor Linz eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h, bis zur Ausfahrt Zentrum auf 80 km/h, dann 60 bzw 50 km/h besteht, allerdings zählen diese Autobahnabschnitte grundsätzlich zu den im Raum Linz am stärksten befahrenen, ebenso wie die Waldeggstraße im Stadtgebiet Linz. Die Fahrt fand an einem Sommerabend um ca 21.00 Uhr statt. Von geringem Verkehrsaufkommen kann im genannten Bereich mit Sicherheit nicht ausgegangen werden, auch wenn der Bw subjektiv die Autobahn mangels Gegenverkehr als weniger gefährlich einstuft. Abgesehen davon bleiben Zweifel in Bezug auf die mangelnde Übereinstimmung der Meldung der GP-Streife, der Pkw werde "vom Bereich Haid in Richtung Leonding" gelenkt, zumal die beiden Fahrtrouten nicht übereinstimmen. Der Bw hat in der Verhandlung angegeben, er sei vom Gasthaus in Richtung Ampelkreuzung, dh Kremstalstraße, und von dort auf die A1 gefahren, was zum einen nicht richtig sein kann - von diesem Gasthaus gelangt man auf kürzestem Weg bei der Auffahrt Traun auf die A1 Richtung Linz - und im Übrigen eher für die Richtigkeit der Meldung der Streife spricht. Laut Anzeige kam der Bw vor seiner Anhaltung auf der Kudlichstraße bergwärts fahrend, dh von der Waldeggstraße; dieser Abschnitt passt zu beiden Fahrtrouten.

Der Ansicht des Bw, außer der Verwerflichkeit der Alkoholisierung an sich seien keine weiteren Gefahrenmomente entstanden, ist entgegenzuhalten, dass er der Streife wegen "offensichtlicher Alkoholisierung" aufgefallen ist. Es liegen zumindest keine Meldungen über eine Gefährdung oder gar Schäden vor.

Zur seit der Zustellung des Mandatsbescheides verstrichenen Zeit ist zu sagen, dass allein aus dem Umstand, dass über den Bw hinsichtlich Alkohol nichts Nachteiliges bekannt ist, nichts gewonnen ist, weil der Zeitraum von knapp zwei Monaten wesentlich zu kurz ist, um hinsichtlich einer Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG Aussagen treffen zu können.

Grundsätzlich stellt das Lenken eines Pkw mit einem AAG-Wert von 0,71 mg/l eine Alkoholbeeinträchtigung in einem Ausmaß dar, die die Verkehrszuverlässigkeit des Bw massiv in Frage stellt. Bedenkt man nämlich, dass der letzte zur Entziehung der Lenkberechtigung führende Vorfall erst am 26. Mai 2001 stattfand - hier wurden vom gemessenen AAG-Wert 0,90 mg/l nach Abzug eines Nachtrunks 1,31 %o BAG errechnet - und dass der Bw nach einer bereits dreimonatigen Entziehung der Lenkberechtigung und Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings lediglich 11 Monate im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung war, bevor sich der Vorfall vom 17. August 2002 ereignete, so entsteht der Eindruck, dass der Bw die Bedeutung des Begriffes "Verkehrszuverlässigkeit" noch keineswegs in seine ganz persönliche Einstellung zu Alkohol im Straßenverkehr integriert hat. Dass er in diesem kurzen Zeitraum bei Alkoholkontrollen nichts getrunken hatte und Alkohol nur bei Anlässen konsumiert, stellt keinen Anhaltspunkt dafür dar, dass er sich der Verwerflichkeit des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Bezug auf seine Person ausreichend bewusst ist. Die vorige Entziehungsdauer von drei Monaten war durch entsprechende Organisation für ihn offenbar so zu bewerkstelligen, dass ihm nicht ausreichend bewusst wurde, dass diese Zeit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit dienen soll, dh dass diese Zeit auch eine grundsätzliche Änderung der Lebenseinstellung in Bezug auf Alkohol im Straßenverkehr bewirken soll.

Der VwGH betont in seiner Rechtsprechung, dass Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften gehören und die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte daher bei der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht fällt, wobei aber die Entziehung der Lenkberechtigung keine Strafe darstellt, sondern in erster Linie eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (vgl ua Erk v 23.4.2002, 2000/11/0184).

Auch die Erstinstanz hat - zutreffend - ausgeführt, dass durch das Lenken eines Kfz in alkoholbeeinträchtigtem Zustand die Verkehrssicherheit massiv gefährdet wird und diese an sich schon gefährliche Tätigkeit nur Menschen gestattet werden kann, die das erforderliche Verantwortungsbewusstsein und die charakterliche Einstellung haben und nicht noch zusätzlich zu einer Erhöhung der Gefahren beitragen.

Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss, vor denen kein am Verkehrsgeschehen teilnehmender Alko-Lenker gefeit ist, können folgenschwer sein und unter Umständen lebenslanges Leid für alle Beteiligten zur Folge haben. Dass im konkreten Fall der Bw zwar wegen seiner laut Anzeige "offensichtlich" Alkoholeinfluss zugeordneten Fahrweise anderen, nämlich den Beamten der Streife, auffiel, er sich dessen aber nicht bewusst wurde, weil er der Meinung war, er fahre langsam und vorsichtig, zeigt seine (im negativen Sinn) etwas großzügige Einstellung zu dieser Problematik. Dass der Bw am 17. August 2002 keinen Verkehrsunfall verursachte, bedeutet nicht, dass die Verwerflichkeit der ohne Zweifel als bestimmte Tatsache zu qualifizierende Alkoholbeeinträchtigung von 0,71 mg/l AAG (entspricht 1,42 %o BAG) um so viel geringer zu werten wäre, dass allein dadurch eine Minderung der Entziehungsdauer gerechtfertigt wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind berufliche oder finanzielle Nachteile kein Grund für eine Berücksichtigung bei der Entziehungsdauer und haben aus Gründen öffentlichen Interesses, verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben (vgl Erk v 24.8.1999, 99/11/0166, v 30.5.2001, 2001/11/0081, ua).

Der Bw ist zweifellos Rückfallstäter, wobei auch der rasche Rückfall, nämlich 11 Monate nach Wiederausfolgung des Führerscheins bzw 15 Monate nach dem letzten Vorfall, wesentlich bei der Wertung nach § 7 Abs.4 FSG ist.

Sein Argument, laut Rechtsprechung des VwGH sei auch bei zweimaliger Alkoholisierung sogar unter Berücksichtigung eines Verkehrsunfalls mit Fahrerflucht eine Entziehungszeit von nur 10 Monaten ausreichend, geht insofern ins Leere, als im Fall des von ihm zitierten VwGH-Erkenntnisses vom 13.12.1994, 94/11/0368, zwischen den Alkoholfahrten immerhin drei Jahre lagen und im dem ebenfalls zitierten VwGH-Erkenntnis vom 4.2.1992, 92/11/0003, zugrundeliegenden Fall 12 Monate Entziehungszeit für zwei Alko-Vorfälle innerhalb von vier Monaten, davon der letzte mit zwei Anhaltungen innerhalb von 40 Minuten (0,43 mg/l AAG) für "unbedenklich" erachtet wurden. Der Begriff "unbedenklich" kann aber nur bedeuten, dass der VwGH in die Festsetzung dieser Entziehungszeit keine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickte, was aber nicht als Grenze nach oben anzusehen ist, die eine weitergehende Entziehungszeit von vornherein als rechtswidrig ausschließen würde.

Im dem VwGH-Erkenntnis vom 23.10.2001, 2001/11/0295, zugrundeliegenden Fall wurde eine Entziehungszeit von 12 Monaten bei zweimaliger Alkoholisierung im Abstand von drei Jahren, zuletzt 1,72 %o BAG, ohne Verkehrsunfall für nicht rechtswidrig erachtet. Richtig ist, dass eine bloße "Behördenlinie" letztlich nicht maßgebend für eine Zukunftsprognose im Einzelfall sein kann, zumal die Bemessung der Entziehungsdauer kein Ermessen darstellt (vgl VwGH v 20.2.2001, 2000/11/0281).

Im gegenständlichen Fall ist aber auf der Grundlage der §§ 24 Abs.1 Z1 iVm 7 Abs.1 Z1 FSG und den oben zusammengefassten Überlegungen zu erwarten, dass der Bw nicht vor Ablauf von 12 Monaten seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen wird. Der Bw hat in der mündlichen Verhandlung Einsicht gezeigt und Besserung versprochen, allerdings zugeben müssen, dass er auf die Aufforderung der Erstinstanz im Mandatsbescheid (zugestellt am 28. Mai 2002), den Führerschein unverzüglich abzugeben, bislang tatsächlich gar nicht reagiert und auch keine Verlustanzeige erstattet hat. Vielmehr hat er sich, obwohl rechtsfreundlich vertreten, auf Unwissenheit der gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit dem Verlust des Dokuments berufen. Auch diese, zwar nicht einer Wertung gemäß § 7 FSG zugänglichen, aber auffällige Gleichgültigkeit lässt an seiner derzeitigen Einstellung massive Zweifel aufkommen.

Die Anordnung der Nachschulung in Form eines Verhaltenstrainings wurde vom Bw nicht angefochten.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

12 Monate abn. bei 2. Alkoholdelikt (0,71 mg/l)

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