Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520026/8/Br/Pe

Linz, 05.11.2002

VwSen-520026/8/Br/Pe Linz, am 5. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn GP, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 14. August 2002, VerkR21-19-2002, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und die darin ausgesprochene Befristung der Lenkberechtigung ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 8 Abs.3 Z2 FSG idF BGBl.I Nr.81/2002

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 4.12.2001 unter der GZ: VerkR20-3395-2001/VB erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B, ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides, auf zwei Jahre befristet.

Unter Hinweis auf die Aktenlage und Zitierung von Rechtsvorschriften des Führerscheingesetzes und der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, begründete die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung damit, weil der Berufungswerber auf Grund einer Stellungnahme vom Bezirksgericht Frankenmarkt an die Behörde erster Instanz, eine Übertretung nach dem Suchtmittelgesetz begangen habe. Mit Blick darauf habe sie eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet. Diese habe zu dem Ergebnis einer Befristung geführt. Das Ergebnis dieses Gutachtens sei dem Berufungswerber am 10. Mai 2002 zur Kenntnis gebracht worden. Er habe sich dabei gegen eine Beschränkung seiner Lenkberechtigung ausgesprochen, welche schließlich mit dem hier per Bescheid ausgesprochenen Ergebnis zu befristen gewesen sei.

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht erhobenen und wegen einer Fehlbenennung in der Rechtsmittelbelehrung als Vorstellung bezeichneten Berufung. Darin führt er aus wie folgt:

"Wie in dem im Bescheid erwähnten Strafverfahren des Bezirksgerichtes Frankenmarkt 6 U 2/02y (seinerzeit 9 Ur 1144/01s des Landesgerichtes Wels), in welchem zwischenzeitig die Anzeige gemäß § 35 Abs.1 SMG am 7.5.2002 vorläufig zurückgelegt wurde, am 27.12.01 angegeben, rauchte ich von Sommer 2000 bis Februar/März 2001 5-6 mal Haschischjoints. Außerdem rauchte ich noch kurz bei einem Reggae-Fest in Köln Anfang 2001 bei einer mir fremden Person bei einem Joint mit.

Ansonsten hatte ich nie etwas mit Suchtgift bzw. Suchtmitteln zu tun. Das in diesem Strafverfahren eingeholte Gutachten von Frau Hofrätin Dr. ED, vom 15.4.2002, welches zeitlich nach dem im verfahrensgegenständlichen Bescheid verwerteten Gutachten vom 8.4.2002 lag, ergab, daß ich keiner gesundheitsbezogenen Maßnahme bedarf, weshalb am 22.4.2002 seitens des zuständigen Sachbearbeiters der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck Herrn BR die entsprechende Erklärung abgegeben wurde.

Abgesehen davon, daß sich die beiden Gutachten offenbar widersprechen, da ich einerseits keiner gesundheitsbezogenen Maßnahme bedarf, andererseits aber das Gutachten vom 8.4.02 und der Bescheid im gegenständlichen Verfahren (fälschlich) davon ausgehen, daß ich von einem Suchtmittel derart abhängig bin bzw. den Konsum dieses Suchtmittels nicht soweit einschränken kann, daß ich beim Lenken eines Kraftfahrzeugs nicht beeinträchtigt würde, sodaß eine Führerscheinbefristung erforderlich wäre, berührt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein geringfügiger Suchtmittelgenuß (ebenso wie geringfügiger Alkoholgenuß), der in meinem Fall noch dazu lange in der Vergangenheit zurückliegt, nicht meine Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen (VwGH vom 24.8.1999, 99/11/0092; 99/11/0175 u.a.), sodaß eine Führerscheinbefristung auch aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt erscheint, zumal ich zu den genannten Tatzeitpunkten kein Fahrzeug lenkte. Dies wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof speziell in Verbindung mit Cannabis mehrfach ausgesprochen (VwGH vom 28.6.01, 099/11/0243 u. a.).

Darüberhinaus liegt der berechtigte Schutzzweck der Normen in Bezug auf Führerscheinbefristungen wegen Mißbrauch von Suchtmitteln und Alkohol sicher in der Vorsorge für Verkehrssicherheit und Verkehrszuverlässigkeit. Diesbezüglich muß ich nochmals ausdrücklich betonen, daß mein geringer Suchtmittelkonsum nie im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen stand. Mir war stets und ist auch jetzt bewußt, daß, sollte ich in Zukunft anläßlich besonderer Gelegenheiten ausnahmsweise Alkohol konsumieren (von Suchtmitteln werde ich mich in Zukunft fernhalten), ich kein Fahrzeug lenken darf, sodaß ich also nie die Verkehrssicherheit gefährdet habe oder je gefährden werde.

Letztlich ist darauf zu verweisen, daß, wenn schon bei mir unbegründeterweise eine Gefährdung der Verkehrssicherheit bzw. eine mangelnde Verkehrszuverlässigkeit befürchtet wird, das Auslangen mit gelegentlichen oder auch regelmäßigen Kontrolluntersuchungen (Harnproben etc.) gefunden hätte werden können, zu denen ich mich ausdrücklich bereit erkläre, und nicht mit einer grundlosen Führerscheinbefristung vorgegangen wird, die mich trotz meines Wohlverhaltens seit Mai 2001, also lange vor dem Führerscheinerwerb (Ausstellungsdatum 4.12.2001), diskriminert und mir nicht gerecht wird.

Ich beantrage daher die Aufhebung bzw. Abänderung des genannten Bescheides dahingehend, daß die zweijährige Befristung wegfällt bzw. gestrichen wird und meine Lenkerberechtigung unbefristet gilt.

Mit vorzüglicher Hochachtung und bestem Dank!

(GP, mit e.h. Unterschrift)"

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz noch dem Amt der Oö. Landesregierung - Abteilung Verkehr - vorgelegt. Von Letzterem jedoch zuständigkeitshalber an den seit 1. August 2002 für "Führerscheinverfahren" zuständigen Oö. Verwaltungssenat abgetreten.

3.1. Im Akt der Behörde erster Instanz erliegt eine Anzeige des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 26.2.2002, Zl. 6 U 2/02y, bzw. eine Anfrage an die Bezirksverwaltungsbehörde nach § 35 Abs.3 Z2 des Suchtmittelgesetzes (SMG) mit der Anmerkung "Erwerb oder Besitz eines Suchtgiftes in geringer Menge zum persönlichen Gebrauch (§ 27 Abs.1 SMG)".

Anschließend erging seitens der erstinstanzlichen Abteilung Verkehr ein Ersuchen an den dortigen Sanitätsdienst ein Gutachten darüber zu erstellen, ob der Berufungswerber geistig und körperlich geeignet erscheint Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken.

Im Akt befinden sich weiter amtliche Schriftstücke über Art und Umfang von in der elterlichen Wohnung des Berufungswerbers bereits im August 2001 sichergestellter Suchtmittel. Ebenfalls eine Auflistung des BMfI vom 29.9.2001 mit einer Beschreibung des sichergestellten Materials (AS 9-13). Schließlich befinden sich noch Befragungsprotokolle und Berichte offenbar aus dem Bekanntenkreis des Berufungswerbers und von ihm selbst über sein Suchtmittelkonsumverhalten und die Bezugsquellen im Akt.

Demnach soll der Berufungswerber gelegentlich Haschisch rauchen.

Aus dem am 8.4.2002 erstellten "Gutachten nach § 8 Führerscheingesetz (FSG)" geht hervor, dass der Berufungswerber gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befristet auf einen Zeitraum von zwei Jahren (handschriftlich eingefügt) geeignet ist.

In der Begründung findet sich der maschinschriftliche Eintrag: "St. p. Suchtmitteldelikten - Kontrolle des Allgemeinzustandes."

Unterzeichnet von der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Hofrätin Dr. D.

4. Der Verfahrensakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 AVG).

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat ergänzend Beweis erhoben durch Beischaffung des vom Berufungswerber genannten "weiteren" Gutachtens vom 15.4.2002, worin die Amtsärztin zur Schlussfolgerung gelangt sei, dass es beim Berufungswerber keiner gesundheitsbezogenen Maßnahmen bedürfe. Ebenfalls wurde von h. die Landessanitätsdirektion mit h. Schreiben vom 16.10.2002 und die Amtsärztin im Wege des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck mit h. Schreiben vom 22.10.2002 ersucht, sich zu diesem aufgezeigten Widerspruch zu äußern. Ebenfalls wurde der Berufungswerber ersucht, das entsprechende von ihm in der Berufung erwähnte Gutachten beizubringen.

5. Die Behörde erster Instanz teilte per Schreiben vom 16. Oktober 2002 mit, wonach das diesem Schreiben angeschlossene Gutachten für die Abteilung SanRB und nicht für die Verkehrsabteilung (gemeint wohl auf welches sich der angefochtene Bescheid stützte) erstellt worden sei.

Aus diesem für die SanRB erstellte und mit "1.10.2002 datierte Gutachten" geht hervor, dass es hinsichtlich des Berufungswerbers "keiner gesundheitsbezogener Maßnahme" bedürfe.

Diese im Ergebnis inhaltsgleiche Mitteilung erging seitens der Behörde erster Instanz per Note vom 22.4.2002 unter dem Aktenzeichen SanRB10-290-2001, an das BG Frankenmarkt, zur den Berufungswerber betreffenden gerichtlichen Bezugszahl 6 U 2/02 y. Diese Mitteilung erging gemäß § 11 Abs.2 SMG (Suchtmittelgesetz). Dieser war das vom Berufungswerber bezogene und von diesem in Reaktion auf die h. Aufforderung ebenfalls übermittelte Gutachten vom 15.4.2002 angeschlossen. Daraus geht unter der Überschrift "Gutachten" durch die mit einem X erfolgte Markierung, aber einer in keinem sprachlichen Kontext stehenden Textpassage ebenfalls hervor, dass es "keiner gesundheitsbezogenen Maßnahme" bedürfe. Unter dem Wort "Begründung:" am Ende der als Vordruck gestalteten und mit zwölf Markierungsoptionen gestalteten Formularseite, findet sich außer dem Datum (15.4.2002) und des Namens des Amtsarztes mit Paraphe der Unterschrift (Hofrätin Dr. ED), keine Anmerkung.

5.1. Diese Feststellungen sind dahingehend zu würdigen, dass seitens des Berufungswerbers keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, sodass der Tenor des seitens der Verkehrsabteilung der Behörde erster Instanz eingeholten Gutachtens im sogenannten Führerscheinverfahren, offenbar als Grund eines Irrtums festzustellen ist. Es lässt sich nämlich nicht nachvollziehen, warum einerseits dem Berufungswerber die Lenkberechtigung befristet werden sollte, obwohl offenbar schon jetzt weder eine Krankheit noch die Notwendigkeit gesundheitsbezogener Maßnahmen erblickt werden können. Das "Gutachten", welches der Behörde erster Instanz als Grundlage für die Befristung diente, entbehrte in diesem Zusammenhang der Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit, wobei im Lichte des vom Berufungswerber angezogenen und nunmehr beigeschafften Kalküls offenbar ein gesundheitliches Manko tatsächlich nicht besteht.

Daher bedurfte es hier keiner ergänzenden Ermittlungen mehr, um zu dieser Berufungsentscheidung zu gelangen.

6. Nach § 24 Abs.1 und Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 leg.cit. in den Führerschein einzutragen.

Nach § 14 Abs.1 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, die geeignet sind, die Fahrtauglichkeit zu beeinträchtigen, darf nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme eine Lenkberechtigung erteilt oder belassen werden (Abs.4).

Aus dem den Gegenstand dieses Berufungsverfahrens bildenden, im Akt erliegenden amtsärztlichen "Gutachten" ließ sich - wie oben festgestellt - nicht nachvollziehen, ob und inwiefern der Berufungswerber in seiner Gesundheit (durch eine Abhängigkeit) beeinträchtigt wäre. Mit dem bloßen Hinweis nach zwei Jahren den Allgemeinzustand des Berufungswerbers zu kontrollieren, ohne einerseits im fraglichen Gutachten auch nur in Ansätzen darzutun, worin dzt. aus medizinischer Sicht ein gesundheitlicher Mangel erblickt werden soll und darüber hinaus, in einem vom gleichen Amtsarzt aber für eine andere Abteilung erstellten Gutachten, offenbar ein gesundheitlicher Mangel dezidiert verneint wird, kann rechtlich eine Einschränkung der Lenkberechtigung nicht begründet werden (vgl. dazu ausführlich VwGH 28.6.2001, 99/11/0243).

Schließlich kann während dieses Zeitraums nahezu bei jedem Menschen eine Veränderung seines Zustandes eintreten, sodass diese Maßnahme nicht gleichsam prophylaktisch angeordnet werden kann. Dies vermag auch nicht damit gerechtfertigt werden, wenn hier der Berufungswerber - was aus der Aktenlage abgeleitete werden kann - vor über einem Jahr geringe Mengen Suchtmittel konsumiert haben sollte. Die Notwendigkeit einer Nachuntersuchung im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG ist (nur) dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von KFZ führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (abermals VwGH 28.6.2001, 99/11/0243).

Der Bescheid und die darin ausgesprochene Befristung war somit im Lichte dieser Fakten und der darauf zu stützenden Rechtslage, ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei darauf hingewiesen wird, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Gutachten, Befund, Schlüssigkeit