Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520029/6/Fra/Ka

Linz, 09.12.2002

VwSen-520029/6/Fra/Ka Linz, am 9. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn GL, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. TT, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27.9.2002, VerkR20-535-1996, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.11.2002, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Abs.1 Z1, § 25 Absätze 1 und 3 iVm § 7 Abs.1 Z2, § 7 Abs.3 Z12 und § 7 Abs.4 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/65/2002 und BGBl. I/81/2002, im Folgenden: FSG; § 64 Abs.2 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die von der genannten Behörde am 9.9.1996 unter Zl. VerkR20-535-1996 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Weiters wurde ausgesprochen, dass dem Bw bis zum 28.6.2003 (Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung), keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich beim Gendarmerieposten Rorbach oder bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach abzugeben ist.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung, über die der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) wie folgt erwogen hat:

2.1. Zur sachlichen Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Gemäß § 35 Abs.1 2. Satz FSG in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl. I/65/2002, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder der Bundespolizeibehörde.

Gemäß § 43 Abs.11 FSG in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes besteht die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern dann, wenn das Verfahren am 1. August 2002 oder danach anhängig wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird ein Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung mit dem ersten Verfahrensschritt, den die Kraftfahrbehörde setzt, um die Voraussetzungen für die Entziehung zu prüfen, anhängig.

Im vorliegenden Fall wurde der erste Verfahrensschritt zur Entziehung der Lenkberechtigung mit der "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 28.8.2002, VerkR20-535-1996, gesetzt.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Berufung gegen den in der Präambel zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ist daher gegeben.

2.2. Zur Anwendung der 5. Führerscheingesetz-Novelle, BGBl. I/81/2002:

Die 5. Führerscheingesetz-Novelle, BGBl. I/81/2002, ist (§ 43 Abs.12 leg.cit.) am 1.10.2002 in Kraft getreten. Diese Gesetzesnovelle enthält keine Übergangsbestimmungen.

Der gegenständliche Fall ist daher gemäß FSG in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes sowie der 5. FSG - Novelle zu beurteilen.

2.3. In der Sache selbst:

2.3.1. Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 1.7.2002, 24v75/02p, ua wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach den §§ 28 Abs.2, 4. Fall, Abs.3 1. Fall SMG und § 15 Abs.1 StGB sowie wegen des Vergehens des § 27 Abs.1 erster und zweiter Fall SMG nach dem Strafsatz des § 28 Abs.2 SMG unter Anwendung des § 43a Abs.2 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu 15 Euro, insgesamt somit zu einer Geldstrafe von 5.400 Euro, im Nichteinbringungsfall zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe und andererseits zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten, wobei diese Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird, verurteilt. Für die Dauer der Probezeit wurde Bewährungshilfe angeordnet. Ebenso wurde die Weisung erteilt, die Suchtgiftszene zu meiden, insbesondere die Lokale "Empire", "Cembrankeller" und "Corretto" in Linz.

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw im Zeitraum von Herbst 2000 bis Oktober 2001 in Linz, Sattledt, Rohrbach und an anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs.6 SMG), nämlich etwa 3.505 bis 3.545 Stück Ectasytabletten, 105 bis 116 g Speed, 420 bis 520 g Cannabisharz und -kraut teils gewerbsmäßig, teils unentgeltlich in Verkehr gesetzt bzw in Verkehr zu setzen versucht hat, indem er es an zahlreiche Bekannte und Unbekannte, teilweise minderjährige Personen gewinnbringend verkaufte bzw weitergab. Im Urteil sind insgesamt 50 strafbare Handlungen angeführt.

Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

2.3.2. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z12 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß den §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr.112/1997, begangen hat.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

2.3.3. Der Bw hat durch die oa strafbaren Handlungen eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit begründete Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z12 verwirklicht. Besonders verwerflich ist die große Zahl der vom Bw in Verkehr gesetzten Suchtmittel, der lange Tatzeitraum sowie der Umstand, dass die Suchtmittel auch an Minderjährige weitergegeben wurden. Dieses Verhalten muss als besonders sozialschädlich und als außerordentlich verwerflich gewertet werden. Wenn der Bw darauf hinweist, dass die belangte Behörde mit keinem Wort auf die Zeit nach den inkriminierten Suchtgiftdelikten, nämlich von Oktober 2001, bis zur Bescheiderlassung eingegangen ist, ist darauf hinzuweisen, dass diesem Argument schon deshalb kein entscheidendes Gewicht zukommt, weil bis zum 1. Juli 2002 das gerichtliche Strafverfahren gelaufen ist. Einem Wohlverhalten während eines anhängigen Straf- oder Entziehungsverfahrens ist jedoch grundsätzlich von geringerem Gewicht als ein Wohlverhalten außerhalb solcher Verfahren (vgl. VwGH vom 12.4.1999, 98/11/0252 mit Vorjudikatur). Wenn der Bw bei der Berufungsverhandlung hervorhob, dass bei ihm nach der Untersuchungshaft ein bedeutender Sinneswandel eingetreten sei, was ihm auch von verschiedensten Stellen ua vom Bewährungshelfer, von der Drogenberatungsstelle "Point", von Dr. Stöbich attestiert werde, er nun die Techno-Szene meide ebenso wie seinen alten Freundeskreis, ist ihm dahingehend zu erwidern, dass nicht seine eigene Sucht bzw der Konsum von Suchtmittel, sondern das Inverkehrsetzen die Verkehrsunzuverlässigkeit nach sich gezogen hat und - wie oben erwähnt - das Wohlverhalten erst nach Beendigung des gerichtlichen Strafverfahrens entscheidend zu gewichten ist. Die vom Bw vorgebrachten Argumente mögen allerdings im Rahmen der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit bei der Wiedererteilung der Lenkberechtigung von Bedeutung sein.

Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer wird insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.5.1998, 96/11/0364, verwiesen. Der do. Beschwerdeführer hat insgesamt 195 Ectasy-Tabletten gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt. Der VwGH hat eine Entziehungsdauer von zwei Jahren als rechtmäßig bestätigt bzw die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 23.4.2002, 2001/11/0389, verwiesen. Der Beschwerdeführer in diesem Verfahren hat ua 8.600 Stück Ectasy-Tabletten - also rund 5.000 Stück Ectasy-Tabletten mehr als in diesem Verfahren - verkauft. Der VwGH hat allerdings auch eine Entziehungsdauer von 21 Monaten - sohin rund 12 Monate mehr als in diesem Verfahren - als rechtmäßig bestätigt bzw die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Bw hat - siehe oben - rund 3500 Stück Ectasy-Tabletten sowie andere Suchtmittel in einem langen Tatbegehungszeitraum an eine Vielzahl von Abnehmern - darunter auch Minderjährige - in Verkehr gesetzt. Die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer von rd. neun Monaten ist daher als absolut vertretbare Untergrenze anzusehen. Unter diesen Prämissen wurde das Wertungskriterium der "seither verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit" - nämlich von der Rechtskraft des Gerichtsurteiles bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides mehr als ausreichend berücksichtigt. Mit der Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit des Bw kann nicht vor Ablauf der festgesetzten Entziehungsdauer gerechnet werden.

Zur Bestätigung des Arbeitgebers des Bw, wonach dieser als Facharbeiter seine Aufgaben mit großem Arbeitseinsatz erfülle und für die Ausübung der Tätigkeit in seinem Unternehmen der Führerschein der Klasse B Voraussetzung sei, ist festzustellen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH und des VwGH bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema ist (vgl. VwGH vom 11.4.2000, 99/11/0328 uva).

Wenn der Bw unter dem Aspekt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vorbringt, dass bis zum 1.10.2002 die Führerscheinentziehungsbehörde bei strafgerichtlicher Verurteilung nach § 28 SMG a priori von der Verkehrsunzuverlässigkeit auszugehen (§ 7 [2] FSG alte Fassung: "Als nicht verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn .....") hatte und seit 1.10.2002 die Behörde zunächst davon auszugehen habe, dass die Verkehrszuverlässigkeit gegeben ist, es sei denn, dass bestimmte erwiesene Tatsachen vorliegen und aufgrund ihrer Wertung anzunehmen ist, dass die Sinnesart nicht zum Lenken eines PKW´s tauge (§ 7 [1] FSG neue Fassung) und sohin die für ihn aufgrund dieser Gesetzesänderung nunmehr günstigere Position die belangte Behörde nicht berücksichtigen habe können, da sie ihren Bescheid vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung erlassen hatte, sohin für das Berufungsverfahren jedoch § 7 FSG neue Fassung maßgeblich sei, während nach alter Rechtslage die gegenständliche Verurteilung nach § 28 SMG als bestimmte Tatsache für die Verkehrsunzuverlässigkeit zu gelten gehabt hatte, nach neuer Rechtslage jedoch zu fragen sei, ob die gegebene Verkehrszuverlässigkeit durch die rechtskräftig festgestellte Tatsache nach § 28 SMG verloren gegangen ist, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten: Der Oö. Verwaltungssenat teilt diese Rechtsansicht nicht. Die Absätze 1 und 2 des § 7 FSG wurden lediglich aus systematischen Gründen zusammengefasst sowie die bestimmten Tatsachen des Abs.4 jene des Abs.3 angegliedert. Eine inhaltliche Änderung - wie sie vom Bw vorgetragen wurde - hat sich dadurch nicht ergeben.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ist zu Recht ergangen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kann die Behörde im Sinne des § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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