Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520032/2/Fra/Pe

Linz, 04.11.2002

VwSen-520032/2/Fra/Pe Linz, am 4. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn HD, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29.8.2002, VerkR21-237-2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es im Spruch anstelle des Wortes "vorübergehend" zu lauten hat: "für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung"

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 3 Abs.1, 5 Abs.4, 8 Abs.1, 8 Abs.2, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 FSG, BGBl. I/120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I/81/2002 (= FSG) iZm FSG-GV, BGBl. II/322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II/16/2002; § 64 Abs.2 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klassen c1, C, E zu c1, E zu C und G wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zum Nachweis durch ein neuerliches amtsärztliches Gutachten vorübergehend gerechnet ab dem Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides entzogen. Die Entziehung erstreckt sich daher nicht auf die Klassen A, B, F und E zu B. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass dem Bw bis zum Nachweis durch ein neuerliches amtsärztliches Gutachten keine (neue) Lenkberechtigung erteilt werden darf. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen. Die belangte Behörde stützt die angefochtene Entziehungsmaßnahme auf das Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, wonach der Bw zur Lenkung der Gruppe 2, welche im Falle des Bw die Klassen c1, C, E zu c1, E zu C und G umfasst, aufgrund eines epileptischen Anfallsleidens gesundheitlich nicht geeignet ist.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass die epileptischen Anfälle jahrelang zurückliegen. Seinen letzten Anfall habe er vor drei Jahren gehabt. Die Epilepsie, wie sie bei ihm auftrat, seien nur kurze Aussetzer gewesen und in so leichter Form, dass es mitunter nicht einmal sein Sitznachbar gemerkt habe. Bei ihm habe sich die Epilepsie lediglich in Form von Zuckungen im Wangenbereich geäußert, seien also nicht als solche zu werten, die üblicherweise als epileptische Anfälle bezeichnet werden. Er sei nie umgefallen, habe nie Schaum vor dem Mund gehabt und auch keine Krämpfe an Beinen und Armen. Trotz seiner damaligen Anfälle sei es ihm möglich gewesen, Sport auszuüben, so habe er sogar ua. den Kilimandscharo besteigen können. Herr Dr. WK, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in S, habe ihm in der nervenfachärztlichen Stellungnahme vom 5.8.2002 die Fahrtauglichkeit bestätigt. Bei dieser Untersuchung habe er ihm auch persönlich versichert, dass er sehr wohl in der Lage sei, Fahrzeuge dieser Führerscheingruppen zu lenken. Der Amtsarzt Dr. G habe ihn auf die Gesetzeslage bezüglich möglichem Führerscheinentzug bei Anfallsleiden aufmerksam gemacht. Gleichzeitig habe er durch seine Äußerungen Hoffnungen erhalten, dass Chancen bestehen, sämtliche Lenkberechtigungen zu behalten. Im Mai 2001 sei er im AKH Wien bei einer sechstägigen Untersuchung (Video-EEG) gewesen. Auch hier sei sogar ohne Tabletteneinnahme kein einziger Anfall aufgetreten. Er werde die genannten Lenkberechtigungen in Zukunft beruflich nicht verwenden. Er sei jedoch stolz darauf, diesen Führerschein der diversen Klassen erworben zu haben und möchte ihn aus diesem Grund behalten dürfen. Er sei auch jederzeit bereit, eine nochmalige Untersuchung durchführen zu lassen.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

3.1. Zur sachlichen Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates: Gemäß § 35 Abs.1 zweiter Satz FSG idF des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl. I/65/2002, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde.

Gemäß § 43 Abs.11 FSG idFd Verwaltungsreformgesetzes besteht die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern dann, wenn das Verfahren am 1.8.2002 oder danach anhängig wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH wird ein Verfahren zu Entziehung der Lenkberechtigung mit dem ersten Verfahrensschritt, denn die Kraftfahrbehörde setzt, um die Voraussetzungen für die Entziehung zu überprüfen, anhängig.

Im vorliegenden Fall wurde der erste Verfahrensschritt zur Entziehung der Lenkberechtigung mit Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20.8.2002, VerkR21-237-2002, gesetzt, sodass die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Berufung gegen den in der Präambel zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land gegeben ist.

3.2. Zur Anwendung der 5. FSG-Novelle, BGBl. I/81/2002:

Die 5. FSG-Novelle, BGBl. I/81/2002, ist (§ 43 Abs.12 leg.cit.) am 1. Oktober 2002 in Kraft getreten. Diese Gesetzesnovelle enthält keine Übergangsbestimmungen. Der gegenständliche Fall ist daher gemäß FSG idF des Verwaltungsreformgesetzes sowie der 5. FSG-Novelle zu beurteilen.

3.3. Bei der Beurteilung des Berufungsfalles sind insbesondere folgende Rechtsvorschriften von Bedeutung:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Gemäß § 25 Abs.2 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gemäß § 24 Abs.4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG - GV gilt als zum Lenken von KFZ einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser KFZ und das Einhalten der für das Lenken dieser KFZ geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische Leistungsfähigkeit verfügt.

Gemäß § 12 Abs.3 FSG - GV kann Personen, die unter epileptischen Anfällen oder anderen anfallsartigen Bewusstseinsstörungen oder -trübungen leiden, die Lenkberechtigung der Gruppe 1 nur unter Einbeziehung einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden. Der Facharzt hat die Epilepsie oder andere Bewusstseinsstörungen, deren klinische Form und Entwicklung, die bisherige Behandlung und die Anfallsfreiheit und das Anfallsrisiko zu beurteilen. Hingegen darf solchen Personen keine Lenkberechtigung der Gruppe 2 erteilt oder belassen werden.

Gemäß § 1 Abs.1 Z8 FSG - GV bedeutet iSd Verordnung Gruppe 1: KFZ der Klassen A, B, B + E und F. Gemäß § 1 Abs.1 Z9 FSG -GV bedeutet unter Gruppe 2: KFZ der Unterklassen C1 und C1 + E sowie der Klassen C, D, C + E, D + E und G.

3.4. Aus der fachärztlichen Stellungnahme des Herrn Dr. WK, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vom 5.8.2002 ergibt sich, dass beim Bw eine komplex focale Epilepsie (Temporallappenepilepsie), die sowohl elektrophysiologisch als auch kernspintomographisch eindeutig gesichert ist, besteht. Die Anfallserkrankung ist äußerst gutartig. Im Jahre 1998 hat der Untersuchte mehrere Monate lang trotz plötzlichem Absetzen der damaligen antiepileptischen Behandlung keine Anfälle gehabt. Es bestehen keine Hinweise auf eine epileptische Wesensveränderung oder Einschränkung der kognitiven Funktionen. Die Compliance zur Behandlung ist als sehr gut einzustufen. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft unter entsprechender Therapie mit einer Anfallsfreiheit zu rechnen. Aus nervenärztlicher Sicht wäre daher eine Fahrtauglichkeit auf für C und D im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu befürworten.

Es ist keine Frage, dass die Ausführungen des Herrn Dr. K gut nachvollziehbar sind. Beim Bw besteht somit eine Temporallappenepilepsie. Dennoch ist dieses Gutachten nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen, weil sich die differenzierte Beurteilung hinsichtlich der Gruppe 1 und Gruppe 2 iSd FSG-GV nicht aus medizinischer, sondern alleine aufgrund der rechtlichen Vorgaben des § 12 Abs.3 letzter Satz leg.cit., ergibt, wonach Personen, die unter epileptischen Anfällen ........ leiden keine Lenkberechtigung der Gruppe 2 erteilt oder belassen werden darf. Aufgrund dieser zwingenden Norm musste die Berufung mit der spruchgemäßen Umformulierung, welche sich aus dem Gesetzestext ergibt, abgewiesen werden.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist zu Recht erfolgt, wobei auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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