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des Landes Oberösterreich
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VwSen-520038/2/Br/Pe

Linz, 12.11.2002

VwSen-520038/2/Br/Pe Linz, am 12. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn PP, vertreten durch RA Dr. JP, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15. Oktober 2002, VerkR21-290-2002/BR, zu Recht:

Der Berufung wird in den Punkten 1. bis 4. und 6. Folge gegeben und der Bescheid ersatzlos behoben.

Im Punkt 5. wird der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass Ihnen aufgetragen wird, binnen zwei Monaten ab Zustellung des h. Erkenntnisses ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges beizubringen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 7 Abs.1 und Abs.3 Z1, § 24 Abs.4, § 8 Abs.3 FSG idF BGBl.I Nr.81/2002 iVm der FSG-GV idF BGBl.II Nr. 322/1997

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde in Folge eines diesem vorausgegangenen Mandatsbescheides, dem Berufungswerber die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, am 27.11.2000 unter der AZ: VerkR20-3726-2000/BR, erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ab Zustellung des Mandatsbescheides (am 11.10.2002) für vier Wochen entzogen und gleichzeitig ausgesprochen, dass ihm für die Dauer von einem Monat, gerechnet vom 11.10.2002, demnach bis einschließlich 11.11.2002 keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf; auch wurde das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für denselben Zeitraum verboten; ebenso wurde ausgesprochen, dass er sich auf seine Kosten innerhalb von drei Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einem Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen habe und dies in Verbindung mit der Aufforderung, dass er ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb von drei Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides beizubringen habe, wobei er sich vor abschließender Erstellung dieses Gutachtens einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer hiezu vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen habe.

Zuletzt wurde die aufschiebende Wirkung einer (allenfalls) gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge ausgeschlossen.

Summarisch wurden die Aussprüche auf folgende Rechtsvorschriften gestützt:

§§ 7 Abs.1, Abs.2 und Abs.3 Ziffer 1, 24 Abs.1 Ziffer 1; § 26 Abs.1 Ziffer 1; §§ 32 Abs.1 Ziffer 1, 7 Abs.1, Abs.2 und Abs.3 Ziffer 1, 24 Abs.1 Ziffer 1; § 24 Abs.3 FSG und § 64 Abs.2 AVG

2. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung wie folgt:

"Sie lenkten am 24.05.2002 gegen 01.30 Uhr den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, auf der B 305, in Richtung Marktschellenberg, bei Strkm. 8,500 und haben sich hiebei in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden. Eine bei Ihnen am 24.05.2002 gegen 02.12 Uhr entnommene Blutprobe ergab, dass Sie zuvor MDMA sowie Cannabisinhaltsstoffe aufgenommen hatten. Die quantitative Bestimmung ergab MDMA 0,14 mg/l, MDA 0,02 mg/l, Tetrahydrocannabinol 4,1 Mikrogramm/l, Hydroxy-THC 2,0 Mikrogramm/l und THC-Carbonsäure 81,3 Mikrogramm/l.

Aufgrund dieses Vorfalles wurden Sie vom Amtsgericht Laufen mit Strafbefehl ZI. Cs 350 Js 17139/02 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß §§ 316 Abs.1 und 2, 69, 69a und 69b StGB mit einer Geldstrafe von insgesamt 1.800 Euro bestraft.

In Ihrer gegen den Mandatsbescheid erhobenen Vorstellung stellen Sie nicht in Abrede, dass Sie eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 Ziffer 1 FSG gesetzt haben. Da Sie bereits am 24.05.2002 für eine Zeitspanne von vier Wochen verkehrsunzuverlässig geworden sind, wäre zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides die Voraussetzungen für eine Entziehung Ihrer Lenkberechtigung nicht mehr gegeben gewesen. "Es sei nicht möglich, 4,5 Monate nach Setzen eines Deliktes einer Verkehrsunzuverlässigkeit über eine Zeitspanne von 1 Monat anzunehmen." Dabei regen Sie an, dass österreichische Kraftfahrbehörden gleichzeitig mit der in Deutschland zuständigen Behörde (Gericht) von einem Delikt in Kenntnis gesetzt werden sollen. Sie zitieren sodann ein Verwaltungsgerichtshoferkenntnis, in welchem 9 Monate (!) nach Begehung der Tat eine Entziehung der Lenkberechtigung als rechtswidrig qualifiziert worden sei. Weiters vertreten Sie den Standpunkt, dass eine amtsärztliche Untersuchung nicht angeordnet werden könne, zumal bei Ihnen ein Anwendungsfall nach § 26 Abs.1 1. Satz FSG gegeben sei. Es läge kein Anwendungsfall vor, weil keine begründeten Bedenken gegen das Bestehen Ihrer gesundheitlichen Eignung (zum Lenken von Kraftfahrzeugen) vorlägen.

Hierüber hat die Behörde wie folgt erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Ziffer 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, diese von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit zu entziehen.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

Gemäß § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

Gemäß § 26 Abs.1 Ziffer 1 FSG ist die Lenkberechtigung für die Dauer von 1 Monat zu entziehen, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begangen wird.

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen.

Ihren Argumenten, dass die Behörde unmittelbar nach einer Übertretung in Deutschland die Lenkberechtigung auf die Dauer von vier Wochen entziehen hätte können und ihr dies nach der inzwischen verstrichenen Zeit verwehrt sei, kann überhaupt nicht gefolgt werden. Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass derzeit eine sofortige Benachrichtigung österreichischer Verwaltungsdienststellen durch deutsche, EU und Nicht-EU Polizeiorgane nicht praktiziert wird und auch nicht erwartet werden kann. Demnach kann die zuständige österreichische Behörde frühestens nach Bekanntwerden des definitiv gesicherten Tatbestandes im Sinne des § 7 Abs.2 FSG vorgehen. Der zitierte Strafbefehl des Amtsgerichtes Laufen/Deutschland ist beim hs. Amte am 23.09.2002 eingelangt, sodass zu diesem Zeitpunkt der zuständigen Behörde konkret ihre Verkehrsunzuverlässigkeit bekannt geworden ist. Bereits mit Datum 24.09.2002 ist sodann der numnehr von Ihnen bekämpfte Mandatsbescheid ergangen. Nicht einmal bei äußerst kritischer Betrachtung kann daher von einem Verzug der Behörde gesprochen werden. Wenn man einigermaßen realititätsbezogen davon ausgeht, dass nicht sämtliche ausländische Dienststellen (innerhalb und außerhalb der EU) möglichst am gleichen Tag Anzeigen betreffend Personen mit österreichischer Lenkberechtigung und Wohnsitz an die zuständige österreichische Behörde übermitteln, dann ist den Intentionen des Gesetzgebers entsprechend selbstverständlich auch nach einem Zeitraum von 4,5 Monaten mit der gesetzlich vorgesehenen Entziehung einer Lenkberechtigung vorzugehen.

Zur Anordnung der amtsärztlichen einschließlich einer verkehrspsychologischen Untersuchung sowie der Anordnung einer Nachschulung war in Ihrem Falle die Behörde im Sinne der zitierten Gesetzesstelle geradezu verpflichtet. Immerhin wurde in der toxikologischen Untersuchung bei Ihnen der Konsum von Extasy Tabletten (Anregungsmittel) als auch von Cannabis (Beruhigung) beim Lenken eines Kraftfahrzeuges festgestellt. Sie fuhren dabei in Schlangenlinie und es bedarf hiezu keiner Erläuterung des damit verbundenen Gefahrenpotentiales. Wenn jemand gleichzeitig Anregungs- und Beruhigungsmittel nimmt und dabei ein Kraftfahrzeug lenkt, dann bedarf es sehr wohl einer amtsärztlichen Abklärung der gesundheitlichen Eignung (Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, Suchtmittelabhängigkeit?) zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Darüberhinaus ist im Sinne einer Weisung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie im gegenständlichen Falle mit der Anordnung einer Nachschulung vorzugehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da Personen, welche die zum Lenken eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzen, eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit bilden und demnach zum Schutze der gefährdeten Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs behördliche Sofortmaßnahmen geboten sind, musste wegen Gefahr im Verzuge einer eventuell gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG 1991 aberkannt werden."

2.1. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung und führt darin aus wie folgt

"Gegen sämtliche Punkte des Vorstellungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft

Braunau am Inn vom 15.10.2001 erhebe ich nachstehende

BERUFUNG

an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

A) Lenkberechtigungsentzug:

Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt (§ 99 Abs.1b StVO).

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kfz erstmalig eine Übertretung nach § 99 Abs.1b StVO begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen (§ 26 Abs.1 1. Fall FSG in der seit 01.10.2002 geltenden Fassung).

Aus welchen Gründen ich den Entzug meiner Lenkberechtigung für ungerechtfertigt erachte, habe ich in meiner Vorstellung vom 09.10.2002 genau dargelegt und ist aufgrund der darin zitierten Judikatur des VwGH gegenständlich in Anbetracht des lediglich einen Monat dauernden Entzuges zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides davon auszugehen ist, dass die Verkehrszuverlässigkeit für einen Zeitraum von einem Monat besteht, was zu verneinen ist, weil niemand wegen einer Bestrafung wegen dieses Deliktes verkehrsunzuverlässig wird, sondern durch das "Begehen" der Tat, was sich klar aus dem Wortlaut des § 26 Abs.1 FSG ergibt. Unter anderem in den Beschlüssen vom 19.07.2002, A 2002/28 und vom 08.08.2002, A 2002/31, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Art.140 Abs.1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof u.a. den Antrag gestellt, die Wortfolge "bis 1b" in § 7 Abs.3 Z1 sowie § 26 Abs.1 FSG als verfassungswidrig aufzuheben; die in den zitierten Beschlüssen genannten Argumente des Verwaltungsgerichts gelten im gegenständlichen Verfahren uneingeschränkt.

Gerade dieser Fall zeigt, zu welchen Verzögerungen es in der Praxis kommt, weshalb die in § 26 Abs.1 FSG normierte Fixentziehungszeit nicht sachgerecht sein kann, weil im besonderen dem Wertungskriterium der seit der Tat vergangenen Zeitspanne nach § 7 Abs.5 FSG nicht zum Durchbruch verholfen werden kann.

Dass die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gegenständlich gleich nach Übersendung der Strafbefehles Maßnahmen gesetzt hat, ändert daran nichts.

Zur Nachschulungsanordnung:

Diese Anordnung findet sich im Mandatsbescheid vom 24.09.2002 nicht, weshalb im Sinne des in der Judikatur anerkannten Grundsatzes der Einheitlichkeit des Verfahrens dieser Ausspruch schon aus diesem Grund nicht gerechtfertigt ist; von diesem Grundsatz läßt der VwGH in seiner Judikatur nur dann eine Ausnahme zu, wenn sich etwa nach der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit infolge der angeordneten Maßnahmen herausstellt, dass die gesundheitliche Eignung nicht gegeben ist; in diesem Fall kann die Kraftfahrbehörde weitere Maßnahmen setzen. "Sache" der Vorstellungsentscheidung der Bezirkshauptmannschaft ist der Inhalt des Mandatsbescheides, über welchen nicht hinausgegangen werden darf.

Die Anordnung der Nachschulung ist aber auch deshalb gesetzlich nicht gedeckt, weil ein Ministerialerlaß niemals eine Rechtsgrundlage darstellen kann und sich diese Maßnahme aus § 24 Abs.3 FSG nicht ableiten läßt.

Gerade aus dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist abzuleiten, dass lediglich bei einer Übertretung nach § 99 Abs.1 und 1a StVO eine begleitende Maßnahme anzuordnen ist, bei einer Übertretung nach § 99 Abs.1b ist dies aber nicht der Fall, weswegen davon ausgegangen werden muß, dass der Gesetzgeber dies normiert hätte, wäre im Fall der Übertretung des § 99 Abs.1b StVO die Notwendigkeit der Anordnung begleitender Maßnahmen gegeben. Dazu hat sich der Gesetzgeber aber nicht entschlossen.

Die in diesem Spruchpunkt des Vorstellungsbescheides enthaltene Dreimonatsfrist kann überdies nicht ab Zustellung des Vorstellungsbescheides berechnet werden, sondern allenfalls ab dem rechtskräftigen Ausspruch dieser Anordnung, zumal es nicht sachgerecht sein kann, dass die eingeräumte Frist zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung (dreimonatige Entscheidungsfrist) bereits abgelaufen ist und somit der Proband gar keine Möglichkeit mehr hat, sich zur Nachschulung anzumelden und diese in dieser Frist zu absolvieren. Dies mit allen sich aus dem Gesetz ergebenden Konsequenzen.

Dies kann auch deshalb nicht anders sein, weil nach dem 5. Satz des § 24 Abs.3 FSG die Entzugsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung endet, was nichts anderes bedeutet, als dass die hier ausgesprochene einmonatige Entzugsdauer verlängert würde, welche aber einen Monat nach Zustellung des Mandatsbescheides bereits abgelaufen ist; diese Entzugsdauer würde daher wieder aufleben bzw. weiterlaufen, was dem Gesetz nicht entnommen werden kann.

Gegen den zweiten Halbsatz des fünften Satzes des § 24 Abs.3 FSG obwalten die selben verfassungsrechtlichen Bedenken wie gegen den zweiten Satz des § 25 Abs.3 FSG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I. Nr. 81/2002 (vgl. dazu die diesbezüglich eingehenden Ausführungen meines Rechtsvertreters in derzeit beim UVS anhängigen Berufungsverfahren Luan Rudari).

Da der erste Satz des § 24 Abs.3 FSG keinen Determinanten enthält, unter welchen Voraussetzungen nun tatsächlich eine begleitende Maßnahme angeordnet werden kann, bestehen gegen diese Bestimmung auch verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Legalitätsprinzip und Determinierungsgebot nach Art.18 Abs.1 B-VG.

Eine weitgehend inhaltliche Unbestimmtheit eines Gesetzes ist gleichheitswidrig (vgl. VfSIg. 13.309 und VfGH vom 30.06.1993, G 87 und 88/91).

Dazu kommt, dass der zuständige Bundesminister bislang keine Verordnung iSd § 24 Abs.5 (für Probeführerscheinbesitzer nach § 4 Abs.9) FSG erlassen hat, weswegen derzeit nicht einmal feststeht, was unter einer Nachschulung zu verstehen ist, wer diese durchführen darf, welchen Inhalt und Umfang diese aufweisen muß und was diese kosten darf.

Außerdem darf nach § 36 Abs.3 FSG eine Ermächtigung nach Abs.2 (Z1 zur Durchführung von Nachschulungen) auf Antrag nur erteilt werden, wenn die besonderen Anforderungen erfüllt sind, die durch die jeweiligen Verordnungen festgelegt werden. Dies bedeutet in letzter Konsequenz, dass es mangels dieser Verordnungen derzeit gar keine dem Gesetz entsprechende Ermächtigung zur Durchführung von begleitenden Maßnahmen (Nachschulungen) gibt.

B) Zur Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachten:

Hiezu erlaube ich mir auf meine Ausführungen in der Vorstellungsschrift vom 09.10.2002 zu verweisen, es liegt kein Sachverhalt vor, welcher diese Anordnung rechtfertigen würde.

Seit dem Vorfall vom 24.05.2002 habe ich keinerlei Suchtmittel konsumiert und vorher auch nur einige Male.

C) Anordnung der Durchführung einer verkehrspsychologischen Untersuchung:

Nach dem dritten Satz des § 24 Abs 3 FSG kann im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden, weswegen es nicht zulässig ist, dass die Kraftfahrbehörden selbst diese Anordnung erläßt, weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinesfalls feststehen kann, ob eine derartige verkehrspsychologische Stellungnahme aus amtsärztlicher Sicht notwendig ist.

Im Sinne der in der Vorstellung zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.02.2002, 2000/11/0019, ist ein derartiger bescheidmäßiger Ausspruch im Gesetz gar nicht vorgesehen.

Aber auch ein Vergleich mit der Verordnungsbestimmung des § 14 Abs.2 FSG-GV zeigt, dass gegenständlich die Anordnung der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme nicht sachgerecht ist, weil dies nur dann zu erfolgen hat, wenn jemand ein Kfz mit 0,8 mg/1 AAG oder mehr gelenkt hat.

Nach § 17 Abs.1 FSG-GV ist eine verkehrspsychologische Stellungnahme dann zu verlangen, wenn der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken. Letzeres ist dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde oder dieser wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1b oder c StVO bestraft worden ist. Derartige Sachverhalte liegen gegenständlich nicht vor.

Die von der Erstbehörde ausgesprochene Verpflichtung, mich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen, entspricht somit nicht dem Gesetz.

D) Aberkennunung der aufschiebenden Wirkung:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat dieser Berufung (gegen alle Spruchpunkte des Vorstellungsbescheides) die aufschiebende Wirkung aberkannt, was mit § 64 Abs.2 AVG nicht begründet werden kann, weil die darin genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Die im Mandatsbescheid ausgesprochene vierwöchige Entzugsdauer wurde einerseits in der Vorstellungsentscheidung in unzulässiger Weise auf einen Monat verlängert (Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius; siehe die Ausführungen des VwGH in den zitierten Beschlüssen zur Gesetzprüfung zum strafrechtlichen Charakter der Entzugsmaßnahme) und war andererseits zum Zeitpunkt der Zustellung des Vorstellungsbescheides beinahe abgelaufen, weswegen allenfalls zu Spruchpunkt 1. die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Berechtigung haben kann, weil diese im Sinne der VwGH-Judikatur bei der Entzugsmaßnahme selbst im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen Personen geboten ist.

Betreffend die anderen Spruchpunkte gilt dies aber nicht.

Dies ergibt sich auch aus § 24 Abs.3 FSG, wonach dann, wenn die Anordnung innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt wird, die Entzugsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung endet, wobei damit sowohl die Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens als auch die Absolvierung der Nachschulung gemeint ist.

Zu diesen Punkten des Vorstellungsbescheides hätte die Erstbehörde die aufschiebende Wirkung dieser Berufung nicht aberkennen dürfen.

Ich stelle somit den

ANTRAG,

der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11.10.2002 in allen Punkten aufheben.

Für den Fall, dass sich der unabhängigen Verwaltungssenat auf der Grundlage der oben zitierten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes zu gegenständlich angewendeten einfachgesetzlichen Bestimmungen zur Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof veranlaßt sieht, erlaube ich mir zu beantragen, in diesem Fall zumindest vorerst meiner Berufung gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die angeordneten Maßnahmen stattzugeben, damit die diesbezüglichen Rechtsfolgen nicht eintreten, welche mich in meiner Rechtsposition schlechter stellen würden.

Mattighofen, am 22.10.2002

PD P"

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 AVG).

3.1. Im Akt der Behörde erster Instanz erliegt eine Anzeige des Landratsamtes Berchtesgardener Land. Daraus geht in Verbindung mit einem angeschlossenen toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin München hervor, dass der Berufungswerber in der Nacht des 24.5.2002 im Raum Traunstein in Bayern ein KFZ in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand lenkte. Die im besagten Gutachten festgestellten Wirkstoffe führten zur gutachterlichen Schlussfolgerung einer damals bestehenden Fahruntüchtigkeit iSd § 316 dStGB. In diesem Zusammenhang erging vom Amtsgericht Laufen, zu Cs 350 Js 17139/02 ein Strafbefehl gegen den Berufungswerber. Er wurde wegen der fahrlässigen Führung eines Fahrzeuges im Verkehr, obwohl er zur sicheren Führung eines Fahrzeuges wegen des Genusses berauschender Mittel nicht in der Lage war, zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro (60 Tagessätze zu a´30 Euro) verurteilt.

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat folgt der unbestrittenen Aktenlage und gelangt insbesondere unter Würdigung des Gutachtens zur Ansicht, dass nach dem nunmehr verstrichenen Zeitraum beim Berufungswerber von einer aus seinem damaligen Verhalten abzuleitende Verkehrsunzuverlässigkeit zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides vor vier Wochen, nicht mehr ausgegangen werden konnte. Sehr wohl bedarf es jedoch angesichts der beim Berufungswerber im Blut festgestellten Stoffe (Ecstasy [=MDMA] und Cannabis-Inhaltsstoffen) einer Überprüfung des Gesundheitszustandes des Berufungswerbers, insbesondere mit Blick auf eine Abhängigkeit und einer daraus resultierenden bzw. aus h. Sicht zumindest nicht ausschließbaren eingeschränkten Fahrtauglichkeit.

4. Die Behörde erster Instanz gelangte erst am 23. September 2002 von diesem Vorfall Kenntnis und erließ folglich den o.a. Mandatsbescheid.

4.1. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.2. Vorweg sei bemerkt, dass hier seitens der Behörde erster Instanz Komponenten der Verkehrszuverlässigkeit - die hier in der Dauer von einem Monat bewertet wurde - und jener, durch den offenkundigen Konsum von Suchtgift möglichen beeinträchtigten Gesundheit vermischt zu werden scheinen. Dies mit Blick darauf, dass für den Fall einer Übertretung nach § 99 Abs.1b StVO die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung, sowie eines Verhaltenstrainings und einer verkehrspsychologischen Untersuchung nicht zwingend ist. Für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit bedarf es keines Gutachtens (VwGH 11.3.88, 88/11/0051).

Sehr wohl kann sich jedoch nach § 8 Abs.2 FSG iVm § 14 Abs.1 FSG-GV ergeben, dass zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens besondere Befunde und die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich ist.

4.2.1. Zum Entzug der Lenkberechtigung:

Hier ist dem Berufungswerber zu folgen, dass nicht in der hier im Ausland erfolgten Bestrafung der Gegenstand der Verkehrsunzuverlässigkeit erblickt werden kann, sondern nur im Ereignis des 24.5.2002. Wenn nun der Gesetzgeber für dieses Ereignis eine "Mindestentzugsdauer" wegen gesetzlich vorgegebener Wertung einer solchen Tatsache in der Dauer von vier Wochen vorsieht (die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Regel kann hier dahingestellt sein), dann ist diese Regel in verfassungskonformer Interpretation in zumindest nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis zu bringen. Jede andere Sicht würde den Sinn dieser Regelung nämlich den Schutz der Verkehrsteilnehmer vor einem vorübergehend "verkehrsunzuverlässigen" Teilnehmer, entweder zum reinen Selbstzweck oder aber zu einer zusätzlichen Strafe verkommen lassen. Damit würde letztlich jedoch gegen das Gebot der Doppelbestrafung verstoßen. Im Lichte dessen lässt eine verfassungskonforme Interpretation und demgemäß eine entsprechende Vollziehung dieser Vorschrift einen Entzug von einem Monat nach Ablauf von fünf Monaten nach dem Ergebnis nicht mehr zulässig erscheinen (vgl. dazu VwGH 23.4.2002, 2001/11/0149 mwN).

Der Berufung kam somit vor allem in diesem Punkt Berechtigung zu.

Gleichzeitig folgt aber daraus, dass nach zwischenzeitigem Wegfall der Verkehrsunzuverlässigkeit - abgesehen von der durchaus geboten scheinenden medizinischen Eignungsüberprüfung - sich ebenfalls die angeordneten begleitenden Maßnahmen (Nachschulung, Verhaltenstraining u. psych. Gutachten), sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als inhaltsleer erweist. Daher war auch hinsichtlich dieser Aussprüche mit einer Behebung vorzugehen.

Nach § 24 Abs.4 FSG müssen hier angesichts der Feststellungen aus dem im Akt erliegenden Gutachten des Institutes für Rechtsmedizin der Universität München zumindest Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers erblickt werden. Die Anordnung für die Beibringung eines entsprechenden Gutachtens scheint mit Blick darauf geboten. Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung wird demnach festzustellen sein, ob beim Berufungswerber durch einen allenfalls nachhaltig getätigten Suchtmittelmissbrauch eine fahrtauglichkeitsspezifische gesundheitliche Beeinträchtigung gegeben ist.

Nach § 14 Abs.1 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

Aus dem den Gegenstand dieses Berufungsverfahrens bildenden im Akt erliegenden "Gutachten" lässt sich - wie oben festgestellt - nicht ausschließen, dass der Berufungswerber in seiner Gesundheit beeinträchtigt ist.

Die Beibringung der Untersuchung sollte ehest, spätestens jedoch binnen zwei Monaten erfolgen (VwGH 18.12.1985, 85/11/0159). Widrigenfalls müsste dem Berufungswerber die Lenkberechtigung bis zur Beibringung entzogen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei darauf hingewiesen wird, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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