Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520057/2/Fra/Ka

Linz, 09.12.2002

VwSen-520057/2/Fra/Ka Linz, am 9. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn RB, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.11.2002, FE 1448/2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Abs.1 AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 Abs.3 Z4 FSG, BGBl. I Nr.120/1997 idF BGBl. I Nr.81/2002; § 64 Abs.2 AVG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die mit Führerschein der BPD Linz vom 17.10.1999 zu F 6207/99 für Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab Verkündung dieses Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet ist, entzogen. Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied erwogen:

2.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG gehört zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung, dass der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs.2 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gemäß § 24 Abs.4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Gemäß § 8 Abs.3 Z4 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"nicht geeignet" für die entsprechende Klasse, wenn der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet ist.

Für den Berufungsfall sind darüber hinaus die folgenden Bestimmungen der Führerschein - Gesundheitsverordnung (FSG-GV) von Bedeutung:

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von KFZ einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser KFZ und das Einhalten der für das Lenken dieser KFZ geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

Gemäß § 5 Abs.1 FSG - GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

.......

.......

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a) Alkoholabhängigkeit oder

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten, .....

Gemäß § 5 Abs.2 FSG - GV ist, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung zur Feststellung der Gesundheit gemäß Abs.1 Z1 ein krankhafter Zustand ergibt, der die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, gegebenenfalls eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen; bei Erkrankungen gemäß Abs.1 Z2, 3 und 4 ist eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme einzuholen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen hat. Bei Erkrankungen gemäß Abs.1 Z4 lit.a und b ist zusätzlich eine verkehrspsychologische Stellungnahme einzuholen.

2.2. Die BPD Linz hat mit Mandatsbescheid vom 30.4.2002, FE 557/2002, dem Bw die Lenkberechtigung für Klasse B für einen Zeitraum von 4 Monaten, gerechnet ab 28.4.2002, entzogen, die begleitende Maßnahme: "Verhaltenstraining" angeordnet sowie den Bw aufgefordert, binnen vier Monaten ab Zustellung dieses Bescheides ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Die belangte Behörde hat diese Maßnahmen deshalb verfügt, weil der Bw am 28.4.2002 um 00.30 Uhr in Linz, Franckstraße, Kreuzung mit der Stieglbauernstraße bis zum Haus Franckstraße gegenüber Hausnummer 63 das Kraftfahrzeug mit dem Kz.: L-7708 P gelenkt und anschließend die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht verweigert hat.

Laut Bestätigung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 16.8.2002 hat der Bw an einem Driver Improvement Kurs gemäß § 24 FSG in der Zeit vom 26.7.2002 bis 16.8.2002 teilgenommen.

Aufgrund einer Untersuchung am 26.8.2002 wurde vom Verkehrspsychologen Mag. WO des Kuratoriums für Verkehrssicherheit nach Darstellung der Vorgeschichte sowie Erstellung eines Befundes über die kraftfahrspezifische Leistunsfähigkeit, nach einer Interpretation der Testbefunde sowie nach Erstellung eines Befundes der fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale und deren Interpretation folgende Zusammenfassung der Befunde und Gutachten abgegeben:

"Die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen weisen eine Schwäche im Bereich der Reaktionsgeschwindigkeit auf, die übrigen Bereiche sind aber durchschnittlich bis überdurchschnittlich ausgeprägt, sodass insgesamt eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit im Sinne der Fragestellung (nämlich: Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1) ableitbar wäre. Ebenso wären die intellektuellen Voraussetzungen ausreichend gegeben. Eignungsausschließenden Charakter hat aber derzeit noch die Befundlage zur Persönlichkeit. Aus der Vorgeschichte ergaben sich Hinweise auf eine besonders unkritische Einstellungen gegenüber den Gefahren des Alkohols im Straßenverkehr und eine verminderte Normenorientierung. Trotz der bereits massiven Folgen der Delikte schaffte es Herr B nicht, geeignete Strategien zu entwickeln, um Alkoholkonsum und das Lenken von Kraftfahrzeugen sicher zu trennen. Bereits im Rahmen der früheren Untersuchungen gab Herr B an, sein Alkoholkonsumverhalten deutlich reduziert zu haben, wurde aber dennoch immer wieder rückfällig. Testmäßig ist eine starke Alkoholaffinität des sozialen Umfeldes und eine besonders leichte Beeinflußbarkeit im sozialen Kontext erfassbar, wodurch sozialen Trinkzwängen nachgegeben wird. Der Wissensstand über die Wirkungsweise von Alkohol im Körper ist nur gering, ebenso wie die Akzeptanz der Alkoholbestimmungen und das Problembewusstsein hinsichtlich der Gefährlichkeit von Alkohol. Außerdem zeigt sich auch eine Gleichgültigkeit gegenüber negativen finanziellen Verhaltenskonsequenzen und die Fähigkeit bzw Bereitschaft, eigenes Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen, ist vermindert.

Zusammenfassend ist daher das Rückfallrisiko hinsichtlich weiterer Alkoholauffälligkeiten im Straßenverkehr derzeit noch derart stark erhöht, sodass die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht in ausreichendem Maße angenommen werden kann. Vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung aus ist Herr Robert B zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1

"derzeit nicht geeignet".

Bemerkung: Es wird empfohlen, dem Untersuchten strikte und medizinisch kontrollierte Alkoholkarenz nahezulegen. Sollte Herr B über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten völlige Alkoholkarenz glaubhaft machen können, so würden sich die Eignungsvoraussetzungen im Persönlichkeitsbereich aus verkehrspsychologischer Sicht soweit verbessern (da entsprechend der Dissonanztheorie eine länger dauernde Verhaltensänderung auch zu einer Angleichung der Einstellungen führt), dass eine zunächst kurz befristete Wiedererteilung der Lenkberechtigung in Betracht käme. Bei Hinweisen auf fortgesetzten Alkoholkonsum wird aber von einer Wiedererteilung ab- und die Inanspruchnahme einer Institution, welche sich in professioneller Weise mit dieser Thematik beschäftigt, angeraten."

Der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Herr Dr. AM, führte in seiner psychiatrischen Stellungnahme vom 24.10.2002 an die BPD Linz nach Darstellung einer Verkehrsanamnese, einer Alkohol- und einer Sozialanamnese sowie eines aktuellen Befundes unter Zugrundelegung von Laborbefunden vom 16.8.2002 und vom 23.10.2002 Folgendes aus:

"Diagnostisch besteht ein schädigender Gebrauch von Alkohol mit alkoholtoxischer mäßiggradiger Leberschädigung. Der Untersuchte führt die auffälligen Leberwerte vom August zwar auf den Umgang mit organischen Lösungsmitteln zurück, eine alkoholtoxische Genese erscheint aber vor allem dadurch nicht ausgeschlossen, dass bei von ihm angegebener Einschränkung des Alkoholkonsums seit Juni die Leberwerte im August noch erhöht waren und nunmehr im Oktober normalisiert sind. Bedenklich ist, dass bei deutlich auffallender Vorgeschichte und nunmehr zweitem Führerscheinentzug die Gefahren von Alkohol im Straßenverkehr unterschätzt werden um kritische Reflexion des Verhaltens nicht erfolgen. Die verkehrspsychologische Untersuchung vom 26.08. ergibt eine Nichteignung aufgrund der Befundlage zur Persönlichkeit. In der Vorgeschichte ist auch hier festgehalten, dass früher auch Alkoholdelikte mit Mopeds erfolgten und Auffälligkeiten außerhalb des Straßenverkehrs (Körperverletzungen) vorlagen. Es ist dies insofern beachtenswert, als auch eine derartige Anamnese (Auffälligkeit durch Gewaltdelikt) eine Negativkonstellation in Erwägung gezogen werden muss. Im gegebenen Fall ist es sicherlich erforderlich, dass eine halbjährliche Alkoholabstinenz eingehalten wird, bevor eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung in Betracht kommt. Da die mittlerweile normalisierten, im August jedoch noch erhöhten Leberwerte Zweifel an einer längerfristigen Abstinenz aufkommen lassen, ist eine Weitererteilung der Lenkberechtigung gegenwärtig riskant, zumal die psychiatrische Untersuchung die bei der VPU festgestellte Befundlage hinsichtlich der Persönlichkeit nicht entkräftigen kann."

Der Amtsarzt der BPD Linz kam unter Zugrundelegung der oa Stellungnahmen und Gutachten zum Ergebnis, dass der Bw gemäß § 8 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 ua der Klasse B nicht geeignet ist. In der Begründung führt der Amtsarzt ua unter Bezugnahme auf die fachärztlich psychiatrische Untersuchung vom 24.10.2002 aus, dass ein schädigender Gebrauch von Alkohol mit alkoholtoxischer mäßiggradiger Leberschädigung festgestellt wurde. Da schon zuvor die VPU vom 26.8.2002 ein bezüglich Bedenken zur Persönlichkeitslage gleichartiges Ergebnis erbracht hatte, muss polizeiärztlicherseits vorerst die Nichteignung zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 ausgesprochen werden.

Die oa Stellungnahmen und Gutachten sind schlüssig begründet und nachvollziehbar. Sie rechtfertigen die Annahme, dass der Bw alkoholabhängig und daher zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B derzeit gesundheitlich nicht geeignet ist. Die belangte Behörde hat sich auf diese Unterlagen gestützt. Der Bw konnte dem nichts Entscheidungserhebliches entgegensetzen.

Kann der Bw durch Vorlage entsprechender Befunde eine Alkoholkarenz nachweisen, steht einer Wiedererteilung der Lenkberechtigung bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzung nichts im Wege.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist zu Recht erfolgt, wobei auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen wird.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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