Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520110/6/Kei/Vie/An

Linz, 08.07.2003

 

 

 VwSen-520110/6/Kei/Vie/An Linz, am 8. Juli 2003

DVR.0690392
 
 
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Herrn H K, T, vom 13. Jänner 2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. Jänner 2003, Zl. VerkR21-176-2002/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C, E und G, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Gleichzeitig wird ausgesprochen, dass Herr H K zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen C und E unter der nachstehenden Befristung bzw. unter nachstehenden Auflagen bedingt geeignet ist:

 

Befristung: 6 Monate, gerechnet ab Erteilung der Lenkberechtigung

Auflage:

amtsärztliche Nachuntersuchung in 6 Monaten unter Beibringung einer psychiatrischen Stellungnahme sowie eines Drogenharnbefundes (auf Cannabis und Opiate)
 
Rechtsgrundlage:

 

§§ 3, 24 FSG; § 3 FSG-GV;

§ 66 Abs.4 und § 67a AVG.
 
 
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (belangte Behörde) wurde Herrn H K in Anwendung der Bestimmungen des § 24 Abs.1 bzw. Abs.4 FSG die von der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.11.2002 unter der Zahl F 3961/1999 für die Klassen C, E und G erteilte Lenkberechtigung mit Wirkung vom 2.1.2003 entzogen. Gemäß § 25 Abs.2 FSG wurde die Dauer der Entziehung für die Dauer der Nichteignung festgesetzt. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde ausgesprochen, dass der Führerschein unverzüglich nach Zustellung des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern ist. Die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung wurde aberkannt.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Berufungswerber bringt im Wesentlichen vor, noch nie drogenabhängig gewesen zu sein. Die Medikamente wegen der Depressionen konnte er deswegen nicht nehmen, da diese für das Lenken von PKW bzw. LKW nicht tauglich seien. Ihm werde nun unterstellt, er wolle die Medikamente nicht einnehmen. Er benötige den Führerschein dringend. Er lege einen aktuellen Harnbefund sowie zwei Atteste von zwei verschiedenen Fachärzten bei.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den gegenständlichen Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 
Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 3 Abs.1 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Gemäß § 5 Abs. 1 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

  1. schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
  2. organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
  3. Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt,
  4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

  1. Alkoholabhängigkeit oder
  2. andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

  1. Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid vom 2. Jänner 2003 den Sachverhalt zugrunde, der Berufungswerber sei gemäß dem amtsärztlichen Gutachten vom 18. November 2002 derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen C, E und G gesundheitlich nicht geeignet, ein Kraftfahrzeug zu lenken, wobei sich die mangelnde Eignung auf eine beim Berufungswerber vorliegende Opiatabhängigkeit sowie eine Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp, die bereits in den letzten beiden Jahren zu mehreren Selbstmordversuchen führte, stützte.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat der Berufungswerber ein mit 25. Februar 2003 datiertes, von Dr. S erstelltes, fachärztliches psychiatrisches Gutachten sowie eine ebenfalls von diesem erstellte, mit 26. März 2003 datierte, ergänzende Stellungnahme vorgelegt. Die Amtsärztin der belangten Behörde hat in der Folge wie folgt ausgeführt:

"Es soll aus amtsärztlicher Sicht dazu Stellung genommen werden, ob Herr K aufgrund der vorgelegten psychiatrischen Stellungnahme doch zum Lenken eines KFZ der Gruppe 2 geeignet ist.

Befunde:

Drogenharn auf Cannabis und Opiate vom 13.12.03: negativ.

Psychiatrisches Gutachten von Dr. S vom 25.2.03 und vom 26.3.03:

Auch nach Kenntnisnahme der Vorbefunde halte ich die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp eher für eine Vermutung. Zur exakten Diagnose bedürfte es wesentlich ausgiebigerer Informationen, die aber, wie zu sehen war, nicht zu gewinnen sind. In der Landesnervenklinik M wurden die Diagnosen "Anpassungsstörung - depressive Reaktion" gestellt. Das wird wohl zutreffen. Eine darüber hinausgehende Persönlichkeitsstörung wurde zumindest in diesem Befundbericht nicht angesprochen. Auch testpsychologisch im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung konnte hier kein Befund erhoben werden. Die weitere Drogenfreiheit sollte durch entsprechende Harnproben dokumentiert werden - im Rahmen der auch in der verkehrspsychologischen Testung vorgeschlagenen Befristung (zunächst halbjährlich). Unter diesen Voraussetzungen gäbe es keine Bedenken bezüglich der Eignung zum Lenken von KFZ auch der Gruppe 2.

Ergebnis:

Kerr K ist bedingt geeignet KFZ der Gruppen 1 und 2 zu lenken.

Durch das vorgelegte psychiatrische Gutachten wurde die Diagnose einer impulsiven Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp nicht bestätigt. Es gehen hierbei offensichtlich die psychiatrischen Lehrmeinungen auseinander. Entsprechend § 14 (5) (hier gemeint wohl: der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung) ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneiabhängig waren oder damit einen gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer fachärztlichen Stellungnahme unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen die Lenkberechtung zu erteilen oder wiederzuerteilen. Die befürwortende fachärztliche Stellungnahme von Dr. S liegt vor. Sie ist schlüssig. Die unterschiedliche fachliche Beurteilung, ob die Unterlagen zur Stellung einer Diagnose der Borderlinestörung ausreichend sind, kann aus amtsärztlicher Sicht nicht entschieden werden.

Im Zweifelsfall sollte für den Betroffenen entschieden werden.

In 6 Monaten ist aber eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich. Dabei sind sowohl eine psychiatrische Stellungnahme wie auch ein Drogenharn auf Cannabis und Opiate vorzulegen."

Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber durch den Unabhängigen Verwaltungssenat in Wahrung des Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 2. Juni 2003 zur Kenntnis gebracht und hiebei die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Eine derartige Stellungnahme wurde weder innerhalb der eingeräumten Frist von zwei Wochen noch bis zur Erlassung dieser Berufungsentscheidung abgegeben.

Aufgrund der aktuellen amtsärztlichen Ausführungen vom 7. April 2003 kann nunmehr davon ausgegangen werden, dass beim Berufungswerber in gesundheitlicher Hinsicht das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen C und E soweit als gegeben angenommen werden kann, dass vorerst eine befristete Erteilung für diese Klassen für vertretbar erachtet wird. Ausschlaggebend ist hiefür das Vorliegen einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme. Die in Rede stehende Befristung wird jedenfalls für erforderlich erachtet, um die weitere Drogenfreiheit durch die beizubringenden, von der Amtsärztin im Einzelnen näher angeführten besonderen Befunde dokumentieren zu können.

Wesentlich ist im gegenständlichen Fall, dass dem Berufungswerber nunmehr die - wenngleich nur bedingte - gesundheitliche Eignung attestiert werden kann.

Hinsichtlich der Führerscheinklasse G wird auf die Bestimmung des § 40 Abs.1 FSG in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2002 verwiesen. Danach gilt eine Lenkberechtigung für die Klasse G, die vor dem 1. Oktober 2002 erteilt wurde, als Lenkberechtigung für die Klasse F. Kraftfahrzeuge der Klasse F sind der Gruppe 1 zuzuordnen. Die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 wird durch die gegenständliche Berufungsentscheidung nicht berührt.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 
 

Dr. Keinberger

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