Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520214/17/Sch/Vie/Pe

Linz, 29.08.2003

 
 
 
VwSen-520214/17/Sch/Vie/Pe
Linz, am 29. August 2003

DVR.0690392
 
 
E R K E N N T N I S
 
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn RH, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. RH, vom 12. Februar 2003, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. Jänner 2003, F-3632/2002 (FE-1073/2002), wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:
 
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
 
Gleichzeitig wird ausgesprochen, dass Herr RH in gesundheitlicher Hinsicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F unter nachstehender Auflage geeignet ist:
 
Dem Berufungswerber wird die Auflage erteilt der Bundespolizeidirektion Linz für die Dauer eines Jahres in Abständen von drei Monaten - ab Zustellung dieses Berufungsbescheides (dies bei einer Toleranzfrist von einer Woche) - unaufgefordert laborspezifische Laborparameter (MCV, LFP und CD-Tect) vorzuweisen.
Eine allenfalls geboten scheinende Vornahme einer Kontrolluntersuchung vor Ablauf der Auflage bleibt dem fachlichen Ermessen des Amtsarztes anheim gestellt
 
Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, die das Führerscheingesetz an die Erteilung einer Lenkberechtigung bindet, ist dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung im angeführten Umfang zu erteilen.
 
Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG;
§§ 3 und 8 FSG
 
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit dem oa Bescheid wurde der Antrag des Herrn RH vom 7. November 2002 auf Wiedererteilung der bis zum 2.11.2002 befristeten Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 5 Abs. 4 FSG abgewiesen. Gemäß § 64 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
 
2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).
 
3. Der Berufungswerber bringt in seinem Rechtsmittel im Wesentlichen vor, er bestreite die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach er gesundheitlich zum Lenken eines Kfz nicht geeignet sei. Zur Aussage Dr. M, wonach er (der Bw) sein Trinkverhalten nur mangelhaft steuern könne, seien keine speziellen Daten vorhanden. Die CD-Tect-Werte vom 9. September 2002 bzw. vom 26. November 2002 würden keineswegs in diese Richtung deuten. Es müsse ihm die Möglichkeit, durch eine ordentliche weitere Begutachtung, welche sich insbesondere mit allen möglichen Teilaspekten befasse, zu beweisen, dass die völlige Eignung zum Führen von Kfz gegeben sei. Auch würden der Berufungsbehörde noch entsprechende Unterlagen aus jüngster Zeit vorgelegt werden. Jedenfalls werde sich herausstellen, dass der angefochtene Bescheid in keiner Weise ausreichend stichhaltig sei und über sein wahres Verhalten und seine wahre Natur keine Aussage treffe.
 
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:
 
Gemäß § 3 Abs. 1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die: 1. das für die angestrebte Klasse erforderliche Mindestalter erreicht haben (§ 6),
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
4. fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11)
5. den Nachweis erbracht haben, in lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei einem
Verkehrsunfall oder, für die Lenkberechtigung für die Klasse D, in Erster Hilfe
unterwiesen worden zu sein.
 
Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
die nötige Körpergröße besitzt,
ausreichend frei von Behinderungen ist und
aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.
 
Gemäß § 5 Abs. 1 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurden:
schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt,
schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
Alkoholabhängigkeit oder
andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.
 
Gemäß § 5 Abs. 5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen
 
Gemäß § 8 Abs. 3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund
Ziff. 1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten;
Ziff. 2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
....
 
Aus dem Verfahrensakt geht hervor, das der Berufungswerber am 7. November 2002 bei der belangten Behörde die Wiedererteilung (Verlängerung) der ihm am 23. März 2002 unter der Zahl F 1691/2002 für die Klassen A, B und F erteilten, bis 2. November 2002 befristeten Lenkberechtigung beantragt hat. Die belangte Behörde hat die Abweisung dieses Antrages wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung mit dem Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 10. Jänner 2003 begründet. Danach stützt sich die mangelnde Eignung insbesondere auf die Stellungnahme des Facharztes für Neurologie. Von diesem wird neuerlich überhöhter Alkoholkonsum trotz bevorstehender Untersuchung angenommen und auf eine Störung des Trinkverhaltens geschlossen.
 
Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat der Berufungswerber eine mit 16. Juni 2003 datierte, von Dr. M (Facharzt für Psychiatrie und Neurologie) erstellte nervenfachärztliche Stellungnahme vorgelegt. Aufgrund der vom Berufungswerber vorgelegten aktuellen CD-Tect-Werte (vom 3.3.2003, Wert 1,1; vom 18.4.2003, Wert 2,3; vom 5.5.2003, Wert 2,5; bzw. vom 3.6.2003, Wert 2,4) bzw. Gamma-GT-Werte (Werte von 9, 16, 15 bzw. 15) hat der Facharzt die Wiedererteilung der Lenkberechtigung als derzeit möglich beurteilt und im Sinne einer Risikominderung eine Befristung für ein Jahr sowie die Vorlage einschlägiger Befunde (MCV, LFP und CD-Tect) vorgeschlagen.
 
Die Amtsärztin der Oö. Landessanitätsdirektion hat mit Gutachten vom 2. Juli 2003 unter Zugrundelegung der zitierten nervenfachärztlichen Stellungnahme den Berufungswerber unter der Auflage einer zeitlichen Befristung auf 1 Jahr sowie der Vorlage der fachärztlicherseits vorgeschlagenen alkoholspezifischen Laborparameter in dreimonatigen Abständen als zum Lenken der in Rede stehenden Führerscheinklassen geeignet beurteilt.
 
Der Berufungswerber, dem dieses Gutachten in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs.3 AVG zur Kenntnis gebracht wurde, hat durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 11. Juli 2003 die Erteilung einer unbefristeten Lenkberechtigung beantragt. Aufgrund der kontinuierlich vorgelegten Laborbefunde sei hinreichend dargetan, dass keinerlei Gefahr in Richtung eines Alkoholabusus gegeben sei.
 
Die Notwendigkeit von Befristungen (und in diesem Zusammenhang von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Ziff. 2 FSG) ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem mit § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG im Wesentlichen inhaltsgleichen § 69 Abs. 1 lit. b KFG 1967 die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/11/0318, und vom 21. Jänner 1997, Zl. 96/11/0267, weiters die Erkenntnisse vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0266, 14. März 2000, Zl. 99/11/0254, 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, und vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243). Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung (Krankheit) besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss.
 
Ausführungen im dargelegten Sinn sind im oben näher angeführten ärztlichen Gutachten vom 2. Juli 2003 nicht enthalten. Anders als im Gutachten der Polizeiärztin der Erstbehörde vom 10. Jänner 2003 wird nicht mehr ausgeführt, es bestehe der Verdacht des Vorliegens einer Alkoholkrankheit.
 
Liegen - so wie hier - durchaus positiv zu bewertende Prognoseaussagen vor, ergibt sich keine sachliche Rechtfertigung für die Befristung einer Lenkberechtigung, sondern bedarf es im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV nur einer Auflage, sich der angeordneten begleitenden Kontrollmaßnahmen - hier durch die regelmäßige Vorlage alkoholspezifischer Laborwerte für die Dauer eines Jahres - und falls aus ärztlicher Sicht geboten, einer abschließenden Kontrolluntersuchung zu unterziehen. Eine Befristung der Berechtigung trotz gegenwärtiger gesundheitlicher Eignung würde faktisch nur als vorbeugend ausgesprochener Entzug wirken, welcher jedoch mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsgebot einer sachlichen Grundlage entbehrt. Bestätigt sich durch die Ergebnisse der vorzulegenden Laborwerte die positive Prognoseannahme weiterhin, bedarf es keiner Einschränkung der Lenkberechtigung mehr (VwGH 20. März 2001, 2000/11/0264, VwGH 29. Mai 2001, 2000/11/0264).
 
Sollte der Berufungswerber jedoch die ihm aufgetragenen Auflagen nicht erfüllen oder ergibt sich auf Grund der vorgelegten Parameter eine verschlechternde Prognose hinsichtlich der Stabilität zum kontrollierten Umgang mit Alkohol und damit ihrer Risikoeignung, wäre dies allenfalls ein Grund für die Entziehung der Lenkberechtigung.
Aus den dargelegten Erwägungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
 

Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweise:
 
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
 
S c h ö n
 
 

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