Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520222/7/Br/Pe

Linz, 23.04.2003

 

 

 VwSen-520222/7/Br/Pe Linz, am 23. April 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn TP, vertreten durch Dr. RG & Dr. JK & Mag. HP, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Februar 2003, VerkR20-4196-2002/LL, nach der am 2. April 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und anschließender ergänzender Beweisaufnahme zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass dem Berufungswerber bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen im Sinne des Antrages vom 11.10.2002 eine Lenkberechtigung für die Klasse B unter der Auflage zu erteilen ist, dass er für ein Jahr in Abständen von drei Monaten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im Toleranzbereich liegende Laborwerte - MCV, GGT, CD-Transferrin innerhalb einer Toleranzfrist von zehn Tagen - nachweist und er sich bei Verschlechterung eines dieser Parameter nach entsprechender Aufforderung einer amtsärztlichen Untersuchung unterzieht.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 3 Abs.1, § 8 Abs.3 Z2 FSG idF BGBl.I Nr.81/2002
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B unter Hinweis auf ein nicht ausreichendes Problembewusstsein hinsichtlich der Alkoholproblematik im Straßenverkehr abgewiesen. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung im Ergebnis auf einen nicht ausreichenden Nachweis seiner hierfür erforderlichen gesundheitlichen Eignung. Inhaltlich wurde diese Entscheidung auf das Ergebnis der amtsärztlichen Stellungnahme vom 13.12.2002 gestützt, welche wiederum auf eine fachärztlichen Untersuchung vom 28.11.2002 Bezug nahm.

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen den Bescheid der BH Linz-Land vom 19.2.2003 zu GZ VerkR 20-4-4196-2002/LL die nachstehende
 

Berufung:
 

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die BH Linz-Land den Antrag des Einschreiters auf Erteilung der Lenkerberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass der Einschreiter laut amtsärztlicher Mitteilung vom 13.12.2002 weiterhin als nicht geeignet eingestuft worden sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Bei der klinischen Untersuchung sei ein deutliches Händezittern feststellbar gewesen, hinsichtlich der Alkoholproblematik sei kein Problembewusstsein erkennbar. Laut einer psychologischen Begutachtung von Dr. H liege eine Neigung zu missbräuchlichem Alkoholkonsum vor, es sei als Mindestanforderung daher zu verlangen, dass der Einschreiter einen unproblematischen Umgang mit Alkohol aufrechterhalten könne. Die gesundheitliche Eignung könne nicht nachgewiesen werden, zumal in der Vergangenheit mehrmals Strafen wegen Begehung von Alkoholdelikten im Straßenverkehr verhängt worden seien und der Verdacht einer Alkoholkrankheit bestehe.
 

Die Erstbehörde geht im angefochtenen Bescheid jedoch von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Sie übernimmt unkritisch die Feststellungen der beiden Gutachter Dr. H und Amtsärztin Dr. D. Dr. D stützt ihre Ansicht im wesentlichen auf ein "deutliches Händezittern" beim Einschreiter. Nicht berücksichtigt wurde jedoch, dass von der Erteilung des Führerscheins für den Einschreiter viel abhängt und auch Nervosität beim amtsärztlichen Gespräch sich in einem Händezittern äußern kann. Anhand des vorgelegten Laborbefundes vom 11.11.2002 kann ein Zusammenhang des behaupteten Zitterns mit einer dadurch vermuteten Alkoholabhängigkeit eher ausgeschlossen werden.
 

Auch das Gutachten von Dr. H stützt sich im wesentlichen auf die bald 3 Jahre zurückliegenden Straßenverkehrsdelikte und den damaligen Alkoholisierungsgrad sowie einen ebenfalls bald 1 Jahr alten erhöhten CDT-Wert. Weiters hat der Gutachter offenbar den Angaben des Einschreiters, die im offenkundigen Einklang mit dem vorgelegten unauffälligen Laborbefund vom 11.11.2002 stehen, dahingehend interpretiert, dass wahrheitsgemäße Angaben über geringen Alkoholkonsum als mangelndes Problembewusstsein ausgelegt werden müssen.
 

Beide Gutachten basieren in erster Linie auf Vorfällen, die nicht mehr aktuell sind und sind für sich nicht geeignet, die weitere Versagung einer Lenkerberechtigung nach bald 3-jährigem Führerscheinentzug zu rechtfertigen.
 

Zudem gehen beide Gutachter davon aus, dass eine Lenkerberechtigung im Frühjahr 2003 wieder erteilt werden könne, wenn Alkoholunauffälligkeit nachgewiesen werden kann. Ebenso geht aus vekehrspsychologischen Stellungnahme vom Juni 2002 hervor, dass es vertretbar sei, den befristet zu erteilen, wenn der Untersuchte Alkoholabstinenz in einer Dauer von mindestens 4 Monaten glaubhaft machen könne und auch keine negativ auffälligen Laborbefunde vorliegen
 

Nunmehr hat der Einschreiter einen unauffälligen Laborbefund vom 11.11.2002 vorgelegt und legt hiermit einen neuerlichen Laborbefund vom 3.3.2003 vor, bei dem der im Mai 2002 bemängelte CDT-Wert neuerlich als im Normalbereich befunden wird. Die den vorliegenden Gutachten entsprechenden Nachweise einer längerfristigen Alkoholunauffälligkeit sind daher gegeben. Auch aus diesem Grund wäre eine weitere Versagung der Lenkerberechtigung nicht gerechtfertigt.
 

Zu den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers wird ausgeführt, dass dieser seine Tätigkeit als Maschinenschlosser aufgrund von Einsparungen bei seinem ehemaligen Arbeitgeber beendet hat und eine Einstellungszusage von einer Personalleasingfirma, für die er im Bereich des Recruitings und der Bedarferhebung bei potentiellen Kunden (Arbeitgebern von geleastem Personal tätig werden könnte, hat. Für diese Tätigkeit wäre allerdings der Besitz des Führerscheins unabdingbar erforderlich, da der regelmäßige Besuch bei Kunden ein wesentlicher Ted der Tätigkeit sein würde. Vor diesem Hintergrund ist auch eine positive Prognose im Hinblick auf künftiges Alkoholverhalten gerechtfertigt.
 
Der Einschreiter stellt daher nachstehende
 

Berufungsanträge
 

Die Berufungsbehörde wolle den gegenständlichen Bescheid der BH Linz-Land zu GZ VerkR20-4196-2002/LL vom 19.2.2003 dahingehend abändern, dass dem Antrag des Einschreiters auf Erteilung der Lenkerberechtigung für die Klasse B stattgegeben wird.
 

PT"

 

3. Der Berufungsakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier mit Blick auf § 67d Abs.1 AVG in Wahrung der durch Art. 6 Abs. 1 EMRK intendierten Rechte geboten.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt unter Berücksichtigung der darin befindlichen Gutachten. Ergänzend Beweis erhoben wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.4.2003 durch Befragung der Amtsärtzin Dr. D als sachverständige Zeugin sowie durch Anhörung des Berufungswerbers. Ergänzend beigebracht wurden im Sinne des im Rahmen der Berufungsverhandlung gefällten Beschlusses noch weitere Laborwerte und ein darauf gestütztes Endgutachten der Amtsärztin vom 22. April 2003.

 

4. Dem Akt der Behörde erster Instanz fanden sich die bezughabenden medizinischen Unterlagen angeschlossen. Im Rahmen der Berufungsverhandlung legte die Amtsärztin in der Sache dar, dass der zwischenzeitig vom Berufungswerber vorgelegte Laborwert CD-Tect von 2,3 innerhalb des Referenzbereiches liegt. Dies besagt, dass keine Anhaltspunkt für einen übermäßigen Alkoholkonsum durch den Berufungswerber während der letzten Wochen vor dieser Untersuchung am 3.3.2003 stattgefunden hat. Dennoch erachtete es die Amtsärztin unter Hinweis auf die Empfehlung des Dr. H für die abschließende Begutachtung der Fahreignung des Berufungswerbers noch erforderlich einen weiteren Laborbefund beizubringen. Dies wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung dem Berufungswerber per Beschluss aufgetragen.

In Befolgung dieses Auftrages erbrachte der Berufungswerber einen mit 9. April 2003 datierten Laborbefund des Dr. R mit einem MCV-Wert von 92,8, einem Gamma-GT-37 Wert von 28 und einen CD-Tect von 2,5 %.

Dieser Befund wurde am 22. April 2003 der Amtsärztin mit dem Auftrag zur Erstellung eines abschließenden Gutachtens übermittelt. Diese nahm dazu noch am gleichen Tag Stellung und erklärte den Berufungswerber aus gesundheitlicher Sicht fahrtauglich. Die Parteien verzichteten nach nochmaliger Kontaktnahme auf die Abgabe einer Äußerung zu diesen Ausführungen.

Es wurde jedoch aus amtsärztlicher Sicht empfohlen die Stabilität noch für die Dauer eines Jahres durch einen alle drei Monate zu erbringenden Laborbefund hinsichtlich des MCV, GGT, CD-Transferrin der Behörde nachzuweisen.

Die Amtsärztin wies im abschließenden Gutachten sinngemäß auf die beim Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung erkennbare positive Haltungsänderung hin, wobei jedoch wegen der immer noch bestehenden Gefahr eines Rückfalls die Erbringung von Laborwerten alle drei Monate zu empfehlen sei, wobei im Falle einer Verschlechterung der Laborwerte die Veranlassung einer amtsärztlichen Untersuchung zur Erforschung der Ursachen für diese Verschlechterung notwendig wäre. Wenn dies nicht eintritt kann nach einem Jahr von einer abschließenden Untersuchung gänzlich abgesehen werden.

Der abschließenden Darstellung der Amtsärztin war im Sinne der ausführlichen Erörterung bereits im Rahmen der Berufungsverhandlung zu folgen. Die getroffenen Feststellungen sind schlüssig und nachvollziehbar und stehen auch im Einklang mit der Empfehlung in der psychiatrischen Stellungnahme des Dr. H vom 28.11.2003. Beim Berufungswerber kann demnach von einer ausreichenden gesundheitlichen Stabilität und einem ausreichenden Problembewusstsein hinsichtlich der Bedeutung und Wirkung des Alkohols im Straßenverkehr und damit letztlich von einer positiv zu bewertenden "Risikoeignung" für die Teilnahme am Straßenverkehr ausgegangen werden (siehe dazu HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 284 u. 512 ff).

Er erfüllt demnach nunmehr die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 3 Abs.1 Z3 FSG iVm § 14 Abs.1 FSG-GV) für die Erteilung der Lenkberechtigung aus gesundheitlicher Sicht, wobei die Auflage auch noch nach dem Erwerb der Lenkberechtigung als Voraussetzung für deren Belassung fortwirkt.

Ausdrücklich soll der Berufungswerber an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, dass im Falle der Nichterfüllung bzw. der Säumigkeit in der Erfüllung der Auflagen einen Grund für den Wegfall der Annahme der Eignungsvoraussetzungen bzw. nach der Erteilung einer Lenkberechtigung binnen Jahresfrist die Entziehung der Lenkberechtigung indizieren würde (vgl. VwSlg 14732 A/1).

 

4.1. Abschließend wird festgestellt, dass sich die zu dieser Berufungsentscheidung führende Sachlage erst im Rahmen des Berufungsverfahrens im Wesentlichen durch die Beibringung des ergänzenden Laborbefundes ergab. Der zum Entscheidungszeitpunkt der Behörde erster Instanz vorliegenden Sachverhaltslage war deren Bescheidausspruch durchaus der Sach- und Rechtslage entsprechend.

 

Ebenfalls wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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