Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103647/10/Br

Linz, 02.05.1996

VwSen-103647/10/Br Linz, am 2. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn H P, F, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, AZ. VerkR96-3499-1995, vom 4.

März 1996, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 2.

Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in Punkt 1.) keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.

Im Punkt 2.) wird der Berufung F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG, iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zum erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren in Punkt 1.) 60 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt. Im Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs. 1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg, hat mit dem Straferkenntnis vom 4. März 1996 über den Berufungswerber zwei Geldstrafen zu je 300 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 24 Stunden verhängt und in dessen Spruch folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben am 14.08.1995 um ca. 11.15 Uhr den PKW, Kennzeichen auf der im Ortsteil D, Gemeinde L, von der Ortsmitte kommend in Richtung G, innerhalb einer Kolonne aus mehreren Fahrzeugen gelenkt, wobei Sie 1) bei Strkm. 42,830 verbotenerweise überholten, obwohl Sie nicht einwandfrei erkennen konnten, ob Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werden können, und 2) bei Strkm. 43,020 in Folge Gegenverkehrs Ihren Überholvorgang abrupt abbrechen mußten, wodurch Sie wiederum andere Straßenbenützer stark gefährdeten bzw.

behinderten." 1.1. Hiezu führte die Erstbehörde begründend nachfolgendes aus:

"Am 14.08.1995 um ca. 11.15 Uhr stellte ein Beamter des Bezirksgendarmeriekommandos S fest, daß Sie Ihren PKW, Kennzeichen auf der im Ortsteil D, Gemeinde L, in Fahrtrichtung G, in einer aus mehreren Kraftfahrzeugen bestehenden Kolonne lenkten. Die Kolonne fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h. Bei Strkm. 42,830 brachen Sie aus der Kolonne aus, um zu überholen, obwohl nur eine Überholsicht von rund 250 m zur Verfügung stand. Infolge Gegenverkehrs mußten Sie Ihren Überholvorgang bei Strkm.

43,020 abrupt abbrechen, wobei das entgegenkommende Kraftfahrzeug abbremsen mußte, um Ihnen das Wiedereinreihen zu ermöglichen.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 05.10.1995, VerkR96-3499-1995 wurden Ihnen die im Spruch genannten Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt. Ihnen wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich binnen einer Woche nach Zustellung schriftlich oder mündlich zu rechtfertigen.

In Ihrer Rechtfertigung vom 15.10.1995 führten Sie an, daß Sie den Überholvorgang nicht bei Strkm. 42,830, sondern bei Strkm. 42,000 begonnen hätten. Nach einem kurzen Überholvorgang hätten Sie sich wiederum ordnungsgemäß auf den rechten Fahrstreifen eingeordnet. Vor und während des Überholvorganges sowie beim Wiedereinordnen hätten Sie keinen Gegenverkehr gehabt.

Der Beamte des Bezirksgendarmeriekommandos S gab in der zeugenschaftlichen Einvernahme am 23.11.1995 folgendes zu Protokoll:

Die Fahrzeugkolonne fuhr eine Geschwindigkeit von ca. 70 km/h. Während sich der Beschuldigte in Überholposition befand, kam ein PKW entgegen, wobei der Lenker dieses PKW die Lichthupe betätigte.

Die Situation dürfte daher für diesen Lenker bedrohlich gewesen sein. Der Beschuldigte habe den Überholvorgang bei Strkm. 42,830 begonnen. Ein Fahrzeuglenker, der mit seinem PKW in der genannten Kolonne fuhr, gab unter Wahrheitsverpflichtung am 23.11.1995 folgendes zu Protokoll:

Der Beschuldigte habe unmittelbar nach einer schwer einsehbaren Linkskurve, nach dem Friedhof L, den Überholvorgang begonnen. während des Überholvorganges kam aus der Gegenrichtung ein Geländefahrzeug entgegen. Der Lenker dieses Fahrzeuges betätigte mehrmals die Lichthupe.

Der Beschuldigte habe sich sodann hinter meinem Fahrzeug eingeordnet. Der Beginn und das Ende des Überholvorganges (Strkm. 42,830 bzw. Strkm. 43,020) sind in den Lichtbildern, die der Anzeige angeschlossen sind, richtig angegeben.

Die Anzeige, sowie die Lichtbilder wurden dem Amt der o.ö.

Landesregierung zur Auswertung bzw. zur Erstellung eines verkehrstechnischen Gutachtens vorgelegt. Im Gutachten des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 25.01.1996 ist u.a.

angeführt, daß beim Überholen im gegenständlichen Bereich für eine Ausschließung jeglicher Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer, insbesondere des Gegenverkehrs, eine Überholsichtweite von ca. 440 m erforderlich ist.

Ausgehend von Strkm. 42,830 steht lediglich eine Sichtweite auf einen eventuellen Gegenverkehr von 305 m zur Verfügung.

Die Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer, insbesondere des Gegenverkehrs, ist daher nicht auszuschließen. Die vom Beschuldigten angegebene Stelle des Überholbginnes, etwa bei Strkm. 42,000, befindet sich umittelbar nach dem Ende des Ortsgebietes L und stimmt daher keinesfalls mit der angezeigten Überholstrecke überein.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.02.1996 gab Ihnen die Bezirkshauptmannschaft Perg Gelegenheit, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußeren.

In Ihrer Stellungnahme vom 13.02.1996 führten Sie abermals an, daß Sie den Überholvorgang bei Strkm. 42,000 und nicht bei Strkm. 42,830 begonnen hätten. Somit sei Ihnen eine ausreichende Überholsichtweite zur Verfügung gestanden.

Aufgrund der Aktenlage muß die Behörde davon ausgehen, daß sie den Überholvorgang bei Strkm. 42,830 begannen, und bei Strkm. 43,020 beendeten. Laut dem verkehrstechnischen Gutachten des Amtes der o.ö. Landesregierung steht für einen Überholvorgang, beginnend bei Strkm. 42,830, eine zu geringe Sichtweite zur Verfügung, um eine Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer, insbesondere des Gegenverkehrs, ausschließen zu können.

Der vorliegende Sachverhalt ist aufgrund der Anzeige, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlaß zu zweifeln findet und aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, als erwiesen anzusehen.

Sie haben durch den vorliegenden Sachverhalt den im Spruch genannten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen, die geeignet wären, Ihr gesetzwidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

Die verhängte Strafe wurde unter Bedachtnahme auf Ihre soziale und wirtschaftliche Lage festgesetzt und entspricht dem Ausmaß des Verschuldens.

Mildernde oder erschwerende Umstände liegen nicht vor.

Die Vorschreibung der Kosten des Strafverfahrens ist in der im Spruch zitierten Gesetzesstelle begründet." 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus:

"Zu dortigen Straferkenntnis Zahl VerkR96-3499-1995 vom 04031996 stelle ich den Berufungsantrag wie folgt; Während der ganzen Beweisaufnahme der Behörde wurde mir erst bei der Zustellung am 11 03 1996 des o.a.

Straferkenntnisses, die Angaben des Beamten oder Anzeigers und die Angaben eines Fahrzeuglenkers bekannt gegeben, obwohl diese laut Straferkenntnis schon seit 15. November 1995 bekannt waren. Zu diesen Angaben konnte ich bis dato keine Stellung abgeben.

1. Unter der Begründung im Straferkenntnis wurde angeführt, daß die Kolonne ca. 70 km/h fuhr, obwohl als erstes Fahrzeug von der Kolonne, ein Lkw mit Anhänger fuhr, der lt. KDV auf diesem Streckenabschnitt eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h fahren darf. Auf die geschätzte Geschwindigkeit möchte ich hinweisen.

2. Mir wurde ein Überholweg von geschätzten 190 Meter zur Last gelegt, obwohl ich mit meinem Fahrzeug für das Überholen eines anderes Fahrzeuges (Pkw) einen Überholweg von höchstens 150 Meter mit einem genügenden Geschwindigkeitsunterschied benötige. Auf den geschätzten Überholweg möchte ich hinweisen.

3. Während der ganzen Beweisaufnahme wurde seitens der Behörde keinerlei Befragung hinsichtlich § 16 Abs. 1 lit. c StVO durchgeführt. Wie bereits in meiner ersten Stellungnahme angeführt, mußte ich nicht den Überholvorgang abrupt abbrechen, sondern beendete, wie bereits beschrieben, den Überholvorgang. Ansonsten müßte man annehmen, daß das Gendarmeriefahrzeug nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten hätte. Ob das 'entgegenkommende Fahrzeug' abbremsen mußte, stelle ich in Frage, da ich den Überholvorgang bereits beendet hatte, als ein Gegenverkehr sichtbar war. Dies ist wieder eine Annahme des Beamten oder Anzeigers.

4. Zu den Angaben des Beamten oder Anzeigers möchte ich noch anführen, daß dieser Beamte alleine während der Fahrt, eigentlich einen großen Blickwinkel haben mußte, da er den genauen Straßenkilometer 42,830 auf der rechten Fahrbahnseite sah und den Überholbeginn im Rückblickspiegel, sowie während des Überholvorganges den Gegenverkehr auf den linken Fahrbahnstreifen hindurch durch meinen beladenen Kombi sah, gleichzeitig meinen angeblich abgebrochenen Überholvorgang und den Straßenkilometer 43,010 auf der rechten Fahrbahnseite sah.

Da die Kilometrierung grundsätzlich alle 200 Meter angebracht ist, dürfte der Beamte die bereits angeführten Straßenkilometer wieder geschätzt oder angenommen haben.

5. Über die Schilderung des Zeugen vom Überholvorgang, möchte ich angeben, daß laut seinen Angaben, vor dem Überholvorgang eine schwer einsehbare Linkskurve war, mit dem eigentlichen Überholvorgang nichts zu tun hatte.

Während meiner Fahrt von S nach W kam mir kein Geländefahrzeug entgegen. Nach dem besagten Überholvorgang kam mir ein weißer Pkw entgegen, der aber mit einem Geländefahrzeug keine Ähnlichkeit hatte.

Seine Bestätigung über die Überholstrecke stimme ich überhaupt nicht zu, da er lediglich auf die Lichtbilder verwies. Ich kann mir ebenso wenig vorstellen, daß ein unbeteiligter Fahrzeuglenker vorausschauend im Rückblickspiegel ein ganzes Überholmanöver wahrnimmt und gleichzeitig den Straßenkilometer auf der rechten Straßenseite mit dem Gelände vergleicht (die er für eine eventuelle Beweisaussage benötigt), sowie gleichzeitig von vorne einen Gegenverkehr (das Geländefahrzeug) wahrnimmt.

6. Abschließend möchte ich noch bemerken, daß die Anzeige seitens der anzeigenden Beamten, aufgrund der Aussagen des Beamten vom Bezirksgendarmeriekommando S und des unbeteiligten Fahrzeuglenkers, geschätzt und konstruiert wurde, aber mit dem tatsächlichen Vorfall nicht übereinstimmt.

Aufgrund meiner eigenen Wahrnehmung, der Voraussicht und meiner Schulung als Gendarmeriebeamter, habe ich während des besagten Überholvorganges keine anderen Straßenbenützer gefährdet oder behindert.

Um die Einstellung des gegen mich geführten Strafverfahrens ersuche ich Sie höflichst.

Mit freundlichen Grüßen H P (e.h. Unterschrift)" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg, AZ. VerkR96-3499-1995 und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der unter Abhaltung eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten und des R. F und Abt.Insp. R als Zeugen, und durch die Errechnung des Überholdiagramms mittels des EVU-Unfallrekonstruktionsprogramms.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur oben genannten Zeit und Örtlichkeit seinen Pkw in Richtung W. Nach der Kurve bei Kilometer 42.830 leitete er einen Überholvorgang ein, welcher ca. 160 Meter vor dem Gefahrensichtpunkt (einer Linkskurve) beendet wurde. Die Gefahrensichtweite betrug von der Position des eingeleiteten Überholvorganges 362 Meter.

In diesem Bereich ist die B115 mit einer dz. nur mehr schwach sichtbaren Leitlinie versehen. Die Fahrbahnbreite beträgt auf Höhe der Zufahrt im Bereich von Strkm 42,830 7,2 Meter. Der Straßenzug verläuft in diesem Bereich in einem deutlichen Gefälle in Fahrtrichtung W (des Berufungswerbers).

Das vom Berufungswerber überholte Fahrzeug war mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h anzunehmen, während der Berufungswerber sein 51 kW starkes Fahrzeug während des Überholvorganges auf 90 km/h zu beschleunigen vermochte. Der gesamte Überholvorgang nahm acht Sekunden in Anspruch. Dabei wurde unter Bedachtnahme auf das doch merkliche Gefälle eine erreichbare Beschleunigungskomponente von 2,2 m/sek/2 und eine eher im oberen Bereich gelegene Querbeschleunigung beim Aus- und Einscheren von 3,5 m/sek/2 sowie die Einhaltung von einem Sicherheitsabstand beim Aus- und Einscheren von nur 20 Meter zugrundegelegt. All diese Werte wurden bereits zugunsten des Berufungswerbers angenommen. Daraus resultierte eine Überholwegstrecke von knapp über 185 Meter.

Während des Überholvorganges hätte ein exakt zum Zeitpunkt des Überholentschlusses in den Gefahrensichtbereich präsumtiv mit 100 km/h einfahrendes Kraftfahrzeug 220 Meter zurückgelegt. Daraus folgt, daß für ein sicheres Überholen die Überholsichtweite (Gefahrensichtweite) zumindest 405 Meter betragen hätte müssen.

Diese Berechnung deckt sich im Ergebnis mit jenen des Sachverständigen im erstbehördlichen Verfahren. In diesem wurde jedoch von einem etwas späteren Überholentschluß bzw.

einer geringeren Gefahrensichtweite und einer höheren Fahrgeschwindigkeit der Fahrzeugkolonne ausgegangen.

4.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich überwiegend auf die Angaben des Zeugen F. Dieser Zeuge legte in gut nachvollziehbarer Weise dar, daß er hinter einem Lkw-Zug nachfuhr und etwa im Bereich der Einfahrt nächst der Kilometrierung 42,830 einen roten VW-Passat überholen gesehen hat. Dabei konnte der Zeuge nicht mit Sicherheit feststellen, ob dieser Pkw gleich mehrere Fahrzeuge überholte. Jedenfalls habe dieser Pkw etwa 160 Meter vor der Linkskurve (der Zeuge begab sich mit dem Verhandlungsleiter an diese Stelle) den Überholvorgang beenden können, wobei er von einem entgegenkommenden Pkw mittels Lichthupe angeblinkt worden sei. Eine Gefährdung überholter Fahrzeuge bzw. des entgegenkommenden Pkw's habe der Zeuge nicht feststellen können. Diese Angaben stimmten im wesentlichen mit seinen zeugenschaftlichen Angaben vor der Erstbehörde überein.

Lediglich die Fahrgeschwindigkeit wurde nunmehr als geringer angegeben. Letztere sind insbesondere deshalb als wahrscheinlicher anzunehmen, weil in diesem Bereich ein Lkw-Zug wohl kaum mehr als 60 km/h fahren wird. Der Zeuge hat wohl von einer Behinderung eines entgegenkommenden Fahrzeuges keine Wahrnehmung gemacht, angesichts der festgestellten relativen Unübersichtlichkeit der Situation durch mehrere hintereinander fahrende Fahrzeuge, kann aber auch nicht angenommen werden, daß hier eine 'einwandfreie' Erkennbarkeit einer gefahrlosen Wiedereinordnungsmöglichkeit gegeben gewesen ist.

Dieses Beweisergebnis reichte aber andererseits auch nicht aus auch den Punkt 2. des Straferkenntnisses zu halten.

Offenbar wollte die Erstbehörde mit diesem Punkt eher den Tatbestand des § 16 Abs.2 lit.b angesprochen wissen ("nicht genügend Platz" für gefahrloses Überholen).

Der Zeuge Obslt. W war zur Verhandlung nicht erschienen, sodaß seine zu dieser Anzeige führenden Wahrnehmungen nicht mehr weiter zu berücksichtigen gewesen sind.

5.1. Rechtlich hat er unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 darf nicht überholt werden, wenn der Lenker eines Fahrzeuges nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

5.1.2. Eine konkrete Behinderung oder Gefährdung ist nach dem Tatbild des § 16 Abs.1 lit.c nicht erforderlich. Die Zulässigkeit des Überholens ist nicht vom Endpunkt des Überholmanövers, sondern von dessen Beginn aus zu beurteilen (VwGH 20.11.1967, ZVR 1969/11). Ferner setzt die Entscheidung über die Zulässigkeit des Überholmanövers grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge der für den Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des Überholenden und des (der) zu überholenden Fahrzeuge(s). Ebenso sind vor dem Überholmanöver Umstände zu beurteilen, welche einem Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen könnten (VwGH 12.3.1986, 85/03/0152).

Eine Kumulation kann etwa dann erfolgen, wenn zwei verschiedene Tatbilder vorliegen welche einander nicht ausschließen, indem jedes für sich alleine und beide auch gleichzeitig begangen werden können (VwGH 28.10.1983, 83/02/0233). Hier wäre eine Kumulation auch mit § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 noch möglich gewesen.

Die Schutzfunktion hinsichtlich des § 16 Abs. 1 lit.a StVO besteht nicht nur darin, einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen, sondern auch, alle Schäden zu verhindern, die beim Überholen und Wiedereinordnen entstehen können (E 55" OGH 23.11.1977, 8 Ob 160/77, ZVR 1979/120). Im Hinblick darauf reichten die Beweise jedoch nicht aus, sodaß in diesem Punkt zumindest im Zweifel mit einer Verfahrenseinstellung vorzugehen gewesen ist.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß hier die Strafsätze ohnedies schon ungewöhnlich niedrig bemessen wurden, sodaß selbst bei Zuerkennung sämtlicher sonstiger Milderungsgründe und selbst bei ungünstigsten wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Strafe nicht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte. Schon bei Parkdelikten werden bereits in aller Regel merklich höhere Geldstrafen verhängt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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