Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520233/14/Ki/Vie/An

Linz, 03.06.2003

 

 

 VwSen-520233/14/Ki/Vie/An Linz, am 3. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn E A, L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. H B L, vom 17.3.2003 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3.3.2003, Fe-248/2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Gleichzeitig wird ausgesprochen, dass Herr E A zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B, B+E, C1, C1+E, C, C+E und F unter der nachstehenden Befristung bzw. den nachstehenden Auflagen geeignet ist:

 

Dem Berufungswerber ist demnach eine Lenkberechtigung im oben angeführten Umfang zu erteilen.

Die Behörde erster Instanz hat die entsprechenden Codes in den Führerschein einzutragen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG, idF BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 3 Abs.1, § 8 Abs.2 FSG iVm § 24 Abs.1 Z2 idF BGBl.I Nr.81/2002, §§ 3 Abs.1 und 5 Abs. 1 FSG-GV idF BGBl.II Nr. 427/2002, § 2 Abs.3 FSG-DV, BGBl. II Nr. 320/1997 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 495/2002
 

 
 
 
 
 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die mit Führerschein der Bundespolizeidirektion Linz (belangte Behörde) vom 6.11.2001, zu F4785/2001 für die Klassen B, C, E, F u. G erteilte Lenkberechtigung ab 12.3.2003 mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung der Wiedereignung entzogen. Ebenfalls wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Berufungsfalle ausgesprochen.
 

2. Die belangte Behörde hat die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Entziehung der Lenkberechtigung damit begründet, der Bw sei laut dem amtsärztlichen Gutachten vom 5.2.2003 gesundheitlich nicht geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken, wobei sich die mangelnde Eignung insbesondere auf das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung vom 20.1.2003 stützt. Demnach sind die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen im Bereich der Beobachtungsfähigkeit, des Reaktionsverhaltens (Reaktionszeitverlangsamung und leicht eingeschränkte reaktive Dauerbelastbarkeit) sowie im Bereich der Konzentration und der Sensomotorik eingeschränkt. Da die Einschränkungen im Leistungsbereich alle Teilleistungen betreffen, könne nicht von ausreichenden Kompensationsmöglichkeiten seitens der Persönlichkeit ausgegangen werden. Bedenken ergaben sich im Bereich der persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen (Beschönigungstendenzen des bisherigen Alkoholkonsumverhaltens, Gefährdungsmomente für neuerliche Trunkenheitsfahrten, geringe soziale Konfliktfähigkeit). Eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung konnte dem Bw nicht attestiert werden.

3. Mit Schriftsatz vom 17.3.2003 hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter Berufung gegen den zitierten Bescheid erhoben. In seinem Rechtsmittel macht der Bw Gesetzwidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Laut dem ärztlichen Gutachten wurde die gesundheitliche Nichteignung damit begründet, das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung habe gezeigt, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen im Bereich der Beobachtungsfähigkeit und des Reaktionsvermögens sowie im Bereich der Konzentration und der Sensomotorik seien eingeschränkt. Laut Seite 4 des verkehrspsychologischen Gutachtens (richtig wohl: der verkehrspsychologischen Stellungnahme) vom 20.1.2003 sei davon die Rede, die angeführten Bereiche seien lediglich leicht eingeschränkt. Diese leichte Einschränkung gründe sich darauf, dass die Tests am Computer zu absolvieren waren und er in seinem Leben zum ersten Mal mit einem Computer konfrontiert und entsprechend nervös war. Da er 23 Jahre Berufserfahrung als Kraftfahrer aufweise, bislang noch nie verwaltungsstrafrechtliche Delikte begangen, geschweige denn einen Unfall verursacht habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine ausreichende Kompensationsmöglichkeit nicht gegeben sein solle. In weiterer Folge brachte der Bw vor, die Chefärztin habe in ihrem Bericht vom 5.2.2003 selbst ausgeführt, es liege ein klinisch entsprechender Befund ohne Hinweis auf schädlichen Gebrauch von Alkohol vor und seien seine Angaben hinsichtlich der Alkoholkonsumgewohnheiten objektiv nicht zu widerlegen. Keinesfalls könne davon die Rede sein, ein Empfinden für geltende Promillegrenzen fehle ihm. Vor diesem Vorfall habe er während seiner beruflichen Tätigkeit als Kraftfahrer nie etwas getrunken. Die Behörde habe ihre Behauptung bezüglich des Vorliegens einer hohen Alkoholgewöhnung in keiner Weise objektiv belegt. Eine derart hohe Alkoholgewöhnung müsste auch objektiv nachweisbar sein. Er sei bereit, sich regelmäßigen Untersuchungen zu unterziehen und würden diese seine Abstinenz nachweisen. Schon im Hinblick darauf, dass er aus Gründen des Lebensunterhaltes auf die Wiedererteilung der Lenkberechtigung angewiesen sei, sei sichergestellt, dass er nicht wieder unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug lenken werde. Der Bw verwies in diesem Zusammenhang auf eine eingeholte (von Dr. P analysierte) Blutprobe sowie auf ein fachärztliches (von Dr. S erstelltes) Gutachten.

 

4. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier mit Blick auf § 67d Abs.1 AVG in Wahrung der durch Art. 6 Abs. 1 EMRK intendierten Rechte geboten.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme, Anhörung des Bw zur Sache, weiters durch Erörterung der Gutachten seitens der Amtsärztin der Behörde erster Instanz sowie des mit der Erstellung der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 29.1.2003 befassten Verkehrspsychologen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29.4.2003.

Nach weiterer Erörterung von im Rahmen des Berufungsverfahrens nachgereichter sachspezifischer Beweismittel (Laborbefund Dr. P vom 13.3.2003, neurologisch-psychiatrisches Attest Dr. S vom 14.3.2003) hat die Amtsärztin der belangten Behörde unter Zugrundelegung vom Bw vorgelegter weiterer Befunde und Atteste (Laborbefunde Dr. R vom 30.4.2003 bzw. vom 6.5.2003, neurologisch-psychiatrisches Attest Dr. S vom 12.5.2003 im Zusammenhang mit dem Ambulanzbrief des Krankenhauses der B, L, sowie die verkehrspsychologische Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 9.5.2003) im Gutachten vom 21.5.2003 den Bw als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 (hievon sind im Falle des Bw Kraftfahrzeuge der Klassen B, B+E und F umfasst) und 2 (hievon sind im Falle des Bw Kraftfahrzeuge der Klassen C1, C1+E, C, C+E umfasst) unter der im Spruch der gegenständlichen Berufungsentscheidung angeführten Befristung bzw. den angeführten Auflagen geeignet ist. Begründend führte die medizinische Amtssachverständige hiezu aus, dass sich bei den Laboruntersuchungen die alkoholspezifischen Leberfunktionsparameter keinerlei Anhaltspunkte für einen Alkoholabusus zeigten (der CDT-Wert war negativ, hingegen waren allerdings die Parameter GOT und GPT erhöht). Auch aus nervenfachärztlicher und internistischer Sicht ließen sich keine diesbezüglichen Anhaltspunkte verifizieren. Der neurologische Untersuchungsbefund war unauffällig. Bei der verkehrspsychologischen Untersuchung vom 9.5.2003 zeigten sich die Leistungsfunktionen gegenüber der Erstuntersuchung eindeutig verbessert und ergaben sich aus funktionalen Gründen keine Einwände. Eine Abklärung der beim Bw festgestellten erhöhten Parameter GOT und GPT ergab, dass der Bw an einer entzündlichen Lebererkrankung (Hepatitis B) leidet. Die teilweise pathologischen Befunde der alkoholrelevanten Laborparameter (Transaminasenerhöhung) sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Lebererkrankung zurückzuführen. Die Angaben des Bw zu den Trinkgewohnheiten seien objektiv nicht widerlegbar.

Dieses Gutachten wurde dem Rechtvertreter des Bw in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom 3.6.2003 hat dieser mitgeteilt, mit einer befristeten Erteilung der Lenkberechtigung einverstanden zu sein.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Im Sinne des § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die u.a. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 
Gemäß § 5 Abs. 1 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

  1. schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
  2. organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
  3. Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt,
  4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

  1. Alkoholabhängigkeit oder
  2. andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

  1. Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

Nach § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 leg. cit. in den Führerschein einzutragen.

Im Falle des Bw zeigten im Rahmen des Berufungsverfahrens (wie schon erwähnt) die Laboruntersuchungen hinsichtlich Leberfunktionsparameter keinerlei Anhaltspunkte für einen Alkoholabusus. Auch aus nervenfachärztlicher und internistischer Sicht ließen sich keine diesbezüglichen Anhaltspunkte verifizieren. Der neurologische Untersuchungsbefund war unauffällig. Bei der verkehrspsychologischen Untersuchung vom 9.5.2003 zeigten sich die Leistungsfunktionen gegenüber der Erstuntersuchung eindeutig verbessert und ergaben sich aus funktionalen Gründen keine Einwände. Eine Abklärung der beim Bw festgestellten erhöhten Parameter GOT und GPT ergab, dass der Bw an einer entzündlichen Lebererkrankung (Hepatitis B) leidet. Die teilweise pathologischen Befunde der alkoholrelevanten Laborparameter (Transaminasenerhöhung) sind nach den Ausführungen der Amtsärztin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Lebererkrankung zurückzuführen. Inwieweit diese im Falle einer Progredienz - eine solche ist nach ärztlicher Auffassung derzeit nicht sicher auszuschließen, zur neuerlichen Einschränkung der gesundheitlichen Eignung gereicht, konnte aus medizinischer Sicht nicht schlüssig beantwortet werden. Die medizinische Amtssachverständige hält aus diesem Grunde entsprechende Verlaufskontrollen für unverzichtbar.

Nach Tuberkulose und Malaria ist Hepatitis B weltweit die dritthäufigste Infektionskrankheit. Wenngleich diese Krankheit in vielen Fällen symptomarm oder symptomlos verläuft und entsprechende Schutzimpfungen wirksamen und vorbeugenden Schutz bieten, so können doch akute und tragische Verläufe auftreten. Dabei zerstören die Hepatitis B-Viren Leberzellen, es kann zu Leberschrumpfung, Leberkrebs und Tod kommen, wenngleich entsprechende Schutzimpfungen wirksamen und vorbeugenden Schutz bieten.

Wenn die Amtsärztin daher eine Befristung (auch) der Lenkberechtigung für die Klassen B, C1 und F für die Dauer von fünf Jahren für erforderlich erachtet (die Lenkberechtigung für die Klasse C darf gemäß der Bestimmung des § 20 Abs. 4 ohnedies nur für diesen Zeitraum erteilt werden), so kann dieser Auffassung im Hinblick auf die im vorigen Absatz näher dargelegten Umstände nicht ohne weiteres entgegengetreten werden. Die amtsärztlichen Ausführungen sind bei näherer Betrachtung durchaus schlüssig und nachvollziehbar. Dem Berufungswerber kann auf Grund der dargestellten Sachlage die (wenngleich nur unter der angeführten Befristung bzw. den angeführten Auflagen) Eignung zum Lenken der im Spruch im einzelnen angeführten Führerscheinklassen attestiert werden, wobei das Einverständnis des Bw hiezu aktenkundig ist.

 

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Die Wahrnehmung der für die gegenständliche Eingabe anfallenden Gebühren- und Abgabenpflicht erfolgt durch die BPD Linz.

 

 

Mag. K i s c h

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