Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520245/10/Br/Gam

Linz, 19.05.2003

 

 

 

 
VwSen-520245/10/Br/Gam
Linz, am 19. Mai 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn N O, H 26, E, vertreten durch Dr. J R, RA, W 4, B I, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. März 2003, VerkR21-649-2002, wg. der mit diesem Bescheid entzogenen Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E u. F wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Entzug der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E und F behoben wird;

Die Lenkberechtigung für die genannten Klassen wird jedoch auf zwei Jahre - ab dem Datum der Zustellung dieses Bescheides - befristet;

gleichzeitig wird dem Berufungswerber die Auflage erteilt bis zum Ablauf dieser Frist das Weiterbestehen seiner gesundheitlichen Eignung durch Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nachzuweisen;

Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid - mit welchem auch die Lenkberechtigung der Klassen C u. C+E für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen wurde - bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1 u. 4, 25 Abs.1, § 29 Abs.4 BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 und BGBl. I Nr. 81/2002 Führerscheingesetz - FSG iVm § 12 Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, idF BGBl. II Nr. 427/2002 ;

§ 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 117/2002
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Mit dem o.a. Bescheid wurden dem Berufungswerber die ihm am 18.6.2002 unter AZ: VerkR22-1-351-2002/GM von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden bis 20.6.2002 befristet erteilten Lenkberechtigungen für die Dauer seiner Nichteignung aus gesundheitlichen Gründen entzogen. Gleichzeitig wurde der Berufungswerber aufgefordert seinen Führerschein unverzüglich bei der Behörde abzuliefern. Abgewiesen wurde sein Antrag auf Fristerstreckung bis zur Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, dass sie vom Krankheitsbild der Narkolepsie (anfallsweise auftretende Schlafanfälle bei Tag) Kenntnis erlangt hätte. Aus diesem Grund sei über den Berufungswerber vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 11.11.2002 und 8.1.2003 ein Gutachten erstellt worden, welches unter Berücksichtigung des Schlussberichtes der Oö. Landesnervenklinik vom 3.12.2002 zur Annahme der nichtgegebenen Fahreignung führte.

Rechtlich wies die Behörde erster Instanz auf § 12 Abs.3 FSG-GV hin, wonach bei diesem Krankheitsbild ein Lenken von Fahrzeugen der Gruppe 2 keinesfalls und ein Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden dürfte.

Abschließend wies die Behörde erster Instanz noch darauf hin, dass im Falle der Besserung des Gesundheitszustandes und bei Vorlage einer entsprechenden fachärztlichen Stellungnahme es dem Berufungswerber jederzeit offen stehe an die Führerscheinbehörde wegen der Wiedererteilung der Lenkberechtigung heranzutreten.

 

2. In der dagegen fristgerecht fälschlich an den Landeshauptmann von Oö. gerichteten Berufung rügt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eine unrichtige und mangelhafte Tatsachenfeststellung.

In der Substanz wird im Berufungsvorbringen die mit diesem unbestritten bleibenden Krankheitsbild die fehlende Fahreignung bzw. Gefährdung der Verkehrssicherheit in Frage gestellt. Insbesondere vermeint der Berufungswerber, dass dies nicht für alle Fahrzeugklassen angenommen werden könne.

Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine Fahrpraxis als Berufskraftfahrer anlässlich welcher es nie zu einem Unfall gekommen sei. Der Berufungswerber verweist etwa auf eine Studie, wonach Patienten nach Abklärung dieser Diagnose im Vergleich zu Gesunden kein erhöhtes Unfallrisiko aufwiesen (Somnologie 2/2002).

Unter Hinweis auf § 12 Abs.3 FSG-GV vermeint der Berufungswerber es könne als nicht gesichert gelten, dass dieses Krankheitsbild unter die genannte gesetzliche Bestimmung falle. Zusammenfassend vermeinte der Berufungswerber unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Annahme seiner fehlenden gesundheitlichen Eignung zum Lenken von KFZ treffe hier nicht zu.

Abschließend beantragt er, ihm die Lenkberechtigung aller Klassen zu belassen, in eventu den Bescheid zu beheben und neuerlich zur Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, in eventu ein fachärztliches Gutachten einzuholen und die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

3. Gemäß § 35 Abs.1 zweiter Satz FSG i.d.F. des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl.I/65/2002, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeibehörde.

3.1. Zur Anwendung gelangt die Rechtslage nach der 5. Führerscheingesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 81/2002 (§ 43 Abs.12 leg.cit.) die am 1. Oktober 2002 ohne Übergangsbestimmungen in Kraft getreten ist.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht sich hier nach Würdigung der ergänzend beigeschafften Beweismittel (fachärztliche Stellungnahme des FA f. Neurologie u. Psychiatrie, Dr. H und ein darauf gestütztes amtsärztliches Endgutachten) zur Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht veranlasst, da sich gemäß der eindeutigen Gutachten die Entscheidungsgrundlage so eindeutig ergibt, sodass sich eine noch weitere Klärung der Sache nicht zu erwarten ist und dem auch keine Intentionen iSd Art. 6 Abs.1 EMRK entgegen stehen (§ 67d Abs.4 AVG). Dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers wurden die eingeholten Gutachten zur Kenntnis gebracht.

 

4. Der Berufungsentscheidung liegt hier folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

4.1. Der Amtsarzt der Behörde erster Instanz erhielt laut Aktenvermerk an die Führerscheinabteilung der Behörde erster Instanz vom 17. Oktober 2002 aus einer nicht benannten Quelle vom Krankheitsbild des Berufungswerbers Kenntnis.

Aus diesem Anlass erging am 28. Oktober 2002 an ihn eine Vorladung zur Bezirkshauptmannschaft Gmunden - Führerscheinabteilung. Zum Verfahrensakt wurde der Schlussbericht der Oö. Landesnervenklinik, Abteilung Neurologie vom 3.12.2002, genommen. Daraus geht ein Aufenthalt des Berufungswerbers vom 27.11.2002 wg. "bekannter Narkolepsie" hervor. Darin gelangt auch zum Ausdruck, dass ein Lenken von Kraftfahrzeugen aller Klassen durch den Berufungswerber als riskant einzustufen sei.

Mit 9. Jänner 2003 ergeht abermals eine Ladung an den Berufungswerber anlässlich der ihm am 21. Jänner 2003 das amtsärztliche Gutachten vom 8. Jänner 2003 mit dem Kalkül "nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 u. 2" und der beabsichtigte Entzug der Lenkberechtigung zur Kenntnis gebracht wird.

Der Berufungswerber verweist bei dieser Gelegenheit bereits auf seine zwischenfallsfreie Fahrpraxis seit 1996, räumt aber gleichzeitig dieses schon seit 1995 bestehende Krankheitssymptom, hinsichtlich dessen er medikamentös behandelt wurde, ein.

Im Rahmen seiner nachfolgenden rechtsfreundlichen Vertretung übermittelte der Berufungswerber am 23. Jänner 2003 eine ausführliche Stellungnahme - im Sinne seines späteren Berufungsvorbringens - an die Behörde erster Instanz. Am 30. Jänner 2003 wurden diese Ausführungen des Berufungswerbers dem Amtsarzt zwecks Erstattung einer Stellungnahme zugeleitet. Dieser gelangte am 3. Februar 2003 unter ausführlicher Darlegung des Krankheitsbildes zur Auffassung, dass es hinsichtlich der Lenkberechtigung für die Gruppe I "einer sogenannten befürwortenden Stellungnahme" eines Facharztes bedürfe, während bei diesem Krankheitsbild eine Lenkberechtigung für die Gruppe 2 weder erteilt noch belassen werden dürfe.

Von dieser Stellungnahme wurde der Berufungswerber am 14. Februar 2002 abermals in Kenntnis gesetzt.

In der darauf am 4. März 2003 vom Berufungswerber erstatteten Stellungnahme vermeint er einen Entzug für die Gruppe 2 nicht gerechtfertigt zu sehen. Im Übrigen werde er ein Gutachten zu Untermauerung seines Standpunktes beibringen, diesbezüglich ersuchte er um eine Fristerstreckung für die Dauer von zwei Monaten.

In dem über Anfrage der Führerscheinabteilung der Behörde erster Instanz vom Amtsarzt Dr. T angefertigten Aktenvermerk vom 7. März 2003 vertritt dieser die Auffassung "es auf Grund der vorliegenden Diagnose nicht vertretbar zu erachten die Frist auf zwei Monate zu erstrecken."

Folglich hat die Behörde erster Instanz den hier angefochtenen Bescheid erlassen, worin jedoch die aufschiebende Wirkung einer Berufung nicht gesondert aberkannt wurde, wenngleich der Antrag auf Fristerstreckung zwecks Beibringung eines fachärztlichen Gutachtens abgewiesen wurde.

 

4.2. Im Rahmen des Berufungsverfahrens unterzog sich der Berufungswerber über h. Darstellung der Sach- und Rechtslage einer Untersuchung beim Facharzt für Neurologie u. Psychiatrie, Dr. H. Mit h. Ersuchen vom 10. April 2003 an den Gutachter wurde unter Übermittlung der im Akt erliegenden Befunde bzw. der Ausführung des Amtsarztes die Frage gestellt, ob einerseits das beim Berufungswerber vorliegende Krankheitsbild dem § 12 Abs.3 FSG-GV zugeordnet werden kann und gebeten zur Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 u. 2 Stellung zu nehmen.

In Entsprechung dieses Auftrages erstattete Herr Dr. H am 9. Mai 2003 folgende fachärztliche Stellungnahme:

 

"NEUROLOGISCHE STELLUNGNAHME NACH DEM FÜHRERSCHEINGESETZ
 
2003-05-09
 
Betrifft: Herrn O N,
wh.: M-Z. 35, E
 
Herr O war heute erstmals bei mir. Er gibt an, dass ihm vor 14 Tagen die Lenkerberechtigung (Gruppe I und II, Klassen A,B,C,E,F,G) entzogen wurde, weil er seit 11 Jahren an Narkolepsie leidet. Herr O kann nicht angeben, warum es gerade jetzt zu dem Entzugsverfahren kam.
Verkehrsanamnese:

Herr O gibt an, dass er bis 1992 als Fernfahrer in ganz Europa unterwegs war. Wegen der Narkolepsie gab er das Fernfahren auf und war zwar weiter als Kraftfahrer unterwegs, aber nicht mehr über so weite Strecken. Vor ca. 2 Jahren hatte er einen Verkehrsunfall mit Sachschaden. Er streifte mit seinem LKW einen geparkten PKW, der so verkehrsbehindernd abgestellt war, dass er mit seinem LKW fast nicht vorbei gekommen wäre. Herr O gibt an, dass er sonst keine Verkehrsunfälle hatte. Es gab einige Parkstrafen. Einmal hatte er einen LKW überladen und musste wieder abladen. Im Jahr 1999 hatte er bei Arbeiten im steilen Waldgelände einen Unfall, weil unter seiner Maschine ein Felsen wegbrach. Er gibt an, dass beide Unfälle nichts mit seiner Narkolepsie zu tun hatten. Weiters gibt Herr O an, dass er es auf eine Kilometerleistung von 30.000 bis 40.000 Kilometern im Jahr bringt. Während seiner Zeit als Fernfahrer waren es bis zu 200.000 Kilometer im Jahr.

Vor 4 Jahren wurde ihm die Lenkerberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes entzogen. Der Führerschein war zunächst auf ein halbes Jahr befristet, zuletzt auf 1 Jahr. Herr O gibt an, dass er seit diesem Führerscheinentzug 1999 keinen Alkohol mehr trinkt und dass auch die entsprechenden Laborbefunde im Normbereich waren. Für ihn völlig überraschend kam im November 2002 ein Schreiben von der Führerscheinbehörde, das sich auf seine Narkolepsie bezog.
 
Neurologische Anamnese:

 

Herr O gibt an, dass seine Beschwerden im Jahr 1992 begannen. Er hatte damals Probleme beim Einschlafen. Er konnte sich eine zeitlang nicht bewegen und hatte während dieser Zeit lebhafte Albträume. Der zweite Problembereich war ein Einknicken in den Knien, zu dem es bei emotionaler Erregung kam - zum Beispiel wenn er sich beim Tischtennisspielen über einen Sieg freute. Der dritte Problembereich war und ist tagsüber plötzliche auftretende Müdigkeit. Herr O gibt an, dass das besonders bei eintönigen Arbeiten der Fall ist. Wenn ihn jemand anspricht oder wenn der Bewegung macht, vergeht die Müdigkeit wieder. Er gibt an, dass es in den letzten 3 bis 4 Jahren, seit er regelmäßig Medikamente einnimmt, zu keinen unwillkürlichen Einschlafreaktionen mehr gekommen ist. Eine kritische Zeit ist um 11.00 Uhr vormittags herum. Es ist ihm aber zuletzt immer gelungen, das Einschlafen durch entsprechende Verhaltensweisen zu verhindern.

Was die Behandlung betrifft, war Herr O 1992 bei Herrn Dr. H, Facharzt für Neurologie. 1993 wurde er an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck stationär durch untersucht. Außerdem liegen Ambulanzberichte vom November 1999 der Landesnervenklinik vor, sowie der Arztbrief eines Aufenthaltes vom 27. bis 29.11.2002. In den letzten Monaten wurde Herr O von seinem Hausarzt Dr. D B in E weiter behandelt.

 
Medikation derzeit:

 
Modasomil 100 mg 2 - 1 - 0
Anafranil 25 mg 1 - 0 - 0
 
Neurologischer Status:

 
In mehreren Vorbefunden ist dokumentiert, dass der neurologische Status unauffällig ist.
 
Vorliegende Befunde:

 
1) Facharztbefund von Dr. H vom August 1992:
Diagnose: Narkolepise-Kataplexie-Syndrom
 
2) Befund der Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck:
Der Befund (Anamnese, EEG und Schlaflaboruntersuchung) ist mit der Diagnose einer Narkolepsie vereinbar.
 

3) Abschlussbericht der Landesnervenklinik Wagner Jauregg vom November 2002:

Diagnosen: Narkolepsie, Restless-Legs-Syndrom, Hypercholesterinämie

Von diesem Befund gibt es zwei Versionen (eine mit 3 Seiten, zweimal mit der Seite 2 aber mit unterschiedlichen Inhalten). In der umfangreicheren Version wird ausführlich zur Problematik der Fahreignung Stellung genommen. Unter anderem enthält dieser Brief den Satz: "Das Lenken von Fahrzeugen sämtlicher Führerscheinkategorien ist als riskant einzustufen."

Die kürzere Version dieses Briefes enthält die Absätze, die sich auf die Fahreignung beziehen nicht.
 
4) Schreiben von Herrn Amtsarzt Dr. T, in denen die Einwendungen des Rechtsvertreters von Herrn O angeführt sind:

  1. Die Diagnose Narkolepsie ist nicht gesichert.
  2. Keine Einschränkung der Fahreignung, bei gut eingestellter
  3. MedikationBefürwortung der Kraftfahreignung durch den fachärztlichen Befund des Wagner Jauregg Krankenhauses

 
Zusammenfassung und Beurteilung:

Meine Stellungnahme bezieht sich auf die Problematik der Narkolepsie. Die von Herrn O nebenbei angesprochenen Alkoholprobleme sind im Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenats nicht erwähnt.

Die Diagnose Narkolepsie ist als gesichert anzusehen. Die anamnestischen Angaben von Herrn O diesbezüglich sind eindeutig und durch keine andere Erkrankung erklärbar. Es liegt die Symptomkonstellation Narkolepsie (Einschlafattacken), Kataplexie

(affektiver Tonusverlust) und Schlaflähmung vor, die für das Krankheitsbild "Narkolepsie" typisch ist. Die Symptombeschreibung durch Herrn Dr. H war schon 1992 eindeutig. Er stellte damals schon die korrekte Diagnose Narkolepsie, die von der Universitätsklinik Innsbruck und von den Kollegen der Landesnervenklinik Wagner Jauregg bestätigt wurde.

Die Erkrankung "Narkolepsie" ist eindeutig dem Krankheitsbild "Epilepsie, anfallsartige Bewusstseinsstörungen" der Führerscheingesetzgesundheitsverordnung § 12, Absatz 3 zuzuordnen.

Im Gespräch mit Herrn O entsteht der Eindruck, dass er mit Hilfe der Medikation insgesamt eine wesentliche Verbesserung erreicht hat. Auch im Brief der Landesnervenklinik werden Coping-Strategien (=Bewältigungsstrategien) beschrieben. Damit ist gemeint, dass er den plötzlich auftretenden Schlafdrang rechtzeitig wahrnimmt und unterdrücken kann. Diesbezüglich unterscheiden sich die Anfälle der Narkolepsie auch deutlich von epileptischen Anfällen, die wesentlich seltener rechtzeitig wahrgenommen werden können.

Die Tatsache, dass Herr O regelmäßig viele Kilometer im Straßenverkehr zurücklegt, sprechen ebenfalls dafür, dass er gelernt hat, mit der Tagesmüdigkeit so umzugehen, dass er bedrohliche Situationen im Straßenverkehr vermeiden kann. Es ist keine Frage, dass ein Restrisiko nicht völlig auszuschließen ist. Wenn Herr O seine Medikation regelmäßig einnimmt, ist dieses Risiko aber gering bis sehr gering einzuschätzen. Durch die medikamentöse Behandlung mit Modasomil und Anafranil werden die kraftfahrspezifischen, psychophysischen Leistungsfunktionen nicht relevant beeinträchtigt.

Herr O ist derzeit bedingt geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe I (Führerscheinklassen A,B und F) zu lenken. Um den klinischen Verlauf zu beobachten und auch zur Compliancekontrolle empfehle ich eine Befristung von 2 Jahren. Herr O ist aber nicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe II zu lenken (Hervorhebung [Fettschrift] jeweils durch die Berufungsbehörde). In der Führerscheingesetz Gesundheitsverordnung sind Patienten mit anfallsartigen Bewusstseinsstörungen vom Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe II definitiv ausgeschlossen. Diese Entscheidung ist daher keine Frage der individuellen Beurteilung, sondern der aktuellen Rechtslage. Diese Rechtslage ist aus neurologischer Sicht keineswegs in Frage zu stellen (wie vom Rechtsvertreter von Herrn O unter Punkt 2 formuliert), weil das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe II mit erhöhten Anforderungen und einem erhöhten Gefahrenpotenzial verbunden ist.

Dr. H "

 

4.3. Diese fachärztliche Stellungnahme wurde von h. am 13. Mai 2003 dem Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit dem Ersuchen um Erstattung eines Endgutachtens unter Hinweis auf die in dieser Stellungnahme ausgesprochenen Empfehlungen übermittelt.

Der Amtsarzt Dr. T erachtet mit h. Endgutachten vom 15. Mai 2003 den Berufungswerber bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und schließt sich damit in seinem Endgutachten der Empfehlung iVm seiner "befürwortenden Stellungnahme" des Facharztes Dr. H an. Zum Lenken der Gruppe 2 wird der Berufungswerber jedoch als nicht geeignet erachtet. Der Befristung wurde seitens des Amtsarztes ebenfalls im Sinne der Empfehlung der fachärztlichen Stellungnahme gefolgt.

Die Gutachten sind schlüssig und plausibel nachvollziehbar. Es gelangt insbesondere die vom Gesetz geforderte Risikoeignung in nachvollziehbarer Weise zum Ausdruck. Die Berufungsbehörde vermag sich diesen miteinander in Einklang stehenden Empfehlungen der Ärzte anzuschließen und vermeint letztlich, dass auch dem Berufungswerber jenes Maß an Eigenverantwortlichkeit zuzutrauen ist, sich im Falle einer aufkommenden Müdigkeit, die sich aber nicht so unvermittelt einstellt, sodass sie im Falle des Lenkens eines KFZ noch in der Willenssphäre des Berufungswerber in verkehrsadäquater Weise disponiert werden könnte. Durchaus nicht verkannt wird in diesem das Spannungsfeld zwischen dem Interesse der Verkehrssicherheit und dem Mobilitätsbedürfnis eines Menschen, gleichsam - empirisch besehen - als ein grundrechtliches Anliegen. Hier ist eine in Wahrheit unlösbare Wertungsentscheidung zu treffen, welche hier - laut den medizinischen Gutachten in vertretbarer Weise - wenn auch befristeten, mit einer positiven Beurteilung der sogenannten Risikoeignung mit der Belassung der Lenkberechtigungen der Gruppen 1 zu erfolgen hatte. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang, dass diesem Krankheitsbild nur ein geringfügig erhöhtes Unfallsrisiko zugeordnet wird (vgl. ÖAMTC/ÄKVÖ-Symposium: "Zu krank für den Führerschein?"; Spannungsfeld zwischen Verzweiflung bei Betroffenen und Verantwortung bei den Behörden, mit Hinweis auf die abschließende Empfehlung zu mehr Flexibilität von Maßnahme und Appell an die Eigenverantwortung des betroffenen Kraftfahrers).

An diese wird hier der Berufungswerber nachdrücklich erinnert, dass die im gegenständlichen Fall positiv beurteilte Risikoeignung unabdingbar auch einen Vertrauensvorschuss in sein Verantwortungsbewusstsein in sich birgt.

Der Berufungswerber verzichtete nach Übermittlung der Gutachten auf die Erstattung einer Gegenäußerung.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Im Sinne des § 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt (und auch belassen) werden, die ........ 3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),.......

Nach § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen......

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen (Abs.4 leg.cit.).

Der § 12 Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, idF BGBl. II Nr. 427/2002, lautet:

"Personen, die unter epileptischen Anfällen oder anderen anfallsartigen Bewußtseinsstörungen oder -trübungen leiden, kann eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 nur unter Einbeziehung einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden. Der Facharzt hat die Epilepsie oder andere Bewußtseinsstörungen, deren klinische Form und Entwicklung, die bisherige Behandlung und die Anfallsfreiheit und das Anfallsrisiko zu beurteilen. Hingegen darf solchen Personen keine Lenkberechtigung der Gruppe 2 erteilt oder belassen werden."

 

5.1.1. Epilepsie ist zwar eine Erkrankung iSd § 5 Abs. 1 Z 3 FSG-GV 1997 idgF, sie stellt jedoch keinen absoluten AUSSCHLIESZUNGSGRUND für die Erteilung einer Lenkberechtigung dar; es kann vielmehr gemäß § 12 Abs.3 FSG-GV 1997 idgF Personen, welche unter epileptischen Anfällen leiden, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 (nur) unter Einbeziehung einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt werden (VwGH 12.4.1999, 98/11/0278).

Der Unabhängige Verwaltungssenat übersieht wohl keineswegs, dass es hier dennoch für den Berufungswerber insbesondere durch den Entzug der Lenkberechtigung der Gruppe 2 (C, C+E) negative berufliche Auswirkung zu Folge haben wird. Subjektive Interessen müssen gegenüber dem gesetzlich definierten öffentlichen Interesse jedoch außer Bedacht bleiben (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328, mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166). Laut fachärztlicher Stellungnahme ist das hier vorliegende Krankheitsbild eindeutig der Epilepsie zuzuordnen. Diese ausdrückliche Feststellung ist hier mit Blick auf VwGH 4.10.2000, 2000/11/0043, zu treffen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem RA unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. B l e i e r

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