Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103649/8/Br

Linz, 23.05.1996

VwSen-103649/8/Br Linz, am 23. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. G N, G, zu Hd. Dres. N, W u. N, alle P 3, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 8.

März 1996, Zl. III/St.2.942/95-In, nach der am 23. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 8. März 1996, Zl. III/St.2.942/95-In, wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und im Nichteinbringungsfall 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 6.2.1995 um 03.32 Uhr in L, auf der M Rfb Süd, nächst Km 4,00 den PKW mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

1.1. Die Erstbehörde erachtete die Übertretung auf Grund des Meßergebnisses mittels des geeichten Alkomaten und der Angaben des Polizeiamtsarztes als erwiesen. Die Erstbehörde hielt das Vorbringen des flüssigen Aufstoßens und einer damit einhergehenden Verfälschung des Atemluftergebnisses nicht für stichhaltig.

2. In der dagegen fristgerecht durch den Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus:

"In umseits rubrizierter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz/Strafamt vom 8.3.1996, zugestellt am 13.3.1996, AZ: III /St.2.942/95 IN, innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der BERUFUNG an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich.

Das oben bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

I.) Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften II.) Rechtswidrigkeit des Inhaltes ad I.) Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Unter diesem Berufungsgrund wird gerügt, daß die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen.

So hat sich die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz nicht mit der Stellungnahme des Beschuldigten vom 19.2.1996 ausreichend auseinander gesetzt.

In dieser Stellungnahme führt der Beschuldigte aus, daß der verfahrensgegenständliche Alkomat zwar ein flüssiges Aufstoßen erkennen mag, dies jedoch nur dann, wenn dieser unmittelbar vor der Alkomatmessung erfolgte.

Der Beschuldigte brachte diesbezüglich ergänzend vor, daß der verfahrensgegenständliche Alkomat nur dann in der Lage ist den Mundrestalkohol zu erfassen, wenn dies noch eindeutig gegeben ist.

Da der durch das Aufstoßen in den Mundbereich gelangte Alkohol jedoch durch den natürlichen Speichelfluß laufend abgebaut wird, sinkt der Grad des Mundrestalkohols laufend.

Dies führt dazu, daß sich ab einer gewissen Zeit in der Mundhöhle noch Reste des aufgestoßenen Alkohols befinden, diese jedoch vom Alkomaten nicht mehr als Mundrestalkohol erkannt werden und solcher Art das Meßergebnis verfälschen.

Zum Beweis dieses Vorbringens wurde die Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem Fache der Alkomattechnologie beantragt.

Weiters führt die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz im angefochtenen Straferkenntnis aus, daß sich aus den vorgelegten Eichscheinen zum Alkomaten mit der Fabrikationsnummer W 03-532 ergibt, daß dieser ordnungsgemäß funktionierte.

Auch dies ist unrichtig.

Die Eichscheine geben lediglich wieder, daß zu den angeführten Zeitpunkten der Alkomat geeicht wurde bzw. daß dieser in den darin angeführten Zeiträumen als geeicht gilt.

Aus den vorgelegten Eichscheinen geht jedoch keineswegs hervor, ob bei der Überprüfung anläßlich der neuen Eichung Mängel behoben worden sind oder nicht.

Der Beschuldigte beantragt sohin die Beischaffung der Überprüfungsprotokolle, welche anläßlich der Eichung vom 3.6.1993 und 6.6.1995 angefertigt worden sind.

Aus den beizuschaffenden Überprüfungsprotokollen wird hervorgehen, daß der verfahrensgegenständliche Alkomat nicht ordnungsgemäß funktionierte.

Schließlich hat die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz auch die dem verfahrensgegenständlichen Alkomatentyp innewohnende Meßtoleranz bzw. Eichfehlergrenze von +/- 5 % vom Meßwert nicht berücksichtigt.

Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hätte richtiger Weise die Meßtoleranz des verfahrensgegenständlichen Alkomaten berücksichtigen müssen und wäre diesfalls zur Feststellung gelangt, daß der Beschuldigte keineswegs alkoholisiert im Sinne des § 5 Abs.1 StVO war.

Zum Beweis dafür, daß die Meßtoleranz bzw. die Eichfehlergrenze im Bereich von 0,4 mg/1 Atemluftalkohol +/5 % beträgt, wird die Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem Fache der Alkomattechnologie beantragt.

Hätte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz die beantragten Beweise durchgeführt, bzw. von selbst auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände erhoben, so hätte sie feststellen müssen, daß der verfahrensgegenständliche Alkomat nicht einwandfrei funktionstüchtig war bzw. der Beschuldigte keinen Atemluftalkolholgehalt von 0,4 mg/1 aufgewiesen hat. Bei ordnungsgemäßer Verfahrensabführung wäre daher die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz zu einer Verfahrenseinstellung gemäß § 45 VStG gelangt.

ad II.) Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, daß er das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und zwar bei einem Atemluftalkoholgehalt von 0,4 mg/1 gelenkt hat.

Dieser Vorwurf besteht nicht zu Recht.

Wie bereits unter Punkt I.) ausgeführt, war der verfahrensgegenständliche Alkomat einerseits nicht funktionstüchtig, andererseits wurde die dem Meßergebnis des verfahrensgegenständlichen Alkomaten zu Grunde liegende Meßtoleranz zu Gunsten des Beschuldigten nicht berücksichtigt. Auch wurde nicht auf die Ausführungen des Beschuldigten hinsichtlich seines feuchten Aufstoßens eingegangen.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung der beiden medizinischen Gutachten des Amtssachverständigen Dr. W hätte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz nicht von der maximalen stündlichen Abbauquote sondern in dubio pro reo vielmehr von der minimalen stündlichen Abbauquote von 0,066 mg/1 ausgehen müssen.

Diesfalls wäre die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz zur Feststellung gelangt, daß der Beschuldigte aufgrund des als unbestritten angenommenen Befundes des Krankenhauses A zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt keinesfalls einen Atemluftalkoholgehalt von 0,4 mg/1 aufgewiesen haben kann.

Diesfalls wäre die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz zur Feststellung gelangt, daß der Beschuldigte keineswegs das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gemäß § 5 Abs.1 StVO gelenkt hat.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einzustellen gehabt.

Der Beschuldigte stellt sohin nachstehende ANTRÄGE:

Die Berufungsbehörde möge in Stattgebung der Berufung 1. eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen; 2. das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, daß dieses behoben werde und bezüglich des gegen den Beschuldigten eingeleiteten Strafverfahrens gemäß § 5 Abs.1 VStG die Einstellung verfügen; In eventu 3. das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Strafbehörde erster Instanz zurückverweisen.

th/be W, am 27.3.1996 Dr. G N" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung und das im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung erstattete Gutachten des Dr. R. F.

4. Zumal mit dem angefochtenen Straferkenntnis keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Hinblick auf § 51e Abs.1 VStG durchzuführen gewesen.

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Der Berufungswerber lenkte am 6. Februar 1995 um 03.32 Uhr einen Pkw auf der in Richtung Süden. Zu diesem Zeitpunkt wurde er angehalten und einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zugeführt.

Das Trinkende ist mit 03.25 Uhr anzunehmen, wobei es sich dabei um das Ende des Konsums eines Seidel Bier's gehandelt hat.

Die folglich zwischen 03.54 und 03.55 Uhr durchgeführte Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat hat in seinem untersten Wert um 03.55 Uhr den gesetzlichen Grenzwert von 0,4 mg/l ergeben.

Daraus folgt, daß zum Zeitpunkt des Lenkendes um 03.32 Uhr die zuletzt konsumierte Alkoholmenge noch nicht zur Gänze resorbiert gewesen ist und unter Berücksichtigung des untersten Wertes von einem Atemalkoholgehalt zu diesem Zeitpunkt von nur 0,38 mg/l auszugehen ist.

Es kann daher auf die Wiedergabe der weiteren Feststellungen zur Frage des Ergebnisses der Blutuntersuchung nach mehr als vier Stunden, mit einem Ergebnis von 0,0 Promille, verzichtet werden.

5.1.1. Das Beweisergebnis stützt sich auf die sich aus dem Akt ergebenden Zeitangaben im Hinblick auf die Anhaltung und das Trinkende. Zumal der Berufungswerber die Angaben zum Trinkende bereits gegenüber den einschreitenden Beamten gemacht hatte, waren diese Angaben durchaus als glaubwürdig zu erachten. Ebenfalls scheinen die vom Sachverständigen daraus gezogenen Schlußfolgerungen der noch nicht abgeschlossenen Resorption logisch nachvollziehbar. Immerhin lagen nur sieben Minuten zwischen dem Trinkende und der Anhaltung. Daraus folgt, daß zum Zeitpunkt des Lenkens, dies muß um so mehr im Zweifel angenommen werden, daß noch eine den Grenzwert erreichende Alkoholbeeinträchtigung nicht vorlag. Ebenfalls fehlen Anhaltspunkte dafür, daß sonst eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit durch Akoholeinfluß gegeben war. Selbst wenn der Berufungswerber diesen Punkt nicht angezogen hat und er mit seinem Vorbringen inhaltlich wohl erfolglos bleiben hätte müssen, war die Frage der Grenzwertunterschreitung amtswegig aufzugreifen gewesen.

6. Rechtlich hat der Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. § 5 StVO 1960:

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

6.2. Hier ergibt sich, daß die Behörde die Einstellung eines Strafverfahrens zu verfügen oder von einem solchen abzusehen hat, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann (§ 45 Abs.1 Z1 VStG). Im durchgeführten Beweisverfahren konnte weder eine Überschreitung des Grenzwertes durch zwei diesbezüglich eindeutige auf den Lenkzeitpunkt zu stützende Werte, noch sonst eine durch Alkoholbeeinträchtigung bedingte Fahrunfähigkeit nachgewiesen werden (siehe hiezu auch VwGH v. 15.5.1990, 89/02/0082 u.a. in ZfVB 1991/3/1122).

Es ist somit auch nicht mehr darauf einzugehen gewesen, ob eine nach mehreren Stunden vorgenommene Blutabnahme bzw. das daraus resultierende Ergebnis einer diesbezüglichen Blutuntersuchung noch als tauglicher Gegenbeweis gültig anzusehen gewesen wäre (vgl. hiezu jedoch VwGH v. 20. Mai 1993, Zl. 93/02/0092).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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