Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520265/2/Fra/Vie/Ka

Linz, 01.09.2003

 

 

 VwSen-520265/2/Fra/Vie/Ka Linz, am 1. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Herrn HB, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. BA vom 14.4.2003, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 2.4.2003, Zl. FE-136/2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B, Anordnung einer Nachschulung, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 
Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG; §§ 7, 24, 25 und 26 FSG
 
 

Entscheidungsgründe:
 

  1. Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz (im Folgenden als belangte

Behörde bezeichnet) vom 4. 2. 2003, Zl. FE-136/2003, wurde Herrn HB gemäß §§ 7, 24, 25 und 29 Führerscheingesetz (FSG) die von der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 8.3.1990, unter der Zahl 764/90 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von fünf Monaten, gerechnet ab 29. 1. 2003, entzogen. Weiters wurde bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung die Absolvierung einer Nachschulung (Nachschulung für alkoholauffällige Lenker), die Beibringung eines Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie die Beibringung einer verkehrspsycho-logischen Stellungnahme angeordnet.

 

2. Diesen Mandatsbescheid hat die belangte Behörde in Erledigung der dagegen erhobenen Vorstellung mit dem oa. Bescheid vom 2. 4. 2003 vollinhaltlich bestätigt. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.

3. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber (Bw) rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

4. Die Berufung richtet sich gegen die (vollinhaltliche) Bestätigung des Mandatsbescheides vom 4. 2. 2003. Konkret bringt der Bw dazu vor, er fühle sich insofern beschwert, als ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von fünf Monaten entzogen wurde. Nicht bestritten wird von ihm, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt und einen Verkehrsunfall verursacht zu haben. Er stehe bereits im 60. Lebensjahr und sei berufsbedingt über Jahrzehnte im Außendienst tätig gewesen. Er sei bislang unbescholten und im Straßenverkehr nie negativ in Erscheinung getreten. Als "Ersttäter" vertrete er die Ansicht, dass mit der Mindestentzugsdauer das Auslangen gefunden werden könne.

Zum festgestellten Alkoholisierungsgrad von 0,81 mg/l führte der Bw aus, nach der Judikatur sei eine Toleranzgrenze von zumindest 3 % bei der Ermittlung des Wertes zu berücksichtigen, sodass unter dieser Prämisse der Wert von 0,8 mg/l unterschritten würde. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat werde vorwiegend diese Judikatur der Einräumung einer Toleranzgrenze vertreten, weshalb dies im Zweifel zu Gunsten des Bw ausgelegt werden müsse; mit der Folge, dass gegebenenfalls von der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG abgesehen werden könne. Analog gelte dies auch für die angeordnete Nachschulung für alkoholauffällige Lenker. Da es sich um eine einmalige, wenn auch nicht entschuldbare Vorgangsweise handle, vermeine er, dass er nicht als alkoholauffälliger Lenker bezeichnet werden könne.

 
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:
 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im
  2. Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch

    Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

  3. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen

gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr.566/1991, zu beurteilen ist.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Bei der Entziehung ist gemäß § 25 Abs. 1 FSG auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird, wobei dieser auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen ist. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist gemäß § 25 Abs. 3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
 

Abweichend davon bestimmt u. a. § 26 Abs. 2 FSG, dass im Falle der erstmaligen Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 (danach begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro,

im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l [1,6 Promille] oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt) beim Lenken eines Kraftfahrzeuges die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen ist.

5.2. Die Bundespolizeidirektion Linz (als belangte Behörde) legte ihrer Entscheidung den Sachverhalt zugrunde, der Bw habe am 29. Jänner 2003 im Stadtgebiet von Linz ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt. Beim Abbiegen vom Hauptplatz nach rechts in die Untere Donaulände sei er gegen einen auf der Unteren Donaulände anhaltenden PKW gestoßen, wobei an beiden Fahrzeugen schwerer Sachschaden entstand. Eine Überprüfung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt habe eine Alkoholbeeinträchtigung von 0,81 mg/l ergeben.

In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass bei diesem Verkehrsunfall auch die Lenkerin des weiteren Unfallfahrzeuges verletzt wurde.

Vom Berufungswerber wird weder das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand noch das Verschulden eines Verkehrsunfalls in diesem Zusammenhang bestritten.

Dem Vorbringen betreffend Toleranzgrenzen im Zusammenhang mit dem mittels Alkomat festgestellten Alkoholgehalt der Atemluft ist entgegen zu halten, dass das hier vom Berufungswerber relevierte Problem vom Verwaltungsgerichtshof gegenteilig entschieden wurde. Es ist auf das Erkenntnis vom 6.11.2002, Zl. 2002/2/0125, zu verweisen. Das Höchstgericht zitiert seine ständige Rechtsprechung insoferne, als "die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemluftalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen nicht vorgesehen ist"; "vielmehr kommt es auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte an" (vgl. zB das Erkenntnis des VwGH vom 14.11.1997, VwSlg. Nr. 14779/A) und "das Ergebnis einer Atemluft nur durch die Einholung eines Gutachtens über den Blutalkoholgehalt entkräftet werden kann" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 21.12.2001, Zl.99/02/0097). Der VwGH sah keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Der Oö. Verwaltungssenat schließt sich der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im oa Erkenntnis an. Dies hat zur Folge, dass der beim Berufungswerber festgestellte Atemluftalkoholgehalt von 0,81 mg/l beweiskräftig ist, zumal der Berufungswerber das Ergebnis der Atemluftuntersuchung nicht durch Vorlage eines Gutachtens über den Blutalkoholgehalt entkräftet hat.

Es ist somit ohne weiteres vom Vorliegen einer bestimmten, die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG auszugehen ist. Im Hinblick auf den festgestellten Alkoholisierungsgrad ist die zitierte Bestimmung des § 26 Abs. 2 FSG anzuwenden.

 
Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung der bestimmten Tatsache betrifft, so ist Folgendes festzustellen:

Die Verkehrszuverlässigkeit ist ein charakterlicher Wertbegriff. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 1985, Zl. 84/11/0148, ausgesprochen hat, ist die Begehung von Alkoholdelikten schon für sich alleine in hohem Maße verwerflich.

 

Was die Frage der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die begangene strafbare Handlung gesetzt wurde, betrifft, so stellen durch Alkohol beeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potentielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs dar, weil diese Lenker infolge ihrer herabgesetzten

Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben. Dies hat sich beim oben geschilderten Vorfall vom 29. Jänner 2003 dadurch eindrucksvoll untermauert, dass der Bw bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursachte.

Was das Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit betrifft, so wird festgestellt, dass seit der Begehung der strafbaren Handlung am 29. Jänner 2003 bis zur Einleitung des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung am 4. Februar 2003 (Mandatsbescheid vom 4. Februar 2003) ein Zeitraum von nur einer Woche bzw. bis zur Erlassung (Zustellung am 4. April 2003) des gegenständlichen angefochtenen Bescheides ein Zeitraum von nur etwas mehr als neun Wochen verstrichen ist. Wenngleich sich der Bw der Aktenlage bisher wohl verhalten hat, so kann doch einem Wohlverhalten während eines derart kurzen Zeitraumes - wenn überhaupt - nur untergeordnete Bedeutung beigemessen werden. Diese Aussage gilt analog auch für jenen Zeitraum, der bis zur Erlassung dieser Berufungsentscheidung verstrichen ist.
 

Die Ergebnisse der Wertung der bestimmten Tatsache ergeben, dass der Bw auf Grund des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes zu Recht als nicht verkehrszuverlässig anzusehen ist. Wenngleich es auf die Unfallfolgen nicht ankommt, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat dennoch die Ansicht, dass aufgrund des Umstandes, dass bei dem in Rede stehenden Verkehrsunfall eine Person verletzt wurde, mit der Mindestentzugsdauer nicht das Auslangen gefunden werden kann, weshalb die von der belangten Behörde verfügte Entzugsdauer von 5 Monaten nicht als rechtswidrig angesehen werden kann.

Die Vorgangsweise der belangten Behörde, sowohl eine begleitende Maßnahme als auch die Beibringung eines ärztlichen Gutachten anzuordnen, entspricht der Rechtslage (§ 24 Abs.3 FSG).

Zum Vorbringen des Bw, im Hinblick auf seine private bzw. wirtschaftliche Situation auf den Besitz der Lenkberechtigung angewiesen zu sein, wird festgestellt, dass dieses Vorbringen nicht geeignet ist, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden nämlich bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der

verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema.

 
Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

2. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

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