Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520270/5/Br/Vie/He

Linz, 18.06.2003

 

 

 VwSen-520270/5/Br/Vie/He Linz, am 18. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M. P., H., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. T. G., W., vom 22.4.2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.4.2003, VerkR22-16-154-2003, wegen Befristung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die ausgesprochene Befristung der Lenkberechtigung behoben wird; der Berufungswerberin wird jedoch die Auflage erteilt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in Abständen von drei Monaten - ab Zustellung dieses Berufungsbescheides (dies unaufgefordert bei einer Toleranzfrist von einer Woche) - unaufgefordert den CD-Tect-Wert vorzuweisen.

Eine allenfalls geboten scheinende Vornahme einer Kontrolluntersuchung vor Ablauf der Auflage bleibt auch dem fachlichem Ermessen des Amtsarztes anheim gestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG; §§ 24 Abs. 4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.81/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oa Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (belangte Behörde) unter Anführung der Bestimmung des § 5 Abs.5 FSG eine Lenkberechtigung für die Klasse B unter der Einschränkung Code 104 (vgl. § 2 Abs. 4 FSG-DV; die Lenkberechtigung ist auf Grund ärztlicher Kontrolluntersuchungen gemäß § 2 Abs.3 letzter Satz der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) zu verlängern), befristet bis 27.3.2004 erteilt.
  2. Weiters wurde wie folgt ausgesprochen:

    "Zur amtsärztlichen Nachuntersuchung in einem Jahr ist ein Laborbefund (GOT, GPT, GGT, MCV und CD-Tect) erforderlich, außerdem ist in dreimonatigen Abständen der hsg. Behörde ein CD-Tect-Wert unaufgefordert vorzulegen (spätestens: 3.7.2003, 10.10.2003, 17.1.20044, 27.3.2004).
    Sollten sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, wird Ihnen die Lenkberechtigung entzogen."

     

    Begründend führte die belangte Behörde nach Zitierung des § 5 Abs. 5 FSG aus:

    "Laut amtsärztlichen Gutachten vom 27.3.2003:

    Frau P. ist derzeit bedingt geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu lenken. Die Tatsache, dass Frau P. mit 1,8 Promille noch in der Lage war, ein Kraftfahrzeug zu lenken, spricht bereits für eine größere Alkoholgewöhnung. Zur Kontrolle des weiteren Umganges ist in einem Jahr eine amtsärztliche Nachuntersuchung mit Vorlage von GOT, GPT, gammaGT, MCV und CD-Tect erforderlich.

    Außerdem ist die Vorlage eines CD-Tect Wertes in dreimonatigen Abständen unaufgefordert bei der Behörde notwendig."

     

  3. Die Bw macht in ihrer fristgerecht erhobenen Berufung unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Das dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte amtsärztliche Gutachten vom 27.3.2003 sei unter Heranziehung falscher Prämissen erstellt worden. Wegen des Vorfalles vom 15.2.2002 sei gegen sie einerseits ein Verwaltungsstrafverfahren, anderseits ein Führerscheinentzugsverfahren eingeleitet worden. In beiden Verfahren seien Beweisgrundsätze nicht beachtet worden, so dass es letztlich zur Festlegung eines unzutreffenden Sachverhaltes kam. Bei dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, welcher im Verwaltungsstrafverfahren angerufen worden war, durchgeführten Verfahren habe sich nach Durchführung der beantragten Beweisaufnahme herausgestellt, dass ihr (bezüglich des Vorfalles vom 15.2.2002) lediglich eine Alkoholbeeinträchtigung von weniger als 0,6 mg/l, jedoch mehr als 0,4 mg/l angelastet werden konnte. Dies bedinge auch eine Neubeurteilung im Führerscheinentzugsverfahren. Weiters bedinge dies die Überprüfung der dem gegenständlichen angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beurteilung, welche von einer Alkoholisierung von 1,8 Promille ausgehe. Bekämpft werde die Festsetzung von Bedingungen, Befristungen, Auflagen und Beschränkungen. Bei Heranziehung des richtigen Sachverhaltes wären diese nicht auszusprechen gewesen. Abschließend beantragte die Bw die Einholung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachtens sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
  4. Die belangte Behörde hat den Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden

(§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

    1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt, sowie Einholung eines ergänzenden amtsärztlichen Gutachtens und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Aus der Aktenlage ergibt sich unbestritten, dass die Bw am 15.2.2002 im Gemeindegebiet von A., auf dem "Billa"-Parkplatz sowie auf der S. bis zu ihrer Wohnung ein dem Kennzeichen nach näher bezeichnetes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Im Zusammenhang mit Ermittlungen betreffend einen Verkehrsunfall wurde bei der Bw ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,94 mg/ l gemessen.

Dieses Messergebnis hat die Amtsärztin der belangten Behörde dem oben angeführten Gutachten vom 27.3.2003 zugrundegelegt.

Im Rahmen des vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter der Zahl VwSen-108844 durchgeführten Berufungsverfahrens gelangte dieser zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung einer von der Bw im einzelnen näher angegebenen Nachtrunkmenge zu ihren Gunsten von dem am 15.2.2002 gemessenen Atemluftalkoholgehalt von 0,94 mg/l 0,3 mg/l in Abzug zu bringen sind und als gesichertes Beweisergebnis ein Atemluftalkoholgehalt zum Zeitpunkt der Fahrt von - wenn auch nur knapp - aber dennoch unter 0,6 mg/l gelten konnte.

Da dieses Ergebnis zwingend Einfluss auf das medizinische Gutachten vom

27.3. 2003 und die darauf gestützte und im gegenständlichen Berufungsverfahren zu beurteilenden Auflagen (Befristung sowie Erbringung von Laborwerten alle drei Monate über den Zeitraum von einem Jahr hat, wurde die Amtsärztin der belangten Behörde auf Grund dieser wesentlichen Änderung im Verwaltungsstrafverfahren um neuerliche Beurteilung ersucht. In der ergänzenden amtsärztlichen Stellungnahme vom 20.5.2003 hat die Amtssachverständige folgendes ausgeführt:

"Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 17.3.2003 fanden sich klinisch keine Hinweise auf einen chronischen Alkoholmissbrauch. Auch die vorgelegten Laborwerte und der CD-Tect-Wert vom 18.3.2003 lagen im Normbereich. Dies schließt einen schädlichen Alkoholgebrauch in den letzten 4 Wochen aus.

Aus der vom Verkehrspsychologen und von mir erhobenen Anamnese ergeben sich deutliche Hinweise auf einen zumindest zeitweise erhöhten Alkoholmissbauch. Die Tatsache, dass die Gendarmen bereits gegen Mittag einen deutlich erhöhten Alkoholspiegel von 1,8 Promille messen konnten, weist auf ein durchaus nicht der Norm entsprechendes Alkoholtrinkmuster hin. Auch die Angaben der Betroffenen, an Wochenenden 4 - 6 Achtel Wein zu trinken, weist auf einen gelegentlich erhöhten Alkoholkonsum hin.

Aufgrund der durchaus auffälligen Alkoholtrinkgewohnheiten (Trinken größerer Mengen Alkohol bereits am Vormittag, zeitweise erhöhter Alkoholkonsum von 5 - 6 Achtel im Laufe eines Abends), ist eine externe Kontrolle des Alkoholkonsums erforderlich. Durch zwei amtskundige Trunkenheitsfahrten kann belegt werden, dass Frau P. wiederholt nicht in der Lage war, das Lenken von Kraftfahrzeugen und das Trinken von Alkohol von einander zu trennen. Durch die vorgelegten CD-Tect-Werte kann beurteilt werden, ob sich der Alkoholmissbrauch über längere Zeit erstreckt oder ob Frau P. in der Lage ist, den Alkoholkonsum einzuschränken. Einzelergebnisse können durch einen Langzeitwert nicht erfasst werden.

Wenn die im Abstand von drei Monaten vorgelegten CD-Tect-Werte im Normbereich liegen, kann nach einem Jahr die Auflage aufgehoben werden, weil man davon ausgehen kann, dass Frau P. über ausreichende Kontrollmechanismen verfügt, auch über längere Zeit ihren Alkoholkonsum zu kontrollieren. Eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung ist nur bei Hinweisen auf einen schädlichen Alkoholgebrauch (z.B. erhöhter CD-Tect-Wert, neuerliche Trunkenheitsfahrt) erforderlich."

3.2. Die Bw, welcher diese ergänzenden amtsärztlichen Ausführungen im Weg des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurden, hat dem Unabhängigen Verwaltungssenat durch ihren Rechtsvertreter mitgeteilt, hiemit einverstanden zu sein.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die vorliegenden, für die gegenständliche Berufungsentscheidung maßgeblichen medizinisch-gutachterlichen Äußerungen und Feststellungen auf ihre Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit überprüft. Die medizinische Amtssachverständige der belangten Behörde hat unter Berücksichtigung der - wie oben näher dargelegt - im Verwaltungsstrafverfahren hervorgekommenen Änderung der Sachlage nunmehr die im ärztlichen Gutachten vom 27. 3. 2030 noch für erforderlich erachtete Befristung der Lenkberechtigung für die Dauer eines Jahres bzw. die Beibringung eines Laborbefundes bezüglich näher bestimmter alkoholspezifischer Alkoholparameter in Zusammenhang mit einer ärztlichen Nachuntersuchung nach einem Jahr nicht mehr als notwendig erachtet. Durch die in Abständen von drei Monaten vorzulegenden CD-Tect-Werte kann bereits beurteilt werden, ob die Bw in der Lage ist, den Alkoholkonsum einzuschränken. Einer Befristung bedarf es somit nicht, um den Zweck, nämlich die zu überwachende Stabilität hinsichtlich des Trinkverhaltens zu erreichen. Eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung wird von der Amtssachverständigen nur mehr im Falle von Hinweisen auf einen schädlichen Alkoholgebrauch als essentiell angesehen.

 

3.4. Die amtsärztlichen Ausführungen sind nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates als schlüssig und nachvollziehbar im Sinne der Denkgesetze anzusehen und geeignet, der gegenständlichen Berufungsentscheidung zugrunde gelegt zu werden, weshalb eine für die Bw günstigere Entscheidung getroffen werden konnte.

4. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einen rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (hier durch Nachweis des o.a. CD-Tect-Wertes) zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

4.1. Wenn bei jemandem eine (noch) auffällige Alkoholdisposition vorliegt, welche die Möglichkeit der Verschlechterung des "Gesundheitszustandes" mit der die Möglichkeit des Wegfalles der Fahreignung aus fachlicher Sicht zum Inhalt hat, dann können wegen erforderlicher Nachuntersuchungen wohl die Voraussetzungen für eine Befristung der Lenkerberechtigung gegeben sein (VwGH 30.5.2001, 2000/11/0018 mit Hinweis auf VwGH 22. Mai 1990, 89/11/0215, VwSlg 13204 A/1990, vom 1. 12. 1992, Zl. 92/11/0147, und vom 28. 11. 1996, 96/11/0202).

Liegen jedoch - so wie hier - durchaus positiv zu bewertende Prognoseaussagen vor, ergibt sich keine sachliche Rechtfertigung für die Befristung einer Lenkberechtigung, sondern bedarf es im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV nur einer Auflage sich der angeordneten begleitenden Kontrollmaßnahmen - hier durch die regelmäßige Vorlage eines spezifischen Laborwertes für die Dauer eines Jahres - und falls aus ärztlicher Sicht geboten, einer abschließenden Kontrolluntersuchung zu unterziehen. Eine Befristung der Berechtigung trotz gegenwärtiger gesundheitlicher Eignung würde faktisch nur als vorbeugend ausgesprochener Entzug wirken, welcher jedoch mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsgebot einer sachlichen Grundlage entbehrt. Bestätigt sich durch die Ergebnisse des vorzulegenden Laborwertes die positive Prognoseannahme weiterhin, bedarf es keiner Einschränkung der Lenkberechtigung mehr (VwGH 20.3.2001, 2000/11/0264, VwGH 29.5.2001, 2000/11/0264).

Sollte die Bw jedoch die ihr hinsichtlich ihrer schon jetzt unbefristet erteilten Lenkberechtigung aufgetragenen Auflagen nicht erfüllen oder ergibt sich auf Grund der vorgelegten Parameter eine verschlechternde Prognose hinsichtlich ihrer Stabilität zum kontrollierten Umgang mit Alkohol und damit ihrer Risikoeignung, wäre dies allenfalls ein Grund für die abermalige Entziehung der Lenkberechtigung (vgl. VwSlg 14732 A/1, zur Würdigung von Fakten und Risikoeignung siehe insb. HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 284 u. Rn 512 ff).

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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