Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520305/12/Ki/An

Linz, 26.09.2003

 

 

 VwSen-520305/12/Ki/An Linz, am 26. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Herrn W S, L, L, vom 28.5.2003 gegen den Bescheid Bundespolizeidirektion Linz vom 13.5.2003, Zl. F 837/2003, wegen Abweisung eines Antrages auf Fristverlängerung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 Abs.3 Z4.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde ein Antrag von Herrn W S auf Fristverlängerung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz stützt diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 24.3.2003, wonach der Berufungswerber zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B nicht geeignet ist.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 28.5.2003 fristgerecht Berufung erhoben. In dieser Berufung kündigte er an, dass er sich einer weiteren Untersuchung bei einem Facharzt für Augenheilkunde unterziehen werde und sich nach dieser Untersuchung bestimmt zeigen würde, ob sich sein Sehvermögen über das horizontale Gesichtsfeld verändert oder verschlechtert habe. Er sei der Meinung, dass er bestimmt ein Fahrzeug einwandfrei lenken könne.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt bzw. durch Einholung eines weiteren Gutachtens der Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Linz.

 

In ihrem Gutachten vom 24.3.2003 hat die Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Linz festgestellt, dass der Berufungswerber zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B nicht geeignet sei.

 

Als Begründung führte sie an, dass Herr S ein insulinpflichtiger Diabetiker sei. An beiden Augen seien auf Grund der langjährigen Erkrankung bereits Schäden feststellbar, auch habe er auf Grund von Netzhautablösungen bereits mehrfach laserkoaguliert werden müssen. Mit optimaler Brillenkorrektur werde laut augenfachärztlicher Stellungnahme rechts eine Sehschärfe von 0,4, links eine Sehschärfe von 0,8 erreicht.

 

Das horizontale Gesichtsfeld sei beiderseits, vermutlich auf Grund der mehrfachen Laserkoagulationen, eingeschränkt, wobei rechts eine Einschränkung auf 95°, links auf 110° vom Augenfacharzt dokumentiert worden sei.

 

Ein horizontales Gesichtsfeld unter 120° sei gemäß der rechtlichen Voraussetzungen eignungsausschließend zu werten.

 

Im gegenständlichen Fall sei jedenfalls von einer funktionellen Einäugigkeit auszugehen - hochgradige Amblyopie des rechten Auges in Verbindung mit einer deutlichen Einschränkung des horizontalen Gesichtsfeldes schließe trotz Binokularität ein ordnungsgemäßes beidäugiges Sehen aus, insbesondere bei der beiderseitigen bestehenden Linsentrübung, die neben der diabetischen Grunderkrankung mitverantwortlich für die Visusverschlechterung und die Einschränkungen des Dämmerungssehvermögens seien.

 

Die Gesichtsfeldeinschränkung links sei geringfügig, das Mindestsehvermögen bei funktioneller Einäugigkeit von 0,8 werde gerade erreicht, sodass in Zusammenschau mit der Gesamtbefundlage - Herr S habe in den vergangenen zwei Jahren seinen PKW gelenkt, bei der amtsärztlichen Untersuchung zeige sich ein weiters altersentsprechender körperlicher und psychischer Gesundheitszustand ohne merkbare kognitive Defizite, eine befürwortende internistische Stellungnahme hinsichtlich seiner Eignung im Bezug auf seine diabetische Grunderkrankung liege vor - aus amtsärztlicher Sicht erwogen werde, eine Beobachtungsfahrt - gemeinsam mit einer Fahrschule - durchzuführen, um festzustellen ob die vorliegende Behinderung durch die Geübtheit entsprechend kompensiert werden könne.

 

Die Beobachtungsfahrt werde von Herrn S abgelehnt, sodass aus amtsärztlicher Sicht bei gegenwärtiger Befundlage die gesundheitliche Eignung mangels ausreichendem Sehvermögen nicht gegeben sei.

 

Dem amtsärztlichen Gutachten lag ein augenärztlicher Facharztbefund des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, Dr. P, vom 19.12.2002 zu Grunde.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde dann dem Berufungswerber noch einmal nahegelegt, dass eine allfällige Fristverlängerung nur nach positiver Absolvierung einer Beobachtungsfahrt ins Auge gefasst werden könnte bzw., dass, falls weiterhin die Durchführung dieser Beobachtungsfahrt abgelehnt werde, mit einer negativen Berufungsentscheidung zu rechnen sei.

 

In der Folge hat Herr S einen weiteren augenärztlichen Facharztbefund vom 17.7.2003 vorgelegt, in diesem Befund wurde nunmehr zwar linksseitig eine horizontale Gesichtsfeldeinschränkung auf 120° festgestellt, andererseits wurde aber auch festgestellt, dass die Sehschärfe links nur mehr einen Wert von 0,6 erreiche. Dieser augenärztliche Facharztbefund wurde der Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Linz mit dem Ersuchen um Ergänzung ihres Gutachtens zur Kenntnis gebracht.

 

Im Wesentlichen wird in diesem Ergänzungsgutachten vom 4.8.2003 ausgeführt, dass geringfügige Änderungen (im vorliegenden Falle eine Verbesserung um 10°) des horizontalen Gesichtsfeldes denkbar wären, da sich die Erfassung des Gesichtsfeldes unter anderem auf die Angaben des Probanden (Zeitpunkt des Erkennens eines von außen kommenden Lichtpunktes, verzögert um die Reaktionszeit = Drücken des Knopfes) stütze und zudem ein Übungseffekt aus Gründen der knappen Untersuchungsabstände wahrscheinlich erscheine. Der augenfachärztlicherseits gegenüber dem Vorbefund aus 12/02 als unverändert beschriebene ophtalmologische Befund beziehe sich vermutlich auf die seit der Letztuntersuchung stabilen Augenhintergrundsverhältnisse, sei also nicht gegensätzlich zu der unabhängig davon stattgehabten Sehverschlechterung links, vermutlich in Folge der Grundproblematik (Diabetes, Linsentrübung).

 

Herr S sei aus amtsärztlicher Sicht bei Würdigung der derzeitigen Befundlage gesundheitlich nicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken. Die Nichteignung begründe sich in einer unzureichenden Sehschärfe links (Visus c.c. 0,6) bei funktioneller Einäugigkeit in Folge hochgradiger Gesichtsfeldeinschränkung bei ohnehin nur grenzwertiger Sehleistung rechts.

 

Die Einschränkung des horizontalen Gesichtsfeldes rechts bedeute Vorliegen einer funktionellen Einäugigkeit.

 

Dieses Ergänzungsgutachten wurde Herrn S mit Schreiben vom 19.8.2003 zur Kenntnis gebracht und er wurde eingeladen, binnen zwei Wochen ab Zustellung hiezu Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme ist bis heute nicht eingelangt.

 

5. In freier Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, dass die amtsärztlichen Gutachten sowie die diesem Gutachten zu Grunde liegenden augenärztlichen Fachbefunde schlüssig und daher eine taugliche Grundlage für die Berufungsentscheidung sind.

 

Der Berufungswerber hat sich zunächst geweigert, eine Beobachtungsfahrt durchzuführen, in der Folge ist dann noch eine unzureichende Sehschärfe links hervorgekommen. Der Einladung zu diesem Gutachten eine Stellungnahme abzugeben, ist der Berufungswerber bis heute nicht nachgekommen.

 

6. In rechtlicher Hinsicht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

1. ...........

2. ...........

3. ...........

4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechende Klasse zu lauten.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG-GV gilt unter anderem als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften ausreichend frei von Behinderungen ist.

 

Gemäß § 6 Abs.1 Z6 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend frei von Behinderungen, bei der kein mangelhaftes Sehvermögen vorliegt.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z1 FSG-GV liegt die in § 6 Abs.1 Z6 angeführte mangelhafte Sehschärfe vor, wenn für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 eine Sehschärfe mit oder ohne Korrektur von mindestens 0,5 auf einem Auge und von mindestens 0,4 auf dem anderen Auge nicht erreicht wird.

Gemäß § 8 Abs.4 FSG-GV sind, ergibt die fachärztliche Untersuchung ein horizontales Gesichtsfeld von weniger als 120° auf einem Auge, die Bestimmungen des Abs.5 über die funktionelle Einäugigkeit anzuwenden.

 

Gemäß § 8 Abs.5 FSG-GV kann, fehlt ein Auge oder ist es praktisch blind oder ist eine funktionelle Einäugigkeit gegeben, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren erteilt werden, wenn durch die fachärztliche Stellungnahme bestätigt wird, dass beim normal sehenden Auge ein normales Gesichtsfeld und eine Sehschärfe von mindestens 0,8 ohne oder mit Korrektur vorhanden ist.

 

Laut dem vom Berufungswerber vorgelegten augenärztlichen Fachbefund vom 17.7.2003 besteht bei ihm eine Einschränkung des horizontalen Gesichtsfeldes rechts auf 90°, links auf 120°, weshalb im Sinne der oben angeführten Bestimmungen der FSG-GV von einer funktionellen Einäugigkeit auszugehen ist. In diesem Falle wäre Voraussetzung, dass beim normal sehenden Auge jedenfalls eine Sehschärfe von mindestens 0,8 ohne oder mit Korrektur vorhanden sein muss.

 

Im vorliegenden Falle beträgt der Visus jedoch rechts 0,4 und links (Verschlechterung gegenüber dem augenärztlichen Fachbefund vom 19.12.2002) 0,6.

 

Entsprechend dieser Befundlage muss festgestellt werden, dass in Folge der dargelegten Gesichtsfeldeinschränkung die festgestellte Sehschärfe beim Berufungswerber nicht mehr ausreichend vorhanden ist und daher die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken eines Kraftfahrzeuges ausgeschlossen werden muss. Der Berufung konnte aus diesem Grunde nicht Folge gegeben werden.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung: Gesichtsfeldeinschränkung auf einem Auge unter 120° - funktionelle Einäugigkeit - Visus auf gesundem Auge mindestens 0,8.

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