Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520306/2/Kei/Vie/An

Linz, 02.07.2003

 

 

 VwSen-520306/2/Kei/Vie/An Linz, am 2. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Herrn A K, S, gegen den mündlich verkündeten Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 27.5.2003, Zl. 00112/VA/FE/2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen C1, C und F, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Ausspruches betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse F behoben wird.

In seinem übrigen Ausspruch wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 
 
Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG;

§§ 3 Abs. 1 Ziff. 3 und 24 Abs. 1 Führerscheingesetz (FSG)

§§ 7 Abs. 2 Ziff. 2, 8 Abs. 1 Ziff. 2 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV)
 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Nach dem Spruch des oa Bescheides wurde von der Bundespolizeidirektion Steyr (belangte Behörde) in Anwendung der Bestimmungen der §§ 8, 24 Abs. 1 Ziff.1 und Abs. 2, 25 Abs. 2 FSG bzw. §§ 7 Abs. 2 Ziff. 2, 8 Abs. 1 Ziff. 2 FSG-GV Herrn A K die Lenkberechtigung für die Klassen C1, C und F für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, gerechnet ab Verkündung des Bescheides, entzogen und er gleichzeitig aufgefordert, zwecks Vornahme der erforderlichen Eintragungen den Führerschein unverzüglich der Behörde vorzulegen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

3. Der Berufungswerber bringt in seinem Rechtsmittel vor, er sei seit 13 Jahren als Testfahrer in den M-Betrieben beschäftigt. Weil der Führerschein zu seinem Beruf wurde (gemeint wohl: weil er den Führerschein aus beruflichen Gründen benötige), werde er (bei Entziehung der Lenkberechtigung) arbeitslos. Er bitte um Überprüfung des Bescheides.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt Folgendes erwogen:

4.1. Die belangte Behörde stützt sich nach der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das (von der Polizeiärztin der belangten Behörde erstellte) amtsärztliche Gutachten vom 14. Mai 2003. Die Polizeiärztin hat danach die mangelnde gesundheitliche Eignung mit mangelhaftem Sehvermögen für die Gruppe 2 begründet und hiebei auf das Gutachten des sachverständigen Arztes vom 8. April 2003 bzw. das augenfachärztliche Gutachten vom 14. Mai 2003 verwiesen. Laut augenfachärztlichem Gutachten erreiche der Berufungswerber ohne Korrektur auf beiden Augen einen Visus von weniger als 0,05 und betrage die Gläserstärke mehr als -8 Dioptrien sphärisch und betrage die Korrekturdifferenz zwischen den beiden Augen mehr als 2 Dioptrien.

4.2. Aus dem im Verfahrensakt einliegenden augenfachärztlichen Gutachten vom 14. Mai 2003 ergibt sich, dass beim Berufungswerber

Beidseitig besteht eine hochgradige Myopie mit entsprechenden Fundusveränderungen. Bedingt durch die hohe Myopie ist eine Visusverbesserung nicht möglich. Eine Verschlechterung ist auf Grund der Befundlage nicht zu erwarten. Trotz der hohen Kurzsichtigkeit erreicht der Berufungswerber auf beiden Augen die erforderliche Sehschärfe. Gesichtsfeldbefund, Dämmerungssehen und Stereosehen wurden von der Fachärztin als völlig unauffällig beurteilt. Augenärztlicherseits wurde dem Berufungswerber das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 2 ohne Bedenken attestiert.

 

4.3. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

die nötige Körpergröße besitzt,

ausreichend frei von Behinderungen ist und

aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.


Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend frei von Behinderungen gilt gemäß § 6 Abs. 1 FSG-GV eine Person, bei der kein
....
Ziff.6) mangelhaftes Sehvermögen
vorliegt.
 

Gemäß § 7 Abs. 2 FSG-GV liegt die im § 6 Abs. 1 Z 6 leg. cit. angeführte mangelhafte Sehschärfe vor, wenn nicht erreicht wird eine Sehschärfe mit oder ohne Korrektur

  1. für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 von mindestens 0,5 auf einem Auge und von mindestens 0,4 auf dem anderen Auge;
  2. für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 von mindestens 0,8 auf einem Auge und von mindestens 0,5 auf dem anderen.

 

Gemäß der Bestimmung des § 8 Abs. 1 FSG-GV gilt, wenn die in § 7 Abs. 2 leg. cit. angeführte erforderliche Sehschärfe nur mit Korrektur erreicht wird, die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen als gegeben, wenn

  1. bei Lenkern der Gruppe 1

  1. die Gläserstärke nicht mehr als +8 oder -10 Dioptrien sphärisch und +-2 Dioptrien zylindrisch beträgt und die Korrekturdifferenz nicht mehr als 2 Dioptrien zwischen den beiden Augen beträgt oder
  2. eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme vorliegt, die die für das Lenken von Kraftfahrzeugen notwendige Sehschärfe bestätigt oder
  3. die erforderliche Sehschärfe mittels Kontaktlinsen erreicht wird, und wenn auf Grund der bisherigen Verwendung von Sehbehelfen keine Bedenken bestehen;

  1. bei Lenkern der Gruppe 2 das Sehvermögen ohne Korrektur auf keinem Auge weniger als 0,05 beträgt und

  1. die Gläserstärke nicht über +8 oder -8 Dioptrien sphärisch und +-2 Dioptrien zylindrisch beträgt und die Korrekturdifferenz nicht mehr als 2 Dioptrien zwischen den beiden Augen beträgt oder
  2. die erforderliche Sehschärfe mittels Kontaktlinsen erreicht wird.

Zwecks Klarstellung wird festgehalten, dass die Gruppe 1 Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, B+E und F, die Gruppe 2 Kraftfahrzeuge der Unterklassen C1 und C1+E sowie der Klassen C, D, C+E und D+E umfasst (§ 1 Abs. 1 Ziff. 8 und 9 FSG-GV).

4.4. Hinsichtlich des Ausspruches über die Entziehung der Klasse F hat die belangte Behörde verkannt, dass Kraftfahrzeuge der Klasse F zu den der Gruppe 1 zuzuordnenden Kraftfahrzeugen gehören. Der Berufungswerber erreicht die in § 7 Abs. 1 FSG-GV angeführte (Mindest-)Sehschärfe mit Korrektur auf beiden Augen. Hingegen entsprechen beim Berufungswerber die erforderliche Gläserstärke bzw. die bestehende Korrekturdifferenz zwischen beiden Augen nicht den Bestimmungen der Führerschein-Gesundheitsverordnung. Die am 14. Mai 2003 von der Augenfachärztin verfasste Stellungnahme ist allerdings geeignet, als entsprechende fachärztliche Stellungnahme im Sinne des § 8 Abs. 1 Ziff. 1 lit b FSG-GV herangezogen zu werden. Auf Grund der bisherigen Verwendung von Sehbehelfen bestehen der Aktenlage nach für eine derartige Betrachtungsweise keinerlei Bedenken. Aus dem Gutachten der Polizeiärztin vom 14. Mai 2003 kann eine Nichteignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse F nicht abgeleitet werden. Es war deshalb diesbezüglich der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

4.5. Hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ist - was die Fachärztin offensichtlich verkannt hat - die Erstellung einer - als Entscheidungshilfe dienenden - derartigen Stellungnahme nicht vorgesehen.

4.6. Hinsichtlich des Ausspruches über die Entziehung der Unterklasse C1 sowie der Klasse C entspricht die Vorgangsweise der belangten Behörde den gesetzlichen Bestimmungen und ist als rechtmäßig anzusehen.

Da beim Berufungswerber das Sehvermögen auf beiden Seiten weniger als 0,05, die Gläserstärke mehr als -8 Dioptrien sphärisch beträgt und die Korrekturdifferenz zwischen den beiden Augen mehr als 2 Dioptrien beträgt, ist trotz des Umstandes, dass die in § 7 Abs. 2 Ziff. 2 FSG-GV angegebene Sehschärfe erreicht wird, die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nicht gegeben.

 

Die Vorgangsweise der belangten Behörde ist diesbezüglich somit als rechtmäßig anzusehen.

 

Der Berufungswerber hat nichts aufgezeigt, was eine Verletzung seiner Rechte durch den angefochtenen Bescheid erkennen ließe. Er hat in seinem Rechtsmittel das amtsärztliche Gutachten vom 14. Mai 2003 nicht konkret bekämpft. Es wurde von ihm in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, dieses sei mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar. Er gibt lediglich zu erkennen, hiemit nicht einverstanden zu sein.

 

Der Ordnung halber wird in diesem Zusammenhang auf die herrschende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach derjenige, der in einem Verwaltungsverfahren ein schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten in Zweifel zieht, in einem solchen Fall von sich aus initiativ zu werden und durch ein fachlich fundiertes Gutachten allenfalls den Gegenbeweis zu erbringen hat und durch bloße gegenteilige Behauptungen alleine der Gegenbeweis nicht erbracht werden kann (auf die VwGH-Erkenntnisse vom 14. Februar 1985, 85/02/0113; 16. Dezember 1987, 87/02/0130; 8. Juli 1988, 86/18/0127; 25. April 1989, 88/11/0083 wird hiebei verwiesen). Die Vorlage eines für ihn günstigen ärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG ist in seinem Fall jedenfalls erforderlich. Ein derartiges Beweismittel wurde vom Berufungswerber weder vorgelegt noch in Aussicht gestellt.

 

Das amtsärztliche erstinstanzliche Gutachten, aus welchem sich die derzeitige Nichteignung des Berufungswerbers zum Lenken der in Rede stehenden Führerscheinklassen ergibt, ist daher geeignet, (auch) im Berufungsverfahren als Beurteilungsgrundlage herangezogen bzw. der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt zu werden.

 

Im Falle des Berufungswerbers ist hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 die erforderliche gesundheitliche Eignung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 3 FSG nicht gegeben. Diese konnte ihm auch im Berufungsverfahren nicht attestiert werden und liegt im Zusammenhang damit eine der in § 3 FSG angeführten Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung nicht vor.

Die Berufungsbehörde verkennt keineswegs die Problematik, die sich für den Berufungswerber auf Grund der Entziehung der Lenkberechtigung ergibt. Im Hinblick auf die relevanten Bestimmungen des Führerscheingesetzes bzw. der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung konnte jedoch keine für ihn günstigere Entscheidung getroffen werden.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.
 
 
 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. K e i n b e r g e r

 
 

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