Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103688/2/Br

Linz, 02.05.1996

VwSen-103688/2/Br Linz, am 2. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Werner N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 28. Februar 1996, Zl.

VerkR96-14632-1996-Ro, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 24, § 49 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Über Herrn Werner Nußmüller wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau mit der Strafverfügung vom 9.2.1996 wegen einer angeblichen Übertretung des KFG eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Dagegen wird ein mit 22.2.1996 datierter, auf einem Briefpapier der Firma "C" verfaßter und offenkundig von Herrn Ing. Karl H. L unterschriebener Einspruch erhoben. Mit diesem Einspruch wird auch Inhaltliches vorgebracht, eine Vollmacht und ein Begutachtungsprotokoll gemäß § 57a Abs.4 KFG 1967 übermittelt.

2. Diese Strafverfügung wurde mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen, weil dieses Herrn Ing. L zuzurechnen sei und er einer entsprechenden Legitimation (gemeint wohl Parteistellung) entbehre.

Dieser Bescheid enthält jedoch unter der Rubrik "Bezug" den Namen und die Adresse des Herrn Werner N.

2.1. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen und den Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau, VerkR96-14632-1996-Ro.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG ist ein Einspruch von der Partei binnen zwei Wochen einzubringen. Auch die Erstbehörde hat den Namen des Adressaten der Strafverfügung in den angefochtenen Bescheid aufgenommen und hat diesen somit diesem Verfahren zumindest doch auch inhaltlich Parteistellung zugedacht.

4.1.1. Nach § 10 Abs.1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

4.1.2. Gemäß Abs.2 leg.cit. richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs.3 von Amts wegen zu veranlassen.

4.2. Lt. Rechtsprechung des VwGH (verst.Senat) 10.1.1985, 83/05/0073 u.v.a., berechtigt ein Formgebrechen nicht zur sofortigen Zurückweisung der Berufung.

Die zu beantwortende Frage läßt sich sohin wie folgt formulieren: Welche Rechtsfolgen sieht das Gesetz für den Fall vor, daß als Vertreter einer Partei eine juristische Person, also eine nicht eigenberechtigte Person iS des § 10 Abs 1 AVG 1991, eine Berufung erhebt? Das AVG 1991 regelt diesen Fall nicht ausdrücklich. § 10 Abs. 2 AVG 1991 normiert lediglich, daß sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht richten und hierüber auftauchende Zweifel nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen sind.

Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs 3 AVG 1991 von Amts wegen zu veranlassen. § 10 Abs 3 AVG 1991 bestimmt, daß als Bevollmächtigte solche Personen nicht zuzulassen sind, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben. Aus § 66 Abs 4 AVG 1991 ergibt sich zwar, daß eine unzulässige Berufung zurückzuweisen ist; die Frage, wann eine Berufung unzulässig ist, kann jedoch unmittelbar aus dieser Gesetzesstelle nicht beantwortet werden.

4.2.1. Nach § 13 Abs.3 AVG 1991 berechtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen, wie etwa auch das Fehlen einer Unterschrift, an sich die Behörde noch nicht zur Zurückweisung; sie hat deren Behebung von Amts wegen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Formgebrechens mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird. Zu Recht weist der Berufungswerber hier sinngemäß auf ein verbesserungsfähiges Formgebrechen hin. Somit ist eine Bevollmächtigung an eine juristische Person und an eine Personengesellschaft des Handelsrechtes nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zulässig (vgl Entscheidung des OGH vom 5.9.1972, 4 Ob 565/72, EvBl 1973/25), sodaß lediglich ein Widerspruch zu § 10 Abs.1 AVG, also einer Formvorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes, vorliegt. Ein solcher Widerspruch zu der Vorschrift des § 10 Abs 1 AVG 1991 stellt ein Formgebrechen eines schriftlichen Anbringens iS einer Ergänzungsbedürftigkeit der Eingabe selbst dar, ist doch der Begriff des Formgebrechens, da den Verwaltungsverfahrensgesetzen jeglicher Formalismus fremd ist, weit auszulegen und in diesem Sinne das Vorliegen eines Formgebrechens zu bejahen. Der Sinn der Verfahrensvorschrift ist ja darin gelegen, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, nicht aber darin, durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken.

Ist aber das Fehlen einer Unterschrift oder einer Vollmacht als verbesserungsfähig anzusehen (vgl. Erk Slg 5434(A)/1960), dann ist es auch zulässig, ein nach den Verfahrensvorschriften nicht zulässiges Einschreiten einer juristischen Person als Bevollmächtigter als verbesserungsfähiges Formgebrechen zu werten. In Wahrheit ist nämlich die Berufung (hier der Einspruch) als nicht unterschrieben zu werten, da sie weder die Unterschrift des Machtgebers noch die einer zur Vertretung legitimierten Person trägt; sie ist daher zur Verbesserung zurückzustellen.

Da aufgrund der dargelegten Erwägungen im Berufungsfall die Erstbehörde nicht mit einer sofortigen Zurückweisung der Berufung hätte vorgehen dürfen, vielmehr der Berufungswerber gemäß § 13 Abs 3 AVG 1991 zur Verbesserung aufzufordern ist und gegebenenfalls in der Folge in die Sachentscheidung einzutreten sein wird. Dieser Bescheid war mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er, ohne damit jedoch auch eine Verfahrenseinstellung zu verbinden, aufzuheben war (vgl.VwGH 83/05/0073 [verst. Senat] Slg.Nr.

11633).

4.3. Konkret wird die Erstbehörde daher zu prüfen haben, ob hier ein Vollmachtsverhältnis vorliegt und in der Folge wird sie entweder ein ordentliches Verfahren einzuleiten oder abermals zurückzuweisen haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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