Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520353/13/Sch/Pe

Linz, 19.01.2004

 

 

 VwSen-520353/13/Sch/Pe Linz, am 19. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau EF, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. HL, vom 8. August 2003, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 25. Juli 2003, VerR22-12-96-2003/RI, wegen Befristung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde Frau EF, die Lenkberechtigung für die Klasse B gemäß § 24 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG) bis 24. Oktober 2003 durch Befristung eingeschränkt.

 

2. Gegen die Befristung im Bescheid hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Die Berufungswerberin hat mit Eingabe vom 10. Juli 2003 die Verlängerung ihrer befristeten Lenkberechtigung für die Klasse B beantragt.

In dem von der Erstbehörde eingeholten Gutachten gemäß § 8 FSG kommt die Amtsärtzin zu dem Schluss, dass die Berufungswerberin für einen Zeitraum von drei Monaten befristet geeignet sei und hält überdies eine Nachuntersuchung innerhalb dieses Zeitraumes und Vorlage eines neurologischen Gutachtens für erforderlich. Als Begründung wurde im Gutachten angeführt, dass die Berufungswerberin alkoholspezifische Parameter über dem Normwert aufweise, weshalb gehäufter Alkoholkonsum nicht auszuschließen sei.

 

Grundlage für diese Beurteilung bildet wieder um der Laborbefund des Facharztes für medizinische und chemische Laboratoriumsdiagnostik Dr. P vom 15. Juli 2003, wo ein carbohydrate-deficient transferrin (CDT) von 3,0 % (Grenzwert 2,6 %) ausgewiesen ist.

 

Die Berufungswerberin stellt die Aussagekraft dieses Alkoholparameters grundsätzlich in Abrede und verweiset auf den Inhalt einer Inaugural-Dissertation, verfasst von Axel Kaiser-Ferenczy, vorgelegt im Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg.

 

Es wurden dazu ergänzende Stellungnahmen zum eingangs erwähnten Gutachten durch die medizinische Amtsachverständige der Erstbehörde eingeholt. Diese führt in ihrer Ergänzung vom 23. September 2003 aus:

"Frau F wurde erstmalig die Lenkberechtigung am 3. April 2001 für 4 Monate entzogen, sie hatte mit 1,64 Promille ein Fahrzeug gelenkt. Zum Wiedererhalt der Lenkberechtigung musste Frau F sich einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen und ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachweisen.

In das amtsärztliche Gutachten wurden Laborbefunde einbezogen:

Leberwerte SGOT und GGT welche im Normbereich lagen, MCV (mean corpuscular volume) ist ein Bestandteil des Blutbilds, dieser lag im Normbereich, sowie der CDT-Wert (carbohydrate-deficient transferin), dieser war erhöht auf 3,2 %, Grenzwert ist 2,6 %.

Weiters musste Frau F mit einer sozialmedizinischen Beratung bei Alkoholproblemen für Betroffene und Angehörige der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. Kontakt aufnehmen. Im vorgelegten Situationsbericht heißt es u.a. ‚... sie erklärt sich bereit, ab sofort einen Abstinenzversuch zu starten um eindeutig nachzuweisen, dass bei ihr noch keine Alkoholabhängigkeit vorliegt. Der Abstinenzversuch solle von ihrem Hausarzt Dr....., Ried i.I., in regelmäßigen GGT-Befunden medizinisch begleitet werden. Sie erklärt sich auch bereit, die Einhaltung dieser Alkoholabstinenz jederzeit mittels geeigneter Tests (CDT, MCV ...) nachzuweisen ...'.

Frau F erhielt die Lenkberechtigung zunächst für 1 Jahr befristet mit der Bedingung einer Kontrolluntersuchung auf CDT nach 6 Monate. Sie legte fristgerecht der Führerscheinabteilung einen CDT-Wert von 1,6 % (Grenzwert bis 2,6 %), abgenommen am 28.2.2002 vor.

Bei der Nachuntersuchung nach einem Jahr legte sie einen CDT-Wert von 2,8 % (Grenzwert bis 2,6, %), abgenommen am 18.7.2002 vor.

Es wurde der Führerschein nochmals auf 1 Jahr befristet ohne weitere Kontrolluntersuchungen.

Zur Nachuntersuchung am 24.7.2003 legte Frau F nun einen CDT-Wert von 3,0 % (Grenzwert bis 2,6 %) sowie einen MCV von 97,8 fl (Normalerweise 80 - 90) vor.

Unter dem Begriff Kohlehydrat-defiziente Transferrin (CDT) wird eine Gruppe von Transferrin-Isoformen zusammengefasst, die bei chronischem Alkoholabusus in erhöhten Konzentrationen im Serum vorliegen. Eine Beeinflussung durch Nahrungsaufnahme bzw. Pharmaka wurde bisher nicht gefunden. Die Bestimmung des CDT-Wertes ist nicht geeignet für den Nachweis eines akuten Alkoholmißbrauchs. Jedoch stellt das Kohlehydrat-defiziente Transferrin (CDT) nach dem derzeitigen Kenntnisstand der Wissenschaft die spezifischste Kenngröße eines chronischen Alkoholabusus dar. Die Serumkonzentration steigt mit hoher Prävalenz nach häufigem Alkohabusus und stellt derzeit die spezifische Kenngröße des chronischen Alkoholmißbrauches dar. Die Grenzbereiche sind aufgrund unterschiedlich möglicher Tests methodenabhängig, daher gibt das Labor mit dem Analyseergebnis immer auch den Grenzbereich an.

Chronischer Alkoholmißbrauch beeinflußt auch das Blutbild und führt zu einer Erhöhung des MCV, wobei der erforderliche Mindestzeitraum des chronischen Alkohomißbrauchs für einen Anstieg deutlich länger ist als beim CDT. Beide zusammen, CDT und MCV gelten als labordiagnostische Kenngrößen des chronischen Alkoholabususes oder einer Alkoholabhängigkeit.

Von sämtlichen vorgelegten Laborwerten war ein CDT-Wert mit 1,6 % (Grenzwert bis 2,6 %) im Normbereich.

Frau F kann also bei entsprechend wenig Alkoholkonsum einen CDT-Wert erreichen, der innerhalb der Norm liegt.

Bei der amtsärztlichen Nachuntersuchung am 24.7.2003 war Frau F vom Gesamteindruck her (zusammengesetzt aus Motorik, Mimik, Gestik, Koordination und Sprachvermögen) durchaus geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen, jedoch erhob sich aufgrund der vorgelegten Befunde und in Zusammenschau sämtlicher Befunde der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit, so dass nach § 14 Z.1 der Führerscheingesundheitsverordnung eine fachärztliche neurologisch-psychiatrische Stellungnahme verlangt wurde.

Frau F wurde im Gespräch darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Gutachten notwendig sei um eine Alkoholabhängigkeit auszuschließen, da der Verdacht aufgrund der vorgelegten Werte bestehe. Sie zeigte sich sehr überrascht, dass sie nun diese Stellungnahme brauche, da dies bisher ja nicht der Fall gewesen war. Sie könne die erhöhten Werte nicht erklären, sie trinke jedoch sicher nicht viel Alkohol. Außerdem brauche sie den Führerschein um ihre betagten Eltern betreuen zu können."

 

Eine weitere Stellungnahme der Amtsärztin, datiert mit 17. Oktober 2003, lautet:

"Es soll nun Stellung genommen werden zu einer Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin aus dem Jahr 2001 über eine Untersuchung zur Validität der Marker HDL und CDT, Alkoholabusus bei Männern mit einer dilatativen Cardiomyopathie nachzuweisen und Vergleich ihrer Wertigkeit in der Diagnosestellung der alkoholischen Cardiomyopathie mit den klassischen Laborparametern GGT und MCV.

Prinzipiell wird festgehalten, dass Gutachten nach dem derzeitigen Kenntnisstand der Wissenschaft zu verfassen sind. Die vorliegende Doktorarbeit bezieht sich auf Herzmuskelschäden bedingt durch Alkoholkonsum und wurde auf ein sehr eingeschränktes Patientenkollektiv, nämlich 60 männliche Patienten im Alter zwischen 19 und 73 Jahren, bei welchen bereits eine dilatative Herzmuskelerkrankung diagnostiziert wurde, bezogen.

Diese Doktorarbeit findet daher keine Berücksichtigung bei der bereits vorliegenden amtsärztlichen Stellungnahme vom 23. September 2003.

Die Tatsache, dass unter dem Suchbegriff CDT im Internet die den gängigen Suchmaschinen Informationen zum Carbohydrat deffizient transferrin zu erhalten sind, rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass diese Informationen auch dem derzeitigen Kenntnisstand der Wissenschaft entsprechen.

Es sei abschließend nochmals darauf hingewiesen, dass Frau F bei entsprechender Einschränkung des Alkoholkonsums einen CDT-Wert im Normbereich erreichen kann (1,6 % am 28.2.2002)."

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.4 iVm § 5 Abs.5 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und die Lenkberechtigung einzuschränken, zu befristen oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung beim Inhaber der Lenkberechtigung noch gegeben ist.

 

Der aktenmäßigen "Vorgeschichte" der Berufungswerberin lässt sich entnehmen, dass bei ihr regelmäßig erhöhte CDT-Werte festgestellt wurden und sohin die - von ihr auch absolvierte - amtsärztliche Untersuchung nicht nur im Hinblick auf einen möglichen Alkoholabusus, sondern allenfalls auch schon hinsichtlich einer Alkoholabhängigkeit geboten erschien. Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin erscheint aufgrund der vorgelegten und oben erwähnten Dissertation keinesfalls hinreichend geboten, diesen Parameter in seiner Aussagekraft in Frage zu stellen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Z4 lit.a Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung schließt eine Alkoholabhängigkeit die gesundheitliche Eignung einer Person zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus.

 

Angesichts der bei der Berufungswerberin - von einer Ausnahme abgesehen - regelmäßig gegebenen überhöhten CDT-Werte ist die Befristung der Lenkberechtigung gerechtfertigt, um, wie dem Gutachten zu entnehmen ist - die Frage Alkoholabusus oder Alkoholabhängigkeit (bzw. weder noch) abzuklären. Aufgrund dessen war die Lenkberechtigung der Berufungswerberin gemäß § 2 Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung zu befristen.

 

Die Berufungsbehörde vertritt allerdings auch die Ansicht, dass die Befristung der Lenkberechtigung aus dem vorangeführten Titel wohl nicht als wiederholte Maßnahme gegenüber der Berufungswerberin angebracht sein wird. Vielmehr ist in § 14 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung die von der Behörde einzuhaltende Vorgangsweise vorgegeben.

 

Zumal der Spruch - dieser ist "Sache" im Rahmen des Berufungsverfahrens - sich auf die Befristung der Lenkberechtigung beschränkt und keine weiteren Anordnungen enthält, erübrigen sich weitere Ausführungen zum Berufungsvorbringen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

S c h ö n

 

 
 

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