Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520361/3/Ki/An

Linz, 04.09.2003

 

 

 VwSen-520361/3/Ki/An Linz, am 4. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J S, F, L, vom 15.7.2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.6 2003, VerkR21-403-2002/LL, wegen Abweisung eines Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 Abs.3 Z4 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde Herrn J S ein Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B abgewiesen.

 

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, welche von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt wurde. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67 d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Mit Bescheid vom 30.7.2002, VerkR21-403-2002/LL, wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen gesundheitlicher Nichteignung entzogen, die Dauer der Entziehung wurde für die Dauer der Nichteignung festgesetzt.

 

Dieser Entscheidung lag ein amtsärztliches Gutachten vom 23.7.2002 zugrunde, wonach beim Berufungswerber Alkoholabhängigkeit sowie ein demenzielles Syndrom bei anzunehmender aethylischer Encephalopathie diagnostiziert und als Ergebnis festgestellt wurde, dass derzeit eine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen jeder Art nicht gegeben ist.

 

Mit Schreiben vom 17.12.2002 hat Herr S um Wiedererteilung der Lenkberechtigung angesucht und damit das nunmehr zu führende Verfahren ausgelöst.

 

Der Berufungswerber wurde daraufhin am 17.12.2002 amtsärztlich untersucht. Bei dieser Untersuchung wurden laut vorläufigem Gutachten vom 31.1.2003 massive Auffälligkeiten im neurologischen Befund festgestellt, es bestand außerdem eine starke Sehschwäche, die auch mit Brille nur eingeschränkt korrigiert werden konnte und ein deutliches Augenzittern.

 

Bei der amtsärztlichen Untersuchung lag auch eine neurologische Stellungnahme des Facharztes für Neurologie Dr. T K vor. In der Stellungnahme führte der Facharzt aus, dass unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wagner Jauregg Krankenhaus, nervenärztlicher Befund und Führerscheinstellungnahme Dr. M) bei angegebener Abstinenz sowohl körperlich als auch hinsichtlich der psychischen Situation eine wesentliche Besserung im Vergleich zur Untersuchung von Dr. M im Juni des Jahres 2002 eingetreten sei. Aus neurologischer Sicht bestehe eine geringgradige Neuropathie, die aber keine wesentliche Beeinträchtigung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen darstelle. Unter der Voraussetzung einer positiven Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit nach testpsychologischer Untersuchung und nachgewiesener Abstinenz (CD tect) wäre der Untersuchte zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 geeignet, wobei zunächst eine Befristung der Lenkberechtigung auf sechs Monate ausreichend erscheine.

 

Zufolge der Empfehlung des Dr. K wurde Herr S unter anderem aufgefordert eine verkehrspsychologische Stellungnahme vorzulegen.

 

Die Amtsärztin führte in der Stellungnahme weiters aus, dass Herr S die erforderlichen Befunde nicht vorgelegt hat und der Akt daher unerledigt zurück gegeben werde.

 

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

Am 29.7.2003 hat sich Herr S einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle INFAR unterzogen.

 

In einer zusammenfassenden Stellungnahme wurde das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung wie folgt dargelegt:

 

"Herr S J, geboren am, bot bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung folgendes Bild: Die perzeptuelle Reaktionsschnelligkeit ist derzeit verlangsamt. Die reaktive Belastbarkeit ist derzeit beeinträchtigt. In der verkehrsspezifischen Wahrnehmungsfähigkeit ist derzeit eine Schwäche festzustellen. Die Konzentrationsfähigkeit und die gezielte visuelle Orientierungsfähigkeit sind derzeit eingeschränkt. Gravierende Mängel sind auch im Hinblick auf die sensomotorische Koordinationsfähigkeit festzustellen.

Ferner bot der Untersuchten den Befund eine unter durchschnittlichen Intelligenz. Es sind gravierende Leistungsdefizite festzustellen, sodass derzeit die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit als nicht ausreichend beurteilt werden muss.

 

Im persönlichkeitsbezogenen Screeningfragebogen KFP30 sind derzeit ungünstige Einstellungen und psychische Verarbeitungsmechanismen festzustellen. Die Gefahr von Fehlanpassungstendenzen im Straßenverkehr kann nicht ausgeschlossen werden. Die Persönlichkeitsuntersuchung ergab laut empirisch-statistisch genormten Fragenbogenverfahren FPI-R den Befund einer empfindlichen, eher ängstlichen, unbeherrschten Persönlichkeit. Es wird eine sehr geringe emotionale Stabilität ausgewiesen. Durch die geringe emotionale Stabilität muss im Zusammenhang mit den ausgewiesenen gesundheitsschädigender Trinkgewohnheiten (Audit) mit einem fortgesetzten Wirkungstrinken gerechnet werden. Es ergeben sich Hinweise auf eine psychische und physische Alkoholabhängigkeit (FFT, Audit, KFA). Die sog. psychologische Bereitschaft zur Verkehrsanpassung muss derzeit als nicht ausreichend beurteilt werden.

 

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr J S derzeit nicht geeignet Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

Eine Eignung setzt eine deutliche Besserung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen, eine Stabilisierung im Persönlichkeitsbereich sowie die strikte und stabile Einhaltung einer Alkoholabstinenz voraus."

 

Unter Zugrundelegung der verkehrspsychologischen Stellungnahme kam die Amtsärztin in einem ergänzenden Gutachten zum Ergebnis, dass Herr S derzeit nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen ist. Im Einzelnen führte die Amtsärztin aus, dass Herr S bei der amtsärztlichen Untersuchung schlecht beisammen gewesen ist. Beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie beim Internisten habe er eine befürwortende Stellungnahme erhalten, allerdings mit dem Hinweis auf eine erforderliche verkehrspsychologische Untersuchung und einen normalen Laborbefund.

 

Herr S sei bei der verkehrspsychologischen Untersuchung beim Kuratorium für Verkehrssicherheit im April 2003 hochgradig alkoholisiert gewesen und dies schon am Morgen. Vom Verkehrspsychologen sei ihm eine absolute Abstinenz angeraten worden, eine verkehrspsychologische Kontrolluntersuchung bei Abstinenz bzw. erfolgreicher Entwöhnungsbehandlung sollte frühestens in drei Monaten erfolgen. Bereits im Juli 2002 sei von Dr. M, FA für Psychiatrie, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom festgestellt worden, bei Dr. K, FA für Neurologie habe Herr S im November 2002 Abstinenz angegeben und der Nachweis der Abstinenz sowie ein positiver verkehrspsychologischer und laborchemischer Befund seien als Voraussetzung für die befürwortende Stellungnahme vermerkt. Herr S habe die Abstinenz offensichtlich nicht einhalten können, er sei bei der verkehrspsychologischen Untersuchung alkoholisiert erschienen, drei Monate später sei er zu einer anderen Untersuchungsstelle gegangen und habe zum Untersuchungsanlass nur beschönigende bzw. falsche Aussagen gemacht. Trotzdem sei die verkehrspsychologische Stellungnahme negativ und dies korreliere gut mit dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung sowie dem gesamten Verlauf. Der Wert für das CD-Transferrin sei auch noch erhöht.

 

Herrn S sei dringend zu einer Entwöhnungsbehandlung zu raten. Sollte diese erfolgreich verlaufen und im Anschluss an die Behandlung zumindest sechs Monate absolute Alkoholabstinenz unter laufender fachärztlicher Observanz nachgewiesen werden können, sei eine amtsärztliche Kontrolluntersuchung denkbar. Ausführliche fachärztliche Stellungnahmen seien im Anschluss an die amtsärztliche Untersuchung vorzulegen.

 

4. An der verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie am amtsärztlichen Gutachten vermag der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich keine Zweifel zu hegen. Die Ausführungen lassen sich schlüssig nachvollziehen und rechtfertigen die Annahme der derzeitigen Nichteignung. Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber derzeit aus verkehrspsychologischer Sicht nicht geeignet ist Kraftfahrzeuge zu lenken, kann es zur Zeit auch dahingestellt bleiben, inwieweit eine Eignung aus internistischer bzw. augenfachärztlicher Sicht gegeben sein könnte.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

1. ...............

2. ...............

3. ...............

 

4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechende Klasse zu lauten.

 

Gemäß § Abs.1 Z1 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) gilt unter anderem als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

 

Gemäß § 14 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) darf Personen, die von Alkohol-, Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, sofern nicht Abs.4 anzuwenden ist.

 

Das unter Punkt 4 dargelegte Beweisergebnis hat im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften ergeben, dass Herr S aus gesundheitlichen Gründen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B nicht geeignet ist, weshalb sein Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung zu Recht abgewiesen worden ist.

 

Hinweis: Laut dem ergänzenden amtsärztlichen Gutachten vom 18.8.2003 ist Herrn S dringend zu einer Entwöhnungsbehandlung zu raten. Sollte diese erfolgreich verlaufen und im Anschluss an die Behandlung zumindest sechs Monate absolute Alkoholabstinenz unter laufender fachärztlicher Observanz nachgewiesen werden können, wäre eine amtsärztliche Kontrolluntersuchung denkbar, ausführliche fachärztliche Stellungnahmen wären im Anschluss an die amtsärztliche Untersuchung vorzulegen.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass Herr S durch den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb der Berufung keine Folge gegeben werden konnte und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen war.

 

6. Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung im gegenständlichen Fall mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

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