Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520372/2/Ki/An

Linz, 02.09.2003

 

 

 VwSen- 520372/2/Ki/An Linz, am 2. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des A S, H, L, vom 23.8.2003 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.8.2003, AZ: FE-795/2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 7 Abs.1, 7 Abs.3, 24 Abs.1 Z1 und 25 Abs.1 FSG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid vom 11.8.2003, FE-795/2003, hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber die von der Bundespolizeidirektion Linz am 20.4.2001, unter Zl. F 857/2201, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Verkündung des Bescheides entzogen und festgestellt, dass Haftzeiten in die Entziehungszeit nicht einzurechnen sind. Dem Berufungswerber wurde aufgetragen den Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern und es wurde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 23.8.2003 Berufung erhoben, dem Inhalt nach strebt er eine Belassung des Führerscheines an.

 

Im Einzelnen führt er aus, dass er im Mai dieses Jahres aus der Haft entlassen worden sei und er aufgrund des Haftaufenthaltes einen großen Schuldenstand habe, außerdem habe er seine Arbeit verloren.

 

Er habe wirklich alles versucht, um aus dieser Misere herauszukommen, obwohl einem haftentlassenen, ausländischen Gefangenen keiner mehr so schnell eine Chance gebe, dennoch wolle er alle Schulden bezahlen und habe nun endlich eine geregelte Arbeit gefunden.

 

Er habe sicherlich eine große Dummheit begangen, die er leider nicht mehr rückgängig machen könne, dennoch sei er nicht ein derartiger Verbrecher, wie er bei seiner Verhandlung dargestellt worden sei. Er sei sicherlich kein Bandenmitglied und habe den Kontakt zu den damaligen Bekannten total abgebrochen.

 

Er habe eine ukrainische Frau kennen gelernt, mit der er eine geregelte Zukunft und vernünftige Existenz aufbauen möchte und sie würden noch diesen Sommer heiraten. Dazu müsse er jedoch hart arbeiten, seine Schulden bezahlen und pünktlich an seiner Arbeitsstelle erscheinen. Dafür benötige er unbedingt seinen Führerschein, da er sonst keine Möglichkeit habe, diese Arbeit zu behalten.

 

Er ersuche daher inständig, ihm eine zweite Chance zu geben und ihm seinen Führerschein zu lassen. Er wisse, dass es laut österreichischem Recht notwendig sei, den Führerschein zu entziehen, wenn eine Straftat mit dem Auto begangen worden sei. Dennoch ersuche er, ihm seinen harten Weg nicht noch mehr zu erschweren.

 

Er habe zwar einige Verwaltungsübertretungen gehabt, doch sei bis zu seinem dummen Ausrutscher er in seinem Leben noch nie kriminell gewesen und habe wirklich teuer für einen unbedachten Moment bezahlt.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Der Berufungswerber wurde in einem Berufungsverfahren beim Oberlandesgericht L mit Urteil vom 7.4.2003, Zl. 10 Bs 50/03, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahles teils als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes teils alleine nach den §§ 127, 128 Abs.1 Z4, 130 1. und 2. Fall, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten rechtskräftig verurteilt, weil er im Jahr 2002 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig Ladendiebstähle mit beträchtlichen Schadenssummen begangen hat. In der Absicht die Diebeszüge längere Zeit zu verüben und sich dadurch ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, fuhr der Berufungswerber mit seinem PKW am 1.8.2002 nach R, wo er in mehreren Geschäften gemeinsam mit anderen Beschuldigten Gegenstände stahl und diese in seinem PKW verstaute.

 

Diese rechtskräftige gerichtliche Verurteilung legte die Bundespolizeidirektion Linz der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides zugrunde.

 

Der Berufungswerber wurde in diesem Bescheid auch aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern und es wurde überdies mit Verfügung vom 12.8.2003, nachdem der Berufungswerber der Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines nicht nachgekommen ist, gemäß § 5 VVG die Verhängung einer Geldstrafe für den Fall, dass er nicht binnen drei Tagen ab Zustellung dieser Anordnung den Führerschein abliefere, angedroht.

 

Der Berufungswerber hat zwar den verfahrensgegenständlichen Einspruch gegen den Führerscheinentzug erhoben, der Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins ist er jedoch jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung nicht nachgekommen.

 

Im Verfahrensakt finden sich ferner Aufzeichnungen über diverse verwaltungsrechtliche Vormerkungen seit dem Jahre 2000, insbesondere handelt es sich dabei um Übertretungen nach dem KFG 1967 und der StVO 1960.

 

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

§ 7 Abs.3 FSG zählt eine Reihe von bestimmten Tatsachen auf, welche jedoch eine bloße demonstrative Aufstellung darstellt.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen, deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgeblich.

Der Berufungswerber wurde mit rechtskräftigem Gerichtsurteil wegen des Verbrechens des teils versuchten teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls teils als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes teils alleine nach den § 127, 128 Abs.1 Z4, 130 1. und 2. Fall, § 15 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Er habe im Jahr 2002 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig Ladendiebstähle mit beträchtlichen Schadenssummen begangen. In der Absicht Diebeszüge längere Zeit zu verüben und sich dadurch ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, sei er mit seinem PKW am 1.8.2002 nach R gefahren, wo er in mehreren Geschäften gemeinsam mit anderen Beschuldigten Gegenstände gestohlen und diese in seinem PKW verstaut habe.

An den Spruch dieses gerichtlichen Urteiles war sowohl die Bundespolizeidirektion Linz und ist auch nunmehr die Berufungsbehörde gebunden.

Wenn auch bloße Diebstähle nicht in § 7 als bestimmte Tatsachen, die die Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person nach sich ziehen, ausdrücklich aufgezählt sind, so schließt dies aber nicht aus, dass auch solche strafbare Handlungen als bestimmte Tatsachen herangezogen werden, da die Aufzählung in § 7 Abs.3 lediglich eine demonstrative ist. Nicht in § 7 Abs.3 aufgezählte strafbare Handlungen, die den aufgezählten an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleichkommen, können daher ebenfalls zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Täters führen. In Ansehung von Diebstählen bedeutet dies, dass eine Mehrzahl solcher Delikte diese Eignung besitzt, weil die Begehung von Diebstählen durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges typischerweise erheblich erleichtert wird (siehe VwGH 2001/11/01/14 vom 28.6.2001 u.a.).

Im vorliegenden Falle wurde der Berufungswerber wegen mehrfacher qualifizierter Diebstähle verurteilt, wobei aus dem Gerichtsurteil auch hervorgeht, dass er für die Begehung dieser Diebstähle sein Kraftfahrzeug verwendet hat. Die Berufungsbehörde vertritt daher die Auffassung, dass die verfahrensgegenständlichen strafbaren Handlungen des Berufungswerbers an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen den in § 7 Abs.3 FSG aufgezählten bestimmten Tatsachen gleichkommen und es ist daher von einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 FSG auszugehen.

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Personen, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können bzw. ob diese Person sich wegen der erleichternden Umstände beim Lenken von Kraftfahrzeugen sonstiger strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Zu Recht hat die Bundespolizeidirektion Linz in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass es sich im gegenständlichen Verfahren um eine Häufung von Einzelstraftaten handelt, die in gewerbsmäßiger Absicht und mit dem eindeutigen Ziel auf Wiederholung verübt wurden und dass zur Begehung der Diebstähle ein KFZ verwendet wurde. Ein derartiges Fehlverhalten ist in hohem Maße als verwerflich anzusehen und es ist der Erstbehörde nicht zu widersprechen, wenn sie prognostiziert, dass aus der daraus abzuleitenden charakterlichen Einstellung mit der Begehung weiterer strafbarer Handlungen, die durch das Lenken von KFZ wesentlich erleichtert werden, zu rechnen ist.

Wohl versucht der Rechtsmittelwerber in seiner Berufung einen einsichtigen und positiven Eindruck zu vermitteln, andererseits hat er es - jedenfalls bis zur Vorlage der Berufung - unterlassen, trotz Androhung von Zwangsstrafen seinen Führerschein dem Bescheidspruch gemäß abzuliefern, obwohl einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Dieses Verhalten lässt den Schluss zu, dass es dem Berufungswerber einerseits doch an der Einsicht fehlt und andererseits seine Einstellung zu rechtlichen Werten negativ prognostiziert werden muss. Letztlich darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass diverse Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit straßen- und kraftfahrrechtlichen Vorschriften vorgemerkt sind.

Was das Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit anbelangt, so sind zwar aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen keine belastenden Umstände ersichtlich, der Berufungswerber hat jedoch selbst ausgeführt, dass er erst im Mai dieses Jahres aus der Haft entlassen worden ist. In Anbetracht des relativ kurzen Zeitraumes kann einem Wohlverhalten grundsätzlich im vorliegenden Falle nur geringe Bedeutung beigemessen werden.

Was die persönlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Belange des Berufungswerbers anbelangt, so ist festzustellen, dass der Entzug der Lenkberechtigung einer verkehrsunzuverlässigen Person dem Schutz der öffentlichen Sicherheit dient und daher auf solche Belange weder hinsichtlich des Entzuges der Lenkberechtigung dem Grunde nach noch hinsichtlich der Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung nicht Bedacht genommen werden darf.

Als Ergebnis der durchgeführten Wertung gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass der Rechtsmittelwerber derzeit aus den dargelegten Gründen die Verkehrszuverlässigkeit nicht besitzt und es wird auch der Prognose der Bundespolizeidirektion Linz beigetreten, dass die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf eines Jahres bei einem Wohlverhalten erwartet werden kann.

5.2. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (VwGH 89/11/0252 vom 20.2.1990 u.a).

6. Der Berufungswerber wurde durch den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz nicht in seinen Rechten verletzt, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Verkehrszuverlässigkeit - Eine Häufung qualifizierter Diebstähle (§§127 ff StGB) ist eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 FSG gleichzusetzen.

 
 

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