Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520375/4/Fra/Ka

Linz, 15.10.2003

 

 

 VwSen-520375/4/Fra/Ka Linz, am 15. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn PB, vertreten durch Herren Rechtsanwälte Dr. EH, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 7.8.2003, Zl. FE-407/2003, betreffend Befristung der Lenkberechtigung sowie Erteilung von Auflagen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG; § 8 Abs.3 Z1 FSG
 
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Gültigkeit der mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.8.2000, Zl. VerkR20-4556-99, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung bis 11.12004 befristet und dem Bw die Auflagen erteilt, sich spätestens bis zum 11.1.2004 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage eines Harnbefundes auf Kokain, Cannabis und Amphetamine zu unterziehen sowie in regelmäßigem Abstand von einem Monat ab Zustellung des angefochtenen Bescheides bei der Behörde den Führerschein und jeweils einen Drogenharnbefund auf Cannabis vorzulegen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu eine Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Im Rechtsmittel wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

 

a) Die Amtsärztin habe im Gutachten vom 11.7.2003 eindeutig festgestellt, dass bei ihm keine Abhängigkeitsproblematik bestehe bzw bestanden hat. Diese Diagnose werde auch aus fachärztlicher Sicht mit Gutachten Dris. KS, Facharzt

für Psychiatrie und Neurologie, bestätigt, welches auf amtsärztliche Anordnung hin eingeholt wurde.

 

b) Das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende amtsärztliche Gutachten sei nicht schlüssig, zumal die Feststellung der nur bedingten Eignung bzw die Empfehlung von Kontrolluntersuchungen und die Befristung der fachärztlichen Stellungnahme Dris. S widerspreche, welcher zusammenfassend feststellt, dass, wenn vom Patienten kurzfristig (in den nächsten Tagen) ein negativer Drogenharnbefund nachgereicht werden kann, aus psychiatrischer Sicht die Lenkberechtigungen (Gruppe 1 / Klasse B) ohne Beschränkungen und Auflagen zu erteilen wäre. Diese Stellungnahme stamme vom 6.7.2003 aufgrund einer Untersuchung vom 1.7.2003. Er habe einen Drogenharnbefund vom 4.7.2003 nachgebracht, welche bezüglich Amphetaminen, Kokain sowie THC eindeutig negativ war.

 

c) Der Schluss der Amtsärztin bzw der belangten Behörde, dass im Drogenharnbefund vom 4.6.2003 trotz starker Verdünnung Spuren von Cannabis nachgewiesen werden konnten und somit zumindest fallweiser Cannabiskonsum nicht zur Gänze auszuschließen wäre, sei unzulässig. Im Harnbefund ist lediglich angeführt, dass der Harn möglicherweise verdünnt wäre. Ein eindeutiger Nachweis bestehe nicht. Es konnte lediglich 4,92 ng/ml Cannabinoid im Harn nachgewiesen werden, wobei der Grenzwert für den Nachweis eines Cannabiskonsumes bei 25 ng/ml THC im Harn liegt. Unter diesem Grenzwert sei der Harnbefund als negativ zu bewerten. Der Harn hätte daher - der Logik des amtsärztlichen Gutachtens folgend - um mehr als fünffach verdünnt werden müssen, um diesen Grenzwert zu erreichen. Dies sei selbst bei außergewöhnlich hohem Konsum von Getränken kaum möglich. Es sei daher davon auszugehen, dass auch der Drogenharnbefund vom 2.6.2003 bezüglich THC als negativ zu beurteilen bzw allenfalls nicht zu verwerten ist. Dies umso mehr, als der fachärztlichen Stellungnahme nachkommend mit 4.7.2003 ein eindeutig negativer Harnbefund vorgelegt wurde.

 

d) Selbst wenn er tatsächlich Cannabis konsumiert hätte, sei die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch den fallweisen Cannabiskonsum nach ständiger Judikatur nicht berührt. Er weise darauf hin, dass die Amtsärztin einen chronischen Cannabiskonsum ausgeschlossen und die Auflagen bzw Befristungen gerade mit einem nicht gänzlich auszuschließenden gelegentlichen Cannabiskonsum begründet hat, welcher eben nach der ständigen Judikatur des VwGH ohnedies für die Erteilung einer Lenkberechtigung unbedenklich ist (VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0254 und vom 28.6.2001, 99/11/0243).

 

e) Ein gehäufter Missbrauch von Suchtgiften im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV liege nicht vor und werde dieser auch nicht durch die Amtsärztin bzw in der fachärztlichen Stellungnahme festgestellt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass er den Konsum von Drogen bzw insbesondere Cannabis nicht soweit einschränken könnte, dass er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt ist. Eine Einschränkung der Lenkberechtigung oder die Erteilung von Auflagen wie der Beibringung von weiteren fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahmen bzw die Erbringung von Drogenharnbefunden sei daher unzulässig, zumal angesichts der fachärztlichen Stellungnahme, aber auch aufgrund der negativen Harnbefunde kein Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung bestehe.

 

f) Ausdrücklich ficht der Berufungswerber auch die Auflage der Beibringung von monatlichen Harnbefunden an, da derartig kurze Abstände sachlich nicht gerechtfertigt seien und einer Schikane gleichkommen würde. Überdies wären die vorgeschlagenen Zeitabstände für die Untersuchungen im ärztlichen Gutachten nachvollziehbar zu begründen, was jedoch nicht erfolgt sei (VwGH vom 20.3.2003, Zl.2000/11/0264). Sollte er tatsächlich gehäuft Cannabis konsumieren bzw nicht fähig sein, diesen Konsum soweit einzuschränken, dass eine Beeinträchtigung beim Lenken eines PKW´s zu befürchten wäre, wäre dies ohnedies bereits bei den bisherigen Harnbefunden zutage getreten.

 

g) Er gehe daher davon aus, dass kein Nachweis über einen aktuellen Drogenkonsum vorliegt. Selbst wenn die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsumes zulässig wäre, würde dies jedoch nach ständiger Judikatur des VwGH weder eine Befristung noch die Erteilung von Auflagen rechtfertigen. Darüber hinaus sei das amtsärztliche Gutachten nicht schlüssig und widerspreche in wesentlichen Punkten der fachärztlichen Stellungnahme. Weiters fehle eine schlüssige Begründung der Auflagen bzw der Zeitabstände der Untersuchungen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Für den Berufungsfall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG in der Fassung 5. Novelle, BGBl. I Nr.81/2002 anzuwenden:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Gemäß § 8 Abs.2 FSG, ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen, wenn zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich sind. Der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 Z1 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", wenn der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet ist.

 

Gemäß § 24 Abs.4 1. Satz FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Für den Berufungsfall sind darüber hinaus die folgenden Bestimmungen der Führerschein-Gesundheitsverordnung-FSG-GV in der im Berufungsfall maßgebenden Fassung der 3. FSG-GV-Novelle BGBl. Nr. II Nr.427/2002 maßgebend:

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1.) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.....................

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen der FSG-GV erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

Gemäß § 5 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde

.....................

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a) Alkoholabhängigkeit

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken eines Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten.

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

4.2. Aufgrund des Vorbringens des Bw hat der Oö. Verwaltungssenat ein amtsärztliches Gutachten darüber eingeholt, ob der Bw zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B gesundheitlich geeignet ist und ob die vorgeschriebenen Auflagen aus ärztlicher Sicht notwendig sind. Im diesbezüglich von der Amtsärztin Dr. SH erstatteten Gutachten vom 29.9.2003 wird unter Rubrik "Amnanese" Folgendes ausgeführt: Keine wesentlichen gesundheitlichen Vorerkrankungen, derzeit gesund und fit; bezüglich Drogenmissbauch gibt Herr B an, in der Vergangenheit (nur zu Wochenendveranstaltungen) gelegentlich Cannabis, aber auch Amphetamine und Kokain probiert zu haben, abhängig sei er nie gewesen; Verkehrsanamnese: keine üngünstige Verkehrsanamnese aktenkundig, insbesondere keine Alkohol- und Drogendelikte bisher im Straßenverkehr;" Im Befund wurde unter der Rubrik "Klinischer Gesamteindruck" ausgeführt: Derzeit unauffällig und stabil, wirkt im Gespräch gut angepasst und ohne Hinweise auf eine psychische Störung".

In der Rubrik "Anmerkungen" führt die Sachverständige aus, dass sich derzeit kein Hinweis auf eine akute oder chronische suchtgiftbedingte Einschränkung des Gesundheitszustandes von Herrn B objektivieren lässt. Unter der Rubrik "Ergebnis der Befunde" finden sich folgende Ausführungen der Amtssachverständigen: "1. Vorliegende nervenfachärztliche Stellungnahme Dr. S vom 6.7.2003: eingesehen (.... zum Untersuchungszeitpunkt psychopathologisch unauffällig, "Kann vom Patienten ein negativer Drogenharnbefund nachgereicht werden, wäre aus psychiatrischer Sicht die Lenkberechtigung ohne Beschränkung und Auflagen zu erteilen."....) 2. Laborbefund Dr. Ruthensteiner vom 4.7.2003: Amphetamine, Cokain und Cannabis im Harn negativ, 3. Laborbefund Dr. Ruthensteiner vom 2.9.2003: Cannabis im Harn negativ."

Die Amtssachverständige kam in ihrem Gutachten nach § 8 FSG zum Ergebnis, dass der Untersuchte zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 Klasse B uneingeschränkt geeignet ist. Begründet wird dieses Gutachten damit, dass bei Herrn B gegenwärtig weder ein akuter noch ein chronischer Drogenmissbrauch bzw drogenbedingte gesundheitliche Beeinträchtigung objektiviert werden können, sowohl der grob klinische Untersuchungsbefund bei der amtsärztlichen Untersuchung am 29.9.2003 sowie zwei vorliegende Drogen-Harnbefunde vom Labor Dr. R vom 4.7.2003 sowie vom 2.9.2003 waren unauffällig. Auch in der nervenfachärztlichen Stellungnahme des Dr. S wird nach Vorliegen eines negativen Drogen-Harn-Befundes von einer uneingeschränkten Lenkberechtigung ausgegangen. Dementsprechend ist Herr B gegenwärtig uneingeschränkt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B.

Das oa Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, weshalb es der Entscheidung zugrunde gelegt wurde.

Der Berufung war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 
 
 
 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
 

Dr. F r a g n e r

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