Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103718/7/Br

Linz, 28.05.1996

VwSen-103718/7/Br Linz, am 28. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A R, Ö, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. R u. Dr.

L, beide H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 11. April 1996, Zl:

VerkR96-4336-1995, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 28. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm §§ 19, 24, 51 Abs.1, 51e Abs.1 und 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Dem Berufungswerber werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 1.640 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen Übertretung der StVO 1960 in sechs Punkten Geldstrafen von 1.) 1.000 S, 2.) 500 S, 3.) 700 S, 4.) 500 S, 5.) 500 S und 6.) 5.000 S (gesamt 8.200 S) und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 1.) 48 Stunden, 2.) 24 Stunden, 3.) 48 Stunden, 4.) 24 Stunden, 5.) 24 Stunden und 6.) 240 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und im Spruch folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie lenkten am 26.10.1995 ab 14.20 Uhr den PKW, Kennzeichen wobei Sie 1) auf der D, Fahrtrichtung P im Bereich von Strkm. 218,000, entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 30 km/h überschritten, 2) bei der Kreuzung D rechts in die M Straße einbogen, ohne die Fahrtrichungsänderung anzuzeigen, 3) auf der M Straße nach der Kreuzung mit der D Straße um 20 km/h schneller als 100 km/h fuhren, 4) auf der M Straße, auf Höhe des Güterweges H, durch eine Vollbremsung mehr Lärm verursachten, als bei ordnungsgemäßen Zustand und sachgemäßen Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war, 5) auf der D Straße bei Strkm. 214,500 nach rechts in die O Gemeindestraße abbogen, ohne die Fahrtrichtungsänderung anzuzeigen und 6) auf der O Gemeindestraße in Fahrtrichtung N die Bahngleise mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h (höchstzulässige Annäherungsgeschwindigkeit 40 km/h) übersetzten." 2. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Am 26.10.1995 ab 14.20 Uhr stellten Beamte des Gendarmeriepostens S anläßlich einer Verfolgungsfahrt die im Spruch genannten Verwaltungsübertretungen fest.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 12.12.1995, VerkR96-4336-1995, wurden Ihnen die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen angelastet. Sie wurden eingeladen innerhalb einer Woche ab Zustellung dieser Aufforderung vorzusprechen oder schriftlich bis zu diesem Zeitpunkt eine Rechtfertigung abzugeben, sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt zu geben. Diese Aufforderung wurde Ihnen am 14.12.1995 durch Hinterlegung beim Postamt M zugestellt. Sie ließen die Möglichkeiten einer Rechtfertigung ungeachtet.

Anläßlich der zeugenschaftlichen Einvernahme des Anzeigenlegers vom 12.02.1996 gab dieser unter Wahrheitsverpflichtung bekannt, daß die in der Anzeige angeführten Angaben den Tatsachen entsprechen.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Bezirkshauptmannschaft A vom 05.03.1996 wurde Ihnen nochmals Gelegenheit gegeben, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern. Da Sie diese Möglichkeit ebenfalls ungeachtet ließen, war nun aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

Der vorliegende Sachverhalt ist aufgrund der Anzeige, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde keinen Anlaß zu zweifeln findet, als erwiesen anzusehen. Im Ermittlungsverfahren haben Sie weder eine Rechtfertigung abgegeben, noch Ihrer Verteidigung dienende Tatsachen und Beweismittel bekannt gegeben.

Sie haben durch den vorliegenden Sachverhalt die im Spruch genannten Tatbestände verwirklicht und diese verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen, die geeignet wären, Ihr gesetzwidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

Bei der Strafbemessung gemäß § 19 VStG war neben den angeführten Verschulden auf die in der Straßenverkehrsordnung und im Kraftfahrgesetz festgelegten Strafausmaße sowie auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht zu nehmen. Die Behörde ging von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von S 15.000,-aus, da Sie trotz der Sie treffenden Pflicht an der Erhebung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mitzuwirken, dieser Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sind.

Mildernde oder erschwerende Umstände liegen nicht vor.

Die Vorschreibung der Kosten des Strafverfahrens ist in der im Spruch zitierten Gesetzesstelle begründet." 2.2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung, worin er nachfolgendes ausführt:

"In der umseits näher bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BH Perg vom 11.4.1996 zur Zahl VerkR96-4336-1995 binnen offener Frist durch meine ausgewiesenen Vertreter nachstehende B E R U F U N G an den unabhängigen Verwaltungssenat für Oberösterreich in Linz.

Im angefochtenen Straferkenntnis wird mir vorgeworfen, daß ich am 26.l0.1995 ab 14.20 Uhr auf der D Straße in Fahrtrichtung P meinen PKW lenkte, wobei ich angeblich im Bereich von Strkm. 218,000 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 30 km/h überschritten hatte, weiters nach rechts in die eingebogen wäre, ohne die Fahrtrichtungsänderung anzuzeigen, ferner auf der M nach der Kreuzung mit der D Straße die 100 km/h Beschränkung um 20 km/h überfahren hatte, weiters auf der M auf Höhe des Güterweges H angeblich durch eine Vollbremsung mehr Lärm verursacht haben soll als bei ordnungsgemäßem Fahrzeugbetrieb, darüberhinaus auf der D Straße bei Strkm.

214,5 nach rechts in die O Gemeindestraße abgebogen wäre, ohne die Fahrtrichtungsänderung anzuzeigen und schließlich auf der O Straße in Fahrtrichtung N die Bahngeleise mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h bei zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h übersetzt hätte.

Zu den mir diesbezüglich vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen verweise ich im wesentlichen darauf, daß ich möglicherweise einige Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen habe, welche jedoch ausschließlich darauf zurückzuführen waren, daß ich von einem Gendarmeriewagen verfolgt wurde, von dem aus auf mich geschossen wurde. Ich habe diese Verwaltungsübertretungen ausschließlich im Rahmen meiner Flucht begangen, wobei ich im besonderen betonen möchte, daß der einschreitende Gendarmeriebeamte auf mich geschossen hat, sodaß ich aus Angst um mein Leben diese Verwaltungsübertretungen begangen habe.

Im konkreten kann ich zu den mir vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht sagen, ob ich dieselben tatsächlich begangen habe oder nicht.

Jedenfalls begann die Verfolgungsjagd im Bereich R auf der als plötzlich neben mir ein Fahrzeug der Gendarmerie auftauchte, der darin sitzende Gendarmeriebeamte seine Dienstwaffe zog und auf mich schoß. Mir kamen zu diesem Zeitpunkt ernste Zweifel daran, ob der Genannte tatsächlich ein Mitglied der Gendarmerie war oder nicht. Im Hinblick auf dieses, unstrittigerweise wohl nicht alltägliche Verhalten des damals einschreitenden Gendarmeriebeamten hatte ich erhebliche Angst um mein Leben und aus diesem Grund lediglich meine Flucht im Kopf.

Die im Zuge meiner Flucht möglicherweise begangenen Verwaltungsübertretungen sind meines Erachtens jedenfalls durch ausreichende Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt.

B e w e i s : beizuschaffendes Verwaltungsstrafverfahren der BH A zu AZ.3-12354-95; PV.

Im Hinblick darauf, daß eine Verwaltungsübertretung, die aus Angst um das eigene Leben begangen wird, zweifelsohne im Hinblick auf die Verschuldenskomponente anders zu behandeln ist, liegt hier meines Erachtens kein Verschulden bzw. ein äußerst minimales Verschulden vor.

Im Hinblick darauf beantrage ich das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen mich einzustellen bzw. die gegen mich verhängte Verwaltungsstrafe auf einen äußerst minimalen bzw. schuldangemessenen Betrag zu reduzieren.

Stadt H, am 22.4.1996/3/m A R" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und der Erörterung des erstbehördlichen Verfahrensaktes anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und der Vernehmung des Zeugen GrInsp. M. R.

4. Zumal jeweils keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

4.1. Die hier zur Last gelegten Übertretungen sind laut der Anzeige des Gendarmeriebeamten BezInsp. R erwiesen. Dieser konnte die Übertretungshandlungen anläßlich einer im wahrsten Sinne des Wortes "wilden Verfolgungsjagd", anläßlich welcher dem Fahrzeug des Berufungswerbers aus Gründen der Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmer die Reifen zerschossen werden mußten, festgestellt werden. Der Berufungswerber wurde im Zusammenhang mit diesem Vorfall vom Strafgericht wegen § 269 StGB rechtskräftig verurteilt.

4.1.1. Der Meldungsleger wurde anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung dazu zeugenschaftlich vernommen. Auch anläßlich dieser Vernehmung wirkte der Zeuge glaubwürdig und waren seine Angaben den Denkgesetzen entsprechend logisch nachvollziehbar. Seine vor dem GP P abgelegte Aussage ist sehr detailliert und umfangreich. An diesen seinen Angaben gibt es nicht den geringsten Grund für Zweifel. Demgegenüber erschien der Berufungswerber - wie schon im erstinstanzlichen Verfahren - unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht. Der Rechtsvertreter teilte etwa eine Stunde vorher fernmündlich mit, daß er aus Gründen der Kosten für den Mandanten nicht erscheinen werde und sich die Berufung letztlich ohnedies im wesentlichen nur gegen das Strafausmaß richte. Dem Berufungswerber solle gesagt werden, daß er - sein Anwalt - nicht erscheine. Es erschien aber letztlich auch dieser nicht zur Verhandlung, obwohl ihm der Termin offenkundig von seinem Anwalt bekannt gemacht worden war und in der Ladung auch auf die Zweckmäßigkeit des persönlichen Erscheinens gesondert hingewiesen worden war.

Seiner Verantwortung bezüglich eines angeblichen Notstandes im Hinblick auf eine vermeintliche Bedrohungssituation, nämlich, daß es sich beim Einschreiter (Meldungsleger) um kein rechtmäßig in Ausübung einer hoheitlichen Aufgabe tätiges Organ gehandelt hätte, war als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren und entbehrt jeglicher Realitätsbezogenheit. Immerhin mußte der Berufungswerber die Gendarmeriebeamten bereits während der Vorbeifahrt an der Geschwindigkeitspatrouille - welche ihn als eine zulässige Geschwindigkeit überschreitend gemessen hatte - aufgefallen sein. Dies war noch im Bundesland Niederösterreich. In der Folge konnte dem Berufungswerber wohl nicht das Folgetonhorn und nach der ersten Anhaltung auch nicht die Uniform des Meldungslegers entgangen sein. Offenkundig lag die Motivation seines zahlreiche straßenverkehrsrechtliche Verstöße in Kauf nehmenden Fluchtverhaltens darin, einer "Alkoholkontrolle" zu entkommen.

5. Rechtlich sind die Übertretungspunkte in zutreffender Weise subsumiert worden. Diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen.

Falls tatsächlich ein Irrtum über die Person des Gendarmeriebeamten vorgelegen wäre, wäre dieser zumindest auf Fahrlässigkeit beruhend und daher nicht entschuldbar (vgl. VwGH v. 26.4.1993, Zl. 91/10/0196). Der Berufungswerber brachte jedoch keine Umstände dahingehend vor, worin er objektiv einen solchen Irrtum erblicken hätte wollen. Die Nachfahrt mit einem Gendarmeriefahrzeug, welcher mehrere Anhaltezeichen durch Nebenherfahren vorausgingen, begründet eine solch berechtigte Annahme jedenfalls nicht.

6. Zur Strafzumessung:

6.1. Gemäß 19 VStG ist Grundlage bei der Strafzumessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Den hier verhängten Strafen kann selbst unter Annahme ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Berufungswerbers und dessen völligen Unbescholtenheit objektiv nicht entgegengetreten werden. Das Verschulden war hier unter der Annahme der überwiegend vorsätzlichen Begehungsweise, welche offenbar darin motiviert war einer rechtmäßigen Amtshandlung zu entgehen, als schwerwiegend zu beurteilen. Auch das Gefährdungspotential gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern fällt hier auf der objektiven Tatebene ebenfalls schwer ins Gewicht. Die Bestrafung erfolgte daher in jedem Punkt durchaus zu Recht. Die Erstbehörde ging bei der Schätzung des Einkommens von monatlich 15.000 S aus. Selbst wenn dieses geringer wäre, wäre, wie oben schon ausgeführt, den hier verhängten Strafsätzen nicht mit Erfolg entgegenzutreten gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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