Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103729/7/Br

Linz, 28.05.1996

VwSen-103729/7/Br Linz, am 28. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau C O, P, vertreten durch die Rechtsanwälte Z & Partner, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. April 1996, Zl: VerkR96-4178-1995-Ja, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 28. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen Übertretung nach § 52 lit.a Z10a der StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 18.8.1995 um 13.38 Uhr als Lenkerin des Kfz (Motorrad) mit dem Kennzeichen auf der - P Straße im Gemeindegebiet K nächst Strkm 31,847, Fahrtrichtung F, das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70 km/h)" mißachtet habe, weil sie mit einer Geschwindigkeit von 106 km/h (laut Radarmessung) gefahren sei.

2. Die Erstbehörde folgte der Verantwortung der Berufungswerberin nicht, daß nicht sie, sondern ein unbekannter Dritter, das Fahrzeug gelenkt hätte. Sie stützte ihre Beweiswürdigung auf den Umstand der in diesem Verfahren nicht nachgekommenen Mitwirkungspflicht.

2.1. Dagegen wandte sich die Berufungswerberin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter.

2.1.1. Sie rügte Verfahrensmängel und unrichtige Beweiswürdigung. Sie vermeinte im Ergebnis, daß die Argumentation der Behörde darauf hinausliefe, daß die faktische Nichtanwendbarkeit der Bestimmung nach § 103 Abs.2 KFG (Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe) es über die Unterstellung der Lenkereigenschaft hinsichtlich des Zulassungsbesitzers (Fahrzeughalters) jedenfalls zur Bestrafung des Letztgenannten käme. Dies widerspreche elementarsten rechtsstaatlichen Grundsätzen und verletze das Gebot eines fairen Verfahrens im Sinne der Bestimmungen der EMRK, insbesondere dessen Art. 6, dem Willkürverbot gemäß Art.7 VG und Art.2 StGG.

Sie stellte den Antrag auf Verfahrenseinstellung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und der Erörterung des erstbehördlichen Verfahrensaktes anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Anläßlich dieser Verhandlung legt der Rechtsvertreter der Berufungswerberin ein Entschuldigungsschreiben (eine Bestätigung einer Firma) vor, woraus hervorgeht, daß die Berufungswerberin aus geschäftlichen Gründen diesen Termin nicht wahrnehmen könne. Ferner wurde vorgelegt eine eidesstattliche Erklärung der Berufungswerberin, welche zum Inhalt hat, daß sie das Fahrzeug zur fraglichen Zeit nicht selbst gelenkt habe. Schließlich wird noch eine "eidesstattliche Versicherung" von einer B W, aus L, M, beigebracht (Beilagen zum Akt \1 bis \4). Die Letztgenannte erklärt darin, daß sie bestätigen könne, daß die Berufungswerberin am 18.8.1996 nicht die Führerin des Krades gewesen sei.

4. Zumal keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Wegen der Bestreitung der Übertretung dem Grunde nach wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt.

4.1. Das Beweisverfahren hat aus dem ergänzenden Vorbringen der Berufungswerberin, insbesondere der Angaben der Frau B.W glaubhaft erscheinen lassen, daß die Berufungswerberin zur Tatzeit das Motorrad tatsächlich nicht gelenkt hat.

Dies wird auch darin unterstrichen, daß einerseits die auf dem Radarbild erkennbare Statur des Lenkers, auf einen Mann als Lenker schließen läßt.

Darüber hinaus gab die Zeugin an, welche während der Verhandlung an ihrem Arbeitsplatz fernmündlich erreicht wurde, daß der Motorradhelm der Frau O bunt und auch der Motorradanzug zweifarbig (rot/schwarz) sei. Auf dem Negativfoto ist erkennbar, daß es sich hiebei um einen dunklen Helm, versehen mit vielleicht zwei kleinen Aufklebern, handeln muß. Auf diesem Negativfoto erscheint der Helm etwa im Dunkelheitsgrad der Bereifung. Auch die Kleidung des Lenkers ist dunkel bzw. dürfte schwarz sein.

Die Zeugin gab auch an, daß die Frau O während des 14-tägigen Urlaubes das Motorrad nie selbst lenkte, sondern überwiegend in ihrem Pkw mitfuhr und nur einige Male am Sozius ihres Motorrades mitfuhr. Die Berufungswerberin wird von der Zeugin als 170 cm groß und von "normaler Gestalt" beschrieben. Diese Angaben wurden von Frau W völlig spontan auf den wohl nicht zu erwartenden Anruf gemacht. Auch wenn von Frau W der Lenker nicht namhaft gemacht wurde oder nicht genannt werden wollte, erscheinen ihre Angaben völlig glaubwürdig.

Daraus folgt, daß die Angaben der Berufungswerberin nicht übergangen werden können und ihrer Verantwortung - dies schon bei bloßem Zweifel - Recht zukommen muß. Es kann dabei nicht schaden, daß sie offenbar nicht bereit war den Namen des Lenkers bekanntzugeben.

5. Rechtlich folgt demnach im Sinne des § 45 Abs.1 Z1 zwingend, daß die Behörde die Einstellung eines Strafverfahrens (schon dann) zu verfügen oder von einem (Verwaltungsstraf-)Verfahren abzusehen hat, wenn die einem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251, in ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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