Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520411/2/Bi/Be

Linz, 09.12.2003

 

 

 VwSen-520411/2/Bi/Be Linz, am 9. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn K P, vertreten durch RA Dr. R, vom 8. Oktober 2003 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 17. September 2003, Fe 32/2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge, Aufforderung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 24 Monate, gerechnet ab 24. September 2003 unter Nichteinrechnung von Haftzeiten, herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BPD Steyr am 23. November 1999, Zl. 01356/VA/F/1999, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7, 24 Abs.1 Z1 und 25 FSG für die Dauer von 38 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides - diese erfolgte laut Fax-Sendebericht am 24. September 2003 - unter Ausschluss von Haftzeiten entzogen. Weiters wurde gemäß § 32 FSG ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge für die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, ausgesprochen. Außerdem wurde gemäß § 29 FSG angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich bei der BPD Steyr abzuliefern sei und die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen.

 



2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.
Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Bw beantragt die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf 1 Jahr, zumindest aber auf 16 Monate, in eventu die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zu den bereits gestellten Beweisanträgen und/oder allenfalls Bescheidaufhebung und Rückverweisung an die Erstinstanz zur neuerlichen Entscheidung.

Er bestreitet nicht das Vorliegen bestimmter Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.3 FSG, was grundsätzlich ein Indiz für Verkehrsunzuverlässigkeit sei, aber einer Wertung nach der Verwerflichkeit, der Gefährlichkeit der Verhältnisse, der seither verstrichenen Zeit und seinem Verhalten währenddessen bedürfe.

Die Verurteilung wegen § 28 Abs.2 und 3 1.Fall SMG sei dahingehend zu relativieren, dass das "In-Verkehr-Setzen" von Suchtgift als reine Vermittlungstätigkeit von Suchtgiftankäufen bereits dem Suchtgiftmissbrauch ergebener Personen erfolgt sei in der Form, dass diesen der Verkäufer namhaft gemacht und es dann zu direkten Ankäufen von Suchtmitteln gekommen sei. Dafür habe er fallweise geringe Mengen von Suchtgift gratis zum Eigenkonsum als eine Art Provision erhalten. Er sei über Jahre suchtgiftabhängig gewesen, weshalb die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit zwar von Gesetzes wegen angenommen, jedoch die Strafe ausschließlich nach § 28 SMG auszumitteln gewesen sei; er sei kein Suchtgifthändler im klassischen und von den Intentionen des SMG verpönten Sinne, zumal er nicht in gewinnsüchtiger Absicht tätig geworden sei, sondern zur Befriedigung seiner Abhängigkeit. Dieses Verhalten sei als verwerflich zu qualifizieren, jedoch dürfe bei der Wertung und der Prognose nicht unberücksichtigt bleiben, dass er ausschließlich durch sein Geständnis nach erfolgter Inhaftierung erst die Möglichkeit geschaffen habe, die Anklage gegen ihn mit entsprechenden Mengenangaben zu erstellen im Gegensatz zur äußerst beschränkten Beweislage vor seiner Verhaftung. Wertung und Prognose im Sinne des § 7 Abs.4 FSG hätten nach den Umständen des Einzelfalles zu erfolgen. Auch das Gericht sei davon ausgegangen, dass mittlerweile eine Änderung in seiner Sinnesart eingetreten sei und daher die Voraussetzungen für eine teilbedingte Strafnachsicht vorlägen. Beim objektiven Unrechtsgehalt der Tathandlungen sei im Hinblick auf die Menge an Suchtmitteln dem Umstand Rechnung getragen worden, dass eine bloße Tatbeteiligung durch Vermittlung erfolgt sei.

Selbst die in den letzten 5 Jahren erfolgte Verurteilung wegen § 83 StGB ändere nichts daran, dass die Entziehungsdauer überhöht sei; damals habe es sich um einen Bagatellvorfall gehandelt, der nun im Rahmen der Diversion abgehandelt und niemals vor Gericht gebracht worden wäre. Es sei im Übrigen unstatthaft, länger als


5 Jahre zurückliegende Ereignisse bei der Wertung und Prognose heranzuziehen. Er sei gerade durch die strafgerichtlichen Folgen und die erstmalige Haftverbüßung zu einer "anderen" Persönlichkeit geworden, habe zwar mehrmals versucht, durch Entziehungsmaßnahmen von Suchtgift wegzukommen, dieses gerade aber durch die äußerst schwierigen Haftbedingungen aufgrund seiner Abhängigkeit durch die Verbüßung des unbedingten Haftanteiles des Urteiles des LG Linz zwischenzeitlich endgültig und längst geschafft habe. Er habe auch eine fixe Anstellung und gehe einer geregelten Beschäftigung nach, sodass davon auszugehen sei, dass er die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt habe und keine Notwendigkeit einer derart extrem langen Entziehungsdauer bestehe - diesbezüglich verweist der Bw auf VwGH v 23.4.2002, 2002/11/0012. Auch bei einer erstmaligen Haftdauer von 8 Monaten könne ein entsprechender Sinneswandel eintreten, wobei die Ansätze dafür schon in seinen - leider ergebnislosen - Versuchen, durch selbstindizierte Entziehungsbehandlungen vom Suchtgiftmissbrauch loszukommen, nachzuvollziehen seien. Gerade eine gerichtliche Strafe bewirke neben anderen Strafzwecken auch einen Resozialisierungseffekt, sodass die Festsetzung der Entziehungsdauer nicht nur unter dem Gesichtspunkt "Sühne", sondern im Einzelfall unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit und die vom Betroffenen eingeleiteten Eigeninitiativen und Eigenmaßnahmen zu beurteilen sei. Er verweist weiters auf VwGH v 23.4.2002, 2001/11/0195, und die damit bestätigte Entziehungszeit von 1 Jahr.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

In § 7 Abs.3 FSG sind die bestimmten Tatsachen demonstrativ aufgezählt, ua in Z 12 ("eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl.I Nr.112/1997, begangen hat").

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die


Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. .... Gemäß Abs.3 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Die BPD Steyr legte ihrer Entscheidung zugrunde, dass der am 12. Februar 1966 geborene Bw mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20. Mai 2003, 23 Hv 26/03a, für schuldig erkannt wurde, das Verbrechen nach § 28 Abs.2 und 3 1. Fall SMG, das Vergehen nach § 27 Abs.1 1.,2. und 6. Fall SMG, weiters das Verbrechen der Geldfälschung nach § 232 Abs.1 und 2 StGB als Bestimmungstäter im Sinne des § 12 2.Fall StGB und das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 Abs.1, 105 Abs.1 StGB begangen zu haben und zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde, von denen ein Strafteil von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, sodass der unbedingte Strafteil 8 Monate beträgt.

Er wurde insbesondere schuldig erkannt, in 12 Fakten Suchtgift in einer großen Menge teils gewerbsmäßig durch Verkauf bzw Vermittlung des Verkaufs, teils durch unentgeltliche Übergabe an im Urteil angeführte Personen in Verkehr gesetzt zu haben, und zwar zwischen dem 2. Halbjahr 2001 und Dezember 2002 insgesamt ca 350 g Cannabiskraut, ca 170 g Kokain und ca 170 g Heroin. Er habe selbst zwischen 1998 und Dezember 2002 Heroin, Cannabiskraut und Dihydrocodein-Tabletten besessen und konsumiert, sei bereits 10fach gerichtlich vorbestraft, davon 7fach wegen Körperverletzung und 2fach wegen Suchtgiftdelinquenz, davon zuletzt 2001 wegen Körperverletzung. Der Bw sei selbst seit Jahren Drogenkonsument, fünf Entziehungstherapien seien gescheitert. Die Entziehungsdauer von 38 Monaten hat die Erstinstanz damit begründet, das strafbare Verhalten habe über mehrere Jahre angedauert, er habe besonders gefährliche "harte" Drogen, nämlich Heroin und Kokain, in mindestens drei- bzw mehrfacher großer Menge in Verkehr gesetzt und an junge Erwachse weitergegeben, habe gewerbsmäßig in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt und auch nicht davor zurückgescheut, andere gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen, um in den Besitz von Suchtgift zu kommen. Die Vergehen nach § 27 Abs.1 1., 2. und 6.Fall SMG hat die Erstinstanz als den in § 7 Abs.3 FSG aufgezählten bestimmten Tatsachen nahezu gleichkommende Tatsache gewertet und den sehr langen Zeitraum (von 1998 bis 19.12.2002), die im Urteil angeführten Suchtgiftmengen, darunter "nahezu 1 kg" Heroin, und die Gefährlichkeit der Suchtgifte Heroin und Kokain miteinbezogen. Der Bw habe sich bis 20. Mai 2003 in U-Haft und bis 19. August 2003 in Strafhaft befunden, sodass die seit der Tat verstrichene Zeit nur eingeschränkt zu seinem Vorteil zu berücksichtigen sei. Die seit dem Urteil am 20. Mai 2003 verstrichene Zeit sei für einen feststellbaren Sinneswandel zu kurz,


obwohl für die Zeit seit Beendigung der Tathandlungen am 19.12.2002 kein relevantes Fehlverhalten bekannt geworden sei. Bei der Prognose der Verkehrszuverlässigkeit hat die Erstinstanz zwei Entziehungen der Lenkberechtigung aus dem Jahr 1991 für die Dauer von 18 Monaten wegen SGG und aus dem Jahr 1996 von 2 Jahren wegen Alkohol erschwerend berücksichtigt, weiters 7 Verurteilungen wegen § 83 StGB, davon maßgeblich 2 aus 1996 und 2001. Daraus zeige sich kontinuierlich die Tendenz des Bw, in Konfliktfällen vorsätzlich mit Gewalttätigkeiten gegen Menschen vorzugehen. Diese offensichtliche Gewaltbereitschaft könne bei der Teilnahme am Straßenverkehr zum Tragen kommen. Auch wenn nach Auffassung des Bw durch die Dauer der verbüßten Strafhaft nunmehr weder von einer Suchtgiftabhängigkeit noch von -missbrauch auszugehen sei, gehe aus dem Urteil des LG Steyr hervor, dass der Bw zwischen 1998 und 2002 bereits fünf Entzugstherapien, darunter eine dreimonatige Langzeittherapie, absolviert habe, die alle gescheitert seien. Da das Inverkehrsetzen von Suchtmitteln die Verkehrsunzuverlässigkeit nach sich ziehe, sei selbst bei erfolgreicher Entwöhnung für den Bw nichts zu gewinnen. Ein Sinneswandel während einer Haftzeit von nur 8 Monaten, davon ein Großteil als Verwahrungs- bzw Untersuchungshaft, sei nach Auffassung der Erstinstanz nicht möglich. Eine "innere Umkehr" in Bezug auf seine Persönlichkeit allein aus dem angeblich schockierenden Erlebnis der Inhaftierung sei nicht nachzuvollziehen.

Nach den Ausführungen in der Begründung des rechtskräftigen Urteiles des LG Linz vom 20. Mai 2003, 23 Hv 26/03a, an das der Unabhängige Verwaltungssenat gebunden ist (vgl VwGH v 23.4.2002, 2002/11/0012), hat der Bw in 12 Fakten - wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides dezidiert ausgeführt - durch den Verkauf großer Suchtgiftmengen bzw Vermittlung von Suchtgiftgeschäften das Verbrechen nach § 28 Abs.2 4.Fall und Abs.3 1.Fall SMG verwirklicht, wobei sich der Tatzeitraum diesbezüglich auf die Jahre 2001 und 2002 beschränkt. Das sichergestellte Heroin (laut Urteil 168 g) wies einen Reinheitsgehalt von 6,63 +/- 0.09 % Heroin auf, sodass der Bw unter Zugrundelegung dieser Qualität allein durch Handel und Weitergabe eine dreifach große Menge in Verkehr gesetzt hat. Bei Kokain errechnet sich unter der Annahme von schlechter bis durchschnittlicher Qualität (25 % bis 40%) für eine Mindestmenge von laut Urteil 170 g eine mehrfach große Menge. Die gewerbsmäßige Begehungsweise ist aufgrund der Menge und der zahlreichen Teilmengen indiziert. Mildernd wurde das umfassende Geständnis gewertet, erschwerend acht einschlägige, teils länger zurückliegende Vorstrafen, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und der lange Deliktszeitraum. Dass nach den Ausführungen im Urteil der Bw nun erstmals ein mehrmonatiges Haftübel verspüre, erlaube die bedingte Nachsicht eines Großteils der Strafe von 16 Monaten. 8 Monate hatte der Bw zu verbüßen.



Zu den acht Vorstrafen geht aus dem Verfahrensakt hervor, dass fünf Vorstrafen wegen § 83 StGB aus den Jahren 1982 bis 1988 stammen, eine aus 1996 und die letzte aus dem Jahr 2001, allesamt Geldstrafen.

Die Verurteilung wegen §§ 12, 16 Suchtgiftgesetz aus 1992 lautete auf 8 Monate bedingter Strafe, Probezeit 3 Jahre, und wurde 1995 endgültig nachgesehen. 1995 erfolgte eine Verurteilung wegen § 16 Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe.

Dem Bw wurde von 8. September 1991 bis 8. März 1993 aufgrund der Verurteilung nach §§ 12, 16 Suchtgiftgesetz die Lenkberechtigung für die Dauer von 18 Monaten entzogen. Von 19. April 1996 bis 19. April 1998 wurde ihm die Lenkberechtigung wegen eines Alkodeliktes entzogen. 1999 wurde ihm wieder eine Lenkberechtigung erteilt.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist den Ausführungen der Erstinstanz im Hinblick auf die strafbaren Handlungen des Bw gemäß § 28 Abs.2 und 3 1.Fall SMG als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z12 FSG nichts hinzuzufügen. Ob der Bw nun selbst Suchtmittel durch Verkauf bzw unentgeltliche Abgabe an seine Lebensgefährtin oder Freunde in Verkehr gesetzt hat oder Suchtgiftgeschäfte gegen Provision in Form von kleinen Mengen Suchtgift vermittelt hat, ist im Hinblick auf die Wertung ebensowenig bedeutend wie der Umstand, dass einige dieser Personen, die der Bw mit Suchtmitteln versorgt hat, bereits vor seinem "Tätigwerden" suchtgiftabhängig waren. Die Ansicht der Erstinstanz, die strafbaren Handlungen gemäß § 27 SMG seien als zumindest den in § 7 Abs.3 FSG aufgezählten bestimmten Tatsachen nahezu gleichkommende Tatsache anzusehen, ist insofern zu relativieren, als die nicht in § 7 Abs.3 Z12 FSG aufgezählte strafbare Handlung nach § 27 SMG nach ihrer Art und Schwere der aufgezählten strafbaren Handlung gemäß § 28 SMG nicht gleichzustellen ist (vgl VwGH v 9.2.1999, 98/11/0270). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der selbst drogenabhängige und mit den damit verbundenen Problemen bestens vertraute Bw auch noch andere Personen, ua seine Lebensgefährtin, mit der er ein gemeinsames 1998 geborenes Kind hat, mit Suchtgift, nämlich laut Urteil Faktum A I. 9) im Jahr 2002 ca 155 g Heroin, "versorgt" und damit die genau abschätzbaren und offensichtlich gewollten Folgen seines Handelns herbeigeführt hat.

Im Rahmen der Wertungskriterien des § 7 Abs.5 FSG, die auch für die der Festsetzung der Dauer der Entziehung zugrundeliegende Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen wird, maßgebend sind, war zu bedenken:

Straftaten wie die vorliegende werden typischerweise durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen wesentlich erleichtert. Der Bw hat auch tatsächlich Kraftfahrzeuge für die Übergabe des Suchtgiftes in Wien und den Transport verwendet. Die oben angeführten Tathandlungen sind als sehr verwerflich und sehr gefährlich zu werten, zumal dem Bw die gesundheitsschädigende bzw existenzbedrohliche Wirkung des von ihm in Verkehr gebrachten Suchtgiftes sehr wohl vorhersehbar war. Das


gewerbsmäßige In-Verkehr-Setzen derart großer Mengen Suchtgift lässt auf eine äußerst gefährliche Sinnesart des Täters schließen, die der vom Lenker eines Kraftfahrzeuges zu erwartenden Einstellung gegenüber seinen Mitmenschen und deren Recht auf körperliche Unversehrtheit und freie Willensbestimmung zuwider läuft. Durch das vom Bw gezeigte strafwürdige Verhalten ist seine persönliche Verlässlichkeit im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeuges nicht mehr gewährleistet, zumal sich durch das Lenken von Kraftfahrzeugen jedenfalls erleichternde Umstände zur Begehung derartiger Delikte ergeben. Hier ist auch die Verurteilung wegen § 83 StGB aus dem Jahr 2001 zu berücksichtigen, die ebenfalls den Schluss zulässt, dass von einer gewaltfreien Einstellung des Bw keine Rede sein kann.

Seit Beendigung der strafbaren Handlungen bzw seiner Verhaftung am 19.12.2002 bis zum Ende der unbedingten Freiheitsstrafe am 19.8.2003 sind acht Monate vergangen, in denen der Bw in seiner Freizügigkeit eingeschränkt war, sodass seinem Wohlverhalten während dieser Zeit bzw bis zur Erlassung das angefochtenen Bescheides am 24.9.2003 kein wesentliches Gewicht zukommt, auch wenn er sich seither offenbar wohlverhalten hat. Die Zeit der Haft war auch nicht in die Entziehungszeit - das ist die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit - einzurechnen, zumal daraus selbst unter Berücksichtigung der bereits mehrmaligen (erfolglosen) Drogentherapien des Bw nicht zwingend abgeleitet werden kann, dass sich dessen äußerst verwerfliche Sinnesart inzwischen so weit geändert hätte, dass die Annahme, er werde sich unter Alltagsbedingungen in Freiheit weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, gänzlich verfehlt wäre. Allein die Gewissheit, dass er bei fehlendem Wohlverhalten die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von 16 Monaten tatsächlich absitzen müsste, reicht für die Annahme der Verkehrszuverlässigkeit nicht aus. Der Umstand, dass der Bw nun erstmals tatsächlich eine unbedingte Haft zu verbüßen hatte, ist unter dem Gesichtspunkt der damit verbundenen Lebensumstellung weder gesundheitlich noch psychisch als schockierendes Übel anzusehen, zumal er dadurch auch dem verhängnisvollen Kreislauf im Hinblick auf Drogenkonsum, Drogen- bzw Geldbeschaffung "entkommen" ist. Gute Vorsätze allein reichen jedoch noch nicht aus; ob er dadurch tatsächlich und nachhaltig zu einer "anderen Persönlichkeit" geworden ist, wird er während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung zu beweisen haben. Aus dieser Überlegung heraus erübrigte sich auch die im erstinstanzlichen Verfahren (in der Berufung "in eventu") beantragte Einholung einer Auskunft der Nervenklinik W-J über den Erfolg der Ende 2002 angetretenen Therapie; im übrigen wäre es dem Bw offen gestanden, diesbezüglich selbst Unterlagen vorzulegen.

Die von der Erstinstanz festgesetzte Entziehungsdauer von 38 Monaten muss jedoch aus mehreren Überlegungen als etwas zu lang angesehen werden: Zunächst ist davon auszugehen, dass die gerichtlichen Vorstrafen aus den Jahren 1982 bis 1996 bereits in den früheren Verfahren bezüglich Entziehung der Lenkberechtigung


berücksichtigt wurden und damit eine neuerliche Miteinbeziehung von Vorstrafen nicht in diesem Ausmaß gerechtfertigt ist. Die letzte Vorstrafe wegen § 83 StGB aus dem Jahr 2001 ist aber in die Wertung miteinzubeziehen, wobei aus dem Vorleben des Bw auch der grundsätzliche Schluss auf eine latente Gewaltbereitschaft nicht von der Hand zu weisen ist (vgl VwGH v 23.4.2002, 2001/11/0195).

Zum von der Erstinstanz angeführten "sehr langen Tatzeitraum" ist zu sagen, dass sich der Schuldspruch gemäß § 28 SMG auf eine Tatzeit in den Jahren 2001 und 2002 bezieht, während sich der Tatzeitraum 1998 bis 2002 im Schuldspruch gemäß § 27 SMG hinsichtlich Erwerb und Besitz von Suchtgift für den Eigenkonsum des Bw findet, der aber keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z12 FSG darstellt.

Das in der Begründung der Erstinstanz angeführte "nahezu 1 kg Heroin" bezieht sich ebenfalls auf den Schuldspruch zu § 27 SMG und bezogen auf den Zeitraum Dezember 1998 bis Dezember 2002, nicht auf den Schuldspruch wegen § 28 SMG - die als bestimmte Tatsache zu wertende strafbare Handlung umfasst 170 g Heroin, allerdings auch 170 g Kokain, ebenfalls eine "harte" Droge (vgl VwGH v 25.2.2003, 2001/11/0357, ua).

Das Argument des Bw, er sei kein Suchtgifthändler im klassischen Sinn, weil er nicht in gewinnsüchtiger Absicht, sondern zur Befriedigung seiner Abhängigkeit anderen, ebenfalls abhängigen Personen Personen genannt habe, bei denen Suchtgift bezogen werden könne, ist zu sagen, dass die eigene Suchtgiftabhängigkeit des Bw sehr wohl berücksichtigt wurde, allerdings hat er nach den Ausführungen im Gerichtsurteil durch den Verkauf bzw die Vermittlung von Drogenkäufen teilweise auch seinen Lebensunterhalt und seinen Drogenkonsum finanziert, zumal er keiner Beschäftigung nachging (seine Arbeit bei den Steyrerwerken hat er im Jahr 2000 beendet), und gewerbsmäßig gehandelt.

Unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, dass eine teilweise Herabsetzung der Entziehungsdauer insofern gerechtfertigt ist, als anzunehmen ist, dass der Bw die Verkehrszuverlässigkeit früher wiedererlangen wird.

Die nunmehr festgesetzte Entziehungszeit von 24 Monaten kann angesichts der Tatumstände nicht als überhöht, ja muss sogar als erforderlich angesehen werden, da frühestens nach Ablauf dieser Bewährungsfrist aus einem bis dahin gezeigten Wohlverhalten auf eine entsprechende Änderung der Sinnesart beim Bw geschlossen werden kann. Haftzeiten sind vom Lauf der Entziehungsdauer auszunehmen, zumal es im gegenständlichen Fall eines weiteren in Freiheit unter Beweis gestellten Wohlverhaltens des Bw darüber hinaus bedarf, da bei Haft nicht die Gelegenheit besteht, die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit, dh die Überwindung der verwerflichen Sinnesart, in der Öffentlichkeit unter Beweis zu stellen (vgl VwGH v 23.4.2002, 2001/11/0195, unter Hinweis auf 4.10.2000, 2000/11/0060).



Eine Entziehungszeit von einem Jahr (VwGH v 23.4.2002, 2002/11/0012) scheidet beim Bw schon aufgrund des Umstandes aus, dass ihm bereits einmal wegen strafbaren Handlungen nach dem SGG die Lenkberechtigung entzogen wurde; der dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegende Fall ist mit dem des Bw in mehrfacher Hinsicht nicht vergleichbar.

Beim Entzug der Lenkberechtigung handelt es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (vgl VwGH v 20.3.2001, 99/11/0074, mit Vorjudikatur, ua).

Der Unabhängige Verwaltungssenat verkennt keineswegs die berufliche Problematik, die sich für den Bw aufgrund der Entziehung der Lenkberechtigung ergibt (vgl VwGH v 30.5.2001, 2001/11/0081, unter Hinweis auf 24.8.1999, 99/11/0166). Jedoch sind die mit der Entziehung der Lenkberechtigung verbundenen Nachteile und Erschwernisse nicht auf die Person des Bw beschränkt, sondern ist hievon jede mit einer derartigen behördlichen Verfügung konfrontierte Person betroffen. Im übrigen ist davon auszugehen, dass dem Bw schon bei der Begehung der oben angeführten gerichtlich strafbaren Handlungen die sich über die gerichtliche Bestrafung hinaus daraus ergebenden Konsequenzen und Folgen bewusst und bekannt waren bzw gewesen sein mussten, was ihn trotzdem nicht vom strafbaren Tun abgehalten hat.

 

Da das Lenkverbot des § 32 FSG ebenfalls an die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit anknüpft, war die nunmehr herabgesetzte Entziehungszeit auch darauf zu beziehen.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Aus den dargelegten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden. Im Verfahren ist die Stempelgebühr von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 



Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 
 

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